Protocol of the Session on February 22, 2017

Rechtsetzung der Gebietskörperschaften in den Anwendungsbereich des Thüringer Umweltinformationsgesetzes fallen würde. Der hierdurch entstehende erhebliche Kostenaufwand sei kostenmäßig auszugleichen. Dies ist allerdings nicht zutreffend, denn mit der beabsichtigten Änderung werden keine neuen Informationspflichten für die Gebietskörperschaften geschaffen, sondern es wird lediglich der Zeitpunkt verändert, ab dem die Pflicht zur Herausgabe von Informationen besteht. Mehrkosten fallen also an dieser Stelle nicht an. Darüber hinaus gab es keine weiteren Einwendungen, sodass ich davon ausgehe, dass dieses Gesetz den parlamentarischen Gang in einem großen Konsens passieren kann. Ich bitte Sie um Ihre Zustimmung. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Ich eröffne die Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt. Als Erstem erteile ich Herrn Abgeordneten Krumpe das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kollegen Abgeordnete, mit dem vorliegenden Gesetzentwurf ist der Landesregierung ein großer Wurf gelungen – allerdings nicht nach vorn, sondern ganz weit nach hinten. In der 53. Plenarsitzung im Juni 2016 haben mehr als zwei Drittel der Abgeordneten die Landesregierung gebeten, bis zum März 2017 ein Transparenzgesetz vorzulegen, welches das bestehende Thüringer Umweltinformationsgesetz integriert. Es ist in höchstem Maße ineffizient, das Thüringer Umweltinformationsgesetz heute ändern zu wollen und bereits in einem Monat, also jetzt im März, ein Transparenzgesetz vorzulegen, welches die heutige Änderung integrieren soll, und die dann erst einen Monat alte Gesetzesnovelle als eigenständiges Gesetz wieder außer Kraft zu setzen.

Meine sehr verehrten Kollegen, ich halte das für gesetzgeberischen Blödsinn. Ich plädiere deshalb dafür, die knappe Zeit einer Legislatur für die wirklich großen Würfe nach vorn zu verwenden, indem die Landesregierung bis zum kommenden Monat dem Willen des Parlaments nachkommt und einen Entwurf für das Thüringer Transparenzgesetz vorlegt, welches den Regelungsinhalt des heute hier vorliegenden Gesetzentwurfs integriert.

Ich halte den Gesetzentwurf auch deshalb für obsolet, da nach wie vor eine institutionelle Schlichtungs- und Kontrollinstanz wie die des Thüringer Landesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit fehlt. Der Thüringer Beauftragte für Informationsfreiheit muss zukünftig die Legitima

(Staatssekretär Möller)

tion für Kontrollmöglichkeiten im Zusammenhang mit Umweltinformationen erhalten, nur dann kann der Zugang zu Umweltinformationen auch tatsächlich wirksam sichergestellt werden. Vielleicht – aber das kann ich heute hier nur vermuten – signalisiert die Änderung des Thüringer Umweltinformationsgesetzes in Form der Beibehaltung eines dedizierten Gesetzes für den Zugang zu Umweltinformationen auch den Fakt, dass die Landesregierung in Verzug mit der Ausarbeitung eines Transparenzgesetzes auf Grundlage des Entwurfs unseres Informationsfreiheitsbeauftragten ist. Ich werde deshalb mit Argusaugen die kommende Plenareinladung studieren, ob dieser Tagesordnungspunkt „Transparenzgesetz“ draufsteht. Wenn nicht – das verspreche ich –, dann werde ich jede Trompete hier in Thüringen blasen, um diese Landesregierung tagtäglich daran zu erinnern, diesen Entwurf für ein Transparenzgesetz vorzulegen. Herzlichen Dank.

(Beifall CDU)

Als Nächstem erteile ich Herrn Abgeordneten Kießling, Fraktion der AfD, das Wort.

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Abgeordnete, liebe Zuschauer! Die mit dem Gesetzentwurf vorgenommenen Änderungen am Thüringer Umweltinformationsgesetz sind zu begrüßen. Sie werden dazu führen, dass die oberste Landesbehörde beim Erlass von Rechtsverordnungen ebenfalls der Informationspflicht unterliegt. Damit wird mehr Öffentlichkeit beim Erlass von Rechtsverordnungen geschaffen. So lässt sich das Recht der Bürger beim Zugang auf Umweltinformationen stärken, denn im Gegensatz zu einem parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren finden die exekutiven Normsetzungen meist hinter verschlossenen Türen statt.

Doch der Gesetzentwurf eröffnet zugleich den Blick auf die Informationspraxis der Landesregierung. Diese Informationspraxis muss in einen größeren Zusammenhang eingeordnet werden. Es mag sein, dass mit dem vorliegenden Gesetzentwurf mehr Informationspflichten nachgekommen werden muss. Allerdings stellt sich die Frage, wie denn das Umweltministerium und auch andere Ministerien sonst mit ihren Anfragen umgehen. Wir erinnern uns an die peinliche Verweigerung des Infrastrukturministeriums gegenüber den Anfragen des Herrn Krumpe. In diesem Fall handelte es sich um Geodaten. Er wurde zwischen den Ausschüssen hin und her geschickt und zum Schluss sollte er auch noch – glaube ich – 20.000 Euro für die Informationen bezahlen. Es war schon mehr als peinlich.

Dass die Landesregierung im Umweltbereich mit verdeckten Karten spielt, zeigt sich auch in anderen Bereichen, namentlich bei der Windkraft. So wurde die Landesregierung im August 2016 gefragt, wie viele Anträge für Windkraftanlagen im Landgebiet Thüringen vorliegen. Die Antwort lautete: Dazu gibt es keine Statistik. Am 13. Februar 2017 allerdings konnte man aber der Presse entnehmen, dass laut Energieministerium 97 neue Windkraftanlagen genehmigt seien. Hört, hört! Da fragt man sich doch, wie öffentlich diese Landesregierung arbeitet. Wir bezweifeln, dass die Landesregierung an dieser Geheimhaltung in Zukunft etwas ändert. Auch das neue Umweltinformationsgesetz hilft da nicht weiter. Man kann deshalb nur appellieren, dass die Landesregierung in Zukunft mehr Ehrlichkeit an den Tag legt.

Man muss einem weiteren Punkt mehr Beachtung schenken und das ist der Punkt der Mitwirkung der Bürger. Selbst wenn das neue Umweltinformationsgesetz mehr Informationsrechte gewährt, ändert es nichts an der fehlenden Mitwirkung der Bürger. Auch da liefert die Landesregierung ein schlechtes Beispiel – das ist der Windkrafterlass. Hunderte Einwände fanden keine Berücksichtigung und das Infrastrukturministerium verhöhnte die Bürger des ländlichen Raums. Heute hatten wir gehört, hier wurde schwadroniert von Mitbestimmung, von Dialog, aber was wir erleben, ist ein postfaktischer Dialog, eher ein Monolog. Hier sagt die AfD als Heimatpartei klar, dass neben den Informationsrechten auch Mitwirkungsrechte der Bürger eingeführt werden müssen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall AfD)

Als Nächster hat sich Abgeordneter Dittes, Fraktion Die Linke, zu Wort gemeldet.

Meine Damen und Herren, man merkte an den einführenden Worten des Staatssekretärs Möller, aber auch am Beitrag des Abgeordneten Krumpe, dass man, wenn man über das Umweltinformationsgesetz redet, möglicherweise nicht exakt am vorliegenden Gesetzentwurf bleibt, zumindest als Politiker nicht, denn wir sind alle keine Volljuristen oder nur die Wenigsten von uns. Auf den ersten Blick ist das Umweltinformationsgesetz, dessen Änderung hier zur Beratung ansteht, ein sehr technisches Gesetz. Es setzt Rechtsprechung um. Diese Umsetzung ist für den Freistaat Thüringen verpflichtend und man muss maximal in den Ausschussberatungen klären, miteinander diskutieren, ob es in der Form der Umsetzung gelungen ist oder ob möglicherweise an der einen oder anderen Stelle noch Umformulierungen notwendig sind.

(Abg. Krumpe)

Ich bin dem Staatssekretär auch sehr dankbar, dass er den politischen Einstieg gewählt hat, indem er ein Stück weit an die Geschichte erinnert hat, wie gerade im Umweltinformationsbereich Transparenz entstanden ist, weil Menschen natürlich einen Anspruch darauf haben, die Informationen zu erhalten, die maßgeblich dafür verantwortlich sind, wie ihr Leben beeinflusst wird, und zwar auch auf lange Dauer. Und ich glaube, wir müssen den Gedanken, der im Umweltinformationsgesetz tatsächlich verwirklicht ist, auf viele andere Verwaltungsbereiche ausweiten

(Beifall DIE LINKE)

und – Herr Krumpe hat darauf hingewiesen – deswegen hat dieser Landtag sich ja auch den Fragen der Informationsfreiheit in den übrigen Verwaltungsbereichen zugewandt und dort entsprechende Beschlussfassung beantragt und dann auch eine entsprechende Beschlussfassung mit der Aufforderung an die Landesregierung hier vollzogen. Herr Krumpe, ich bin Ihnen dankbar für Ihren Beitrag, weil ich mir natürlich auch gewünscht hätte, dass wir diese eher technisch-rechtlich verpflichtende Umsetzung im Umweltinformationsgesetz gleichzeitig verbinden mit der Beschlussfassung über ein neues Transparenzgesetz, welches tatsächlich entsprechend des Antrags und des Beschlusses des Thüringer Landtags Informationsfreiheitsgesetz und Umweltinformationsgesetz verbindet. Im Unterschied zu Ihnen sehe ich allerdings hier noch keinen gesetzgeberischen „Blödsinn“, wie Sie es formuliert haben, sondern einen Arbeitsauftrag der Landesregierung, eine notwendige Änderung im Bereich des Umweltinformationsgesetzes dem Landtag zur weiteren Beratung zu übertragen, weil diese notwendige rechtliche Änderung auch in dem Teil eines Transparenzgesetzes niedergeschrieben werden muss, der die Umweltinformationen selbst betrifft. Insofern haben wir hier einen wesentlichen Baustein, den wir natürlich in die nachfolgenden gesetzgeberischen Beratungen mit einbeziehen müssen. Und wir sind es, die uns möglicherweise vor dem gesetzgeberischen „Blödsinn“ bewahren können, nicht aber die Landesregierung dafür verantwortlich ist, sondern sie hat hier verpflichtendermaßen einen Beitrag für die Diskussion geliefert. Die Art und Weise der Umsetzung, darüber muss das Parlament selbst entscheiden. Und ich wünsche mir natürlich, dass wir das gemeinsam auch verbinden mit dem Transparenzgesetz, was wir in naher Zukunft beraten werden. Ich habe gerade noch mal im Internet nachgeschaut, es gibt ja auch einen Web-Countdown, Herr Staatssekretär Götze; noch 37 Tage, 15 Stunden und etwa 40 Minuten, dann ist es so weit. Ich bin ja bereit, auch darüber zu diskutieren, wenn genau diese 37 Tage, 15 Stunden und 40 Minuten nicht eingehalten werden im Interesse auch der Qualität eines Gesetzentwurfs, vielleicht die eine oder andere Stunde, vielleicht auch den einen oder anderen

Tag da noch dranzuhängen. Ich glaube, daran wird es auch bei Ihnen, Herr Krumpe, nicht scheitern. Aber ich freue mich auf diese Diskussion. Und ich glaube, wir sollten diese Gelegenheit nutzen, noch mal darauf zu verweisen, dass wir hier einen Sachzusammenhang haben werden, dem wir uns stellen müssen. Herr Krumpe, ich weiß ja nicht, wie Sie Trompete spielen, aber ich möchte gerne vermeiden, das kennenzulernen. Und deswegen, weil Sie in Bildern gesprochen haben, will ich vielleicht Ihr Bild auch aufgreifen. Sie haben gesagt, Sie werden mit Argusaugen auf den weiteren Prozess achten. Wenn ich das jetzt richtig schnell eruieren konnte, war der Riese Argus dafür verantwortlich, ein Schäferstündchen zwischen Zeus und Io zu verhindern. Nehmen Sie Zeus für das Informationsfreiheitsgesetz, nehmen Sie Io für das Umweltinformationsgesetz, dann sollten wir uns auf das Schäferstündchen freuen und nicht mit Argusaugen darauf wachen, dass es nicht zustande kommt, sondern es eigentlich gemeinschaftlich befördern. Ich sehe hier auch die Landesregierung an unserer Seite und dafür möchte ich mich herzlich bedanken.

(Beifall DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Es wäre jetzt hilfreich, wenn eine Fraktion einen Antrag auf Ausschussüberweisung stellen würde. Ich sehe eine Wortmeldung von Frau Abgeordneter Becker.

Wir beantragen die Überweisung an den Innen- und Kommunalausschuss und an den Umwelt- und Naturschutzausschuss und federführend Umwelt.

Zunächst entscheiden wir über die Ausschussüberweisung an den Innen- und Kommunalausschuss. Wer dem seine Zustimmung gibt, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Stimmen aus der Koalition und der AfD-Fraktion. Gegenstimmen? Gegenstimmen aus der CDU-Fraktion. Enthaltungen? Die sehe ich nicht. Damit ist diese Überweisung angenommen.

Wer mit der Überweisung an den Ausschuss für Umwelt, Energie und Naturschutz einverstanden ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen aus allen Fraktionen, einschließlich der fraktionslosen Abgeordneten. Damit einstimmig beschlossen.

Nun entscheiden wir über die Federführung. Wer die Federführung bei dem Ausschuss für Umwelt, Energie und Naturschutz festlegen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. Auch das hat die Zustimmung von allen Abgeordneten. Vielen Dank.

(Abg. Dittes)

Damit schließe ich diesen Tagesordnungspunkt. – Herr Blechschmidt hatte sich noch mal gemeldet?

(Zuruf Abg. Blechschmidt, DIE LINKE: Nein!)

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 10

Thüringer Gesetz zur Ausführung des Therapieunterbringungsgesetzes (ThürThUGAG) Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 6/3441 ERSTE BERATUNG

Gibt es den Wunsch nach Begründung dieses Gesetzentwurfs? Herr Minister Lauinger, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, der Ihnen vorliegende Gesetzentwurf soll das Therapieunterbringungsgesetz des Bundes im Freistaat Thüringen umsetzen. Das Therapieunterbringungsgesetz des Bundes war die Reaktion auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte aus dem Jahr 2009. In diesem Urteil hatte der Gerichtshof die rückwirkende Aufhebung der Zehn-JahresGrenze für die erstmalige Sicherungsverwahrung durch die Änderung des Strafgesetzbuches im Jahr 1998 für unvereinbar mit der Europäischen Menschenrechtskonvention erklärt.

Einen kleinen Augenblick, Herr Minister. Ich muss Sie mal kurz unterbrechen. Ich bitte doch, wenn wir uns schon gemeinsam dazu entschieden haben, am heutigen Mittwoch länger zu machen, auch um die entsprechende Aufmerksamkeit von allen Abgeordneten, auch um diese Zeit. So, Herr Minister, Sie dürfen fortsetzen.

(Zwischenruf Abg. König, DIE LINKE: Mich hat vorher keiner gefragt!)

Das Therapieunterbringungsgesetz des Bundes erlaubt die Unterbringung von verurteilten Straftätern in geschlossenen Einrichtungen, wenn die Verurteilten deshalb nicht länger in der Sicherungsverwahrung untergebracht werden dürfen, weil dies gegen das Verbot der rückwirkenden Verschärfung im Recht der Sicherungsverwahrung verstoßen würde. Voraussetzung für eine Unterbringung nach dem Unterbringungsgesetz ist, dass die betroffene Person unter einer psychischen Störung leidet, wel

che dazu führt, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung einer anderen Person erheblich beeinträchtigt werden. Zudem muss die Unterbringung zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich sein.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, bei der Verabschiedung des Therapieunterbringungsgesetzes im Jahr 2010 ging der Bundesgesetzgeber von circa hundert Personen bundesweit aus, die für eine Unterbringung aufgrund dieses Gesetzes infrage kamen. Dabei handelt es sich, wie gesagt, um Betroffene, die vor dem 31. Januar 1998 verurteilt worden waren, und somit um einen abgeschlossenen Personenkreis. Danach unterfallen zur Sicherungsverwahrung Verurteilte nicht dem Anwendungsbereich dieses Gesetzes.

Seit der Verabschiedung des Gesetzes ist mittlerweile einige Zeit verstrichen. Die bisherige Erfahrung hat gezeigt, dass entgegen der ursprünglichen Schätzung das Therapieunterbringungsgesetz bisher kaum angewandt wurde. Derzeit wird bundesweit lediglich eine einzige Person aufgrund dieses Gesetzes untergebracht. Das Therapieunterbringungsgesetz selbst trifft keine Aussage, wo die Betroffenen untergebracht werden sollen. Dies sowie die Modalitäten der Unterbringung müssen von jedem einzelnen Bundesland eigenständig festgelegt werden.

Der nunmehr dem Landtag vorgelegte Gesetzentwurf enthält dazu im Wesentlichen folgende Regelungen: Das für Justiz zuständige Ministerium nimmt die Aufgaben und Befugnisse der unteren Verwaltungsbehörde nach dem Therapieunterbringungsgesetz wahr. Die Therapieunterbringung wird grundsätzlich in Einrichtungen der Sicherungsverwahrung vollzogen. Ausnahmsweise kann sie auch in einer Einrichtung des Maßregelvollzugs erfolgen, wenn dies für die Behandlung der psychischen Störung besser geeignet ist. In diesem Fall hat das für Gesundheit zuständige Ministerium zuvor sein Einvernehmen zu erteilen. Vollzugsziel der Unterbringung ist es, die infolge einer psychischen Störung bestehende Gefährlichkeit der Untergebrachten für die Allgemeinheit so zu mindern, dass die Anordnung der Therapieunterbringung möglichst bald aufgehoben werden kann. Die Untergebrachten sollen befähigt werden, künftig ein Leben in sozialer Verantwortung ohne Straftaten zu führen. Der Vollzug der Therapieunterbringung ist medizinisch-therapeutisch und unter Berücksichtigung der notwendigen Sicherheitsbelange freiheitsorientiert auszurichten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die zu erwartenden Fallzahlen des Gesetzes sind, wie ich Ihnen schon gesagt habe, sehr gering. Bisher hat es in Thüringen keinen einschlägigen Fall gegeben. Allerdings – und deshalb auch die Einbringung heu

(Vizepräsident Höhn)

te – ist unter Umständen mit einem solchen zu rechnen. So befindet sich derzeit ein Verurteilter aus Thüringen in Sicherungsverwahrung, der grundsätzlich für eine anschließende Therapieunterbringung infrage käme. Bei diesem Sicherungsverwahrten läuft die Zehn-Jahres-Frist im Februar 2018 ab. Schließlich kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass ein aus der Sicherungsverwahrung Entlassener eines anderen Bundeslandes seinen Wohnsitz nach Thüringen verlegt. In jedem Fall hat daher die Landesregierung Vorsorge zu treffen, um die Umsetzung des Unterbringungsgesetzes im Freistaat Thüringen zu gewährleisten. Ich bitte Sie daher ausdrücklich um Zustimmung zu dem Gesetzentwurf, der Ihnen vorgelegt wurde, und danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister. Ich eröffne die Aussprache und es hat sich Abgeordneter Brandner für die AfD-Fraktion zu Wort gemeldet.

Meine Damen und Herren, angesichts der Materie, die dieser durch die Landesregierung eingebrachte Gesetzentwurf abhandelt – es geht um freiheitsentziehende Maßnahmen, unter Umständen lebenslang, also über das hinaus, was das Strafrecht vorsieht, zu vollziehen an bestimmten Straftätern, die weiter gefährlich sind und vor denen die Allgemeinheit daher zu schützen ist –, verbietet sich jegliche Polemik. Ich hoffe, dass wir das im Justizausschuss in der gebotenen Gelassenheit besprechen können.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das liegt ganz an Ihnen!)

Aber obwohl kein einziger Fall, wie Herr Lauinger sagte, bisher in Thüringen so behandelt wurde – einer bahnt sich an –, muss die Frage erlaubt sein, warum die Landesregierung wiederholt einen wichtigen Gesetzentwurf erst kurz vor knapp einbringt und sich und uns, den Landtag und den Justizausschuss, so ohne Veranlassung in Zeitnot bringt. Das Gesetz soll am 01.04.2017 – also in etwa sechs Wochen – in Kraft treten. Zur Beratung in den Ausschüssen bleibt also nur noch eine Sitzung, nämlich die im März. Das wird für gründliche Arbeit, die wir im Justizausschuss leisten, nicht ausreichen, denn unseres Erachtens muss auch eine Mehrzahl von Beteiligten und Betroffenen – nicht Betroffenen im Sinne von denen, die da drinbleiben müssen, sondern Betroffenenorganisationen – angehört, befragt und die Befragungen dann auch ausgewertet werden. Das kann unseres Erachtens in der Kürze der Zeit unmöglich geschehen. Das Regelungsproblem bzw. den Auftrag gibt es bereits

seit dem Jahr 2010, also seit ungefähr sieben Jahren. Seit 2013, also seit ungefähr vier Jahren, ist das Thüringer Justizministerium dafür zuständig. Seit 2012, also seit ungefähr fünf Jahren, gibt es einen Grundlagenentwurf des Strafvollzugsausschusses der Länder. Zudem hat man das hessische Gesetz zur Therapieunterbringung beispielgebend herangezogen. Das gibt es übrigens seit ungefähr vier Jahren, nämlich seit 2013. Jetzt fragen wir uns: Warum in aller Welt braucht die Landesregierung bis in das Jahr 2017, um ein eigenes, notwendiges, seit Jahren absehbares und grundrechtsbeschränkendes Gesetz auf den Weg zu bringen? Vielleicht kümmert man sich im Justizministerium wirklich in Zukunft um wichtige Dinge, nämlich um solche, wie sie in diesem Gesetz geregelt werden sollen, und weniger um Auslandsreisen der Ministerkinder, weniger um Rechtskundeunterricht für Flüchtlinge und auch weniger um die „Refugee Law Clinic“ in Jena. Überhaupt, meine Damen und Herren, sollte sich das Justizministerium weniger um den Bereich Migration kümmern und zur Kenntnis nehmen, dass der Schwerpunkt der ministeriellen Arbeit auf Justiz liegen muss und soll.