Wofür sind diese Mittel? Die Mittel werden genutzt für den Aufbau und den Betrieb einer medizinischen Versorgungsund Vermittlungsstelle für
Menschen ohne Papiere. Auf diese medizinische Versorgung – wir hatten dazu übrigens auch intensive Debatten in der letzten Legislaturperiode – musste Thüringen viel zu lange warten. Wir Grünen jedenfalls sind froh, dass nun für diese Menschen endlich eine Versorgungsstruktur und eine Vermittlungsstelle geschaffen wurde.
Lassen Sie mich noch mal klarstellen, worum es hier eigentlich geht, und vor allem, um wen. Menschen, die sich ohne behördliche Genehmigung in Deutschland aufhalten, sind nämlich alles andere als kriminell. Sie werden allerdings kriminalisiert, und zwar fast ausschließlich durch das Ausländerrecht in Deutschland. Die sogenannten „irregulären“ Migranten oder Statuslosen bzw. Papierlosen sind nämlich in Wahrheit größtenteils arbeitende Menschen, die lediglich ohne geregelten Aufenthalt bei uns leben. Und sie werden hier oftmals ausgebeutet. Was machen denn diese Menschen? Sie sind es, die hier in schlecht bezahlten Jobs arbeiten, zum Beispiel in der Gastronomie, in sogenannten haushaltsnahen Dienstleistungen, in der häuslichen Pflege oder in Helferberufen. Und zu ihnen gehören auch viele ältere Flüchtlinge und ihre Kinder und die, die lediglich ihren Familien gefolgt sind.
Sie, die Statuslosen, machen in vielerlei Hinsicht für uns die Drecksarbeit. Wir unterstützen nicht die Ausbeutung, meine sehr geehrten Damen und Herren!
Im Gegenteil: Wir wollen die Betroffenen nämlich legal beschäftigen. Wir wollen, dass auch sie selbstverständlich beispielsweise einen Mindestlohn einklagen können. All das können sie nicht. Und jetzt stellen Sie sich vor, so ein Mensch verunglückt oder verletzt sich bei seiner Arbeit oder erkrankt schlichtweg und hat keinerlei Zugang zu medizinischer Versorgung! Im Übrigen, mein Fraktionsvorsitzender, Dirk Adams, hat bei der Rede von Frau Herold zu mir gesagt: Selbst im Krieg war es so, dass, wenn ein Schiff in Seenot geraten ist von der einen Seite und tatsächlich in Gefahr war, selbstverständlich Hilfe von der anderen Seite geleistet werden musste. Im Übrigen ist das genauso auch bei Ärztinnen und Ärzten und beim medizinischen Personal, sie alle haben einen hippokratischen Eid geleistet und sie sind zur Hilfeleistung in medizinischen Notfällen sogar verpflichtet, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Deswegen sagen wir ganz deutlich: Es ist an der Zeit, dass diesen Menschen endlich auch der Zugang zu medizinischer Versorgung gewährt wird.
Entscheidend war zu erkennen, dass sie diesen Zugang eben nicht haben, dass sie oftmals mit vermeintlich einfachen Krankheiten, Knochenbrüchen oder anderen Verletzungen vor sich hin laborieren, manchmal sogar mit dem Tod konfrontiert sind, weil sie schlichtweg keine Versorgungszugänge haben. Deshalb mussten wir hier aktiv werden. Im Übrigen haben diese Menschen nicht nur Probleme beim Zugang zu medizinischer Versorgung, sondern genauso auch Probleme beim Zugang zu Sozialleistungen – jetzt werden Sie aufschreien –, obwohl ihnen diese nach dem Asylbewerberleistungsgesetz sogar zustehen, wenn sie als vollziehbar Ausreisepflichtige gelten. Und ihre Kinder haben auch keine Zugänge zu Bildungseinrichtungen und Kindertageseinrichtungen. Auch darüber müsste man mal diskutieren. Wir Grüne wollen das jedenfalls ändern.
Wir sehen es als gesellschaftliche Aufgabe im Sinne einer menschenrechtsorientierten Flüchtlingspolitik, diese Menschen aus dem Schattendasein und der oktroyierten Illegalität herauszuholen, und deshalb unterstützen wir natürlich nicht nur die Schaffung von Strukturen zur besseren medizinischen Versorgung dieser Menschen, sondern auch politische Initiativen, die den hier lebenden statuslosen Menschen einen dauerhaft legalisierten Aufenthalt ermöglichen.
Ich möchte noch einmal den Blick kurz über den Tellerrand wagen: Andere Länder wie Italien, Portugal, Frankreich und Spanien haben längst Gesetze zur Legalisierung von sogenannten Statuslosen erlassen. Ich hoffe, dass uns das auch in Deutschland demnächst gelingt. Vielen herzlichen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren, zunächst noch ein Wort zur Kollegin von der AfD: Die AfD macht Druck – na ja, das sah in der letzten Woche zu diesem Thema ein bisschen anders aus. Wir haben dazu von Ihnen leider keine Äußerungen gehört, als das Thema akut war; da mussten Sie sich mit dem eventuellen Ausschluss Ihres Vorsitzenden aus der AfD beschäftigen.
Dennoch will ich sagen, es ist ein wichtiges Thema und deswegen ist es auch gut, dass wir heute über dieses Thema hier sprechen. Ich habe in der letzten Woche ausführlich in der OTZ und in den Landesmedien dazu was gesagt und will das heute auch gern hier noch mal tun.
Meine Damen und Herren, die Landesregierung fördert das Projekt „Anonymer Krankenschein“ in diesem Jahr mit 230.000 Euro. Das ist so absurd, dass man es kaum beschreiben kann.
Sie unterstützen und fördern mit 230.000 Euro Steuergeld die Verlängerung von illegalem Aufenthalt in Thüringen.
Meine Damen und Herren, bevor hier die Argumentation kommt, dass wir doch kranke Menschen nicht unbehandelt ihrem Schicksal überlassen können: Meine Damen und Herren, das tun wir auch nicht!
Jeder Ausländer im Asylverfahren oder mit Aufenthaltsstatus erhält Krankenbehandlung. Selbst diejenigen, die eine Ablehnung bekommen haben – das hat Frau Rothe-Beinlich gerade ausgeführt –, bekommen eine Krankenbehandlung. Und diejenigen, die bewusst untergetaucht sind, selbst die können sich behandeln lassen, allerdings müssen die behandelnden Ärzte diesen Vorfall den Ausländerbehörden melden.
Das hat nichts mit Verpfeifen zu tun, wie es Ärztepräsident Montgomery einmal genannt hat, sondern das ist konsequente Rechtsanwendung.
Hier wird niemand von der Krankenbehandlung ausgeschlossen, meine Damen und Herren, sondern diese ist lediglich an die Einhaltung unserer Gesetze geknüpft.
Unter dem fadenscheinigen Deckmantel der Humanität geben Sie den Menschen, die sich nicht an unsere Regeln und Gesetze halten, das klare Signal: Es ist uns egal, ob sie unseren Staat und seine Gesetze anerkennen; ihr könnt auch illegal hier in Thüringen bleiben und bekommt auch noch kostenfreie anonyme Krankenbehandlung. Das untergräbt jeden staatlichen Anspruch auf Rechtstreue seiner Bürger und auf die Rechtstreue seiner Gäste, meine Damen und Herren.
Ich kann mich nicht auf der einen Seite den Pflichten entziehen, indem ich untertauche, aber alle Rechte, die mit einem legalen Aufenthalt in Deutschland verbunden sind, einfordern. Und wenn
Sie sagen, Sie wollen diese Menschen aus dem Schattendasein herausholen: Der richtige Weg ist und beginnt mit einem legalen Aufenthaltsstatus, das ist der erste Schritt!
Dann unterstütze ich auch nicht das Schattendasein von Menschen in Illegalität, die ausgebeutet werden und die ich mit anonymer Krankenbehandlung weiterhin auch in diesem Status belasse.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will hier noch einen anderen Aspekt kurz beleuchten, den Sie in Ihrer von vorgeblich guten Taten beseelten Unterstützung von illegalem Aufenthalt völlig ausblenden.
In Deutschland halten sich vermutlich – auch im Hinblick auf die begangenen und versuchten Terroranschläge – nicht nur friedliebende ehemalige Asylbewerber, deren Antrag aus welchen Gründen auch immer abgelehnt wurde, illegal auf, sondern auch Personen, die niemals einen Asylantrag gestellt haben, meine Damen und Herren. Darunter könnten sich auch Personen befinden, die ihre Identität bewusst verschleiern, weil sie – wie Herr Amri in Berlin, noch nicht allzu lange her – sich auf eine schwere staatsgefährdende Straftat vorbereiten. Mit Ihrer Unterstützung dieses Modellprojekts der anonymen Krankenbehandlung laufen Sie bewusst Gefahr, solchen Personen in Thüringen einen besonders komfortablen Rückzugsraum mit anonymer Krankenbehandlung zu bieten.
Dies wird die Chance einer Entdeckung solcher Personen durch unsere Sicherheitsbehörden weiter verringern, meine Damen und Herren.
Die Umsetzung des Koalitionsvertrags in diesem Punkt halte ich zudem für rechtlich äußerst bedenklich, wenn nicht gar für rechtswidrig. Das ganze Projekt mit einer Übereinstimmung der UN-Charta zu begründen, trägt da leider auch nicht sehr weit. Zur rechtlichen Einordnung, insbesondere vor dem Hintergrund einer möglichen Strafbarkeit dieser Handlungen in Bezug auf die §§ 95 und 96 Aufenthaltsgesetz, empfehle ich unter anderem ein interessantes Urteil des Landgerichts Freiburg aus dem Jahr 2008. Ob die dort angeführten Beihilfetatbestände von Unterkunft und Arbeit bei intensiver rechtlicher Betrachtung auch auf kostenfreie, anonyme medizinische Versorgung erweiterbar sind, wird rechtlich noch zu klären sein. Unbenommen dieser rechtlichen Würdigung fordern wir Sie auf, die Unterstützung dieses Projekts sofort zu been
Vielen Dank. Vonseiten der Abgeordneten liegt mir eine weitere Wortmeldung vor. Frau Abgeordnete Berninger, Sie haben das Wort.
Herzlichen Dank, Herr Präsident. Meine Damen und Herren, zur Aktuellen Stunde der AfD ist eigentlich nichts weiter zu sagen, als einen Aufkleber von PRO ASYL zu zitieren: „Rassismus führt zum Verlust Ihres Mitgefühls“.
Die Thüringer rot-rot-grüne Koalition meint tatsächlich, was sie im Koalitionsvertrag geschrieben hat: „Flüchtlinge finden in Thüringen eine humanitäre Aufnahme.“ Das steht in der Präambel auf Seite 5. Und: „Am Umgang mit Flüchtlingen und der Integration von Migrantinnen und Migranten bemisst sich die Humanität einer Gesellschaft.“ Das finden Sie auf Seite 26 unseres Koalitionsvertrags. Ich will daran erinnern, was im letzten Koalitionsvertrag bis 2014 gestanden hat: „Die Landesregierung sorgt für eine gelingende Integration aller, die dauerhaft hier leben wollen.“ Dass dieser Satz nicht ernst gemeint war, das wissen wir alle. Die Politik war eine andere. Wir meinen, was wir aufgeschrieben haben, meine Damen und Herren.