Und letzte Frage: Wie schätzt die Landesregierung die Stimmung überhaupt im Thüringer Strafvollzug ein?
Also insgesamt, wenn sich das alles bewahrheiten sollte, meine Damen und Herren, möglicherweise auch insoweit skandalöse Zustände im Ressort Lauinger. Ich weiß nicht, warum wir das hier erörtern müssen. Wir wurden dazu gezwungen.
Ich hätte es lieber im internen, nicht öffentlich tagenden Justizausschuss gemacht. Vielleicht überlegen Sie sich mal den Umgang mit der Opposition, damit wir solche komischen Aktuellen Stunden nicht mehr veranstalten müssen. Vielen Dank.
Im Übrigen, Herr Abgeordneter Brandner, Sie sind ja auch Ausschussvorsitzender, ist die Einhaltung der Geschäftsordnung im Ausschuss keine Unterdrückung irgendeiner Fraktion. Das möchte ich Ihnen von dieser Stelle noch mal mitgeben.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, nachdem ich heute schon einmal dachte, dass die Inszenierungen der AfD bereits ihren Tiefpunkt unterschritten haben, haben wir jetzt einen weiteren Auftritt dieser Art erlebt.
(Zwischenruf Abg. Brandner, AfD: Frau Ro- the-Beinlich, wie kann man denn einen Tief- punkt unterschreiten? Erklären Sie das mal!)
Sie beweisen das tagtäglich, Herr Brandner, dass das geht. Sie haben Ihre Aktuelle Stunde mit „Vorfälle in Thüringer Justizvollzugsanstalten“ überschrieben und dazu reißerisch getitelt „rechtsfreie Räume für Inhaftierte und Bedienstete?“. Aber zuerst zur Frage: Was ist eigentlich im Justizausschuss geschehen? Im Justizausschuss standen zu diesem Thema in der Tat zwei Anträge auf der Tagesordnung, einmal der Antrag der Landesregierung selbst, gemäß Geschäftsordnung zu dieser Problematik zu berichten, was im Übrigen dann auch sehr umfangreich geschah. Hätten Sie zuge
hört, hätten sich die meisten Ihrer Fragen längst beantwortet. Und es stand Ihr Antrag auf der Tagesordnung, für den es Ihnen offenkundig nicht gelungen ist, die notwendige Unterstützung zu bekommen. Vielleicht fragen Sie sich einmal, warum Sie keine Unterstützung für diesen Antrag bekommen haben,
anstatt die anderen zu beschimpfen. Ich glaube, den anderen Mitgliedern des Ausschusses ging es so – Frau Walsmann, Sie waren ja auch da –, dass wir alle gewünschten Antworten bekommen haben, denn die Landesregierung hat in der Tat ausführlich zu dieser Problematik berichtet, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Unsere Justizvollzugsanstalten sind natürlich keineswegs rechtsfreie Räume. Das wissen wir auch alle. Das möchte uns zwar die AfD suggerieren, weniger reißerisch geht es offenkundig nicht. Wir behaupten, dass alle Justizvollzugsanstalten und deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter natürlich nach Recht und Gesetz handeln. Drogensucht im Justizvollzug ist allerdings kein Thüringer Phänomen. In Deutschland durchlaufen jährlich über 200.000 sozial und gesundheitlich belastete Menschen die Justizvollzugsanstalten. Es gibt keinen drogenfreien Vollzug. Das ist leider die Realität, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Die Frage ist schlichtweg, wie man mit dem Drogenkonsum umgeht, wie man präventive Maßnahmen ausbaut und wie man selbstverständlich auch den Gefangenen einen guten Zugang zur Gesundheitsversorgung und zu Therapien beispielsweise ermöglicht. Wissenschaftliche Schätzungen gehen übrigens davon aus, dass etwa die Hälfte aller Haftinsassinnen und -insassen drogenerfahren ist und etwa 50 Prozent der Drogenkonsumenten mit intravenösem Konsum diesen auch in der Haft mit zum Teil riskanten Konsummustern fortsetzt. Es ist bekannt, dass Haftaufenthalte einen Risikofaktor für den Beginn eines Drogenkonsums darstellen – das wissen wir auch alle. In einer Untersuchung des Robert Koch-Instituts aus den Jahren 2006/2007 von sechs Justizvollzugsanstalten aus drei Bundesländern wurde festgestellt, dass gut ein Viertel der Haftinsassen während der Haft Drogen konsumiert hat. Uns wurde im Ausschuss auch ausgeführt,
dass in Thüringen dieselben umfassenden Kontrollmechanismen in den Justizvollzugsanstalten angewandt werden wie in anderen Bundesländern auch. Wir haben im Ausschuss sogar die Namen der Drogenspürhunde kennenlernen dürfen. Aus unserer Sicht jedenfalls gibt es kein Kontrolldefizit. Der Besitz und Konsum von Drogen lassen sich nun einmal nirgendwo hundertprozentig ausschließen.
Lassen Sie mich aber noch auf den besonderen Fall der sogenannten Candle-Light-Dinner eingehen, die Sie von der AfD hier so despektierlich benannt haben. Auch dazu hatte der Minister in der Ausschussberatung übrigens intensiv ausgeführt. Worum handelt es sich denn da? Da handelt es sich mitnichten um irgendwelche Vergnügungen in den Justizvollzugsanstalten, sondern es handelt sich hier um eine Veranstaltung, die in vielen Justizvollzugsanstalten durchgeführt wird, wo der Erziehungsgedanke der Resozialisation eine große Rolle spielt. Zu diesen Candle-Light-Dinner werden Menschen eingeladen, die dort von den Insassen bekocht und auch bedient werden. Die Insassen erfahren dort teilweise erstmals Anerkennung für das, was sie machen, wenn sie beispielsweise kochen, wenn sie servieren. Es dient dem Gedanken der Resozialisierung, der dem zugrunde liegt. Ich finde es wirklich bedenklich, dass durch die AfD dieses wichtige Projekt derart in den Schmutz gezogen wird – das muss ich einfach so deutlich sagen –, indem man so tut,
als ob über die Candle-Light-Dinner Drogen in die Gefängnisse einschleust würden. Das ist schlicht nicht der Fall und das trägt dem überhaupt nicht annähernd
Herr Brandner, ich könnte mich wiederholen, indem ich sage, was Frau Henfling auch schon mal in Ihre Richtung gesagt hat, nämlich, ob ich eine Null gewählt habe oder warum Sie ständig dazwischenrufen.
Ich will ganz klar mit den Worten schließen: Die Vollzugsanstalten in Thüringen leisten eine extrem wichtige Arbeit. Drogenkonsum gilt es selbstverständlich vorzubeugen. Drogensucht ist eine Krankheit, die es zu behandeln gilt und nicht zu diskreditieren oder lächerlich zu machen. Vielen herzlichen Dank.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete. Als Nächster hat Abgeordneter Helmerich für die Fraktion der SPD das Wort.
Sehr verehrter Herr Präsident, sehr verehrte Gäste, sehr verehrte Kollegen! Zunächst einmal muss man wissen, dass die Jugendstrafanstalt Arnstadt in erster Linie den Erziehungsgedanken verfolgt, wenn dort Jugendliche in den Vollzug geraten, darüber hinaus den Resozialisierungsgedanken, wenn wir es mit dem Erwachsenenstrafrecht zu tun haben. Ich kann mir vorstellen, dass sich manche wünschen, dass es das gar nicht gibt, dass man alle Gefangenen mit einer Eisenkugel ausrüstet, einer vielleicht hinten mit einem Stock. Ich weiß nicht, was sich manche hier vorstellen.
Ein Mörder kann durchaus in der Küche eingesetzt werden und dort mit dem Messer hantieren. Ich habe Menschen vertreten, die wegen Mordes verurteilt wurden. Das waren beispielsweise Rentner. Das sind Menschen, die das Mordmerkmal erfüllt haben – ja, das mag sein –, die aber keine Verbrecher sind, keine Gewohnheitsverbrecher, sondern beispielsweise aus einer Beziehungstat heraus gehandelt haben.
Ich weiß, dass die Justizvollzugsanstalt ganz genau prüft, wen sie in der Küche mit einem Messer hantieren lassen kann und wen nicht. Das kann ich Ihnen sagen. Da kann ich auch alle beruhigen.
Sehr verehrte Damen und Herren, die AfD bringt im Rahmen der Aktuellen Stunde wieder ein Thema auf die Agenda, mit dem sich die Strafvollzugskommission und auch andere Ausschüsse des Thüringer Landtags zuweilen befassen. Die Problematik ist nicht neu, wie es die AfD-Fraktion aber erscheinen lassen will. Thüringen ist hier auch nicht in einer besonderen Gefahrenlage, die die AfD-Fraktion allerdings auch in anderen Bereichen regelmäßig zu erkennen glaubt – im Gegenteil. Die Justizvollzugsanstalten sind keine rechtsfreien Räume, vielmehr gilt das Thüringer Justizvollzugsgesetzbuch. Dieses bietet zahlreiche Möglichkeiten, auf Gefährdungslagen adäquat zu reagieren bzw. sie nicht erst entstehen zu lassen. Sicherlich bedürfen diese Eingriffe Voraussetzungen, die nicht schon bei der geringsten Verdachtslage erfüllt sind. Es macht den Rechtsstaat gerade aus, nicht schon grundsätzlich und unabhängig von einer Gefährdungslage in die Rechte der Betroffenen einzugreifen. Ich will Ihnen ein paar Möglichkeiten nennen, die das Justizvollzugsgesetz aufzählt. Wir haben die Kontrolle des Schriftverkehrs, wir haben die Kontrolle von Tele
fonaten und die Prüfung von Päckchen. Das passiert regelmäßig, um dem Einbringen von gefährlichen Gegenständen vorzubeugen.
Ich kann Ihnen auch sagen: Wenn Sie als Rechtsanwalt dort beruflich tätig sind, werden Sie genau geprüft. Sie müssen alle Gegenstände, die gefährlich sind, abgeben. Es erfolgt eine Taschenkontrolle. Im Anschluss werden Sie mit einem Scanner gescannt, Ihre Tasche wird gescannt.
Das erfolgt regelmäßig. Ich kann Ihnen sagen, ich bin überzeugt, dass die Sicherheit in unseren JVAs gewährleistet ist.
Dann gibt es die intensiveren Maßnahmen, beispielsweise das Ab- und Durchsuchen von Hafträumen, was übrigens regelmäßig unangekündigt durchgeführt wird. Diese finden auch mithilfe von Rauschmittelsuchhunden statt, um so den Suchtmittelgebrauch vorzubeugen und zu verhindern.
Ich habe mit einem Gefangenen sprechen können. Dort hatte man beispielsweise entdeckt, dass Alkohol getrunken wurde. Es ist schon einige Zeit her. Da habe ich ihn gefragt: Wie kommt der Alkohol in die JVA? Ich muss sagen, eigentlich relativ einfach. Die Gefangenen haben sich dort Fruchtsaft besorgt, andere Gefangene haben das Brot geliefert, dann hat man das in einer Plastiktüte zusammengemischt und eine alkoholische Gärung in Gang gebracht. So kam es durchaus vor, dass auch mal Alkohol getrunken wurde.