Und jetzt stellen sich die Koalitionsfraktionen hin und unterstellen direkt oder indirekt, wir hätten das Untersuchungsverfahren ein weiteres Mal nicht fördern wollen. Ich bin schon gespannt, ob die Ausschussvorsitzende, wie schon vor Wochen geschehen, jetzt weiter gegenüber der Presse den Eindruck vermitteln wird, es sei ja nichts weiter aufzuklären, man sei am Ende der Beweisaufnahme angekommen, die Kernfragen seien bereits beantwortet usw. Meine sehr geehrten Damen und Herren, genau das Gegenteil ist der Fall.
Der von unserer Fraktion in der letzten Sitzung eingereichte Beweisantrag ist gerichtet auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Beantwortung von Rechtsfragen, von Rechtsfragen, die die zentrale Beweiserhebung überhaupt erst ausmachen. Der Beweisantrag wird, und dessen sind wir uns sicher, zum Ergebnis haben, dass sich der Datenschützer in der Causa Immelborn massiv über Recht und Gesetz hinweggesetzt hat und sich möglicherweise dafür sogar strafrechtlich zu verantworten hat.
Von Beginn seiner Tätigkeit bis zur Räumung des Aktenlagers durch einen vom Datenschützer eingesetzten angeblichen – Zitat – „Wohltäter“,
der sich selbst im Ausschuss als „Grüß-Gott-August“ in diesem Marionettentheater bezeichnet hat, wurden Recht und Gesetz gebogen und gebrochen.
Weil Rot-Rot-Grün mittlerweile selbst um dieses Ergebnis weiß bzw. dieses befürchtet, unternehmen Sie jetzt den Versuch, mit einem vorläufigen Zwi
schenbericht von dem drohenden Fiasko abzulenken, und begründen das heute ganz neu mit irgendwelchen vorzunehmenden rechtlichen Anpassungen.
Meine Damen und Herren von Rot-Rot-Grün, Ihre dahin gehenden Ängste können wir verstehen. Denken Sie beispielsweise nur an den ersten Auftritt des Herrn Datenschutzbeauftragten in Immelborn. Gemeinsam mit von ihm bestellten Medienvertretern hat der Datenschutzbeauftragte damals das Aktenlager betreten, noch bevor er überhaupt eine Kontrollhandlung zuvor vorgenommen hatte. Der gemeinsame Gang durch die Hallen bot den Medien dann ausgiebig Gelegenheit, Kenntnis von geschützten Daten zu nehmen, beispielsweise die Namen der einlagernden Insolvenzverwalter von den Kartons und Regalen abzulesen, was man ja auch dann bei Medien später beobachten konnte.
und vielleicht auch vom Datenschutzbeauftragten höchstpersönlich. Rot-Rot-Grün hat Angst, dass der Straftatbestand der Verletzung von Privatgeheimnissen nach § 203 Strafgesetzbuch festgestellt wird. Und Rot-Rot-Grün hat weiter Angst vor der drohenden Feststellung, dass der Datenschützer in Immelborn ohne jegliche rechtliche Grundlage gehandelt hat, weil er nicht in der Lage war, Bescheide wirksam zuzustellen. Und Rot-Rot-Grün hat weiter Angst vor der drohenden Feststellung, dass der besagte Herr für die von ihm reklamierten Tätigkeiten gar keine Zuständigkeit, keine Befugnis und Rechtsgrundlagen hatte und daher rechtsmissbräuchlich ein Amtshilfeverfahren angezettelt und eine verfassungsrechtliche Klage erhoben hat. Rot-Rot-Grün hat viertens Angst davor, dass die Vielzahl von eigenen selbstgefälligen kriegerischen Pressemitteilungen des Datenschützers, ich nenne Stichworte wie „Sprengsätze“, „Datenschutzrechtliches Fukushima“, „Wir feuern zwei Torpedos ab“ usw.,
einen Moment bitte –, dass all diese Sachen die wahren Motive des Herrn Datenschützers offenlegen, darlegen.
Sie wollen nicht die wahren Absichten und Motive des Datenschützers hören und belegen. Diese wahren Absichten und Motive des Datenschützers liegen zum Beispiel in der Hervorhebung der Bedeutung seiner eigenen Person und seiner Stellung als Datenschützer durch Skandalisierung und Behauptung. Dies sei ein einmaliger Vorgang in Deutschland, hatte er behauptet. Dass dies eben nicht der Fall ist, sieht man beispielsweise in Tätigkeitsberichten wie dem hessischen von 2014.
Ein anderes Motiv ist – das liest man auch regelmäßig von ihm in den Medien –, dass er neue Stellen für seine Behörde fordert durch Aufbauschung der zu ergreifenden Maßnahmen. Ein weiteres Motiv war, das damalige Innenministerium und den Innenminister zu diskreditieren, um sich im anstehenden Landtagswahlkampf zugunsten seiner Partei und anderer Persönlichkeiten einzubringen.
Angesichts der zu erwartenden Ergebnisse des Rechtsgutachtens starten Sie, meine Damen und Herren von der Koalition, jetzt den durchsichtigen Versuch, die bisher erzielten Beweisergebnisse in einem Zwischenbericht festzustellen, wohlwissend, dass diese Beweisergebnisse nicht im Entferntesten abschließend sind. Dies tun Sie deshalb, weil die bisherigen Beweiserhebungen allenfalls die Historie des Aktenlagers und den äußeren Ablauf der Vorgänge in Immelborn partiell betreffen und zur Verantwortlichkeit des Datenschutzbeauftragten so gut wie gar nichts bisher aussagen würden.
Genau das wollen Sie offensichtlich mit Ihrem Antrag jetzt erreichen und mithilfe eines Zwischenberichts feststellen. Ein derart vorläufiger und mit keinerlei abschließenden Beweisergebnissen zu erstellender Zwischenbericht ist allerdings sinnlos und verzögert das Verfahren aus parteipolitischen Gründen.
Er verzögert unnötig das Verfahren und ist aus diesem Grund auch rechtlich nicht begründbar, nicht zuletzt auch im Hinblick auf § 25 Abs. 2 Untersuchungsausschussgesetz. Nach dieser Vorschrift haben sich die Mitglieder und Ersatzmitglieder des Ausschusses vor Abschluss der Beratungen über die Abfassung des schriftlichen Berichts nach § 28
Sie beziehen sich in Ihrem Antrag auf § 28 Abs. 5 Untersuchungsausschussgesetz. Dieser sieht aber lediglich vor, dass der Landtag während der Untersuchung jederzeit vom Untersuchungsausschuss einen Bericht über den Stand des Verfahrens verlangen kann. Gegen einen derartigen Bericht haben wir auch überhaupt nichts einzuwenden. Sie, meine Damen und Herren von der Koalition, verlangen aber mit Ihrem Antrag weit, weit mehr. Sie verlangen über den eindeutigen Wortlaut des § 28 Abs. 5 Untersuchungsausschussgesetz hinaus zusätzlich einen Bericht über die ermittelten Tatsachen und das Ergebnis der Untersuchung. Für Ihr weitergehendes Verlangen gibt es – wie gesagt – keine Rechtsgrundlage.
Unser Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses und der darauf beruhende Einsetzungsbeschluss sehen einen Zwischenbericht, der die ermittelten Tatsachen und das Ergebnis der Untersuchung darstellt, nicht vor. Unter den Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 Untersuchungsausschussgesetz könnte der Landtag mit der Mehrheit seiner Stimmen diesen Einsetzungsbeschluss möglicherweise abändern und die Erstellung eines Zwischenberichts über die ermittelten Tatsachen und das Ergebnis der Untersuchung vielleicht auch beschließen. Allerdings – Frau Marx, hören Sie zu! – darf nach § 3 Abs. 2 Untersuchungsausschussgesetz der in einem Minderheitenantrag bezeichnete Untersuchungsgegenstand gegen den Willen des Antragstellers nur dann geändert werden, wenn der Kern des Untersuchungsgegenstands gewahrt bleibt und wenn aufgrund der Änderungen eine wesentliche Verzögerung des Untersuchungsverfahrens nicht zu befürchten ist. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind ebenfalls nicht gegeben.
Ich weise also ausdrücklich auch mit allen rechtlichen Konsequenzen darauf hin, dass wir auf unserem Minderheitenrecht bestehen werden.
Ihr Antrag, meine Damen und Herren, verletzt daher die im Untersuchungsausschussgesetz festgeschriebenen Minderheitenrechte,
er würde – wie bereits gesagt – überhaupt nur einen Sinn machen, wenn die Beweisaufnahme hinsichtlich klar abtrennbarer Komplexe abgeschlossen wäre.
(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Das ist wirklich unglaublich, Herr Tischner, was Sie hier sagen!)
Im laufenden Untersuchungsverfahren ist es aber so, dass noch nicht einmal der erste Untersuchungskomplex zur Historie des Aktenlagers abgeschlossen ist.
So ist beispielsweise noch der ehemalige Miteigentümer der Firma Ad Acta zu hören, wie wir in der letzten Sitzung besprochen haben; außerdem betrifft das Ergebnis des Rechtsgutachtens verschiedene Sachverhalte, die von Beginn der Einschaltung des Datenschutzbeauftragten an bis zur Beendigung seiner Tätigkeiten zu betrachten sind. Da somit noch kein Fragenkomplex vollständig abgeschlossen ist, könnte der Zwischenbericht nur unverändert in den Abschlussbericht nach § 28 Abs. 1 Untersuchungsausschussgesetz übernommen werden, und die Überarbeitung würde zu erheblicher Mehrarbeit und zu einer wesentlichen Verzögerung des Verfahrens führen. Die wesentliche Verzögerung wäre damit – wie es das Gesetz verlangt – nicht nur zu befürchten, vielmehr träte eine solche Verzögerung dann eben auch tatsächlich ein. Damit kann der Antrag, weil auf einen rechtswidrigen Inhalt gerichtet, so nicht beschlossen werden und wir fordern Sie auf: Ziehen Sie diesen Antrag zurück!
Die weitere Beweisaufnahme wird ergeben, dass besagter Datenschützer sich in Immelborn wie ein Dilettant verhalten hat, der – um es mit seinen eigenen Worten zu sagen – „Akten-Gaga“ betrieben und gezeigt hat, dass er sein Handwerk und die Führung seiner Behörde nicht beherrscht und für behördenfremde Zwecke missbraucht hat.
Die Beweisaufnahme wird auch ergeben, dass er dabei parlamentarische Gremien über seine Zuständigkeit für eine Räumung des Aktenlagers und andere Dinge falsch unterrichtet hat und darüber hinaus eine verwaltungsrechtliche Klage gegen das Innenministerium in rechtsmissbräuchlicher Weise erhoben hat. Diese Erkenntnisse, davon sind wir überzeugt, sind auch bereits bei einigen Mitgliedern des Untersuchungsausschusses aus den Koalitionsfraktionen angekommen. Wir werden also genau sehen, wie sich die Sachen entwickeln.
Meine Damen und Herren, wir sind noch lange nicht am Ende der Aufklärung. In diesem Sinne können wir Ihrer beauftragten und vorliegenden Regieanweisung nicht zustimmen. Ziehen Sie diese zurück!
Sie hatten eine Anfrage zugelassen, Sie haben noch Redezeit. Frau Abgeordnete Rothe-Beinlich, bitte.
Wenn Sie erlauben, sind es inzwischen zwei. Die erste Frage ist, Sie haben ausgeführt, Rot-RotGrün habe Angst, und das gleich vielfach belegt. Dazu meine Frage: Ist es nicht vielmehr so, wenn Rot-Rot-Grün selbst einen Zwischenbericht beantragt, dass man mitnichten von Angst reden kann, denn dadurch wird ja öffentlich, was bislang bekannt ist? Und die zweite Frage
es kann sein, dass das Ansichtssache ist – ist: Sie haben eben gesagt, ein Zwischenbericht sei sinnlos, weil ja bis jetzt erst der erste Komplex betrachtet worden sei, haben aber bei Ihren Eingangsbemerkungen schon ausgeführt, dass für Sie schon klar sei, dass der Datenschutzbeauftragte grobe Fehler gemacht habe. Wie kommen Sie denn dann zu dieser Erkenntnis?