Protocol of the Session on January 25, 2017

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich darf bitten, die Plätze einzunehmen. Ich begrüße Sie alle herzlich zu unserer heutigen Sondersitzung im Thüringer Landtag. Da Sie sich selbst untereinander noch alles Gute zum neuen Jahr wünschen, möchte ich das auch gern tun. Ich möchte jedem von Ihnen und Ihren Familien ganz herzlich alles Gute wünschen.

Die heutige Sitzung wurde gemäß Artikel 57 Abs. 2 Satz 2 der Verfassung des Freistaats Thüringen in Verbindung mit § 19 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Thüringer Landtags aufgrund eines Antrags der CDU-Fraktion einberufen. Die entsprechende Unterrichtung liegt Ihnen in der Drucksache 6/3283 vor. Für die Plenarsitzung hat neben mir Platz genommen als Schriftführerin Frau Abgeordnete Dr. Martin-Gehl, die Rednerliste wird von Herrn Abgeordneten Gruhner geführt. Für die heutige Sitzung hat sich eine ganze Reihe von Kollegen entschuldigt, das sind der Herr Abgeordnete Emde, der Herr Abgeordnete Malsch, Herr Abgeordneter Primas, Herr Abgeordneter Scherer, Herr Abgeordneter Prof. Dr. Voigt, Herr Ministerpräsident Ramelow – er ist aber da, Sie verschwinden dann zeitweise, wir werden sehen – und Frau Ministerin Dr. Klaubert.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es sind einige der Kollegen ernstlich erkrankt. Ich habe mir erlaubt, im Namen des gesamten Landtags Genesungswünsche und auch einen Blumenstrauß an die Kollegen zu richten.

(Beifall im Haus)

Wir wünschen ihnen auch von hier aus gute Besserung!

Ich darf darauf hinweisen, dass der Ältestenrat gemäß § 17 Abs. 4 Satz 1 der Geschäftsordnung für Herrn Yael Kolb von Radio ENNO, für Frau Monique Junker, Frau Annemarie Haak und Herrn Robert Hansch vom MDR, für Herrn Ludger Konopka von der Hersfelder Zeitung sowie für Herrn Jürgen Marschall und Frau Grit Hasselmann von Radio Lotte Dauerarbeitsgenehmigungen für Bild- und Tonaufnahmen im Plenarsaal für die 6. Wahlperiode erteilt hat.

Die Landesregierung hat mitgeteilt, zu diesem Tagesordnungspunkt, also zu Nummer 1 des Antrags der Fraktion der CDU in Drucksache 6/3298 von der Möglichkeit eines Sofortberichts gemäß § 106 Abs. 2 der Geschäftsordnung Gebrauch zu machen. Zudem wurde ein Alternativantrag der AfDFraktion in der Drucksache 6/3342 verteilt. Gibt es weitere Wünsche zur Tagesordnung? Das ist nicht der Fall, sodass ich nun den Tagesordnungspunkt aufrufe

Zur Lage der inneren Sicherheit in Thüringen, Stärkung der Sicherheitsbehörden im Freistaat Antrag der Fraktion der CDU - Drucksache 6/3298 dazu: Thüringen schützen – Heimat verteidigen: Terrorismus und Kriminalität bekämpfen, Polizei und Justiz stärken Alternativantrag der Fraktion der AfD - Drucksache 6/3342

Wünscht die CDU-Fraktion das Wort zur Begründung? Das ist der Fall. Herr Abgeordneter Fiedler, Sie haben das Wort.

Entschuldigung, Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Ministerpräsident ist leicht erkrankt, das habe ich somit festgestellt. Meine Damen und Herren, wir wollen uns heute auf Antrag der CDU-Fraktion mit der Lage der inneren Sicherheit in Thüringen, Stärkung der Sicherheitsbehörden im Freistaat befassen.

Meine Damen und Herren, bevor ich zu den Begründungen im Einzelnen komme, möchte ich trotzdem die Gelegenheit nutzen, weil mich das seit letzter Woche umtreibt. Gestatten Sie mir einige Worte in einer anderen besorgniserregenden Angelegenheit, die mich wirklich umtreibt. Bei allem Verständnis für politische Differenzen, Meinungsverschiedenheiten, verbale Ausrutscher und andere mehr und minder gehaltvolle Äußerungen, aber auch die Geschmacklosigkeit ist hier überschritten, wenn ich an die Äußerung von Herrn Höcke in Dresden denke.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie sind, meine Damen und Herren, nicht nur eine Schande für den Landtag. Sie sollten sich, Herr Kollege Höcke, wirklich abgrundtief schämen,

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Zur Sache!)

sondern auch ganz ernsthaft fragen, ob Sie überhaupt noch mit einem Fuß auf dem Boden unserer Verfassung stehen.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Abgeordneter Fiedler, es gibt eine Wortmeldung des Abgeordneten Brandner. Gestatten Sie die?

Nein, meine Zeit ist begrenzt.

(Zwischenruf Abg. Brandner, AfD: Aber das Thema ist etwas verfehlt!)

Herr Fiedler wird jetzt zur Sache sprechen.

Das gehört zur Sache. Das gehört nämlich auch zur inneren Sicherheit, Herr Präsident, meine Damen und Herren,

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN; Abg. Gentele, fraktionslos)

denn das hat damit sehr viel zu tun.

Ich habe nicht so viel Zeit und möchte einiges sagen. Wenn ich den Rest nicht schaffe, sage ich es nachher. Ich habe gestern – ich will alle noch einmal daran erinnern, die vielleicht manchmal noch spät Fernsehen schauen – die Befreiung von Auschwitz-Birkenau usw. gesehen. So etwas habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht gesehen, wie die Leichenberge hin- und hergezerrt wurden, wie sie begraben wurden usw. usf. So etwas kann man nicht auch nur ansatzweise nutzen, um Politik zu machen. Das ärgert mich so daran.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

So, und jetzt komme ich zu dem Punkt: Ist die innere Sicherheit in Thüringen noch gewährleistet?

Meine Damen und Herren, bevor ich dazu komme, möchte ich herzlich begrüßen Herrn Ader von der GdP, Jürgen Hoffmann von der DPolG und Herrn Malik vom BDK. Herzlich willkommen!

(Beifall im Hause)

Wir machen es ja nicht für uns, wir machen es für die Gewerkschaften und für die Kolleginnen und Kollegen. Bevor Sie da drüben vielleicht gleich wieder aufheulen – ich hoffe es nicht –, dass wir hier zahlreiche Hilferufe der Polizei behandelt haben: Ich muss das nicht alles noch einmal nennen – Mühlhausen und Co. –, deswegen haben wir dieses Sonderplenum beantragt. Wir haben in Deutschland seit circa zwei Jahren eine völlig veränderte Sicherheitslage. Das kann auch Rot-Rot-Grün nicht bestreiten oder, wie sonst üblich, der Vorgängerregierung in die Schuhe schieben.

(Beifall CDU)

Einiges kann man sagen, aber Fakt ist eins: Nach dieser Sicherheitslage, die sich im gesamten Land und auch in Thüringen darstellt, muss hier endlich etwas passieren. Ich glaube, dass die Landesregierung das bisher zumindest bis zum Innenminister

noch nicht wahrgenommen hat. Das ist wirklich nicht mehr hinnehmbar. Deswegen möchte ich von Ihnen nochmals einfordern, der bestehenden Beund Überlastung unserer Polizei schleunigst entgegenzutreten. Wenn das nicht passiert, wird das Ganze zu einem Risiko für die innere Sicherheit. Das sind übrigens nicht nur meine Worte. Das ist Konsens mit den beiden großen Gewerkschaften, den wir hier erzielt haben, um das Thema anzusprechen.

Jetzt will ich noch einmal auf die Personalsituation eingehen. Die Gewährleistung der inneren Sicherheit mag gegenwärtig noch gegeben sein. Aber wie lange noch, meine Damen und Herren? Wenn die rot-rot-grünen sogenannten Sicherheitsexperten nachher wieder von Angst- und Panikmache sprechen werden, ist ihnen der Ernst der Lage offenbar immer noch nicht bewusst. Es ist nicht nur viel zu spät, zu handeln, sondern auch viel zu wenig veranlasst worden. Und das, obwohl meine Fraktion bereits Anfang 2015 eine eindeutige Forderung erhoben hat, um auf die neue Sicherheitslage vorbereitet zu sein. Dann kommt noch dazu: Der Innenminister macht nur noch Gebietsreform, die aus Ihrer Sicht so wichtig ist, aber um die Polizei kümmert er sich so gut wie nicht.

(Beifall CDU)

Wir können und wollen nicht hinnehmen, dass das Thema „innere Sicherheit“ entsprechend nur noch Ihr Herr Staatssekretär hier behandelt.

Herr Abgeordneter Fiedler, Ihre Redezeit ist beendet.

Meine Redezeit ist um. Meine Damen und Herren, wir fordern ein Sicherheitskonzept und den Rest werde ich nachher ausführen. Danke.

(Beifall CDU)

Die AfD-Fraktion wünscht auch das Wort zur Begründung. Herr Abgeordneter Henke, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. Werte Abgeordnete, werte Gäste, ich möchte es zum Anlass nehmen, dem Innenministerium und den Polizeibeamten zu danken, dass letzte Woche eine größere Einbruchserie mit 120 Wohnungseinbrüchen aufgeklärt werden konnte. Vielen Dank dafür.

(Beifall AfD)

Absolute Sicherheit kennt nur ein Wort: todsicher. Absolute Sicherheit kann es in diesem Leben nicht geben. Aber der Staat hat die Pflicht, das Recht und die Mittel, für ein grundlegend sicheres Leben zu sorgen. Dieses sichere Leben sehen immer mehr Bürger in Deutschland bedroht. Eine Umfrage des Allensbach-Instituts ergab, dass 2006 fast die Hälfte der Deutschen den Eindruck von zunehmender Kriminalität hatte. 2016 waren es bereits 69 Prozent. 79 Prozent denken, dass mit der Zahl der Flüchtlinge auch die Kriminalität zunimmt. Insbesondere die Frauen fühlen sich immer mehr bedroht. Nur noch 37 Prozent von ihnen fühlen sich sicher. Die Bürger Deutschlands sind sich allerdings sicher: Wenn man etwas gegen die zunehmende Unsicherheit machen will, muss man die Polizei aufstocken, ihre Ausrüstung verbessern, öffentliche Plätze überwachen, straffällige Asylbewerber abschieben.

(Beifall AfD)

Wir von der AfD sagen ganz klar: Die Stimme der Bürger ist unser Programm. Als Erstes haben wir eine Aufstockung der Polizei gefordert – eine Forderung, der sich jetzt auch die CDU anschließt. In unserem Sicherheitspaket stecken mehr Maßnahmen, um für eine kurz- wie langfristige Verbesserung der Sicherheitslage im Freistaat zu sorgen. Auf die Polizei bezogen ist das eine Strategie, die Prioritäten klar benennt sowie auf die Entwicklungen in den wesentlichen Kriminalitätsfeldern, die Rolle der Prävention, die finanziellen Rahmenbedingungen und eine gute Personallösung eingeht, welche gute Beschäftigungsbedingungen sicherstellt. Wir greifen damit eine Forderung der Expertenkommission zur Evaluierung der Polizeistrukturreform auf. Ohne Strategie tappt man im Dunkeln. Die Thüringer Polizei muss sich wirkungsvoll auf die wichtigsten Deliktfelder konzentrieren. Statt eines Blitzermarathons wären zum Beispiel verstärkte Streifen in Wohngebieten sinnvoll,

(Beifall AfD)

die besonders von Einbrüchen betroffen sind. Ein zentrales Sicherheitsproblem ist die Verschleierung von Identität bei Asylbewerbern, die bekanntlich fast flächendeckend ihre Pässe verlieren. Anis Amri, der Attentäter von Berlin, hatte vier Identitäten. Um das Leben der Terroristen, Kriminellen und Betrüger schwerer zu machen, fordern wir die Einrichtung einer Ermittlungsgruppe zur Feststellung der Identität von ausländischen Straftätern und eine Beschleunigung der aufenthaltsbeendenden Maßnahmen. Zu diesem Zweck sollen Personal und Fachkompetenz aus der Polizei sowie den Ausländerbehörden und der zentralen Abschiebestellen beim Landesverwaltungsamt zusammengeführt werden. Bei Verdacht auf Leistungserschleichung kann Personal der Sozialbehörden hinzugezogen werden. In Berlin hat eine solche Ermittlergruppe

acht Jahre lang gewirkt. Im Ergebnis konnten 43 Abschiebungen und 45 freiwillige Ausreisen von Angehörigen krimineller arabischer Clans erwirkt werden.

Die gute Ermittlungsarbeit der Polizei wird leider allzu oft durch lange Verfahren in der Justiz zunichte gemacht. Damit eine Strafe einen wirklich abschreckenden Effekt hat, muss sie auf dem Fuße folgen. Das bewährte Neuköllner Modell der Richterin Kirsten Heisig sorgt dafür, dass die Verfahren im Bereich der Jugendkriminalität vereinfacht und beschleunigt werden und ein effektives Zusammenwirken der Justiz und Polizei, der Schulen und Sozialarbeiter/Therapeuten ermöglicht wird. Unterhalb der Verhängung einer Jugendstrafe bietet es von einer richterlichen Ermahnung bis zu vierwöchigem Dauerarrest Mittel, um ein Abrutschen der Jugendlichen auf die schiefe Bahn zu verhindern. Ohne Sicherheit keine Freiheit!

(Beifall AfD)

So hat es Friedrich Wilhelm von Humboldt ausgedrückt. Thüringen muss sicher werden, damit es lebenswert bleibt. Vielen Dank!

(Beifall AfD)