Protocol of the Session on February 26, 2015

(Unruhe DIE LINKE)

die kein Steuersystem hatte, die kaum funktionierende Finanzämter hatte.

(Zwischenruf Abg. Dr. Scheringer-Wright, DIE LINKE: Und das war Ihre Schwesterpar- tei!)

Das gehört ganz einfach zur Wahrheit dazu.

(Beifall DIE LINKE)

Und jetzt zu sagen, Tsipras, jetzt halte mal das ein, was die Vorgängerregierung gemacht hat

(Zwischenruf Abg. Primas, CDU: Das ist doch Blödsinn!)

das ist kein Blödsinn, das ist einfach unfair. Deshalb sind diese Reformvorhaben der griechischen Regierung aus unserer Sicht zu begrüßen. Und das, was Herr Mohring behauptet hat, dass wir nun glücklich sind, dass Tsipras mit dieser nationalistischen Partei eine Koalition eingegangen ist, das hat von uns keiner gesagt, dass wir darüber glücklich sind. Ich bin darüber überhaupt nicht glücklich. Der Ministerpräsident ist überhaupt nicht glücklich darüber.

(Unruhe CDU)

Aber, meine Damen und Herren, die bürgerlichen Parteien und konservativen Parteien, die Griechenland in diese Situation geführt haben, waren nicht bereit, mit Tsipras zusammenzugehen und für Reformen zu sorgen, die bei den Menschen ankommen und die zulasten der Reichen und der Banken gehen. Dazu waren diese bürgerlichen Parteien nicht bereit.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Auch das gehört zur Wahrheit dazu, wenn wir über Griechenland reden. Aber ich will wieder zu dem Positiven kommen.

(Zwischenruf Abg. Heym, CDU: Eigentlich wollten wir über den Thüringen-Monitor re- den!)

Ich habe nicht davon angefangen. Mein Abschnitt zu Griechenland war so klein.

Aber ich will wieder zu Thüringen und Europa kommen. Wir sind hier eigentlich, diese Seite des Landtags, diejenigen, die auch schon in der letzten Legislatur viel dafür gemacht haben, dass Europa eine starke Akzeptanz bei den Thüringer Menschen bekommt. Ich will jetzt nicht wieder auf die Vereinbarung zwischen Landesregierung und Landtag zu sprechen kommen, dazu wurde heute schon etwas gesagt. Was wir auf alle Fälle brauchen, meine Damen und Herren, ist, dass wir Europa für die Menschen vor Ort erlebbar gestalten. Wenn wir im Thüringen-Monitor auch Unterschiede zwischen der jüngeren und der älteren Generation haben, dass jüngere Menschen stärker zu Europa stehen, Europa gegenüber offener sind als ältere Menschen, so hat das unter anderem auch damit etwas zu tun, dass es in den letzten Jahren gelungen ist – auch dank der europapolitischen Strategien der Landesregierung –, dass Europa bei den jungen Menschen durch Europaschulen, durch Schüleraustausche, durch Förderprogramme stärker ausgeprägt wurde und stärker ins Gespräch kam als vielleicht bei älteren Menschen, dass viele Menschen schon aus ihrem Beruf, aus ihrem Studium heraus Erfahrungen mit Europa haben, Auslandsstudien und dergleichen mehr. Deshalb ist es aber besonders wichtig – auch für mich die Schlussfolgerung aus dem Thüringen-Monitor –, dass wir auch älteren Menschen,

unseren Senioren, Europa nahebringen müssen und dass wir sagen müssen, Europa ist nicht nur Reiseland.

Erschreckt hat mich im Thüringen-Monitor, dass der Solidaritätsgedanke mit Europa dann doch nicht so entwickelt ist, wie ich das vielleicht gedacht hatte, dass man einerseits die Vorteile von Europa sieht, aber andererseits dann, wenn es ums Geld geht, nicht teilen will. So muss ich aber sagen, dass auch Thüringen von Europa profitiert hat. So haben allein in den Jahren zwischen 2007 und 2013 durch die Strukturfondsförderung eine halbe Million Thüringer direkt von der Förderung aus der Europäischen Union Nutzen gehabt. Es konnten 7.500 Arbeitsplätze durch diese Fördermittel geschaffen werden und es konnten 167 Unternehmensgründungen durchgeführt werden. Ich muss auch noch betonen, wir hätten in Thüringen keine soziale Infrastruktur, wenn es nicht die europäische Förderung gegeben hätte. Die europäische Förderung, besonders der ESF-Fonds, hat nach der Wende dafür gesorgt, dass wir hier eine soziale Infrastruktur aufbauen konnten. Auch das ist Europa für Thüringen und das sollten wir würdigen.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Dann ist es folgerichtig, meine Damen und Herren, wenn wir jetzt aufgrund dieser Förderung in der Lage sind und Gott sei Dank kein Fördergebiet 1 mehr sind, was eine Höchstförderung bekommt, sondern dass es jetzt andere Staaten gibt, die diese Hilfe brauchen, dass wir in der nächsten Förderperiode 500 Millionen Euro weniger an Fördermitteln bekommen. Das hat natürlich Auswirkungen auf unseren Haushalt. Deshalb ist es auch gut, dass sich die Landesregierung verpflichtet hat, dass die Programme der EU-Förderung zu 100 Prozent kofinanziert werden. Wir brauchen mehr Vermittlung und mehr Wissen über die Europäische Union und wir müssen für unsere Menschen Erlebnisse schaffen. Erlebnisse schaffen, das heißt Kontakte zwischen Europäern, zwischen Thüringern und Bürgern anderer europäischer Staaten vor Ort. Deshalb ist es auch wichtig, Städtepartnerschaften zu entwickeln, Regionalpartnerschaften zu entwickeln, dass wir auch im Rahmen der Strukturfondsförderung Programme auflegen, wo auch Kontakte zwischen den Menschen, zwischen Vereinen und Verbänden aus unterschiedlichen Ländern, da sollten wir die Senioren mit einbeziehen, besonders wichtig sind und gestaltet werden müssen. Wir müssen auch weiter – und das ist im Koalitionsvertrag verankert – das Europäische Informationszentrum stärker nutzen, das braucht eine größere Ausstrahlungskraft. Wir müssen unsere vier Europabüros noch stärker regional verankern. Die müssen in die Schulen, die müssen Programme vermitteln, die müssen Möglichkeiten des Schüleraustauschs vermitteln, des Partnerschaftsaustauschs und der Zusammenarbeit zum Beispiel zwischen Schulen. Diese Sache müs

sen wir stärker in Angriff nehmen. Wir dürfen unsere Europaarbeit nicht nur konzentrieren auf die Europawoche, wo wir dann ausschwärmen und über Europa erzählen, oder auf den Europatag oder dass wir nur den Europatag an den Thüringer Schulen nutzen. Das ist wichtig und ich möchte auch jeden hier auffordern, dass wir uns an diesem Europatag in den Schulen beteiligen. Aber das Thema Europa soll nicht bloß ein Thema während einer Woche oder eines Tages sein, sondern das muss uns täglich vor Augen geführt werden, muss täglich erlebbar sein. Hier habe ich noch ein Stichwort gemacht auf Mike Mohring zu reagieren: Volksabstimmung. Wir wollen, jawohl, in Europa stärkere Bürgerbeteiligung, mehr Volksabstimmung. In der Regierungserklärung hat der Ministerpräsident schon die Wasserkonzessionsrichtlinie genannt, wo europäische Bürger dafür gesorgt haben, dass die Privatisierungen der Wasserversorgung verhindert werden können. Natürlich, wenn wir das wollen, sind auch wir uns als Linke bewusst, dass man dann mit dem Ergebnis von Volksabstimmungen leben muss, sonst brauchen wir keine Volksabstimmung. Dessen sind wir uns bewusst.

(Beifall AfD)

Indirekt hat es Mike Mohring gesagt, wenn wir Volksabstimmung wollen, bedeutet das natürlich eine andere politische Herangehensweise an so eine Sache. Jawohl, dann müssen wir nämlich für das werben, was wir über die Volksabstimmung erreichen wollen. Dann müssen wir zu den Menschen gehen und müssen sie von der Richtigkeit dieser Sache überzeugen. Wenn uns das nicht gelingt, dann haben wir etwas falsch gemacht. Diese Debatte führt aber auch dazu, wenn sie kulturvoll geführt wird –das ist die Voraussetzung dafür –, dass wir dann auch stärker über Europa reden und Meinungen austauschen können. Wir brauchen dazu eine kulturvolle Debatte, aber jede Volksabstimmung ist eine Herausforderung an die Politik und der sollten wir uns stellen.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Deshalb finde ich die Herangehensweise ebenfalls gut, die Fortschreibung der europapolitischen Strategie der Landesregierung zu einer europapolitischen Strategie des Freistaats Thüringen zu machen. Das heißt, dass wir nicht nur hier in diesem Haus darüber debattieren, sondern dass die Ideen der Kammern, der Interessenverbände, der Kommunen mit einfließen. Das finde ich gut. Auch da erreichen wir eine breitere Debatte. Damit will ich überhaupt nicht negieren, was die Vorgängerlandesregierung mit der europapolitischen Strategie gemacht hat. Wir wollen sie aber weiterentwickeln, mehr Menschen einbeziehen. Ich fordere jeden hier in dem Hause auf, bei dieser Sache mitzumachen.

Für mich ergeben sich vier kurze Schlussfolgerungen aus dem Thüringen-Monitor. Insgesamt müssen wir sagen: Der Thüringen-Monitor ist für uns alle hier, für uns Demokraten in diesem Haus ein zukünftiges Arbeitsprogramm. Der Rechtsextremismus muss bekämpft werden und das vor allem auch durch den Abbau sozialer Gefälle und durch die Bekämpfung der Armut. Wir brauchen Chancengleichheit für alle Menschen, besonders in der Bildung. Wir brauchen mehr Bürgerbeteiligung bei politischen Entscheidungen und wir müssen Europa für jeden Bürger erlebbar gestalten.

Nun, meine Damen und Herren, nur noch eine ganz kurze abschließende Bemerkung zu dem Entschließungsantrag, der uns hier zugegangen ist: Wir werden als Koalition diesen Antrag ablehnen.

(Zwischenruf Abg. Brandner, AfD: Schade!)

Ich werde Ihnen auch gleich sagen, warum. Ich mache es ganz kurz. Der Teufel steckt im Detail. Wenn ich in Punkt I Absatz 2 lese, „dass eine überwältigende Mehrheit der Thüringer weltoffen und tolerant ist und jegliche wirkliche kulturelle Bereicherung begrüßt“, weiß ich schon wieder, was Sie mit „jegliche wirkliche kulturelle Bereicherung“ meinen. Dann muss ich Ihnen sagen, meine Damen und Herren: Eine europafreundliche Landesregierung und ein bisher europafreundlicher Landtag braucht keine Stichwortgeber aus dem Lager der Europafeinde. Ich danke Ihnen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Unruhe AfD)

Herzlichen Dank, Herr Abgeordneter Kubitzki. In der Reihenfolge der Redner hat jetzt als Nächster Abgeordneter Höcke von der Fraktion der AfD das Wort.

Sehr verehrter Herr Präsident, sehr verehrte Kollegen Abgeordnete, liebe Gäste auf der Empore, der Thüringen-Monitor scheint hier die Gelegenheit zu sein, eine Generalabrechnung zu machen. Das war mir eigentlich gar nicht so klar, als ich mich heute auf diese Rede vorbereitet habe. Ich habe mich doch eher so ein bisschen an den Inhalten dieser Befragung und Umfrage angelehnt. Ich hoffe, dass Sie das entschuldigen werden. Ich werde auch nicht ganz so lange reden wie mein Vorredner.

(Beifall DIE LINKE, SPD, AfD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben jetzt drei wirklich staatstragende Reden gehört, sehr tragend. Dem möchte ich mich anschließen. Ich will jetzt wirklich nicht zu viel Wasser

in die Suppe gießen. Aber so ein bisschen Wasser muss ich schon einführen, das geht nicht anders – einführen in die Suppe, genau. Ich möchte direkt mal anfangen mit einer Erklärung, weil der Kollege, der hier gerade am Rednerpult stand, leider wie so viele immer noch nicht begriffen hat,

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Aber jetzt wird er es begriffen haben!)

dass der, der gegen die EU, der gegen das europäische Bürokratenmonster in Brüssel, der gegen den EU-Zentralismus ist, mitnichten ein Antieuropäer ist

(Beifall AfD)

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: So wie Sie es sind!)

und dass die synonyme Verwendung der Begriffe „EU“ und „Europa“ lediglich über den Geisteszustand Auskunft gibt, der entweder der eines Ideologen ist oder eines Menschen, der nur mittelmäßig begabt ist, mit Verlaub.

(Beifall AfD)

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Das ist ja der zweite arrogante Schnösel, der ver- sucht, sich darzustellen!)

(Beifall DIE LINKE)

Herr Dittes, was haben Sie denn jetzt hier darzustellen? Das hört sich mir sehr destruktiv an.

(Unruhe DIE LINKE)

Ich möchte aber jetzt erst mal etwas Konstruktives hier einbringen, und zwar möchte ich anschließen an die Ausführungen des Kollegen Mohring, der jetzt nicht dabei ist, aber ich höre, er ist vielleicht trotzdem beteiligt.

(Zwischenruf Abg. Primas, CDU: Der ist all- gegenwärtig!)

Das weiß ich sowieso, das habe ich schon mitbekommen.

(Heiterkeit CDU, DIE LINKE)

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Freun- de?)

Die Ausführungen des Kollegen Mohring zur direkten Demokratie haben mich natürlich so ein bisschen – ich will nicht sagen verwundert. Ich kenne die Position der CDU, aber ich kann sie natürlich nicht unterstützen, das möchte ich deutlich sagen.