Protocol of the Session on December 8, 2016

Im Koalitionsvertrag haben wir uns fest vorgenommen, der Thüringer Erwachsenenbildung mehr Unterstützung zukommen zu lassen und den Bereich der Erwachsenenbildung als gleichberechtigten

(Abg. Rosin)

vierten integrativen Bestandteil des Bildungssystems auszubauen und zu stärken, und genau das tun wir heute hoffentlich auch mit einem breit getragenen Beschluss.

Die wesentlichen Eckpunkte des Gesetzes habe ich ja bereits in der ersten Beratung hier im Plenum vorgestellt. Ich will aber noch einmal erwähnen, was uns da ganz besonders wichtig erscheint. Das vorliegende Gesetz sieht nämlich beispielhaft die Aufnahme des Inklusionsgedankens in die Ziele der Erwachsenenbildung vor – das hat das Vorgängergesetz nicht enthalten – und zum Zweiten – ich sagte es schon, das beinhaltet auch unser Änderungsantrag – die Öffnung der Alphabetisierungsmaßnahmen auch für freie Träger der Erwachsenenbildung.

Ich will aber ganz offen auch Unterschiede der Gesetzesänderung in den Fraktionen benennen. Als Koalitionsfraktionen haben wir durch unseren Änderungsantrag noch einmal klargestellt, dass angesichts des steigenden Bedarfs an Alphabetisierungsangeboten staatlich geförderte Maßnahmen zur Alphabetisierung nicht nur von den Volkshochschulen angeboten werden sollen, sondern auch freie Träger der Erwachsenenbildung Zuschüsse beantragen können.

Dazu möchte ich ein Beispiel aus der Anhörung benennen: Das Bildungswerk des DGB hat hier berichtet, dass sie gerade in Betrieben oftmals auf Menschen treffen, die funktionale Analphabeten sind, und dann natürlich zielgenau ganz andere Angebote machen können. Ähnlich ist das im Bereich der kirchlichen, der konfessionellen Angebote. Auch da gibt es sicherlich die Möglichkeit, eigens auf die Betroffenen zugeschnittene Angebote zu machen, da nicht alle automatisch zur Volkshochschule gehen. Das wissen wir auch – zur Volkshochschule muss man proaktiv hingehen. Es ist, glaube ich, gut und richtig, hier auch Hilfsangebote über die freien Träger zu machen. Es ist kein Geheimnis, dass wir uns als Grüne durchaus hätten vorstellen können, dass freie Träger auch in die Grundversorgung der Alphabetisierung einbezogen werden können. Ich glaube aber, dass der jetzt gefundene Kompromiss als erster Schritt in dieser Hinsicht gewertet werden kann. Daher können wir die gefundene Regelung auch gut vertreten.

Neben den neuen Regelungen zur Qualitätssicherung führen wir außerdem die Pflicht der Landesregierung ein – und das ist uns auch wichtig –, regelmäßig über die Entwicklung der Erwachsenenbildung und auch den Vollzug in Thüringen zu berichten. Das schafft Transparenz – genau die wollten wir auch – und macht den hohen Stellenwert der Erwachsenenbildung deutlich.

Der für die Erwachsenenbildung sicherlich wichtigste Aspekt ist die im vorliegenden Gesetzentwurf vorgesehene Erhöhung der staatlichen Grundförde

rung, auf die ich an dieser Stelle noch einmal eingehen möchte. Mit dem vorliegenden Gesetz werden nämlich die Sockelbeiträge der Grundförderung um jeweils 30.000 Euro pro Einrichtung erhöht. Bislang waren das 35.000 Euro, jetzt werden es 65.000 Euro für Volkshochschulen und für freie Träger sowie 80.000 Euro für die Heimvolkshochschulen, bei denen es vorher 50.000 Euro waren. Das ist ein sehr spürbarer Schritt, der auch wirklich überfällig war. Ich habe ja schon gesagt, dass mit der Kürzung vor elf Jahren für viele Träger tatsächlich existenzielle Mängel eingetreten waren.

Als Fraktionen haben wir sehr genau die stattgefundene öffentliche Anhörung ausgewertet; das ist hier auch schon dargelegt worden. Aufgrund der Forderungen von vielen Trägern und der Volkshochschule, auch der Verbände und Gewerkschaften haben wir eine Dynamisierung eingeführt. Ich will diese Dynamisierung noch einmal kurz beschreiben. Sie orientiert sich an den Regelungen zu der bereits gefundenen Regelung für die freien Schulen und stellt klar, dass die Grundförderung ab 2019 pro Jahr um 1,9 Prozent ansteigt. Das schafft verlässliche Perspektiven und das ist übrigens auch eine echte qualitative Neuerung.

Wir werden also zukünftig die finanzielle Grundausstattung der Einrichtungen besser absichern und ihnen eine personelle Mindestausstattung im Umfang einer halben pädagogischen Fachkraft, die in der E 13 eingestuft ist, und einer halben Verwaltungsfachkraft gewähren sowie eine entsprechende Sachmittelausstattung – das sind 15 Prozent der Personalkosten – garantieren und auch die Lohnkostensteigerungen entsprechend abbilden. Die notwendigen Mittel – ich sagte es schon, das ist dann immer sozusagen „die Stunde der Wahrheit“ – werden wir auch als rot-rot-grüne Koalition mit Blick auf den Doppelhaushalt 2018/2019 entsprechend zur Verfügung stellen müssen. Dabei freue ich mich auf Ihre Unterstützung, Herr Grob, wenn auch die CDU daran konstruktiv mitarbeitet.

Wir haben mit unserem Änderungsantrag auch der Forderung des Thüringer Volkshochschulverbands und anderer Träger entsprochen, die Mindestteilnehmerzahl – ich sagte das schon – für Kurse in einem gewissen Maß, nämlich um 5 Prozent, unterschreiten zu können. Damit können wir gerade der Situation im ländlichen Raum aber eben auch den zielgruppenspezifischen Angeboten sehr viel besser Rechnung tragen.

(Beifall DIE LINKE)

Neben Alphabetisierungsmaßnahmen können übrigens zukünftig auch Integrationsmaßnahmen bezuschusst werden. Wir haben bei der Anhörung hier in diesem Plenarsaal erfahren, dass ein Großteil der Träger sehr viele Angebote in diesem Bereich unterbreitet, die bislang überhaupt nicht zur Förderung vorgesehen waren. Damit tragen wir quasi der

Lebensrealität Rechnung und wollen die Regelungen dafür – das hat Frau Rosin hier schon ausgeführt – in der entsprechenden Rechtsverordnung schaffen.

Abschließend möchte ich noch einmal sagen: Das vorliegende Gesetz schafft tatsächlich bessere Rahmenbedingungen für die Erwachsenenbildung. Es ist ein gutes Gesetz, auch wenn nicht alle Dinge – das muss man auch ehrlich sagen –, um die die Träger und Volkshochschulen gebeten haben, umgesetzt werden konnten. Positiv – meine ich – ist jedoch, dass wir mit Rot-Rot-Grün endlich die finanzielle Förderung der Erwachsenenbildung weiter ausbauen konnten und auch zukünftig ausbauen. Betrug die Förderung im Jahr 2014 noch 6,26 Millionen Euro, beträgt sie laut geltendem Haushaltsplan im kommenden Jahr bereits 6,7 Millionen Euro. Im Jahr 2018 wird sie mindestens 8 Millionen Euro betragen – das ist eine Steigerung gegenüber 2014 um mehr als 27 Prozent. Das kann sich sehen lassen. In diesem Sinne bitte ich um Ihre Zustimmung. Vielen herzlichen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion der AfD hat sich Abgeordnete Muhsal zu Wort gemeldet.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Abgeordnete, liebe Gäste, vor ziemlich genau einem Jahr wurde das Erwachsenenbildungsgesetz für ein Jahr verlängert. Wie Frau Rothe-Beinlich in der ersten Lesung hier erläuterte, sei dieses Jahr nötig gewesen, um sich intensiv mit der Überarbeitung des Erwachsenenbildungsgesetzes auseinanderzusetzen. Trotz dieser einjährigen Überarbeitungszeit wurde das parlamentarische Verfahren so spät eingeleitet, dass nun sprichwörtlich Not am Mann ist und während dieser Plenarwoche zwingend ein Beschluss erfolgen muss, da es sonst ab dem 1. Januar 2017 kein Erwachsenenbildungsgesetz mehr gibt. Trotz der einjährigen Vorlaufzeit erreichte der rot-rot-grüne Änderungsantrag die Oppositionsfraktionen eine halbe Stunde vor der Ausschusssitzung, in der gestern die Beschlussfassung stattfand, und wurde dementsprechend gestern von Rot-Rot-Grün dort durchgewunken. Wir hingegen werden diesem Gesetzentwurf nicht nur aufgrund des Verfahrens, sondern vor allem natürlich aufgrund seines Inhalts nicht zustimmen.

Auf verschiedene Punkte, insbesondere die ideologische Färbung, bin ich in der ersten Lesung ja schon eingegangen und an der hat sich bis heute nichts geändert. Worthülsen wie „Vielfalt“, „nachhaltige Entwicklung“ und „interkulturelle Öffnung“ ma

chen eben deutlich, dass es Rot-Rot-Grün vielmehr darum geht, ihre verqueren Ansichten in Bildungsinstitutionen mit einfließen zu lassen, nicht jedoch um eine neutrale Erneuerung des Gesetzes.

Wir finden, dass ein Erwachsenenbildungsgesetz auf gar keinen Fall mehr Worthülsen benötigt. Unsere Ansicht wurde auch in einigen Stellungnahmen der Angehörten geteilt. Selbst die GEW merkte in ihrer schriftlichen Stellungnahme an, dass die bisherige Regelung zum Thema „Nachhaltigkeit“ in § 2 völlig ausreichend sei und es keiner ausführlicheren Regelung bedürfe.

Schaut man sich das Stichwort „Interkulturelle Öffnung“ und die Alphabetisierungsmaßnahmen samt den Integrationsmaßnahmen, die in der Beschlussvorlage noch hinzugekommen sind, an, dann stellt man fest, dass es sich hier in erster Linie um Politik gegen uns, gegen unser Volk handelt.

(Beifall AfD)

Denn gerade aus der Hinzufügung des Wortes „Integrationsmaßnahmen“ geht ja hervor, dass sich die Fördermaßnahmen nicht etwa auf deutsche Analphabeten beziehen, sondern auf diejenigen, die in der Asylkrise eingewandert sind. Wobei die CDU mich da vielleicht eines Besseren belehren kann. Ihr Änderungsantrag von der CDU forderte ja auch Integrationsmaßnahmen und laut Ihrer alten und neuen Parteivorsitzenden sollen jetzt auch Deutsche Integrationskurse belegen.

(Zwischenruf Abg. König, DIE LINKE: Krimi- nelle Deutsche abschieben!)

Merkel öffnet die Grenzen für illegale Einwanderung, Ramelow begrüßt die Einwanderer als „Neubürger“ und „Fachkräfte“ und der Bürger soll nun dafür zahlen, dass die Fachkräfte nicht nur unsere Sprache, sondern auch Lesen und Schreiben lernen. Prof. Ludger Wößmann, Leiter des Ifo-Zentrums für Bildungsökonomik, stellte schon im Dezember vergangenen Jahres fest, dass zwei Drittel der Flüchtlinge quasi Analphabeten sind. Im März dieses Jahres erklärte der Vorsitzende des Aktionsrats Bildung, Hamburgs Universitätspräsident Prof. Dieter Lenzen, dass 65 Prozent eines Altersjahrgangs in Syrien, die nach dem Pisatest nur auf Stufe 1 des Leseverstehens operieren können, für Deutschland zum Problem werden können. Was Sie hier machen, ist also keine Stärkung der Alphabetisierung, sondern eine Förderung der Asylindustrie und ein Rückschritt für unser Land.

(Beifall AfD)

Das Gleiche gilt für Ihre symbolpolitischen Integrationsmaßnahmen, mit denen man der Probleme nie und nimmer Herr werden kann. Integration findet nicht im Frontalunterricht in einer Volkshochschule statt. Integration ist eine innere Haltung. Die hat man oder man hat sie eben nicht. Integration ist ei

(Abg. Rothe-Beinlich)

ne Bringschuld. Wer sich unseren Regeln, Sitten und Gebräuchen nicht anpassen will, der hat unser Land wieder zu verlassen.

(Beifall AfD)

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Zum Beispiel die Gesetze achten, Frau Muhsal!)

Hinzu kommt, dass die CDU mit ihren angeblichen Integrationsmaßnahmen eine gefährliche Symbolpolitik betreibt. Letztes Jahr im Winter hatten wir die Silvesternacht von Köln, den ganzen Sommer über haben wir mit den Berichten von Belästigungen in Schwimmbädern leben müssen. Gerade in letzter Zeit hat uns alle die Vergewaltigung und der Mord an einer 19-jährigen Studentin bewegt.

(Zwischenruf Abg. Schaft, DIE LINKE: Kön- nen Sie mal zum Gesetz reden?)

Dies alles sind Folgen von Merkels Politik der offenen Grenzen. Diese Folgen bekommt man nicht durch einen VHS-Kurs in den Griff. Noch mal, lieber Herr Grob, es ist gefährlich, Leuten so etwas vorzuspiegeln.

Ein weiterer Punkt für die ideologische Färbung des Gesetzes findet sich in der Beschlussvorlage des Bildungsausschusses. Das Ministerium für Bildung, Jugend und Sport wird zukünftig im Einvernehmen mit dem Landeskuratorium für Erwachsenenbildung Themenschwerpunkte veröffentlichen, die die Grundlage für die Förderung von Bildungsprojekten in der Erwachsenenbildung sind. Bereits heute kann man voraussehen, welche Punkte es sind, die am 31. Januar 2017 veröffentlicht werden: Rechtsextremismus und Rassismus, sexuelle Vielfalt und Multi-Kulti fördern.

(Beifall AfD)

Man muss kein Prophet sein, um zu wissen, auf was es Rot-Rot-Grün bei ihrer Arbeit ankommt. Man kann sich auch einfach die Förderpraxis im Landesprogramm für Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit ansehen, in das in diesem Jahr 4,1 Millionen Euro fließen. Dort finden sich nämlich ausschließlich Projekte, die sich mit den genannten Themenfeldern beschäftigen.

(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Das ist auch gut so, Frau Muhsal!)

Ich erinnere beispielsweise an die Projekte „Für Demokratie Courage zeigen“ und „Schule ohne Rassismus“, die die rot-rot-grüne Landesregierung direkt in Schulen nutzt, um ihre Feindbilder in die Köpfe der Kinder zu implementieren.

(Beifall AfD)

(Zwischenruf Abg. König, DIE LINKE: Sie hätten gern Rassismus?!)

So und nicht anders soll es zukünftig auch an den Einrichtungen der Erwachsenenbildung gehandhabt werden und das lehnen wir ab.

(Beifall AfD)

Zum Schluss ist festzustellen, dass der Gesetzentwurf trotz der beschlossenen geringfügigen Änderungen im Bereich der Finanzierung weit hinter den Ansprüchen zurückbleibt, die Rot-Rot-Grün im Koalitionsvertrag behauptet hat. Im Koalitionsvertrag heißt es, ich zitiere: „Deshalb streben wir an, die Erwachsenenbildung in Thüringen als gleichberechtigten vierten integrativen Bestandteil unseres Bildungssystems zu stärken und weiter auszubauen.“ Eine gleichberechtigte vierte Säule müsste dann aber eigentlich auch entsprechend finanziell ausgestattet sein. Der Volkshochschulverband hat bei der Anhörung ein bisschen mit den Zahlen jongliert und deutlich gemacht,

(Zwischenruf Abg. Wolf, DIE LINKE: Wie vie- le Fragen haben Sie denn bei der Anhörung gestellt? Null!)

dass im Jahr 2013 nur 0,32 Prozent der Ausgaben des Thüringer Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport für die Erwachsenenbildung ausgegeben wurden. Mehrfach kam die Forderung auf, dass zumindest 1 Prozent der Bildungsausgaben für die sogenannte vierte Säule reserviert sein sollte. Davon sind wir auch mit dem neuen Gesetz weit entfernt.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wo ist Ihr Änderungsan- trag?)

Insgesamt gesehen ist zu sagen: Wir lehnen Ihren Gesetzentwurf ab. Herzlichen Dank!

(Beifall AfD)