Protocol of the Session on November 11, 2016

Herr Ministerpräsident, ich glaube, Sie haben mit dieser Stellungnahme tatsächlich Ihre Pflicht zur neutralen Amtsführung verletzt

(Beifall AfD)

und Sie haben 20 Prozent der Menschen draußen im Land – das ist ungefähr die Zahl, die im Augenblick sagt, wir fühlen uns von der AfD vertreten – heute wirklich vor den Kopf gestoßen.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sie stoßen permanent 80 Prozent vor den Kopf, mindestens!)

Sie haben als Ministerpräsident – und das haben Sie bei Amtsantritt angekündigt und ich nehme Sie immer noch beim Wort – gesagt, Sie wollen der Landesvater aller Thüringer werden, und ich bitte Sie: Erinnern Sie sich an diese Aussage und leben Sie diese Aussage endlich wieder!

(Beifall AfD)

Sehr geehrter Ministerpräsident, dass mir Ihre wirtschaftspolitischen Ausführungen nicht gefallen haben, können Sie sicherlich verstehen. Im Gegenteil: Mir haben Ihre wirtschaftspolitischen Ausführungen tatsächlich die Haare zu Berge stehen lassen. Ich frage Sie mal: Glauben Sie wirklich, dass ein überschuldeter Staat – Thüringen hat 16 Milliarden Euro Schulden, der Bund hat über 2 Billionen Euro explizite Staatsschulden, die implizierte Staatsverschuldung unseres Landes beträgt über 6 Billionen Euro –, dass unser Land, unser hoch verschuldeter Staat, nachhaltiges Wachstum generieren kann, indem er Geld ausgibt, das er nicht hat? Ich glaube das nicht!

(Beifall AfD)

(Zwischenruf Abg. Huster, DIE LINKE: Das macht keinen Sinn, was Sie da sagen!)

Frau Kollegin Hennig-Wellsow, Sie haben auch Ausführungen gemacht, die, na ja, zumindest als krude zu bezeichnen sind. Sie haben von der Bedrohung des Sozialstaats gesprochen. Ja, dieser Sozialstaat ist tatsächlich bedroht, Sie haben vollkommen recht. Er ist bedroht durch eine Politik der sozialen Kälte, die Sie in erster Linie zu verantworten haben.

(Beifall AfD)

Sie reden einer unkontrollierten Masseneinwanderung in unsere Sozialsysteme das Wort und damit werden Sie das bestehende Sozialsystem zum Kollabieren bringen. Das spüren die Menschen drau

ßen und deswegen haben die Menschen ihre Sorgen über diese Entwicklung auch im Thüringen-Monitor entsprechend zur Sprache gebracht.

(Beifall AfD)

Und man muss nicht unbedingt ein Liberaler sein. Ich habe liberales Gedankengut in mir, ich habe konservatives Gedankengut und ich habe als Konservativer selbstverständlich auch soziales Gedankengut in mir. Man muss nicht unbedingt ein Liberaler sein, um einem zeitlosen Ausspruch von Milton Friedman zuzustimmen. Der sagte nämlich – hören Sie bitte gut zu, Frau Hennig-Wellsow, auch wenn Sie gerade nicht da sind, schade eigentlich, Sie könnten doch noch das ein oder andere sicherlich mitnehmen –,

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Hennig!)

ja, ich zitiere, bzw. ich zitiere nur den Tenor aus dem Gedanken: Ein Staat kann ein wunderbar ausgebautes Sozialsystem haben. Das kann ein Staat. Und ein Staat kann offene Grenzen haben. Aber eines, sehr verehrte Kollegen Abgeordnete, kann ein Staat nicht: Ein wunderbar ausgebautes Sozialsystem und offene Grenzen gleichzeitig haben. Punkt.

(Beifall AfD)

50.000 Euro – und jetzt komme ich zum ThüringenMonitor – sind in diesen Thüringen-Monitor investiert worden. 50.000 Euro, um etwas herauszubekommen, das jeder von Ihnen, das jeder von uns, wenn er denn da draußen unterwegs ist, wenn er mit den Menschen in Thüringen ins Gespräch kommt und wenn er mit offenen Augen durch unser Land geht, ohne irgendwelche Probleme, wenn er denn gesunden Menschenverstand hätte, einfach so aus den Gesprächen mit den Menschen hätte mitnehmen können. 50.000 Euro für Selbstverständlichkeiten, die uns allen bekannt sind. Mir ist das definitiv zu teuer. Sehr verehrte Kollegen Abgeordnete, ich hätte diese 50.000 Euro lieber zusätzlich in eine Lehrerstelle oder eine sanierte Schule investiert. Das wäre der richtige Weg gewesen!

(Beifall AfD)

Wieder könnte ich hier ausführlich das darstellen, was ich im letzten Jahr schon getan habe. Ich könnte diesen Thüringen-Monitor sehr grundsätzlich in seiner Wissenschaftlichkeit hinterfragen. Ja, ich glaube, die Redlichkeit dieses angeblich wissenschaftlichen Werks ist nicht gegeben.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Das ist eine Frechheit!)

Die von mir im letzten Jahr schon sehr ausführlich dargestellte Kontextkontaminierung begegnet uns nämlich auch im Thüringen-Monitor in diesem Jahr sehr ausführlich. Wer ethnozentristische Einstellungen pflegt, ist zwar noch kein Neonationalist – da

rauf weisen die Autoren der Studie dieses Jahr sehr eindringlich hin, vielleicht auch als Reaktion auf unsere doch sehr deutliche Kritik im letzten Jahr; das ist zumindest jetzt schon mal gegeben –, allerdings – und das muss man doch feststellen – wird in den weiteren Ausführungen dann doch angedeutet, dass dieser Ethnozentrist, der sich entsprechend auch sehr oft in den Ausführungen des ThüringenMonitors findet bzw. eine ethnozentristische Einstellung, doch irgendwie schon den ersten Schritt in Richtung dieser ideologischen Sackgasse, nämlich des Neonationalsozialismus, darstellt. Damit sind wir schon bei der Begriffsklarheit, sehr geehrte Kollegen Abgeordnete. Auch das merkte ich bereits letztes Jahr an und es ist wichtig, sich das immer wieder klarzumachen, denn viele von Ihnen nehmen dieses Werk einfach als mehr oder weniger gottgegeben hin, als höhere Wissenschaft, der man nicht widersprechen darf. Sehr verehrte Kollegen Abgeordnete, die Soziologie und die Politologie sind eine im besonderen Maß begriffsgetragene Wissenschaft. Diese begriffsgetragenen Wissenschaften stehen auf sehr dünnem Eis, wissenschaftlich. Herr Prof. Hoff, Sie brauchen das Gesicht nicht zu verziehen, Sie wissen das genauso gut wie ich.

Denn was ist eigentlich Ethnozentrismus? Ich glaube, jetzt sind gerade nicht 91 Abgeordnete anwesend, aber wenn die 91 Abgeordneten des Thüringer Hohen Hauses mal die Aufgabe bekämen, diesen Begriff, Frau Tasch, „Ethnozentrismus“ in einem Satz zu definieren,

(Zwischenruf aus dem Hause)

nein –, ich glaube, wir hätten 91 unterschiedliche Definitionen. Davon können wir ausgehen. Da bin ich mir ganz sicher. Man kann viele Fragen zu diesem Begriff stellen. Ist Ethnozentrismus vielleicht das Gegenteil von Ethnopluralismus oder ist Ethnozentrismus das Gegenteil von Multikulturalismus? Subsumieren Prof. Best und sein Team unter dem Begriff des Ethnozentrismus auch jemanden bzw. eine Einstellung, der seine soziale, geografische und kulturelle Heimat – das sind die drei Ausfaltungen des Heimatbegriffs – liebt, ohne andere Länder zu verachten? Ist das auch ein Ethnozentrist? Ist so eine Einstellung, also Heimatliebe ohne Fremdenhass, in der Logik des noch herrschenden Zeitgeistes und seiner Exekutoren, die nicht nur heute am Rednerpult gestanden haben, sondern die auch an den Hochschulen lehren, vielleicht auch ein erster Schritt, wenn auch kein hinreichender Schritt, wie die Autoren der Studien eingestehen, hin in die ideologische Sackgasse des Neonationalismus? Auch das darf man fragen.

(Beifall AfD)

Sind Ethnozentristen auch immer Ethnopluralisten? Bedingt der Einsatz für die Bewahrung der eigenen Heimat nicht den Einsatz der Bewahrung aller Hei

maten in all ihren Facetten? Sehr verehrte Kollegen Abgeordnete, der Begriff „Ethnozentrismus“ setzt sich zusammen aus „éthnos“ und „Zentrismus“. „Éthnos“ kann man vielleicht übersetzen als „Volk“ und „Zentrismus“ eventuell als „Mittelpunktorientierung“. Beim Ethnozentrismus steht also das Volk im Mittelpunkt.

Der Reichstag, sehr verehrte Kollegen Abgeordnete, trägt eine Inschrift. Der Reichstag ist dem deutschen Volk gewidmet. Die Amtsträger der Exekutive schwören, dem deutschen Volk zu dienen und Schaden von ihm abzuwenden. Ja, noch ist das tatsächlich der Amtseid der Würdenträger und Amtsträger der Exekutive. Somit rücken diese Politiker, diese Amtsträger der Exekutive, das deutsche Volk in den Mittelpunkt ihres politischen Tuns. Sie sind und sie sollten eigentlich, Herr Ramelow, Herr Ministerpräsident, von Amts wegen Ethnozentristen sein,

(Beifall AfD)

obwohl ich – wenn ich mir die aktuelle Politik der Exekutive ansehe – doch das Gefühl habe, dass der eine oder andere vielleicht doch das Hexenkreuz hinter dem Rücken gemacht hat, als er den Amtseid abgelegt hat. Also, als Ethnozentristen von Amts wegen haben Sie vielleicht auch schon, Herr Ministerpräsident Ramelow, den ersten kleinen Schritt – auch wenn Sie ihn gar nicht bemerkt haben – in Richtung einer ideologischen Sackgasse namens Neonationalismus gemacht. Das ist jedenfalls die Logik jener Rabulistik, die den Zeitgeist hofiert. Herr Prof. Hoff: Kann ein Kommunist eigentlich ein Ethnozentrist sein? Googeln Sie mal bitte!

(Beifall AfD)

Natürlich fragen wir uns: Ist ein ethnopluralistischer Multikulturalist jetzt ein Nazi oder ist er ein Antifaschist? Ist er ein Demokrat oder ein Antidemokrat? Fragen über Fragen.

(Beifall AfD)

Bemerkenswert ist übrigens auch, dass der Begriff mit dem Maximalstigmatisierungspotenzial – und darum geht es gerade der rot-rot-grünen Landesregierung hier in Thüringen –, nämlich der Begriff des Rechtsextremismus, gar nicht definiert wird. Das ist in meinen Augen tatsächlich wissenschaftlich unredlich. Also wir haben die Kontextkontaminierung, wir haben die Begriffsunklarheit und dann haben wir noch einen bemerkenswerten Ableitungsmut der Autoren des Thüringen-Monitors. Das beobachten wir schon seit einigen Jahren. Denn man leitet aus wenigen simplen Fragen überdauernde Einstellungsmuster und Persönlichkeitszüge ab. Das, sehr verehrte Kollegen Abgeordnete, ist nicht nur zutiefst unwissenschaftlich und unredlich, das ist in unseren Augen sogar zutiefst inhuman.

(Beifall AfD)

Ich sage es in aller Deutlichkeit und ich hoffe, dass die Autoren dieser Studie mir gut zuhören: So ein Vorgehen, sehr verehrte Autorenschaft des Thüringen-Monitors, so eine krasse Simplifizierung könnte in meinen Augen – und ich glaube, diese Einstellung ist durchaus berechtigt – eine Disposition – ich drücke mich im Konjunktiv aus, Sie verstehen mich – dieser Autoren zur gruppenbezogenen Menschlichkeit indizieren. Ich möchte an dieser Stelle die kollektive Betroffenheit meiner Fraktion zum Ausdruck bringen.

(Beifall AfD)

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sie und gruppenbezogene Menschlichkeit, hahaha!)

Aber wollen wir die Zahlen des Thüringen-Monitors einmal einigermaßen ernst nehmen: Sie sind zumindest ein Anhaltspunkt – und wir haben sie auch teuer bezahlt. 50.000 Euro sind ja kein Pappenstiel, nicht wahr? Hinter jeder Ziffer der Umfrageergebnisse steht die Ablehnung – das kann man schon mal so pauschal und mit der notwendigen Deutlichkeit ausdrücken –, eine Ablehnung der Thüringer bezüglich der Politik des unkontrollierten Hineinwinkens und Hereinwinkens. Das sind keine graduellen Zahlen mehr, die Spielraum für irgendeine Art von Interpretation böten. Nein, das sind so überdeutliche Mehrheiten, wie sie der Thüringen-Monitor bisher noch niemals transportiert hat.

Sehr verehrte Kollegen Abgeordnete, eine Mehrheit der Thüringer weiß, dass sich die Mehrzahl der Migranten, die man unkontrolliert ins Land gelassen hat, eben nicht anpassen wird. Eine noch deutlichere Mehrheit hat begründetermaßen Angst vor der Kriminalität. – Meine Damen im Präsidium, Sie sind ein bisschen laut, wenn mir das gestattet ist zu erwähnen. – Praktisch alle sagen, dass der Islam nicht zu Deutschland gehört. Fast schon höhnisch ist angesichts solcher Zahlen der Titel der diesjährigen Ausgabe. Der Titel lautet: „Gemischte Gefühle“. Nein, sehr verehrte Kollegen Abgeordnete, die Befundlage ist eindeutig und glasklar. Gemischte Gefühle sehen anders aus. Gemischte Gefühle sind das mit Sicherheit nicht. Eine deutliche Ablehnung der Politik der Landes- und Bundesregierung, so hätte der Titel des diesjährigen Thüringen-Monitors eigentlich lauten müssen.

(Beifall AfD)

Egal ob der Ministerpräsident unseres Freistaats als „roter Trabant“ Kanzlerin Merkels Einwanderungspolitik entsprechend unterstützt, egal ob der Innenminister die Augen vor einer explodierenden Kriminalität verschließt und ja – Herr Minister Poppenhäger ist heute nicht da –, man kann es nicht anders sagen, unsere Polizei hier in Thüringen in einen kollektiven Burnout hineintreibt,

(Beifall AfD)

und egal, ob unser Winterabschiebestoppminister jeglichen Zusammenhang zwischen der Migration und islamischem Terror leugnet, die Verursacher für die Angst in Thüringen, für die Angst der Menschen, die sich im Thüringen-Monitor manifestiert, sie sitzen hier im Raum, sie befinden sich hier im Hohen Haus. Es sind die Regierungsvertreter rechts und links von mir.

(Beifall AfD)

Anstatt mal wieder eine präsidiale Rede zu halten, Herr Ministerpräsident Ramelow – aber vielleicht war das ja schon Ihre Bewerbungsrede für das Amt des Bundespräsidenten –, hätten Sie vielleicht mal lieber darauf geantwortet, wie Sie denn auf diese alarmierenden Befunde zu reagieren gedenken – und nichts anderes ist der Thüringen-Monitor. Lenken Sie vielleicht ein, gehen Sie auf die Thüringer zu, nehmen Sie ihre Sorgen und Ängste irgendwie ernst? Nein, Fehlanzeige! Sie gehen kein Haarbreit auf die Menschen im Land zu. Schon vor Wochen demonstrierte die Staatskanzlei wieder ihre Betonköpfigkeit gegenüber gesellschaftlichen Wahrheiten, die bei Ihnen niemand hören will.

(Beifall AfD)

Honorarprofessor Hoff verkündete bereits, dass die Erkenntnisse des Thüringen-Monitors helfen sollen, den Freistaat, so wörtlich, „noch lebenswerter, weltoffener und sozialer“ zu machen. Es fehlt nur noch „ganzheitlich und nachhaltig“, nicht wahr, Herr Prof. Hoff? Und die Abgeordnete Berninger, die heute – doch, da hinten ist sie, Frau Kollegin Berninger –,