42 Minuten. Ich weiß, dass Freitag alle nach Hause wollen, das kann ich nachvollziehen, aber das Thema ist zumindest ein kleines Stück wichtiger – meine Kollegin ist gerade nicht da – als vielleicht die Kormorane. Die Umweltministerin guckt gleich ganz düpiert, aber wenn Sie mich fragen, es müssen genügend abgeschossen werden.
Meine Damen und Herren, ich will einfach beim Ernst der Dinge bleiben. Herr Dittes, auch Sie haben wieder von Kriegseinsatz gesprochen. Mir wurde mal vorgeworfen, wenn ich hier vorn mal bestimmte kräftige Ausdrücke nehme, was da für eine Empörung kommt. Sie haben einfach nicht verstanden, was wir sagen wollen oder was ich sagen will. Das kommt noch. Ich will es Ihnen nur jetzt schon sagen: Sie haben sich hier vorn hingestellt, ist doch alles paletti, brauchen wir nicht, ist nicht, meine Damen und Herren.
Meine Damen und Herren, wenn ich das höre, was Herr Kollege Dittes hier losgelassen hat für die größte Fraktion in dieser Koalition, dann wird mir angst und bange. Die Worte höre ich wohl, aber mir fehlt der Glaube, was hier gesagt wurde. Wenn man sich hierhinstellt und feiert das alles so ab – ich bin wirklich lange nicht so deprimiert hier vorgegangen. Meine Kollegen, die in der Innenpolitik sind, haben alle nur noch mit dem Kopf geschüttelt. Anstatt sich Gedanken zu machen, was wir wirklich ändern müssen, meine Damen und Herren, ist das hier einfach so weggewischt worden – brauchen wir alles nicht, haben wir alles schon, ist schon immer so gewesen. Deswegen, ich wollte es eigentlich nicht machen, aber ich denke, der Einstieg ist notwendig: Sie kennen sicher den Brief, Hilferuf einer Polizeikollegin, offener Brief aus der Kreisgruppe der GdP Nordthüringen. Der Name ist bekannt. „Sehr geehrter Herr Innenminister Dr. Poppenhäger,“ – ich weiß, er will jetzt hinreisen, das finde ich gut; er soll hinreisen und soll sich mit den Leuten vor Ort austauschen – „wir wenden uns mit diesem Hilferuf in einem offenen Brief direkt an sie, weil wir am Ende unserer Kraft sind. Wir sind die Dienstgruppe der Polizeiinspektion Unstrut-Hainich in Mühlhausen und Bad Langensalza. Aber wir denken, dass wir stellvertretend für viele Dienstgruppen, für viele Kollegen im Freistaat stehen. Seit Jahren leiden wir unter dem Personalabbau bei der Thüringer Polizei. Wie atmeten wir auf, als im vergangenen Jahr seitens der Landesregierung angekündigt wurde, dass die Einstellungszahlen der Thüringer Polizei nicht weiter nach unten gehen sollen. Gerade an uns im Nordthüringer Raum scheinen seit Jahren die Neuzugänge aus Bereitschaftspolizei oder der Verwaltungsfachschule vor
bei zu gehen. Die jungen Kolleginnen und Kollegen kommen überall hin, aber die wenigsten nach Mühlhausen, Sondershausen und Nordhausen. Das Durchschnittsalter in unserer Dienstgruppe beträgt mehr als 48 Jahre. Nicht selten sitzen über 110 Jahre Lebenserfahrung in einem Funkwagen. Dass dies Folgen hat, ist nur selbstverständlich. Wir fragen uns manchmal, welches Bild der Bürger von uns haben muss, wenn wir mit unserer Fastpensionärstruppe anrücken. Bestimmt nicht das, was in den Werbebroschüren“ – man kann das jetzt gleich für die Werbung für die Gebietsreform nehmen – „und im Internet von der Thüringer Polizei vermittelt wird. Wir ziehen unseren Hut vor jedem Kollegen, der bis zur Pensionierung auf der Straße steht. Sind wir doch froh, dass wir sie haben, denn Alternativen gibt es nicht. Aber ist es nicht ein Armutszeugnis für ein Bundesland, das keine andere Verwendungsmöglichkeit für lang gediente, ältere Kollegen hat als den Streifeneinzeldienst? Schämen sich die Verantwortlichen nicht ein wenig, wenn sie die Einstellungszahlen der benachbarten Bundesländer sehen, wie z. B. Niedersachsen 1 100, Hessen 890, Sachsen-Anhalt 240.“ Es ist ja gesprochen worden, was der Innenminister dort vorhat. „Und ganz zum Schluss kommt irgendwann Thüringen mit gigantischen 155“, wo sich die Koalition, Herr Dittes, dafür feiert.
Ich muss den Brief vorlesen, damit man überhaupt weiß, wo wir stehen: „Inzwischen sind wir weiter dezimiert. Es geschah das, was alle realistisch denkenden Kollegen in unserer Dienststelle seit langem befürchtet hatten. Was passiert, wenn unsere fünf Kollegen einfach nicht reichen, um die polizeilichen Maßnahmen durchzusetzen? Was passiert, wenn es in erster Linie nicht mehr um Strafverfolgung gehen kann, sondern nur noch darum, mit einigermaßen heiler Haut aus einem Einsatz zurückzukommen? Was passiert, wenn die Verstärkung, die sofort gebraucht wird, aus Gotha oder Erfurt kommen muss? Was passiert, wenn sich die Polizeibeamten komplett hilflos einer Übermacht ausgesetzt sehen, derer sie nicht Herr werden? Was passiert, wenn Sie dieses Gefühl der Hilflosigkeit, der nackten Angst, einfach nicht mehr los werden? Immer mehr Kollegen werden durch Widerstandshandlungen verletzt. Die Täter sind oft durch Drogen und/oder Alkohol so schmerzunempfindlich, dabei aber immens leistungsfähig und unberechenbar, dass oft mehr als eine Besatzung notwendig ist, um die polizeilichen Maßnahmen durchzuführen. Oft steht aber nur ein Funkwagen zur Verfügung. Was dann? Das ist heute leider unser Alltag. Es ist richtig, dass wir alle gut ausgebildet sind, aber das allein reicht nicht aus. Gut ausgebildete Polizeibeamte konnten auch den zahlreichen Opfern am Kölner Dom in der Silvesternacht nicht helfen, weil es einfach zu wenig waren. Die meisten Kollegen in unserer Dienststelle haben noch Dienststärken von zwanzig Beamten pro Dienst
schicht erlebt. Zwanzig, die tatsächlich zur gleichen Zeit allein in Mühlhausen im Dienst waren und nicht nur auf dem Papier standen. Unsere Mindeststärke liegt inzwischen von unter zehn für Bad Langensalza und Mühlhausen zusammen. Vor fünf Jahren mussten wir noch zwölf Beamte auf die Straße bringen. Schon diese Zahl ist heute utopisch. Uns wundert es nicht, dass sich die Kolleginnen und Kollegen der Landeseinsatzzentrale zum Teil weigern, die Zuständigkeit für den nördlichen Bereich von Thüringen zu übernehmen […]. Und nun fragen wir Sie: Haben Sie selbst auch dieses Bild von Ihrer Polizei? Ist das die Polizei, die Sie sich für Ihren Freistaat Thüringen vorstellen? Ist das die Polizei, die den Aufgaben der Zukunft gewachsen ist? Wir jedenfalls sind froh, wenn wir gesund nach jeder Schicht nach Hause kommen. Und für die Zukunft der Thüringer Polizei sehen wir nur schwarz, wenn nicht endlich mehr als 155 Anwärter im Jahr eingestellt werden.“
Deswegen habe ich ihn vorgelesen. Es geht einfach darum, unsere Polizei ist am Ende, unsere Polizei fühlt sich von der Politik verlassen und unsere Polizei wird nicht unterstützt. Ich will an der Stelle – mein Fraktionsvorsitzender hat es gestern genannt – sagen, dass Gott sei Dank noch zwei Fraktionsvorsitzende dieses „Alle Polizisten sind Bastarde“ zurückgenommen haben. Das führt nicht dazu, dass die Polizei sich von der Politik unterstützt fühlt.
(Zwischenruf Abg. Hey, SPD: Ich habe es nicht zurückgenommen! Ich habe gesagt, dass es mit uns nichts zu tun hat!)
Du hast es zurückgenommen? Zwei? Also du tust doch jetzt nicht etwa das, was ich positiv sage, dass ihr es nicht gemerkt habt, dass sie euch verladen haben, und dann habt ihr es zurückgezogen. Ich meine es doch positiv. Du kannst es natürlich wieder ins Negative drehen, es war nicht meine Absicht. Es waren zwei und der andere von den Grünen sitzt daneben. Also, meine Damen und Herren, ich will einfach nur darauf hinweisen: Wenn für die Polizei so eine Achtung da ist in unserem Lande, wie das hier geschildert wird,
dann kann ich nur noch sagen: Mir wird angst und bange. Und das mache ich nicht, auch wenn Herr Dittes und andere unterstellen: Ach, der Fiedler hat doch keine Ahnung – das können Sie doch alles machen, das ist doch Ihr gutes Recht. Aber Sie können mir eines glauben: Ich habe von der Pike auf seit mittlerweile 26 Jahren die Polizei – ich habe sie nicht aufgebaut, ich habe den zehnten Innenminister, aber ich war fast die ganze Zeit lang innenpolitischer Sprecher und ich habe sehr, sehr viele
Gespräche geführt. Wir hatten fast 20 Jahre einen Arbeitskreis Polizei, der von sehr vielen Polizistinnen und Polizisten sehr gut besucht war. Wir haben uns schon immer ausgetauscht und wir wissen auch heute noch um die Nöte, die es dort gibt. Ich will an dieser Stelle – das haben andere auch schon gemacht – noch mal all unseren Sicherheitskräften, insbesondere auch der Polizei, ein herzliches Dankeschön sagen. Wir werden sie unterstützen,
damit es im Freistaat Thüringen besser wird. Ich habe kein Problem, das auch von hier vorn noch mal zu sagen: Wir wissen seit Jahren, dass drei Hundertschaften nicht reichen. Wir wissen es seit Jahren. Und seit Jahren ist es aus finanziellen Gründen usw. weggeschoben worden.
Meine Damen und Herren, weil von Herrn Dittes vorhin auch die Ausbildungshundertschaft genannt wurde, ich sage danach noch etwas dazu: Das ist eine hoch qualifizierte Einheit, die das in vielen Einsätzen, wie auch in Bayern bei dem großen G7Gipfel, bewiesen hat, die wirklich auch in anderen Ländern anerkannt ist. Deswegen muss man davor wirklich den Hut ziehen.
Bei dem, was wir heute hier zum Tagesordnungspunkt gemacht haben, da geht es nicht darum – ich habe das bewusst auch schon in der Einbringung gesagt –, irgendjemandem irgendwas anzuheften. Man fängt in der Regel bei der Selbstkritik an und das habe ich gemacht. Aber nun regieren seit zwei Jahren andere. Die haben gesagt, sie wollen nicht alles anders machen, aber sie wollen es besser machen. Ja, da müssen sie es besser machen!
Aber, meine Damen und Herren, dann rühmt sich Herr Dittes – war es Herr Dittes oder der Staatssekretär; das ist egal –, Cybercrime und Staatsschutz sind gestärkt worden. Richtig und gut, aber wo haben wir die Leute hergenommen? Wir haben sie aus der Fläche geholt. Die fehlen uns in der Fläche. Es war richtig und gut. Wir waren im Landeskriminalamt, wir haben uns dort berichten lassen, da ist uns das gesagt worden, wir haben das an entsprechender Stelle, Innenausschuss usw., auch kommuniziert. Wir, mein Arbeitskreis, fünf Mann waren bei der Bereitschaftspolizei und haben mit den Leuten gesprochen.
Was denken Sie, warum wir auf die Idee mit der Ausbildungshundertschaft gekommen sind? Wir sind auf diese Idee gekommen, weil uns die Leute dort gesagt haben – und die haben Ahnung und müssten es wissen –, dass es schon solche Ausbildungshundertschaften gegeben hat. Da will ich noch mal klar und deutlich sagen: Was mancher, der vor mir gesprochen hat, hier vorn losgelassen hat – hier geht es doch nicht um eine Billigpolizei.
Hier geht es darum, dass wir eine Lösung suchen, weil wir wissen, dass Meiningen zu ist, damit hier richtige Polizei ausgebildet wird. Das war gang und gäbe. Da sind richtige Polizisten ausgebildet worden und nicht irgendwas Halbes. Das ist jahrelang in der Bundesrepublik und auch hier in Thüringen gemacht worden. Hier wird suggeriert, wir wollen hier irgendeine Billigpolizei. Ja, Sie werden um die Billigpolizei nicht herumkommen.
Gehe hier vor und erzähle etwas, wie du es verändern willst, als ehemaliger Polizist. Das kannst du machen.
Wir haben gesagt, wir wollen sie nicht. Aber wenn wir es nicht schaffen, Polizei auszubilden und Polizei überhaupt erst mal nach drei Jahren auf die Straße zu bringen …
Nach zwei oder drei Jahren, je nachdem, was sie für eine Laufbahn haben. Herr Dittes, Sie müssten das eigentlich auch mittlerweile wissen.
Damit wir uns das einfach nur gesagt haben. Da haben die uns dort vor Ort gesagt: Ja, es wäre möglich. Man muss natürlich dann Voraussetzungen schaffen. Natürlich müssten dann auch noch entsprechende Fachleute mit hinzugezogen werden usw. Wir wissen aber auch, dass das in Meiningen in absehbarer Zeit einfach nicht geht. Sie wissen es, Herr Staatssekretär, wir wissen es. Man kann sich natürlich hinstellen und sagen: Hätten wir doch damals größer gebaut. Ich erinnere mich daran, wie viel Geld wir in Meiningen reingesteckt haben. Das ist eine sehr gute Ausbildungsstätte, da wird wirklich – wir waren mehrfach dort – nahe an der Wirklichkeit geübt usw. Aber da sind eben mittlerweile die Ausbildungskapazitäten weg oder voll, sie können nicht mehr. Auch das, wenn wir vor Ort waren und das hier gesagt haben, wurde alles runtergespielt. Sie haben recht – ich weiß nicht, wer das gesagt hat –, es fehlen jetzt noch die Unterkünfte, aber die Unterkünfte sind in Planung und die Unterkünfte werden gebaut. Wir waren alle Mann vor Ort und wissen, was dort los ist. Aber wir können nur mittelfristig – wenn der Wille da ist, Geld in die Hand zu nehmen, Bauunterlagen zu erstellen etc. pp. Wenn wir Meiningen – jetzt sage ich wieder das Wort – „aufrüsten“ wollen und müssen, dann müssen wir Geld in die Hand nehmen. Wir wissen, wie schnell unsere Behörden laufen, wenn es darum
geht. Da muss der Plan erstellt werden, dann geht das zum Bauministerium, dann geht das ans Finanzministerium, dann kommen noch sämtliche Beamte und was da so alles ist. Ich sage Ihnen: Das dauert Jahre, bevor da überhaupt der erste Angriff oder irgendwas passiert. Deswegen: Wenn wir das zur Kenntnis nehmen und wissen es einfach, dann müssen wir doch handeln und nicht immer nur sagen: Ach, die da, die haben doch das usw. Die Bedrohungslage hat sich im Freistaat und in der ganzen Bundesrepublik und auch in der Welt vollständig verändert. Wenn man das weiß, muss man hier auch entsprechend reagieren und muss etwas tun. Wer das so einfach wegwischt mit der Ausbildungshundertschaft, da fällt mir nichts mehr ein. Da bleibt nur noch eins übrig: Es wird irgendwann die Billigpolizei kommen. Sie wird kommen, weil sonst niemand mehr da ist, der dann irgendwo noch was macht. Es ist die 155 in Meiningen genannt worden. Kaum war die erste Feier vorbei, sind zwei ausgeschieden. Ich hoffe, dass die zwei wieder eingestellt wurden. Der Staatssekretär nickt, die zwei sind schon wieder eingestellt, also nachgerückt.
Wir wissen, dass auch nicht alle die Prüfung bestehen. Wir wissen das. Ich will die Prozentzahl gar nicht sagen, sonst freuen sich noch welche darüber, die sich nicht freuen sollten, was am Ende dort wirklich rauskommt. Deshalb, meine Damen und Herren, müssen wir über diese Dinge reden. Das kann man nicht so einfach wegwischen, als ob das nichts wäre. Meine Damen und Herren, ich denke mal, ich habe auch in der Antragsbegründung schon einige Dinge genannt, damit auch das klar ist. Das ist, meine Damen und Herren, nicht nur unsere Meinung oder meine Meinung, sondern wir haben das natürlich mit vielen Sicherheitsexperten, mit zwei Gewerkschaften intensiv besprochen. Wir haben uns auseinandergesetzt, was passiert eigentlich oder was kann passieren. Ich habe es weiter hinten noch mal, aber wenn ich mich wiederhole, ist es mir auch egal. Es geht einfach darum – und da muss ich Sie noch mal, Herr Dittes, ansprechen; Sie sind ja immer so genau, weil Sie alles bei anderen finden, nur bei sich nicht –, Sie haben vom Anschlag in Ansbach und Würzburg gesprochen. Es war der Amoklauf von München, wo der Staatssekretär eingeladen hat und wo die entsprechenden Leute dort vor Ort waren. Auch so viel sollten Sie noch wissen, von was Sie eigentlich reden.
Meine Damen und Herren, deswegen erlaube ich mir hier stellvertretend den obersten Verfassungsschützer unseres Landes zu zitieren, denn es ist ja geänderte Sicherheitslage im Freistaat und bürgerwirksam vor terroristischen Anschlägen schützen. Manche sind darauf eingegangen, Kollege Henke. Manche haben das vollkommen beiseite gewischt, es ist doch alles paletti, es ist alles gut, wir brauchen nicht darüber zu reden. Ich zitiere unseren
Verfassungsschützer, der vor gar nicht allzu langer Zeit in einem Interview ausgeführt hat, dass der islamistische Terrorismus, vor allem der IS, weiterhin die größte Gefahr für die freiheitlich-demokratische Grundordnung in der Bundesrepublik darstellt. Ein Blick in den aktuellen Verfassungsschutzbericht verdeutlicht zudem, dass die bestehenden Anschlagrisiken von verschiedenen Gruppen ausgehen. So stieg die Zahl der Salafisten – also derjenigen, die einer fundamentalistischen, islamistischen Ideologie anhängen – von 8.350 im Jahr 2015 auf mittlerweile mehr als 8.900 Salafisten an, Stand Juni 2016. Gleichzeitig ist die Zahl der islamistischen Gefährder auf mehr als 500 gestiegen, also jener Personen, denen die Behörden jederzeit einen Anschlag zutrauen. 500, Frau Rothe-Beinlich, wenn Sie es interessiert! Nun kann man sagen, in Thüringen hält sich allenfalls eine Handvoll von diesen Gefährdern auf, oder man kann sagen, das alles sei ja nur halb so wild. Aber diese Auffassung teilen wir gerade nicht, meine Damen und Herren. Jeder von denen ist eine Gefahr zu viel.
Denn man handelt zumindest grob fahrlässig, und zwar zum Nachteil der eigenen inneren Sicherheit und letztlich auch vor allem zum Nachteil der Bevölkerung. Auch Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren von Rot-Rot-Grün, können nicht leugnen, dass die Sorgen der Menschen vor terroristischen Anschlägen in diesem Land in den letzten Monaten nicht weniger geworden sind. Wer also diese Gefahr in der Bedrohungslage zum gegenwärtigen Zeitpunkt leichtfertig bestreitet, verharmlost oder darin eine pauschale Vorverurteilung von Asylsuchenden und Flüchtlingen sieht, der hat den Blick für die Realität vollständig verloren.
Es gehört zur Wahrheit dazu, dass der IS mit dem Flüchtlingsstrom nach Europa auch Terroristen einschleuste. Das wurde lange bestritten, bis die Ersten erkannt wurden; und auch in Thüringen waren schon welche unterwegs, die Anschläge unternommen haben.
Meine Damen und Herren, Hoffnung allein stellt leider keine Garantie dafür dar, dass es so bleibt. Auch führt Hoffnung mitnichten dazu, dass unsere Sicherheitsbehörden im Ernstfall auf derartige Szenarien vorbereitet sind. Genau hieran mangelt es gegenwärtig ganz gewaltig im Freistaat.
Uns haben eindringliche Hilferufe aus der Polizei und den Gewerkschaften erreicht, wonach unsere Beamten derzeit nicht den Aufgaben und Anforderungen im Zusammenhang mit der neuen Sicherheitslage gewachsen sind. Beklagt wird immer wieder und insbesondere fehlende technische Ausstat
tung bei Waffenmaterial und Fahrzeugen. Zudem leidet die Polizei unter der dauerhaften Überbelastung durch Mehrarbeit und Überstunden wegen unbesetzter und fehlender Stellen. Hier reiht sich auch der gestern kurz angesprochene offene Brief, den ich verlesen habe, mit ein. Hierdurch leidet nicht nur das Arbeitsklima, auch die Kündigungen haben nach unserem Kenntnisstand in jüngster Zeit bei der Polizei drastisch zugenommen. Das ist nicht von uns, das haben uns die Gewerkschaften gesagt. Hinzu kommt, wie es vorhin schon genannt wurde, der hohe Krankenstand, weil die Kolleginnen und Kollegen der Polizei einfach überlastet sind. Diesem Zustand muss dringend begegnet werden, um einen Rückgang der inneren Sicherheit nicht noch zu befördern. Daher fordern wir eine Reihe von Maßnahmen, die nach unserer Auffassung erstens zu einer spürbaren Entlastung unserer Beamten führen sollen und zweitens eine adäquate Antwort auf die geänderte Sicherheitslage im Landtag geben. Ich verweise auf unseren Antrag, dem, ich glaube, das ganze Haus zugestimmt hat, polizeifremde Aufgaben weiter zu verringern. Wenn das natürlich alles Monate dauert, dann kommen wir nie einen Schritt vorwärts. Ich kann dem Innenminister und den anderen Ministern nur dazu sagen: Werden Sie bessere als unsere damals. Wir haben es versucht, wir sind gescheitert. Vielleicht werden Sie besser und schneller und es kommt endlich mal. Ja, man muss auch die eigenen mal kritisieren. Ich erinnere mich, als wir da zusammensaßen und wie nur Ausreden kamen: Das geht nicht, das geht nicht, das geht nicht.
Meine Damen und Herren, bisher wurden nur Taschenlampen und Handschuhe angeschafft. Ich weiß, das will mancher gar nicht hören. Die seit Monaten angekündigten Helme und Schutzwesten fehlen noch immer oder stehen nur teilweise zur Verfügung.
Meine Damen und Herren, auch das müssten die Innenpolitiker wissen, die sind in Auftrag gegeben und es ist vieles, was auch anrollen soll. Wenn man aber erst ganz spät reagiert, und wir haben das schon vor vielen Monaten eingebracht – ja, ich weiß, meine Kollegen und andere wollen heim, ich kann es doch aber nicht ändern, es muss sein. Wenn es euch nicht interessiert, müsst ihr es mir sagen. Da höre ich auf, klappe ich zu und höre auf.
Es fällt mir aber gar nicht ein, dass vielleicht noch Herr Harzer recht kriegt, nur weil er heim will – fällt aus.
Meine Damen und Herren, ja, bleiben wir doch noch ernst, auch wenn es Freitag ist. Ich weiß, es schmerzt.
Sie sind in Bewegung gesetzt worden, aber viel zu spät. Ich erinnere daran, ja, der Staatssekretär muss immer nicken.