Protocol of the Session on September 30, 2016

Deswegen ist es nicht verwunderlich, dass sich auch die CDU nicht nur in der hier vorliegenden Großen Anfrage, sondern auch in ihrer sonstigen Politik den Begriff der frühkindlichen Bildung zu eigen macht. Denn auch wenn die CDU sich nicht im gleichen Maße wie Linke und Grüne die Verstaatlichung der Kindheit zum Ziel setzt, so muss man doch konstatieren, dass sich in der CDU eine erschreckende Fantasielosigkeit breitgemacht hat, was die Fähigkeit angeht, die widerstreitenden Interessen von Eltern und Familien durch Politik in Einklang zu bringen. Statt eigene Politikansätze zu entwickeln, vertreten Sie den gleichen frühkindlichen Bildungsquark wie Linke und Grüne und bieten keine Alternative.

(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: So ein Murks!)

Ihre Große Anfrage heißt: „Kinder und Jugendliche in Thüringen“. Letztlich geht es aber darin gar nicht um Kinder und Jugendliche, es geht nicht um Menschen, sondern letztlich sammeln Sie statistische Daten. Nur nebenbei bemerkt: statistische Daten, die Sie in vielen Fällen ebenso gut beim Landesamt für Statistik nachlesen könnten.

(Unruhe CDU)

Dieses Klammern an Statistiken ist ein Zeichen für die Verweigerungshaltung der CDU – die Verweigerung der CDU, Politik für Menschen, für Familien zu machen, die Verweigerungshaltung der CDU, Verantwortung dafür zu übernehmen, dass durch jahrzehntelange Fehlsteuerung in der Familienpolitik und in der Steuer- und Rentenpolitik Familien von einem Gehalt nicht mehr leben können und immer weniger Kinder geboren werden.

(Beifall AfD)

Um es klar zu sagen: Es gibt keinen demografischen Wandel, der irgendwo vom Himmel gefallen ist, wie er von den Altparteien propagiert wird. Stattdessen steuern wir in eine demografische Katastrophe hinein, die durch die Politik der Altparteien selbst verursacht wurde.

(Beifall AfD)

Es gibt auch eine Verweigerungshaltung der herrschenden Politikerkaste gegenüber dem eigenen Volk. Auch die CDU weigert sich, Politik für dieses Volk zu machen.

(Beifall AfD)

Politik für dieses Volk zu machen bedeutet, die Familien in den Mittelpunkt allen staatlichen Handelns zu stellen. Politik für dieses Volk zu machen bedeutet, auf eine aktive Bevölkerungspolitik zu setzen. Und Politik für dieses Volk bedeutet, den Gestaltungswillen, den Familien für sich selbst und ihr Leben haben, in Politik umzusetzen. Genau das bekämpfen Linke und Grüne aktiv und genau das kann die CDU nicht leisten. Dafür bildet diese Große Anfrage ein passendes Beispiel. Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Danke schön. Als Nächster erhält Abgeordneter Tischner für die CDU-Fraktion das Wort.

(Beifall Abg. Bühl, CDU)

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, es fällt einem schon ein bisschen schwer, nach so viel Hass und menschlichem Abgrund, der von Frau Muhsal gesehen wird, zu einer sachlichen Debatte zurückzukommen. Aber ich möchte es trotzdem tun.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich möchte auch Danke sagen an die Redner der SPD-Fraktion und der Grünen-Fraktion, die sich sehr sachlich und sehr fachlich mit unserer Großen Anfrage auseinandergesetzt haben. Herr Wolf hat, glaube ich, heute wieder einmal verwechselt, ob er bei der Gewerkschaft oder hier im Thüringer Landtag ist. Das war leider nicht so fachlich.

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Wolf, DIE LINKE: Das tat weh, oder?)

Gute Bildungschancen von Anfang an gehören zu den wichtigsten Zukunftsaufgaben in Deutschland. Dieser Satz war und ist für die Thüringer Union Auf

gabe und Verpflichtung. Eine gute Kinder- und Jugendpolitik orientiert sich daran. Unser Freistaat Thüringen hat sich in den vergangenen 26 Jahren zu einem Vorreiterland in der deutschen Bildungslandschaft entwickelt. Regelmäßig bestätigen uns Schul- und Bildungsstudien diesen Spitzenplatz. Aber auch die vielen unzähligen Erfolge der Thüringer Schülerinnen und Schüler bei Leistungs- und Vergleichswettbewerben sind Ausdruck dieser erfolgreichen Bildungspolitik, die zuallererst das Kind im Fokus hat und entsprechend der spezifischen Begabungen optimal in den verschiedenen Schularten fördert und fordert.

Die vielen Preisverleihungen, die Bildungsministerin Dr. Klaubert immer wieder absolviert, sind Ausdruck dafür. Ich danke Ihnen an dieser Stelle, Frau Ministerin, dass Sie diese Tradition Ihrer Vorgänger fortsetzen und sich im Grunde auch persönlich dieser Leistungen der Schülerinnen und Schüler annehmen, sich diesen ministeriell widmen. Das ist leider nicht bei allen Koalitionspolitikern der Fall.

Das Fundament dieses bildungspolitischen Erfolgs ist zum einen unser Thüringer Schulgesetz. Dieses zu schützen und zu achten muss Aufgabe aller politischen Akteure sein. Der Mörtel, der das ganze Haus zusammenhält, das sind die vielen Akteure in unserem Bildungssystem. Es sind natürlich die Lehrerinnen und Lehrer, es sind natürlich die pädagogischen Kräfte, die Erzieher, die technischen Kräfte, aber es sind auch die Mitarbeiter in den Schulverwaltungen und bei den Schulträgern. Ihnen allen gilt stets und ständig der Dank der CDU-Fraktion. Sie haben Thüringen zum Spitzenplatz in der Bildungslandschaft geführt.

(Beifall CDU)

Diesen Spitzenplatz zu erhalten ist das zentrale Anliegen der bildungspolitischen Arbeit der CDULandtagsfraktion. Wenn heute Morgen schon Willy Brandt zitiert wurde, dann möchte ich auch noch Konrad Adenauer zitieren,

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Das muss nicht sein!)

der klar und einfach sagte: „Keine Experimente“.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Da würden wir aber sehr auf der Stelle treten!)

Meine Damen und Herren, warum diese Große Anfrage? Bevor ich diese Frage kurz beantworte, eine Bitte, Frau Ministerin: Richten Sie Ihrem Haus den herzlichen Dank unserer Fraktion für diese Fleißarbeit aus. Diese Bestandsanalyse ist zumindest für meine Fraktion eine wichtige Arbeitsbasis für die weitere Entwicklung von Ideen, Vorstellungen und Konzepten im Sinne der Bewältigung der anstehenden Herausforderungen. Es sollte für alle Mitglieder im Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport eine

(Abg. Muhsal)

Verpflichtung sein, die Antworten zu analysieren und auch gemeinsam zu diskutieren. Wir haben es eben schon gehört, die Koalitionsparteien wollen eine Beratung dieser Großen Anfrage, dieser Fleißarbeit des Ministeriums nicht im Ausschuss. Dennoch beantrage ich, Herr Präsident, die Überweisung an den Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport.

Mit dem Datenmaterial ist nun zugleich ein Fundament gelegt, um Fort- oder Rückschritte in diesem Aufgaben-, in diesem Politikbereich messen zu können. Linke, SPD und Grüne haben viel versprochen und damit auch Anspruch auf eine faire Evaluierung am Ende der Wahlperiode. Was ist die zentrale Herausforderung, die auf den 165 Seiten der Großen Anfrage insbesondere im Bildungsbereich deutlich wird? Es ist der Generationswechsel in unseren Lehrerzimmern und es ist die Gestaltung eines schülerorientierten Schulnetzes. Letzteres ist aus unserer Sicht die Aufgabe der Schulträger, weil diese die Situation vor Ort am besten kennen. Aus der Anfrage wird mehr als deutlich, dass unter der CDU- und SPD-Landesregierung die Schulträger sehr pflichtbewusst und eigenverantwortlich die Schulnetzplanung vollzogen haben. Es wären über 60 eigenverantwortliche Anpassungen gewesen, aber wir alle wissen, dass natürlich die Politik der Genehmigung von Gemeinschaftsschulen manche Verwerfungen vor Ort zur Folge hat. Wir sind gespannt, Frau Ministerin, wie Sie mit Ihren Koalitionsparteien zu einer gemeinsamen Linie finden. Auch bei CDU und SPD war es nicht immer einfach, aber als Bildungspolitiker sage ich ganz persönlich, es war ein Erfolg von CDU und SPD. Da danke ich ausdrücklich allen Beteiligten, dass wir eines erreicht haben, nämlich das beste LehrerSchüler-Verhältnis bundesweit zu erhalten.

Meine Damen und Herren, 750, 940, 967, 1.030, 1.004 sind 4.691 von 17.348 Lehrerinnen und Lehrern, die in den nächsten fünf Jahren in den Ruhestand gehen.

(Zwischenruf Dr. Klaubert, Ministerin für Bil- dung, Jugend und Sport: Die Zahlen kenne ich auswendig!)

Das freut mich, Frau Ministerin, dass Sie sagen, Sie können es auswendig. 27 Prozent der Lehrer gehen leider in den nächsten fünf Jahren in den Ruhestand. Herr Wolf hat es immer noch nicht so ganz begriffen, sonst würde er nicht ständig in der Vergangenheit herumwühlen und uns hier Ausführungen vortragen.

(Beifall CDU)

Ich sage Ihnen auch: Die letzte Regierung hat geliefert. Wir haben gemeinsam schrittweise die Einstellungszahlen erhöht. Die CDU steht zu ihrem Wahlversprechen, in dieser Wahlperiode mindestens 2.500 Lehrer unbefristet einzustellen. Dafür haben Sie auch unsere Unterstützung. Aber Sie

müssen liefern, Sie müssen die Einstellungsbedingungen und die Einstellungsverfahren verbessern. Das ist jetzt Ihre Aufgabe, lieber Herr Wolf, Sie maßgeblich, der Sie ja immer die Vergangenheit so im Blick haben.

(Beifall CDU)

Dann gehört zu einer Regierung, auch wenn sie links ist, dass sie ehrlich mit sich selbst und vor allem mit der Öffentlichkeit ist. Drei Beispiele, wo Sie nicht gerade ehrlich sind: Erstens sind die von RotRot-Grün bejubelten 500 Einstellungen in Wahrheit vielfach keine Ersatzeinstellungen, weil Sie fast die Hälfte dieser Einstellungen wandeln, so lange, bis irgendwie am Ende doch ein Lehrer gefunden ist, aber von der eigentlich gesuchten Fächerkombination bleibt nichts mehr übrig.

Zweitens sind die von Rot-Rot-Grün bejubelten angeblich hohen Bewerberzahlen reine Augenwischerei. Wer die Zahlen für die einzelnen Schulämter vergleicht – das Ministerium hat ja freundlicherweise zu Anfang des Jahres auch ohne eine Anfrage die Zahlen veröffentlicht –, der sieht, dass in den grenznahen Gebieten nach Niedersachsen, nach Hessen, nach Bayern, die Bewerberzahlen deutlich unter der Hälfte liegen wie in Mittel- und Ostthüringen. Wir laufen hier sehend auf ein Bewerberproblem hinaus – das darf nicht passieren.

Drittens ist die von Rot-Rot-Grün bejubelte verbesserte Gewinnung von Lehrernachwuchs in Wahrheit eine Reduzierung. Nicht nur, dass die Studentenzahlen in den letzten beiden Jahren im Lehramtsbereich in den Keller gehen, Sie haben auch – jetzt ist Herr Wolf wieder da, hören Sie zu – die Referendar-Zahlen reduziert. SPD und CDU haben in der letzten Wahlperiode beschlossen – und das stand im 2015er-Haushalt –, 600 Referendare einzustellen. Wir haben darauf gedrungen, dass diese 600 Referendare eingestellt werden, Sie haben 2015 im Haushalt auf 500 Referendare reduziert.

Wenn man sich jetzt dank einer Kleinen Anfrage von Frau Rothe-Beinlich anschaut, wie viele Sie tatsächlich in 2015 eingestellt haben, dann waren das keine 600 Referendare, dann waren das auch keine 500 Referendare, sondern es waren 400 Referendare und damit 100 Referendare weniger, als CDU und SPD zuletzt in Thüringen eingestellt hatten,

(Beifall CDU)

200 Referendare weniger, als – Frau Taubert kann sich bestimmt noch daran erinnern – damals wahrscheinlich Herr Emde und Herr Matschie ausgehandelt haben. Das ist keine gute Politik. Das ist die falsche Politik, gerade wenn man den Generationswechsel in Thüringen gestalten will. Ich bleibe dabei: Nicht allein die Einstellungszahlen, sondern auch der Qualitätserhalt und die Fachlichkeit müssen strategisch die Einstellungspolitik bestimmen.

Abschließend noch kurz ein paar Worte zum Thema „Horte“ in Thüringen. Auf Seite 42 der Großen Anfrage spricht die Landesregierung richtigerweise – das hat Herr Wolf natürlich nicht zitieren wollen – vom Erfolgsmodell. Sie schreiben weiter von der hohen Zufriedenheit der Eltern und den guten Erfahrungen im Modellvorhaben. Dann frage ich Sie: Warum gefährden Sie mit Ihrer Politik dieses Erfolgsmodell? Reden Sie eigentlich aktuell mit den Eltern und Erziehern? Kennen Sie die Probleme bei den Öffnungszeiten? Kennen Sie die Probleme bei den Einschränkungen der Betreuungszeiten? Haben Sie wahrgenommen, wie sich aktuell die Kooperationen zwischen Horten und Praxis entwickeln? Haben Sie die Gehaltseinbußen, die die Kolleginnen und Kollegen monatlich haben, wahrgenommen? Und was Sie uns auch noch als tolle Lösung präsentieren: Haben Sie verstanden, dass dieser Betriebsübergang eigentlich nur deswegen funktioniert, weil bis jetzt niemand geklagt hat?

(Zwischenruf Abg. Wolf, DIE LINKE: Weil es keinen Grund zum Klagen gibt!)

Ich frage Sie: Wann nehmen Sie endlich die Realität zur Kenntnis, dass Sie mit dieser Politik bei den Horten einen Riesenschaden anrichten? Herr Wolf, Sie als ehemaliger GEW-Vorsitzender sind wahrscheinlich genauso wie wir im Verteiler der GEW. Auch die GEW schreibt heute in ihrer Pressemitteilung, dass sich die Situation in den Horten verschlechtert hat.

Meine Damen und Herren, gute Bildungschancen von Anfang an gehören zu den wichtigsten Zukunftsaufgaben in Deutschland und in Thüringen. Die vorliegende Große Anfrage ist eine Bestandserfassung ebenso wie die vielen Bildungsstudien. Wir sind an Ihrer Seite, sehr geehrte Damen und Herren von der Koalition, sehr geehrte Frau Ministerin, wenn es um die Qualitätssicherung und um die Qualitätssteigerung im Thüringer Bildungssystem geht. Sie wissen aber auch um unsere deutliche Kritik. Die werden wir immer deutlich formulieren, wenn wir Errungenschaften in Gefahr sehen. In diesem Sinne bin ich gespannt auf die nächsten Monate. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Tischner. Jetzt habe ich noch zwei weitere Wortmeldungen. Frau Abgeordnete Rothe-Beinlich hat sich zunächst für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gemeldet.