Auch andere Zahlen kann ich korrigieren. Heute gibt es eine ganz aktuelle Meldung: Die „Tagesschau“ hat es als Erstes gemeldet, zumindest habe ich es da als Erstes gelesen. Die ebenfalls in der Begründung angegebene Zahl von 2015 1,1 Millionen hier angekommenen Geflüchteten, die schon immer auch vom Bundesinnenministerium nur als Schätzung bezeichnet worden war, wurde jetzt vom Bundesinnenminister nach unten korrigiert. 890.000 Geflüchtete sind im letzten Jahr in der Bundesrepublik Deutschland angekommen. Wenn der „blöd, blöde Brandner“ hier die Differenz aufmacht, zwischen...
Meine Damen und Herren, zunächst einmal erteile ich dem Abgeordneten Brandner für seine Bemerkung vorhin einen Ordnungsruf. Ihnen, Frau Kollegin, erteile ich den jetzt auch.
Wenn er die Differenz aufmacht zwischen den vom Minister genannten 5.313 bis zum 28. September in Thüringen Angekommenen und dann laut ruft: „Aber es sind doch über 13.000 Asylanträge bisher in Thüringen“, kann ich nur sagen, als Mitglied des Ausschusses für Migration, Justiz und Verbraucherschutz könnte man wissen, dass zahlreiche Asylanträge von 2015 angekommenen Geflüchteten eben
erst im Jahr 2016 gestellt werden konnten. Aber solche Sachinformationen passen eben nicht zur Propaganda und der Show von Rassistinnen und Rassisten, wie zum Beispiel in Bautzen oder in Dresden. Sie passen auch nicht auf die Showbühne, die die rechtspopulistische AfD-Fraktion aus dem Thüringer Landtag offenbar machen will.
Meine Damen und Herren, die Behauptung, die Dublin-Verordnung sei ausgesetzt worden: Dublin wurde von der Bundesregierung nicht ausgesetzt. Es gab eine Entscheidung. Am 3. September 2015 ist veröffentlicht worden, dass die Bundesregierung entschieden hat, auf die Rückführung syrischer Geflüchteter nach Griechenland zu verzichten. Im Übrigen kann ich nur dem zustimmen, was Frau Walsmann eben ausgeführt hat. Um zu entscheiden, ob die Flüchtlinge nach der Dublin-Verordnung in einen sicheren Drittstaat wieder zurück müssen oder ein anderer, ein sicherer Drittstaat, für das Asylverfahren zuständig ist, muss man diese Prüfung erst einmal durchführen. Dazu müssen die Geflüchteten aber auch hier einen Asylantrag stellen können und erst einmal hierherkommen. Die rechtspopulistische AfD-Fraktion bringt als Autoritätsbeweis für die angebliche Verfassungswidrigkeit des Handelns der Bundesregierung bzw. die – ich will einmal zitieren – verfassungsrechtliche Pflicht, „wirksame Kontrollen der Bundesgrenzen wieder aufzunehmen“, den ehemaligen Bundesverfassungsgerichtshofrichter Udo Di Fabio mit seinem Gutachten, das er im Auftrag der CSU und des Ministerpräsidenten von Bayern erstellt hat.
Meine Damen und Herren, allein deshalb, dass ein prominenter Jurist, ein ehemaliger Bundesverfassungsgerichtshofrichter, etwas aufschreibt oder sagt, wird das noch nicht richtig. Mir tut es im Gegenteil fast ein bisschen leid, dass sich Herr Di Fabio so von Herrn Seehofer und der CSU hat benutzen lassen und jetzt eben auch damit leben muss, dass die AfD ihn benutzt. Das sogenannte Gutachten von Herrn Di Fabio haben sich schon im Januar – gleich in der ersten Woche nach seiner Veröffentlichung – zwei renommierte Rechtsphilosophen, nämlich Herr Bast und Herr Möllers, die an der Uni Gießen und an der Humboldt-Uni in Berlin lehren, zur Brust genommen und auf nur vier Seiten – das Di-Fabio-Gutachten hat über 120 Seiten – auseinandergenommen.
Ich will einfach nur einmal ein paar wenige Sachen sagen, die die beiden an diesem Gutachten kritisieren: zum einen die monarchistische Idee, von der Di Fabio ausgeht, wenn er den Staat als Verfassungsvoraussetzung benennt und sozusagen die Staatsgewalt als Selbstzweck erklärt. Zum Zweiten ist ein Kritikpunkt, dass das Gutachten Herrn Di Fabios wissenschaftlichen Standards nicht genügt, relativ schlicht präsentiert ist und er bedauerlicherweise die Tatsache, dass seine Meinung eine sehr umstrittene ist, in dem Gutachten nicht erwähnt, son
dern so tut, als sei seine Meinung eine Selbstverständlichkeit und sozusagen Gesetz. Ein dritter Kritikpunkt ist der, dass Herr Di Fabio, wohl wahrscheinlich um den Auftrag des Gutachtens zu erfüllen – es war ja ein Auftragsgutachten –, den Freistaat Bayern in eine enge Verschwurbeltheit mit den Kompetenzen des Bundes bringt, beispielsweise was die Grenzsicherung angeht, und damit wahrscheinlich erreichen will, dass der Freistaat Bayern auch prozessual die Rechte des Bundes geltend machen kann, damit ein solcher Antrag vom Bundesverfassungsgericht durch den Freistaat Bayern überhaupt eine Chance hat und nicht gleich wegen Unzuständigkeit abgewiesen wird. Dass die Bayern bisher diesen Antrag nicht gestellt haben, ist schon erwähnt worden. Das hat auch mit der inhaltlichen Schwäche – um es vorsichtig zu sagen – von Herrn Di Fabios sogenanntem Gutachten zu tun.
Es ist eben von den Rechtspopulisten zitiert worden, was Herr Di Fabio als Ersatzvornahme und zwischenstaatliches Druckmittel und über die Grenzschließung sagt. Da haben die beiden Herren aufgeschrieben – das zitiere ich mal –: „Die von Di Fabio als Ersatzvornahme und zwischenstaatliches Druckmittel konzipierte Zurückweisung von Asylsuchenden an der deutschen Grenze wäre also ein klarer Verstoß gegen geltendes Recht.“ Ähnlich interpretiere ich auch eine Passage aus der Rede von Frau Walsmann. Im Fazit – das will ich komplett zitieren – kommen die beiden zu dem Schluss: „Das Gutachten nutzt fragwürdige staatstheoretische Argumente, um den Bund zu europarechtswidrigen Alleingängen anzuhalten, die dieser den Ländern angeblich verfassungsrechtlich schuldet. Das ist steil. Man kann dieses Gutachten auch als Zeugnis einer Verhärtung des politischen Klimas sehen, in dem nun ehemalige Verfassungsrichter ihre hohe Reputation dazu verwenden, einer demokratischen Regierung einen Rechtsbruch zu unterstellen, ohne diesen konkret benennen zu können. Sicherlich nicht bringt dieses Gutachten dagegen eine Absicht der Bayerischen Staatsregierung zum Ausdruck, gegen den Bund zu klagen. Dass eine Klage damit nicht zu gewinnen ist, wissen auch die erfahrungsgemäß hervorragenden Juristen in München.“
Meine Damen und Herren, ich darf für die Koalitionsfraktionen, Bündnis 90/Die Grünen, SPD und Die Linken sagen, dass dieser vorliegende Antrag abzulehnen ist. Er besteht aus Falschbehauptungen: der Aussetzung Dublin, Verfassungsbruch, Öffnung der Grenzen. Er hat zum Ziel, Geflüchtete als illegal zu verunglimpfen. Jeder aber – das hat Frau Walsmann auch ausgeführt – hat das Recht auf Prüfung des Asylgesuchs nach Artikel 16a Grundgesetz. Dazu muss man eben aber erst einmal ins Land kommen.
Artikel 14 Abs. 1 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte sagt: „Jeder hat das Recht, in anderen Ländern vor Verfolgung Asyl zu suchen und zu genießen.“ Kein Mensch ist illegal. Meine Damen und Herren, dieser abgestandene Antrag, abgestanden wie faules Gurkenwasser, ihn heute genau am Tag des Flüchtlings, der jährlich im Rahmen der Interkulturellen Woche begangen wird, zu behandeln, diesen rassistisch motivierten, rechtspopulistischen Antrag diskutieren zu müssen, ist nicht schön. Aber es gibt auch die Gelegenheit, unmissverständlich klarzustellen: Menschenrechte, meine Damen und Herren, kennen keine Grenzen. Vielen Dank.
Danke schön. Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor, sodass ich die Aussprache schließe. Ich frage, ob das Berichtsersuchen zu Nummer I des Antrags erfüllt ist. Oder erhebt sich da Widerspruch? Es erhebt sich kein Widerspruch. Damit ist der Bericht erfüllt, sodass wir nun zur Abstimmung über die Nummern II und III des Antrags kommen. Ausschussüberweisung ist nicht beantragt worden. Wer für die Nummern II und III des Antrags der Fraktion der AfD in der Drucksache 6/2545 ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen der AfD-Fraktion. Danke schön. Gegenstimmen? Aus den Koalitionsfraktionen sowie der CDU-Fraktion. Damit mit Mehrheit abgelehnt.
Erziehungsarbeit anerkennen – Beitragsgerechtigkeit in den Sozialversicherungen herstellen Antrag der Fraktion der AfD - Drucksache 6/2546
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kollegen Abgeordnete, sehr verehrte Besucher auf der Tribüne! Kommen wir zu einem vielleicht etwas weniger kontaminierten Thema, der Familie – ein Thema, das mir persönlich und der AfD-Fraktion im Thüringer Landtag besonders am Herzen liegt.
2001 endete ein Rechtsstreit um die Beiträge zur 1995 eingeführten Pflegeversicherung vor dem Bundesverfassungsgericht. Mehrere Familien hatten den Rechtsweg beschritten, weil sie eine Ungerechtigkeit darin sahen, dass Eltern und Kinderlose gleich hohe finanzielle Beiträge leisten mussten. Das Gericht gab den klagenden Eltern recht. Es führte aus, dass es dem Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes widerspräche, wenn Eltern einen gleich hohen Beitrag zur Pflegeversicherung zahlen müssten wie Kinderlose. Begründet wurde das folgendermaßen: Eltern stellen mit ihren finanziellen Beiträgen im Umlagesystem wie die Kinderlosen die Versorgung der aktuell Pflegebedürftigen sicher. Eltern leisten aber anders als Kinderlose darüber hinaus einen sogenannten generativen Beitrag. Das heißt, sie tragen durch die Betreuung und Erziehung ihrer Kinder dazu bei, dass die nächste Generation von Beitragszahlern heranwachsen kann.
Elternschaft und Kindeserziehung werden somit zur unabdingbaren Vorleistung für die Versorgung zukünftig Pflegebedürftiger. Das Bundesverfassungsgericht trug der Bundesregierung auf, den Fehler in der Pflegeversicherung zu korrigieren. Das tat die Bundesregierung endlich im Jahr 2005, allerdings nicht hinreichend. In der Pflegeversicherung wurde 2005 ein Zusatzbeitrag für Kinderlose von 0,25 Prozent eingeführt. Dieser stellt jedoch nur ansatzweise eine Anerkennung der Leistung von Eltern dar, die als Einzige in der Lage sind, durch ihre Kindererziehung den Erhalt des umlagefinanzierten Sozialsystems zu garantieren. Ansatzweise, sehr geehrte Kollegen Abgeordnete, meint hier vornehmlich, dass der Halt des Systems nicht durch das Merkmal „nicht kinderlos“ garantiert wird. Das ist ein ganz entscheidender Punkt. Die Regelung greift nämlich deswegen zu kurz, weil ein Kind zwar ausreicht, um vom Zusatzbetrag befreit zu werden. Es reicht aber nicht aus, um langfristig das Versicherungssystem zu erhalten.
Nach dem zweiten Auftrag, den das Bundesverfassungsgericht der Exekutive erteilte, war zu prüfen, ob die Ungerechtigkeit auch in anderen Sozialversicherungszweigen vorliegt und ob auch dort ein Handlungsbedarf gesehen würde. Dieser zweite Auftrag des Bundesverfassungsgerichts harrt noch seiner Erledigung. Gut, dass jetzt die AfD hier im Thüringer Landtag dieses Thema in die politische Debatte einspeist und hoffentlich vielleicht auch die Landesregierung dazu animiert, endlich einmal etwas für die Familien im Freistaat und deutschlandweit zu tun.
In der Krankenversicherung und in der Rentenversicherung werden Eltern immer noch mit den gleichen Beiträgen belastet wie Kinderlose. Diese Ungerechtigkeit immer wieder anzusprechen, darauf hinzuweisen und so lange darauf zu drängen, bis diese Ungerechtigkeit abgestellt ist, das ist unser Ansatz. Den verfolgen wir auch mit diesem Antrag heute hier im Hohen Haus. Wir freuen uns auf eine lebendige Debatte und auf ein gutes Ergebnis für unsere Familien. Vielen Dank.
Herzlichen Dank. Damit eröffne ich die Beratung. Als Erste hat sich Ministerin Werner zu Wort gemeldet.
Danke. Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Ich möchte zu dem Antrag Stellung nehmen: Zunächst, die Punkte 1 bis 3 des Antrags werde ich wegen Sachzusammenhangs gemeinsam beantworten.
Basis Ihres Antrags ist ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 3. April 2001. In diesem Urteil wird ausgeführt, dass die damals geltenden Regelungen zur Erhebung der Beiträge in der gesetzlichen Pflegeversicherung nicht verfassungskonform sind. In der Urteilsbegründung wird dem Gesetzgeber allerdings ausdrücklich ein großer Ermessensspielraum bei der künftigen Ausgestaltung eingeräumt. Deshalb wurde dieser lediglich dazu verpflichtet, beitragspflichtige Versicherte mit einem oder mehreren Kindern gegenüber kinderlosen Mitgliedern der sozialen Pflegeversicherung bei der Bemessung der Beiträge relativ zu entlasten. Wegen der zu prüfenden Bedeutung des Urteils auch für andere Zweige der Sozialversicherung wurde dem Gesetzgeber eine Frist bis zum 31. Dezember 2004 eingeräumt. Die Umsetzung des Urteils erfolgte dann derart, dass mit dem Gesetz zur Berücksichtigung der Kindererziehung in der sozialen Pflegeversicherung ab dem 1. Januar 2005 ein Beitragszuschlag für kinderlose Mitglieder eingeführt wurde. Es erfolgte somit keine Entlastung für Familien mit Kindern, sondern eine Belastung von kinderlosen Mitgliedern. In Bezug auf die anderen Zweige der Sozialversicherung hat der Bund keine Maßnahmen ergriffen.
Sehr geehrte Damen und Herren, erwartungsgemäß kam es als Folge des genannten Urteils zu weiteren sozialgerichtlichen Befassungen. Diese endeten in einem Musterverfahren vor dem Bundessozialgericht. Dort wurde am 30. September 2015 entschieden, dass Eltern nicht beanspruchen können, wegen des Aufwands für die Betreuung
und Erziehung von Kindern weniger Beiträge zur gesetzlichen Rentenund Krankenversicherung zahlen zu müssen. Auch wurde nochmals der sozialpolitische Spielraum des Gesetzgebers bei der Ausgestaltung des Sozialversicherungsrechts betont. Er bewege sich innerhalb der Grenzen des Gestaltungsspielraums, wenn er den Aufwand für die Betreuung und Erziehung von Kindern in verschiedenen Regelungen des Leistungsrechts berücksichtigt. Zu nennen seien dabei in erster Linie die Kindererziehungszeiten der gesetzlichen Rentenversicherung und die beitragsfreie Familienversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung. Da das Gericht in seinem Urteil zudem ausführte, dass die derzeitigen rechtlichen Regelungen nicht gegen das Grundgesetz verstoßen, schied eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht aus.
Sehr geehrte Damen und Herren, aus meinen Ausführungen können Sie erkennen, durch welche Rahmenbedingungen eine Bundesratsinitiative des Landes Thüringen erschwert wäre. Deshalb müssen aus Sicht des Landes andere Maßnahmen ergriffen werden, um Familien insbesondere mit Kindern zu entlasten. Thüringen setzt sich seit mehreren Jahren auf Bundesebene für Verbesserungen im familienpolitischen Bereich ein. Als ein Beispiel möchte ich den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende nennen. Dieser ist seit dem Jahr 2004 unverändert. Thüringen hat sich gemeinsam mit anderen Ländern auch über die Jugend- und Familienministerkonferenz dafür eingesetzt, diesen Betrag in Analogie zur Entwicklung des Verbraucherindexes anzuheben. Weiterhin wäre die Prüfung der Möglichkeit einer Dynamisierung des Betrags sinnvoll ebenso wie die Staffelung des Betrags nach Kinderzahl.
Weiterhin strebt Thüringen gemeinsam mit anderen Ländern Verbesserungen im Rahmen des Unterhaltsvorschussgesetzes an. Der Freistaat hat erst kürzlich eine Bundesratsinitiative mit dem Ziel unterstützt, die Altersgrenze der anspruchsberechtigten Kinder von 12 auf 18 Jahre anzuheben und die Begrenzung der Gesamtdauer des Leistungsbezugs, die derzeit 72 Monate beträgt, aufzuheben. Auch dies ist eine Forderung, die seit Jahren von Familienpolitikerinnen und -politikern erhoben wird.
Darüber hinaus bedürfen Familien, die Kinder erziehen, einer entsprechenden Unterstützung. Wir stehen für eine Politik, die Familien in all ihrer Pluralität von Lebenssituationen mit ihren individuellen Bedürfnissen stärkt. Dazu gehört auch die Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf. Vereinbarkeit bedeutet Vereinbarkeit mit Kindern aller Altersstufen, mit Partnerinnen und Partnern, mit Eltern, Geschwistern und Großeltern, Erwachsenen, Kindern und Enkeln, Vereinbarkeit für ein gesundes Aufwachsen, Sorge für Ältere, Kranke und Menschen mit Behinderung und Pflege. Eine nachhaltige Familienpolitik folgt der Maxime der Agenda 21: „Glo
bal denken – lokal handeln!“ Dazu müssen die Kommunen gestärkt werden. Hierzu ist im Koalitionsvertrag das Landesprogramm „Solidarisches Zusammenleben der Generationen“ vereinbart und mit Kabinettsbeschluss vom August auf den Weg gebracht worden. Das Landesprogramm wird gegenwärtig partizipativ erarbeitet und soll ab 2018 umgesetzt werden. Ziel ist eine örtliche, bedarfsgerecht abgestimmte Bildungs-, Gesundheits- und Sozialpolitik für Familien.
Sehr geehrte Damen und Herren, aus den genannten Gründen ist der Antrag der Fraktion der AfD abzulehnen. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Danke schön. Ich eröffne hiermit die Beratung. Als Erster erhält Abgeordneter Thamm für die CDUFraktion das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, die Ministerin hat schon sehr ausführlich berichtet und ist auf viele Bundesangelegenheiten eingegangen, die in diesen Antrag hineinspielen. Ich möchte hier noch einiges Grundsätzliches sagen. Die Familienpolitik zu stärken und damit die Förderung der Familie als Grundbaustein und Fundament der Gesellschaft ist immer ein Grundstein der CDU und der Thüringer sowie Bundespolitik gewesen und wird es auch immer sein.
Die vorgenannten Anerkennungszeiten von Kindererziehung, die genannten Dinge der Rentenversicherung, wo familiäre Erziehung durch den Generationenvertrag honoriert wird, die Familien entlastenden Leistungen der Rentenversicherung – das sind alles Dinge, die auf den Weg gebracht sind und die unsere Eltern entlasten bzw. für das Alter vorsorgen. Eine eventuelle Forderung, darüber hinaus noch die Höhe der Pflichtversicherungsbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung danach zu bemessen, ob und gegebenenfalls wie viele Kinder die Beitragszahler haben, ist mit Vorsicht zu betrachten. Auf jeden Fall gilt es hier, eine Schlechterstellung oder Bestrafung kinderloser Familien zu vermeiden. Nicht nur, dass es eine beachtliche Anzahl ungewollt kinderloser Paare gibt. Kinderlose beteiligen sich außerdem bereits überproportional über ihre in der Regel höhere Steuerlast an der Finanzierung der Rentenversicherung durch den Bundeszuschuss. Sie profitieren auch beispielsweise nicht von Kindererziehungszeiten oder bestimmten Hinterbliebenenrenten.
Gegen einen Familienlastenausgleich über eine unterschiedliche Staffelung der Beiträge nach Zahl der Kinder sprechen überdies einige weitere wichtige Gründe. Unter anderem würde dies nach Meinung von Kritikern Besserverdienende stärker entlasten als ärmere und bedürftigere Familien. Es würde Einkünfte oberhalb der Bemessungsgrenze vom Solidarausgleich ausschließen und es würde Eltern, die nicht pflichtversichert sind, nicht entlasten. Hauptargument gegen eine Beitragsstaffelung in der Rentenversicherung ist daher, dass der Sozialausgleich zwischen Kinderlosen und Eltern eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist und nicht allein eine der Versicherungsgemeinschaft. Trotz alledem beschloss beispielsweise die CDU auf ihrem Bundesparteitag im Dezember 2015, sie wolle, ich zitiere, „den generativen Beitrag von Familien in den Sozialversicherungssystemen berücksichtigen und Eltern insbesondere in der Renten- und Pflegeversicherung auf Beitragsseite entlasten“. Darüber hinaus hat die CDU-geführte Bundesregierung erst im Sommer 2015 ein umfassendes Paket für Familien beschlossen. Dazu gehört mehr Kindergeld, höherer Kinderzuschlag, höherer Kinderfreibetrag und höherer Entlastungsbeitrag für Alleinerziehende sowie mehr Unterhaltsvorschuss. All diese genannten und durch die Bundesregierung umgesetzten Maßnahmen tragen zur Entlastung der Eltern und Erziehungsberechtigten bei und sollten hier auch einmal erwähnt und gewürdigt werden.
Die genannten und umgesetzten Maßnahmen von 2015 – der höhere Beitrag in der Pflegeversicherung für kinderlose Beitragszahler, die beitragsfreie Familienversicherung in der Krankenversicherung und nicht zuletzt die Anerkennung der Kindererziehungszeiten für die gesetzliche Rentenversicherung – bestätigen uns in der Auffassung, dass der Bund seiner Verpflichtung gegenüber den Familien mit Kindern nachkommt, sie ständig auf den Prüfstand stellt und darauf eingeht. Damit erscheint die Aufforderung an die Landesregierung für eine Bundesratsinitiative unangemessen und aussichtslos. Nichtsdestotrotz fordert auch die CDU-Landtagsfraktion von der Landesregierung eine stärkere Unterstützung der Familien in Thüringen ein. Dies muss sich allerdings, anders als von der AfD gefordert, auf die Bereiche konzentrieren, in denen sie Gesetzgebungskompetenz und damit verbundene Gestaltungsmöglichkeiten hat. Hier fehlt es seitens der Regierungskoalition allerdings bisher an klaren Konzepten und zeitnahen Planungen zur Entlastung von Familien.