Protocol of the Session on September 29, 2016

„Grundschule unter einem Dach“ – Geplanter Grundschulneubau in Bad Berka

(Minister Lauinger)

Mit dem Neubau einer Grundschule soll in der Stadt Bad Berka im Weimarer Land eine mittlerweile 18 Jahre währende prekäre Schulsituation (ge- trennte Beschulung der Schülerinnen und Schüler in zwei rund 1,8 Kilometer voneinander entfernten Standorten; 17 Jahre währende Betreibung eines ursprünglich für eine Übergangszeit von fünf Jahren vorgesehenen Sportcontainers; inzwischen zuneh- mend beengte Platzkapazitäten aufgrund steigen- der Schülerzahlen im Gymnasium) beendet werden. Dazu wurde durch den Schulträger, den Kreis Weimarer Land, inzwischen, nach Informationen der Stadtratsfraktionen Bad Berkas, ein Förderantrag beziehungsweise eine Vorhabenanmeldung – bezogen auf den durch den Stadtrat Bad Berka favorisierten Standort Siedlerweg – an das Thüringer Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft gerichtet.

Ich frage die Landesregierung:

1. Sind neben der Vorhabenanmeldung durch Schulbeziehungsweise Bauträger und beziehungsweise oder Kommune weitere – beispielsweise haushalts- oder bauplanungsrechtliche – Voraussetzungen zu schaffen, die einen positiven Entscheid zum Förderantrag bedingen?

2. Sind die im Antrag angeführten Parameter (Bau- größe, Standort etc.) im Falle einer positiven Entscheidung rechtlich bindend für die spätere Bauplanung und -ausführung?

3. Unter welchen Voraussetzungen kann gegebenenfalls davon abgewichen werden?

Für die Landesregierung antwortet das Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft, Frau Ministerin Keller.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Berninger beantworte ich für die Thüringer Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Zunächst lassen Sie mich kurz voranstellen, dass es in der Schulbauförderung ein zweistufiges Verfahren gibt. Es erfolgt zunächst eine verlagerte Vorhabenanmeldung mit überschaubaren Unterlagen und als Ergebnis dieser eine Programmaufstellung. Daran schließt sich mit der zweiten Stufe das eigentliche Bewilligungsverfahren an, das ein Zuwendungsantrag mit umfangreichen Anlagen gemäß der Schulbauförderrichtlinie erfordert. Zum Zeitpunkt der Vorhabenanmeldung hat der Schulträger die voraussichtliche Höhe seines Eigenmittelanteils anzugeben. Die Deckung dieses Eigenanteils muss der Schulträger in seinen haus

haltsrechtlichen Planungen einfließen lassen. Im Falle der Berücksichtigung in der Programmaufstellung 2017, die voraussichtlich im November dieses Jahres vorliegen soll, wird der Schulträger zur Abgabe eines Zuwendungsantrags aufgefordert. Erst zu diesem Zeitpunkt wird vom Schulträger eine verbindliche Darstellung der Finanzierung des Vorhabens gefordert. Die bauplanungsrechtlichen Voraussetzungen sind die Grundlage für die bauordnungsrechtlichen Genehmigungen, die erst mit dem Zuwendungsantrag vorzulegen sind.

Zu Frage 2: Die Vorhabenanmeldung erstellt der Schulträger für ein konkretes Schulgebäude an einem dafür festgelegten Standort, wie in diesem Fall ein Neubau am Siedlerweg in Bad Berka. Die Art und Größe des Gebäudes sowie der Standort haben grundsätzliche Auswirkungen auf die mit der Anmeldung vorgelegten Unterlagen, insbesondere was die Kostenschätzung betrifft. Der Landkreis Weimarer Land als zuständiger Schulträger hat im Vorfeld eine Standortanalyse durchgeführt und sich für den angemeldeten Standort am Siedlerweg entschieden. Es liegen dem Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft derzeit keine Informationen zu einer geplanten Änderung der Parameter vor.

Zu Frage 3: Sollten Abweichungen zu den wesentlichen Parametern – zum Beispiel beim Grundstück – notwendig sein, ist dies dem Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft mitzuteilen. Das Vorhaben kann in der jeweiligen Programmaufstellung allerdings dann nicht mehr berücksichtigt werden und ist im Folgejahr neu anzumelden.

Vielen Dank.

Gibt es Nachfragen? Das sehe ich nicht. Vielen Dank, Frau Ministerin. Nun kommen wir zur nächsten Anfrage durch Frau Abgeordnete König, Fraktion Die Linke, in Drucksache 6/2697.

Sehr geehrter Herr Präsident!

Ehemaliger Thüringer Verfassungsschutz-Präsident bei der mutmaßlich extrem rechten „Burschenschaft Normannia zu Jena“ zu Gast

Am 16. September 2016 erschien auf der Rechercheseite „Thüringen Rechtsaußen“ ein HintergrundArtikel über einen Vortrag des ehemaligen Präsidenten des Thüringer Verfassungsschutzes, Helmut Roewer, bei der „Burschenschaft Normannia zu Jena“ am 19. August 2016 in Jena, an dem auch Neonazis teilgenommen haben sollen. In einem Interview zu seinem neuen Buch „Unterwegs zur Weltherrschaft“ setzt er sich revisionistisch mit der deutschen Kriegsschuld auseinander und berichtet über eine angebliche „Lügenpresse“, vermeintlich

(Abg. Berninger)

einflussreiche Menschen jüdischen Glaubens und „Geschichtslügen“. Helmut Roewer tritt als Autor und Gast bei rechtspopulistischen, rechtskonservativen und extrem rechten Gruppen und Blättern auf. Zur oben angegebenen Burschenschaft liegen Anhaltspunkte für extrem rechte Bestrebungen vor.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Kenntnisse hat die Landesregierung zu dem besagten Vortrag am 19. August 2016 bei der „Burschenschaft Normannia zu Jena“, auch mit Hinblick auf Ort, Teilnehmerzahl, Teilnehmerkreis und Auftreten von Helmut Roewer?

2. Welche Auffassung vertritt die Landesregierung zu den in der Einleitung genannten Zitaten und zur oben genannten Burschenschaft?

3. Liegt nach Auffassung der Landesregierung im Handeln von Helmut Roewer ein Dienstvergehen nach § 47 Abs. 2 Beamtenstatusgesetz wegen Nichterfüllung von Pflichten als Ruhestandsbeamter vor, weil er sich gegen die „freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes betätigt“ oder an Bestrebungen teilnimmt, „die darauf abzielen, den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik zu beeinträchtigen“?

4. Welche Auswirkungen hat das Agieren von Helmut Roewer auf seine Versorgungsbezüge als Ruhestandsbeamter?

Für die Landesregierung antwortet Herr Staatssekretär Götze.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die Mündliche Anfrage der Abgeordneten König beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:

Die Antwort zu Frage 1: Es liegen über die im Internet verbreitete Veranstaltungsankündigung hinausgehend derzeit keine weiteren Erkenntnisse zum Ablauf vor.

Die Antwort zu Frage 2: Die „Burschenschaft Normannia zu Jena“ wird vom Amt für Verfassungsschutz als rechtsextremistisch bewertet. Im Übrigen liegen zu den in der Vorbemerkung Bezug genommenen Äußerungen keine weiteren Erkenntnisse vor, insbesondere kann deren Authentizität gegenwärtig nicht abgeschätzt werden. Eine inhaltliche Stellungnahme ist an dieser Stelle somit nicht angezeigt.

Die Antwort zu Frage 3: Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. Daher liegen gegenwärtig keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Begehung eines Dienstvergehens im Sinne des § 47 Abs. 2 Beamtenstatusgesetz vor.

Die Antwort zu Frage 4: Hierzu möchte ich auf die Antwort zu Frage 3 verweisen. Der Sachverhalt ist gegenwärtig nicht hinreichend geklärt, deswegen kommen derartige Konsequenzen momentan nicht in Betracht.

Es gibt eine Nachfrage durch Frau Abgeordnete König.

Frage 1: Ist das eine alte Antwort von Staatssekretär Rieder, die Sie gerade vorgelesen haben?

Definitiv nicht.

Frage 2: Es gib ein Interview mit Herrn Roewer, das im Dezember 2015 erschien, in dem er davon spricht, dass es einen Umsturz geben würde. Herr Roewer tritt da als der ehemalige Verfassungsschutzpräsident Thüringens auf. Ich frage Sie: Ab welchem Punkt gibt es denn nach Ansicht des Innenministeriums die Möglichkeit, gegen die Aktivitäten des Herrn Roewer, der ja weiterhin vom Freistaat Thüringen Zahlungen erhält, entsprechend zu agieren?

Bitte schön, Herr Staatssekretär.

Das ist im Rahmen des § 47 Abs. 2, den ich bereits erwähnt habe, eindeutig geregelt. Sie können sich sicher sein, dass wir uns mit diesen Sachverhalten auseinandersetzen. Hier ist ein konkreter Einzelsachverhalt angesprochen worden und ich habe ihn auf Basis der derzeit bestehenden Erkenntnislage beantwortet.

Es gibt eine weitere Nachfrage vom Abgeordneten Dittes.

Herr Staatssekretär, Sie haben eben nochmals wiederholt „auf Basis der derzeit bestehenden Erkenntnislage“ und Sie haben in Ihrer ersten Beantwortung ausgeführt, dass die Echtheit nicht nachgewiesen werden kann. Heißt das, dass in dem vorliegenden Sachverhalt die Landesregierung oder das Innenministerium weiter prüfen wird und dem Sachverhalt nachgehen wird?

(Abg. König)

Genau das heißt es.

Weitere Nachfragen kann ich nicht erkennen. Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Wir kommen zur nächsten Anfrage. Fragestellerin ist Frau Abgeordnete Hennig-Wellsow, Fraktion Die Linke, und die Frage trägt die Drucksachennummer 6/2699, vorgetragen durch Herrn Abgeordneten Blechschmidt – oder? Sind Sie sich einig? Frau König.

Wir haben „Schnick, Schnack, Schnuck“ gemacht.

„Rassistischer Übergriff“ am 13. September in Erfurt

Der Sprecher der muslimischen Ahmadiyya-Gemeinde in Thüringen ist nach Medienberichten am 13. September 2016 in Erfurt auf dem Weg mit der Straßenbahn vom Anger zum Hauptbahnhof mit rassistischen Sprüchen von einem Mann beleidigt und angegriffen worden. Dabei sollen die Worte „Du gehörst nicht in unser Land“ und „Du gehörst gehängt“ gefallen sein. Auch soll der Täter sich wiederholt namentlich auf den Vorsitzenden der Fraktion der AfD im Thüringer Landtag bezogen haben. Der Tatverdächtige konnte von der Polizei gestellt werden.

Ich frage die Landesregierung:

1. Ist der Tatverdächtige in der Vergangenheit bereits als Mitglied bei extrem rechten Organisationen oder Teilnehmer entsprechender Veranstaltungen auffällig geworden und wenn ja, wegen welcher Straftaten fanden in der Vergangenheit Ermittlungen gegen ihn statt?

2. Hat sich der Tatverdächtigte – und wenn ja, in welcher Form und mit welchen Worten – nach derzeitigem Kenntnisstand auf den Vorsitzenden der Fraktion der AfD im Thüringer Landtag am Tattag bezogen?

3. Welche Straftaten wurden bei der Thüringer Polizei seit dem 11. Mai 2016 – dem Tag des Bekanntwerdens eines geplanten Moscheebaus – in Thüringen bei der Polizei aktenkundig, die einen Bezug gegen den geplanten Moscheebau in Erfurt aufweisen?

4. Wie bewertet die Landesregierung den Übergriff auf den Sprecher der muslimischen Ahmadiyya-Gemeinde vor dem Hintergrund der monatelangen, nach Auffassung der Fragestellerin rassistisch motivierten Anfeindungen gegen die Mitglieder der Gemeinde und den geplanten Moscheebau, wie sie auf Demonstrationen, in sozialen Netzwerken und in den Kommentarspalten von Medien stattfinden?

Für die Landesregierung antwortet Herr Staatssekretär Götze.