Aus der Erklärung möchte ich folgenden Satz zitieren: „Wir haben jetzt die einmalige Chance, das neue Europa in gemeinsamer Verantwortung im Geist menschlicher Solidarität, im Bewusstsein der Schicksalsverbundenheit und auf der ererbten Grundlage gemeinsamer Werte zu entwickeln.“ Es ist nach wie vor ein Schlüsselsatz. Meine Damen und Herren, mag es auch das Pathos des damaligen Zusammenkommens gewesen sein, dieser Satz hat nichts an seiner Aktualität verloren. Diese Verantwortung, meine sehr geehrten Damen und Herren, müssen wir hier in Thüringen damals wie heute, heute wie damals leben.
Mit der Osterweiterung der Europäischen Union im Jahr 2004 wurde das Weimarer Dreieck immer stärker auch zu einem Gesprächsforum von gleichberechtigten Partnern zu aktuellen europapolitischen Fragen. Das Weimarer Dreieck zeigt, wie Länder mit unterschiedlicher Geschichte gemeinsam Zukunft gestalten können, über Grenzen hinweg denken und sich für Europa und für den Frieden einsetzen können. Die große Stärke des Weimarer Dreiecks liegt eben gerade darin, dass es ein weites Spektrum von Einstellungen, Traditionen und Politikansätzen abdeckt. Ich glaube, meine Damen und Herren, im Europa der 28 kann dieses Forum daher einen wertvollen Beitrag für erfolgreiche Entscheidungsprozesse liefern, denn sie sind ja in dieser Erweiterung nicht einfacher geworden. Das Weimarer Dreieck lebt. Immer wieder hört man freilich Unkenrufe – Frau Staatssekretärin Dr. Winter, Sie haben es auch vorgetragen, Herr Kubitzki hat darauf abgehoben –, natürlich, die ein oder andere Äußerung aus politischen Veränderungen in den Mitgliedstaaten der 28, das Weimarer Dreieck sei erfolglos, geschichtsfern, im Grunde gescheitert. Meine Damen und Herren, die Realität zeigt doch ein ganz anderes Bild. Die Außenminister der drei Länder trafen sich zum Beispiel am 3. April 2015, um die Lage in der Ukraine, die Beziehung zu Russland und die europäische Nachbarschaftspolitik mit den östlichen Partnern zu diskutieren. Die Europaminister waren am 30. September des vergangenen Jahres in Paris im gemeinsamen Austausch. Im Mittelpunkt des Treffens stand die Flüchtlingskrise in Europa und dabei ging es sowohl um die Unterstützung in den Herkunfts- und Transitländern als auch um die Abstimmung und Zusammenarbeit in der Europäischen Union. Zudem sprachen die Europaminister über die gemeinsame Wirtschafts- und Energiepolitik. Nicht zuletzt trafen sich die Außenminister am vergangenen Sonntag – es ist darüber berichtet worden – in dem bewährten Format in Weimar. Und zunehmend spielt die parlamentarische Zusammenarbeit im Weimarer Dreieck eine wichtige Rolle. Neben verschiedenen Ausschüssen treffen sich auch Parlamentspräsidenten und Präsidien regelmäßig im Dreierformat. Auch zwischen den Fachministerien finden inzwischen Treffen der Minister im Rahmen des Weimarer Dreiecks statt. Ich darf erinnern an das Treffen von Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt am 1. September 2014 mit den Agrarministern Polens und Frankreichs. In Bonn waren sie zusammengekommen, um unter anderem die aktuellen Auswirkungen und Konsequenzen aus dem russischen Importstopp für Agrarerzeugnisse zu diskutieren.
Auch auf der Ebene der Zivilgesellschaft hat der trilaterale Austausch zunehmend an Bedeutung gewonnen, etwa in Form von Städtepartnerschaften. Meine Damen und Herren, zählen sie mal die kleinen Dreiecke von Städtepartnerschaften, die wir in Thüringen haben. Da hat sich eine ganze Zahl von
Städtepartnerschaften, Gemeindepartnerschaften entwickelt, und zwar durch den Willen der Bürgerschaft, Jugendbegegnungen, Kulturveranstaltungen. Die Zivilgesellschaft Polens, Deutschlands und Frankreichs steht gemeinsam für das noch engere Zusammenwachsen unserer Länder.
Ich darf herzlich danken den Akteuren, die dieses zivilgesellschaftliche Engagement immer wieder auch verstärken und neu entwickeln. Der Verein Weimarer Dreieck und viele andere, die sich darin engagieren, leisten da eine wertvolle Arbeit. Denn wie bei vielen Städtepartnerschaften – ich erinnere, dass manch eine Städtepartnerschaft, damals DDR-BRD, geschlossen war, also sie haben nicht gelebt, weil die Menschen sich nicht treffen durften; es lebt, wenn Menschen sich treffen können, wenn Menschen Austausch pflegen – muss auch das Weimarer Dreieck zwischen den Menschen aus den unterschiedlichen Ländern gelebt werden. Ich unterstütze das intensiv, ich bin selbst Mitglied im Weimarer Dreieck e. V., aus voller Überzeugung und ich bin sehr froh, dass ein Projekt gelungen ist, was so ein bisschen Zukunft auch beschreibt, dass ich einen guten Freund, Rolf Zuckowski, gewinnen konnte, das „Weimarer Dreieckchen“ zu begleiten, weil es irgendwo symbolhaft auch steht für eine junge Generation, eine junge Generation, die vielleicht Spaß daran hat, um sich zu verstehen, auch die Sprache des anderen zu lernen, sich auszutauschen, die Kultur anders zu erleben. Es ist noch nicht selbstverständlich, dass junge Menschen sich einfach so begegnen – man muss auch die Möglichkeit dazu schaffen.
Das Weimarer Dreieck sollte auch verstärkt auf der Ebene der Bundesländer, der Regionen gelebt werden. Es gab mal so einen zarten Ansatz, der war nicht von allen so gerne gesehen, die außerhalb von Thüringen waren, dass wir das auf die Ebene der Bundesländer und Regionen bringen wollten, der Senate in Frankreich. Aber ich denke, das ist auch eine Antwort darauf, auf vielleicht so manches Erlahmen von Kräften auf der großen politischen Ebene. Dann muss man eine Stufe weiter unten eben intensiv weitermachen. Und ich kann die Landesregierung nur ermutigen, da auch voranzugehen und dranzubleiben.
Meine Damen und Herren, aus all diesen Gründen halte ich es für eine wichtige und auch eine bedeutende Geste des Freistaats Thüringen, das Format des Weimarer Dreiecks gebührend zu leben, aber dem auch und ganz besonders in diesem Jahr eine entsprechende Aufmerksamkeit zu verleihen. Das ist geschehen, das ist gelungen. Wir sind es nicht zuletzt auch Hans-Dietrich Genscher schuldig, das von ihm mitbegründete Forum zu würdigen und dafür Sorge zu tragen, dass der Einigungsprozess Europas auch mithilfe dieses losen außenpolitischen Gesprächs- und Konsultationsforums weiter vorangetrieben wird.
Jetzt werden Sie sich wundern: Warum hat die CDU ihren Antrag zurückgezogen? Da müssen wir einfach ganz klar sagen: Unserem Anliegen ist Rechnung getragen worden. Da bricht uns überhaupt kein Zacken aus der Krone, wenn man einfach sagt, unser Hauptanliegen im April dieses Jahres war es anzuschieben und zu sagen, bitte würdigt es, begeht es – damals waren die Pläne noch nicht so ausgereift. Diesem Anliegen ist entsprochen worden.
Ein zweiter Baustein – den haben Sie draufgesetzt –, den wir genauso leben und unterstreichen, ist der zivilgesellschaftliche Austausch, der Austausch mit den Partnerregionen. Und das ist richtig. Warum sollen wir uns dann verweigern, dem Antrag, der weiter geht, zuzustimmen? Und das werden wir auch aus voller Überzeugung tun.
Das Weimarer Dreieck entwickelte sich als ein Motor der europäischen Integration. Das muss es auch bleiben. Es bereitet auch die Einbindung der osteuropäischen Nachbarn in den europäischen Staatenbund vor und ermutigt sie, auch dabei zu bleiben. Und manchmal muss man ein bisschen warten können, bis der eine oder andere wieder zu der ursprünglichen Idee zurückfindet.
Die gemeinsame Erklärung von Deutschland, Frankreich und Polen zur Zukunft Europas – meine Damen und Herren, ich glaube, die hat an Aktualität nichts eingebüßt. Und in Zeiten der Ukraine-Krise und stetigen Migrations- und Flüchtlingszustroms an den europäischen Außengrenzen sind eine intereuropäische Zusammenarbeit und das gemeinsame Suchen nach Lösungen, glaube ich, wichtiger denn je.
In diesem Sinne, meine Damen und Herren, wenn wir etwas tun können, dann sollten wir jeder an unserem Platz zeigen: Das Weimarer Dreieck lebt, wir können das tun, wir können es unterstützen – auf vielfältige Weise. Und ich glaube, da sind wir einmal an der richtigen Stelle einig. Danke schön.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete. Gibt es weitere Wortmeldungen? Das kann ich nicht erkennen. Damit schließe ich die Aussprache. Kann ich davon ausgehen, dass das Berichtsersuchen zu Nummer I des Antrags erfüllt ist? Gibt es dagegen Widerspruch? Das kann ich auch nicht erkennen.
Dann haben wir noch über die Nummern II bis IV des Antrags abzustimmen. Ausschussüberweisung habe ich nicht vernommen, es bleibt auch so. Deswegen stimmen wir über die Nummern II bis IV des Alternativantrags der Fraktionen Die Linke, der
SPD und Bündnis 90/Die Grünen in der Drucksache 6/2180 in der Neufassung direkt ab. Wer dem seine Stimme geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Stimmen aus den Koalitionsfraktionen, der CDU-Fraktion und der fraktionslosen Abgeordneten Gentele und Krumpe. Die Gegenstimmen, bitte. Keine Gegenstimmen. Die Enthaltungen, bitte. Die Enthaltungen kommen aus den Reihen der AfD-Fraktion. Damit ist dieser Antrag angenommen und ich schließe diesen Tagesordnungspunkt.
Glyphosateinsatz begrenzen Antrag der Fraktionen DIE LINKE, der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 6/2007 - Neufassung
Gibt es den Wunsch nach einer Begründung? Das ist nicht der Fall. Die Landesregierung hat angekündigt, einen Sofortbericht zu Nummer 1 des Antrags zu erstatten. Ich erteile Frau Ministerin Keller das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, sehr geehrte Zuschauer auf der Tribüne und am Livestream, der Antrag der Koalitionsfraktionen „Glyphosateinsatz begrenzen“ greift die in der Aktuellen Stunde der Märzplenarsitzung begonnene Debatte auf und ist heute umso aktueller. Es war ein zäher Entscheidungsprozess, der mit dem Scheitern der Abstimmung der EU-Mitgliedstaaten über die Zulassungsverlängerung für Glyphosat im Frühjahr 2016 einsetzte. Obwohl 20 Staaten dem Vorschlag der EU-Kommission zugestimmt hatten, fand sich im Ständigen Ausschuss für Pflanzen, Tiere, Nahrungs- und Futtermittel weder eine qualifizierte Mehrheit für noch eine gegen die Zulassungsverlängerung des Mittels. Allein sieben Staaten – darunter Deutschland – hatten sich enthalten. Ich bedaure diese Entwicklung im Hinblick auf Naturschutz und Biodiversität, verstehe als Landwirtschaftsministerin aber auch die Argumente der Landwirte.
Während der Kompromissvorschlag der EU-Kommission, die Genehmigung bis Dezember 2017 zu verlängern, wiederum nicht die erforderliche Mehrheit erhielt, führte auch das Einschalten des Berufungsausschusses zu keinem anderen Abstimmungsergebnis. Nun lag es an der EU-Kommission zu entscheiden, wie es weitergeht. Sie tat das, indem sie die Verlängerung der Zulassung für den Zeitraum bis sechs Monate nach Eingang der Stellungnahme der Europäischen Chemikalienagentur
oder bis zum 31. Dezember 2017, je nachdem, welcher Fall früher eintritt, bekannt gab. Ziel der EUKommission ist es, innerhalb der Verlängerungszeit die chemikalienrechtliche Legaleinstufung von Glyphosat zu überprüfen. Eine eventuelle Änderung der Legaleinstufung soll dann für die Genehmigung des Wirkstoffes sowie die Zulassung von Glyphosatmitteln verbindlich sein. Auch wenn das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft bereits informiert hat, dass Glyphosat in dem zu prüfenden Dossier weder als krebserregend noch reproduktionstoxisch oder genotoxisch bezeichnet wird, so liegt der Ball immer noch im Feld der EU. Die Möglichkeiten des Landes Thüringen sind bei dem Thema begrenzt. Dennoch, sehr geehrte Damen und Herren, ich bin der Koalition für die Gelegenheit dankbar, dass wir uns heute gründlicher mit diesem Thema befassen können. Kritische Fragen müssen gestellt werden, um die Sorgen der Bürgerinnen und Bürger aufzunehmen. Antworten müssen aber sachlich und wissenschaftsbasiert sein und es müssen gegebenenfalls Konsequenzen daraus gezogen werden.
Die Schwierigkeit in der Debatte über Glyphosat liegt trotz vieler vorliegender Studien in der uneinheitlichen wissenschaftlichen Meinung. Nach umfassender Bewertung durch deutsche Bundesbehörden erfolgte bereits Ende 2013 die Vorlage eines Prüfberichts, der von der Zulassungsbehörde für Pflanzenschutzmittel dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit an die EFSA, die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit, als Grundlage für das weitere Prüfverfahren übergeben worden ist. Die zusätzlich mehr als 150 neuen toxikologischen Originalstudien und über 900 neu in wissenschaftlichen Zeitschriften publizierten Studien, ergaben laut dem Bundesinstitut für Risikobewertung keine Hinweise auf krebserzeugende, reproduktionsschädigende oder fruchtschädigende Wirkung durch Glyphosat. Gleichfalls gaben sie auch keinen Anlass, die gesundheitlichen Grenzwerte wesentlich zu verändern. Im März des vergangenen Jahres jedoch veröffentliche die Internationale Agentur für Krebsforschung die Einstufung von Glyphosat als wahrscheinlich krebserregend für den Menschen. Dies führte in der Fachwelt zu äußerst kontroversen Diskussionen sowie in der Öffentlichkeit natürlich zu großen Ängsten. Im November 2015 bestätigten die europäischen Experten gleichwohl die gesundheitliche Bewertung des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, nach der für Menschen bei einer sachgerechten Glyphosatanwendung im Rahmen der bestehenden Zulassung keine krebserzeugenden, erbgutverändernden oder entwicklungsschädigenden Risiken zu erwarten sind.
Zwischenzeitlich wurde nach Aussagen des Bundesinstituts für Risikobewertung die Zahl der einbezogenen Literaturstellen insbesondere zum Nachweis von Glyphosat im menschlichen Urin und den Wirkungen auf landwirtschaftliche Nutztiere erheblich erweitert. Im Frühjahr dieses Jahres nun kamen UN-Experten zu dem Schluss, dass Glyphosat wahrscheinlich doch nicht krebserregend ist. In einem Anfang Mai veröffentlichten Glyphosat-Bericht heißt es, auch Veränderungen des menschlichen Erbguts hätten nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden können.
Wir können im Ergebnis dieser Debatte festhalten: Es gibt keine einheitliche Bewertung von Glyphosat, weshalb es mehr um praktische Anwendungshinweise gehen muss.
Sehr geehrte Damen und Herren, ich komme jetzt zum Antrag der Koalitionsfraktionen. In Nummer 1 wird die Landesregierung gebeten, über den derzeitigen Glyphosateinsatz in Thüringen zu berichten sowie dessen rechtlichen Hintergrund darzustellen. Der Landesregierung liegen keine konkreten Zahlen zur Menge der eingesetzten Pflanzenschutzmittel in der Thüringer Landwirtschaft und damit auch für Glyphosatmittel vor. Erfasst wird jedoch die Abgabe von Pflanzenschutzmitteln mit den darin enthaltenen Wirkstoffen gemäß Pflanzenschutzgesetz durch das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit für das Gebiet der gesamten Bundesrepublik. Die Daten sind öffentlich zugänglich. Pflanzenschutzmittel werden von den im Pflanzenschutz sachkundigen Personen entsprechend der guten fachlichen Praxis unter Berücksichtigung des integrierten Pflanzenschutzes nur im unbedingt notwendigen Maß eingesetzt. Eine behördliche Erfassung der eingesetzten Pflanzenschutzmittelmengen ist nach gegenwärtiger Rechtslage weder auf EU-Ebene noch national festgelegt worden und sie erfolgt auch nicht.
Für den Einsatz von Glyphosat in der Landwirtschaft ist die sogenannte Indikationszulassung maßgebend. Aktuell sind 97 Pflanzenschutzmittel mit Glyphosat in den Anwendungsgebieten Vorsaat-, Stoppel- sowie Spätbehandlung – die sogenannte Sikkation – zur Bekämpfung von Unkräutern unter Festsetzung spezieller Anwendungsbestimmungen zugelassen. Mit dem gesetzlich verankerten integrierten Pflanzenschutz gilt ein Minimierungsansatz. Ein Einsatz von Glyphosat im Bereich außerhalb der landwirtschaftlichen Flächennutzung ist grundsätzlich verboten. Hier besteht zwar die Möglichkeit der Ausnahmegenehmigungserteilung durch die Landwirtschaftsämter, aber dieses Verfahren ist stark reglementiert und jeder Antragsteller muss dabei ein auf den Einzelfall ausgerichtetes Prüfverfahren durchlaufen und den vordringlichen Zweck der Mittelanwendung sowie die Unzumutbarkeit alternativer Verfahren nachweisen.
Sehr geehrte Damen und Herren, die Überwachung von Glyphosat im Grundwasser erfolgt jährlich durch die Thüringer Landesanstalt für Umwelt und Geologie. Der Wirkstoff wurde im Zeitraum 2004 bis 2014 an acht von 322 Messstellen mit einer Konzentration oberhalb der Bestimmungsgrenze des Analyseverfahrens gefunden. Damit sind 2,48 Prozent der Messstellen mit Funden betroffen. An fünf Messstellen wurde der Grenzwert der Trinkwasserverordnung von 0,1 Mikrogramm je Liter überschritten. Als Maximalwert war 1 Mikrogramm je Liter festzustellen.
Da der Nachweis von Glyphosat im Grundwasser aufgrund des schnellen Abbaus im Boden nur selten möglich ist, werden Untersuchungen auch auf das stabilere Abbauprodukt AMPA (Aminome- thylphosphonsäure) durchgeführt. Im vorgenannten Zehnjahreszeitraum wurden an 61 von 325 Messstellen Werte oberhalb der Bestimmungsgrenze festgestellt. Das entspricht einem Anteil von 18,8 Prozent. Der Maximalwert für AMPA lag bei 1,2 Mikrogramm je Liter. Im Oberflächengewässer erfolgt die Überwachung von Glyphosat einschließlich AMPA derzeit nur an den großen Überblicksmessstellen. Die Befunde für Glyphosat sind aktuell kleiner als die Bestimmungsgrenze. Demgegenüber werden bei dem Abbauprodukt AMPA Konzentrationen bis zu 8 Mikrogramm je Liter nachgewiesen.
Im Jahr 2012 wurden neben den größeren Flüssen auch ausgewählte kleinere Gewässer mit einem hohen Anteil an landwirtschaftlicher Nutzung auf Pflanzenschutzmittel überwacht. In 75 Prozent der 2012 untersuchten Oberflächenwasserproben – 239 Proben waren das insgesamt – wurde AMPA nachgewiesen. Die höchsten Einzelwerte wurden mit 13 bis 22 Mikrogramm je Liter in der Tonna bei Nägelstedt und der Pröse bei Straußfurt registriert. In der Orla bei Rehmen lag der Jahresmittelwert 2012 bei 0,28 Mikrogramm je Liter und in der Wippach im Bereich der Mündung bei 0,27 Mikrogramm je Liter.
Inwieweit diese Werte allein auf den Glyphosateinsatz zurückzuführen sind, ist offen. Denn das in den Untersuchungen festgestellte AMPA gehört zur chemischen Klasse der Aminomethylphosphone wie auch Waschmitteladditive und spezielle Substanzen, die Ablagerungen in Heizkesseln und Kühlanlagen verhindern sollen. Es ist nicht ausgeschlossen, dass diese Substanzen beispielsweise über Abwasserleitungen in die Umwelt gelangen, dort ebenfalls zu AMPA abgebaut und dann auch im Wasser nachgewiesen werden.
Sehr geehrte Damen und Herren, die Situation von Glyphosatrückständen in Nahrungsmitteln stellt sich aus Sicht der Landesregierung wie folgt dar: Für Glyphosat sind wie für andere Pflanzenschutzmittelwirkstoffe auch Rückstandshöchstgehalte in Lebens- und Futtermitteln festgelegt. Der Rückstands
höchstgehalt ist die höchste zulässige Menge eines entsprechenden Rückstandes in oder auf Lebensoder Futtermitteln und wird für jede Kombination aus Erzeugnis und Wirkstoff einzeln festgelegt. Durch solche Rückstandshöchstmengen soll gewährleistet werden, dass Rückstände nicht in Mengen vorhanden sind, die ein Gesundheitsrisiko für Menschen oder Tiere darstellen. Der Rückstandshöchstgehalt für Glyphosat liegt für die überwiegende Mehrzahl der pflanzlichen Lebensmittel bei 0,1 Mikrogramm Rückstand pro Kilogramm Lebensmittel. Wird Glyphosat zur Spätbehandlung – also der sogenannten Sikkation – eingesetzt, gilt für Weizen und Roggen ein Rückstandshöchstgehalt von 10 Mikrogramm je Kilogramm Erntegut. In Deutschland werden regelmäßig Lebensmittelproben durch die amtliche Lebensmittelüberwachung der Länder auf das Vorkommen von Pflanzenschutzmittelrückständen untersucht.
Ich stelle Ihnen jeweils die Daten aus dem Jahr 2014 vor, das waren insgesamt 19.553 Lebensmittelproben. Der Anteil von systematischen Proben mit nachweisbaren Pflanzenschutzmittelrückständen betrug hier 64,2 Prozent. Rückstände über dem Rückstandshöchstgehalt wurden in 2,5 Prozent der Proben festgestellt. Untersuchungen auf Glyphosatrückstände erfolgten 2015 in bundesweit 3.219 Lebensmittelproben. In 1,89 Prozent der untersuchten Lebensmittelproben wurde Glyphosat nachgewiesen. Überschreitungen der zulässigen Höchstmengen wurden nicht festgestellt.
Bei Betrachtung der bundesweit vorhandenen Daten zur Untersuchung von Lebensmitteln lässt sich feststellen, dass bislang in sehr wenigen der untersuchten Proben Glyphosatrückstände ermittelt und nur sehr vereinzelt Überschreitungen der Rückstandshöchstmengen festgestellt worden sind. Das bezieht sich auf den Zeitraum der letzten zehn Jahre.
In der Lebensmittelüberwachung gilt der risikobasierte Ansatz. Hierbei werden zumeist in speziell festgelegten Bereichen Planproben entnommen, und zwar insbesondere auch dort, wo Mängel in Bezug auf das Lebensmittelrecht zu erwarten sind. Für die Festlegung werden alle zur Verfügung stehenden Informationen wie festgestellte Risiken, Beanstandungsquoten, Gesundheitsrisiko und Exposition aufgrund der Verzehrshäufigkeit genutzt.
Eine Etablierung der Analytik zur Bestimmung möglicher Rückstände an Glyphosat in Lebensmitteln wurde im Thüringer Landesamt für Verbraucherschutz bisher nicht veranlasst. Im Bedarfsfall jedoch und für spezielle Projekte wird Analytik im Rahmen der Länderkooperation durch die Untersuchungseinrichtung des Freistaates Sachsen übernommen.
des Grund- und Oberflächenwassers auf Glyphosat wird in Thüringen systematisch fortgesetzt. Zudem ist vorgesehen, ab diesem Jahr auch kleinere Gewässer in die Überwachung mit einzubeziehen. Bisher ist die Etablierung der Analytik für Glyphosatrückstände in Lebensmitteln in Thüringen nicht geplant, da diese im Rahmen der Länderkooperation in Sachsen erfolgen kann. Sofern Thüringer Untersuchungen auf Glyphosatrückstände in Lebensmitteln veranlasst werden sollen, wird dies mit dem Kooperationspartner auch in Sachsen abgestimmt. Inwieweit und durch welche Maßnahmen sich die Datenlage zu möglichen Glyphosatbelastungen verbessern lässt, wird derzeit durch die Landesregierung geprüft. Das Ergebnis wird dabei die abschließende Entscheidung der Europäischen Kommission im Wirkstoffgenehmigungsverfahren von Glyphosat berücksichtigen.
Ich komme nun zur Beantwortung der Nummern 2 und 3. Für die Landesregierung – und das möchte ich ausdrücklich betonen – ist die Reduzierung des Einsatzes von Glyphosat in den im Antrag genannten Bereichen wie in Haus- und Kleingärten, an öffentlichen Verkehrsflächen, in öffentlichen Einrichtungen oder hinsichtlich der Sikkation ein wichtiges Anliegen. Einerseits hat die Landesregierung festgelegt, dass Genehmigungen für den Glyphosateinsatz in Haus- und Kleingärten in Thüringen gar nicht erst erteilt werden, andererseits ist die Erteilung der bereits erwähnten Ausnahmegenehmigungen zum Einsatz von Glyphosat auf Nichtkulturland an ein aufwendiges Verfahren einschließlich einer Vorortprüfung und ganz spezielle Kriterien geknüpft. Der Schutz von Personengruppen unterschiedlichen Alters und Gesundheitszustands, insbesondere der von schwangeren und stillenden Frauen, Säuglingen, Kindern, älteren Menschen sowie Arbeitnehmern und Anrainern, die sich auf für die Allgemeinheit bestimmten Flächen aufhalten können, besitzt oberste Priorität. Deshalb sind die Landwirtschaftsämter angewiesen, die Genehmigungserteilung in diesen Bereichen sehr restriktiv zu gestalten und ohne das Vorliegen ganz besonderer Gründe einen Glyphosateinsatz abzulehnen. Damit setzt die Landesregierung die Forderungen des Gesundheitskommissars Andriukaitis, die die Minimierung des Glyphosateinsatzes gerade in diesem sehr sensiblen Bereich betreffen, auch längst um.
Sehr geehrte Damen und Herren, es gilt, den eingeschlagenen Weg hin zu einer Reduzierung des Glyphosateinsatzes konsequent weiterzugehen. Das gilt für die ausnahmegenehmigte Anwendung von Glyphosat auf Nichtkulturland genauso wie für den landwirtschaftlichen Bereich und dort insbesondere für die Sikkationsmaßnahmen. Deshalb wurde auch die Landesanstalt für Landwirtschaft beauftragt, eine detaillierte Skizze für ein Projekt „Minimierungsstrategie Glyphosat“, das Untersuchungen
zur Glyphosatminimierung in der Thüringer Landwirtschaft vorsieht, zu erarbeiten. Im Vordergrund stehen dabei Bekämpfungsmaßnahmen gegen Unkräuter und Ausfallkulturen nach der Ernte auf der Stoppel sowie vor der Aussaat der landwirtschaftlichen Kulturen. Berücksichtigt wird auch der Fall, dass der Glyphosateinsatz weiter eingeschränkt wird bzw. Glyphosat gar nicht mehr zur Verfügung steht. Diskussionen zur Umsetzung eines solchen Projekts auf der Ebene der Fachleute sind bereits angelaufen.
In Nummer 3 des Antrags wird die Landesregierung gebeten, verbessernde Maßnahmen in Fragen eines gefahrlosen Umgangs mit Glyphosat sowie eine weitere Reduzierung des Glyphosateinsatzes bzw. auch die verstärkte Nutzung von Alternativen zur Glyphosatanwendung zu unterstützen. Lassen Sie es mich deutlich sagen: Die Landesregierung befürwortet eine Umsetzung der genannten Maßnahmen in ihrer Gesamtheit. Speziell gilt das für ausreichende Probenzahlen zur Feststellung der Glyphosatbelastung nach speziellen Fragestellungen bezogen auf das Trinkwasser, in Lebensmitteln, in Futtermitteln, bei Produkten tierischer Herkunft. Außerdem soll die Intensivierung der Forschung zur Entwicklung praxistauglicher Alternativen und die Nutzung des nationalen Aktionsplans zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln intensiviert werden. Entsprechende Aktivitäten sind im Rahmen des Forums „Nationaler Aktionsplan“ bereits angelaufen. Auch hier arbeitet die Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft bereits an Konzepten zur Reduzierung des Pflanzenschutzmitteleinsatzes und betreut praxiswirksame Projekte wie das der Demonstrationsbetriebe „Integrierter Pflanzenschutz“.
Wichtig ist: Um eine weitere Reduzierung beim Einsatz von Pflanzenschutzmitteln zu erreichen, muss die Beratung im Pflanzenschutz erhalten bleiben und nach Möglichkeit auch gestärkt werden. Ich trete auch dafür ein, dass im Rahmen des EU-Genehmigungsverfahrens für Pflanzenschutzmittelwirkstoffe sowie im nationalen Zulassungsverfahren für Pflanzenschutzmittel eine Prüfung mit dem Ziel erfolgt, dass Studien zur Risikoabschätzung unabhängig vergeben werden. Gleiches gilt auch für ein obligatorisches Risikobewertungs- und Zulassungsverfahren für Herbizidtoleranzsysteme, soweit das im Einzelfall auch geboten scheint.
Sehr geehrte Damen und Herren, „Glyphosateinsatz begrenzen“ – das ist auch das erklärte Ziel der Landesregierung. Thüringen befindet sich bereits auf einem guten Weg hin zur Minimierung des Glyphosateinsatzes. Dieses Ziel wird unabhängig von der erteilten Verlängerung bis maximal zum Ende des kommenden Jahres durch die EU weiterverfolgt. Dazu sind viele kleine Schritte nötig, die wir – wie ich es soeben skizziert habe – konsequent und