Protocol of the Session on February 25, 2015

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, wenn ich nun lese, dass die Thüringer Kommunen laut CDU-Berechnung 48 Millionen – vorhin kam wieder mal eine andere Zahl – weniger vom Land erhalten als 2014, frage ich mich ernsthaft, was wohl bei dieser Rechnung rauskommt, wenn man sich an den eigenen Gesetzestext vom 16.01.2014 und deren

Begründung auf CDU-Seite halten würde. 100 Millionen zum KFA 2014 – ich habe es vorhin zitiert –, davon 48 Millionen abgerechnet laut CDU-Berechnung, ergibt ein Plus von 52 Millionen zum KFAAusgangspunkt im Jahr 2014. Selbst die kommunalen Spitzenverbände gestehen der Regierungskoalition höhere Zahlen zu. Es ist also sehr abenteuerlich, wenn man dem wortgewaltigen Zahlenjongleuren aus der CDU glauben sollte.

(Beifall DIE LINKE)

Es ist eine Mogelpackung wie oben beschrieben. An dieser werden wir uns nicht beteiligen. Es geht um klare Ansagen, um Zahlen, die nicht jeden zufriedenstellen werden, aber sich an Realismus und Verantwortung gegenüber dem gesamten Land orientieren und nicht an politisch motivierter Verwirrtaktik, um die eigene Vergangenheit zu verschleiern. Das ist mit uns nicht zu machen, meine Damen und Herren.

(Zwischenruf Abg. Kowalleck, CDU: Gehen Sie doch mal auf die Zahlen ein!)

Ich komme dazu.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Freie Re- de im Parlament!)

Wir sehen die Finanzlage vieler Thüringer Kommunen und, Sie können mir glauben, als ehrenamtlicher Bürgermeister weiß ich sehr wohl, wo der meinige und der Schuh meiner Kolleginnen und Kollegen drückt. Die 24 Jahre CDU-Herrschaft haben auf kommunaler Ebene oft dramatische Zustände herbeigeführt. Ohne Übertreibung kämpfen die betroffenen Gemeinden, Städte und Landkreise ums Überleben. In einer solchen Situation kommt es auch einmal zu sehr emotional geführten Debatten. Klar ist auch: Die Kommunen brauchen mehr Geld, als die neue Regierungskoalition ihnen im Jahr 2015 geben kann. Der Finanzbedarf bei den Kommunen ist nicht nur die Folge der fortwährenden Aufgabenübertragung, sondern auch das Resultat der unübersehbaren Kleingliedrigkeit der Verwaltung.

(Beifall DIE LINKE)

Der von der CDU 2013/2014 umgestellte Finanzausgleich hat schonungslos die Strukturschwächen der Gemeinden, kreisfreien Städte und Landkreise offengelegt, ohne aber nachhaltige Anreize für Veränderungen zu beinhalten. Wenn von 843 Gemeinden rund 600 weniger als 1.000 Einwohner haben, kostet das einfach Unsummen, ohne dass daraus zukunftsfähige Strukturen entstehen.

(Beifall DIE LINKE)

Rund 60 Prozent der Ausgaben der Landkreise entfallen auf den Sozial- und Jugendhilfebereich, ohne dass hier die Kreise eigene Gestaltungsspielräume haben. Die Kreisumlagen entwickeln sich zum

kaum lösbaren Konfliktpotenzial zwischen den Landkreisen und den kreisangehörigen Gemeinden. Aktuelle Probleme wie die Kosten des Winterdienstes auf kommunalen Straßen – dabei schafft es manches Problem wie Grobengereuth bis in den MDR – oder die Betriebskosten für Kindergärten zehren die Rücklagen kleiner Kommunen vollständig auf. Pflichtaufgaben wie die Feuerwehr kommen ins Straucheln und die Antwort der CDU waren kommunale Hilfsprogramme, die nur kurzzeitig wirken.

(Beifall DIE LINKE)

Die rot-rot-grüne Landesregierung und die Regierungsfraktionen sind sich deshalb einig: Thüringen braucht einen neuen Finanzausgleich zwischen dem Land und den Kommunen. Dieser kann aber seriös nicht mehr 2015 zur Wirkung kommen, sondern erst 2016. Deshalb ist 2015 ein Übergangsjahr.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Mutig!)

Die Spitzenverbände machen dabei zu Recht auf die Kosten- und Tarifsteigerungen der letzten Jahre aufmerksam. Diese betragen für die zurückliegenden drei Jahre 132 Millionen Euro. Wenn man jedoch die Zahlen aus dem jetzt vorliegenden Gesetzentwurf zum Kommunalpaket 2015 nüchtern bewertet, brauchen die Kommunen nicht unzufrieden zu sein. Die von den kommunalen Spitzenverbänden geforderten 135 Millionen Euro zusätzliches Geld werden die Kommunen bekommen, wenn auch aufgesplittet in mehreren Säulen. Unstrittig ist auch bei den kommunalen Spitzenverbänden – dem sollte sich die CDU einfach anschließen –, dass den Kommunen 94 Millionen Euro frisches Geld zufließt, davon 10 Millionen Euro Bedarfszuweisungen für Not leidende Gemeinden kassenmäßig erst im Jahr 2016. Der größte Teil dieses Geldes, nämlich 60 Millionen Euro, dient der Stärkung der kommunalen Investitionskraft. Weil diese Gelder als Pauschale ausgezahlt werden, profitieren alle Kommunen davon, auch die ohne Haushalt oder die, die sich in der Haushaltssicherung befinden. Der Vorwurf des Gemeinde- und Städtebunds, dass angeblich keine neuen Investitionen begonnen werden können, ist insofern haltlos. Selbst meine Gemeinde, die auf dem Papier reich ist, aber in diesem Jahr durch stark schwankende Gewerbesteuereinnahmen fast hundertprozentig aus der Rücklage lebt, kann zielgerichtet mit diesem Geld investieren.

Die Pläne von Rot-Rot-Grün, den Kommunen die zusätzlichen Bundeszuweisungen in Höhe von 41 Millionen Euro und die prognostizierten Steuereinnahmen von 50 Millionen Euro nicht mit den allgemeinen Landeszuweisungen oder den Schlüsselzuweisungen zu verrechnen, führt dazu, dass die Kommunen hier sicherlich durchgereichtes Geld von 91 Millionen Euro mehr zur Verfügung haben.

Im Weiteren wäre das Land gegenwärtig nicht verpflichtet, die 6 Millionen Euro, die vom Bund von den Landkreisen und kreisfreien Städten aus dem Bildungs- und Teilhabepaket zurückgefordert werden, zu übernehmen. Die Übernahme durch das Land bedeutet, dass auch dieses Geld den Landkreisen und kreisfreien Städten zur Verfügung steht. Die Kritik der CDU, dass die drei Regierungsfraktionen im Kommunalpaket die Erhöhung der allgemeinen Zuweisungen – sprich der Schlüsselzuweisungen – von 14 Millionen Euro benennen, obwohl diese aus der jetzigen Rechtslage den Kommunen infolge der Steuereinnahmen des Landes ohnehin zustehen würden, verkennt, dass dieses Geld im Landeshaushalt erst einmal zur Verfügung gestellt werden muss. Die Kommunen profitieren somit im vollen Umfang vom sogenannten Partnerschaftsmodell des Finanzausgleichs.

Wenden wir uns an dieser Stelle den sogenannten Garantiefonds als Erfindung der CDU zu. Er sollte die Auswirkungen des neuen Finanzausgleichs ab 2013 abfedern, denn es war klar, dass der gestrickte KFA nicht ausreicht. Im Jahr 2013 war der Fonds mit 98 Millionen Euro ausgestattet, 2014 waren hier noch 80 Millionen Euro seitens der CDU geplant. Nach den Plänen sollte er 2015 auf 55 Millionen Euro sinken und bis 2017 völlig abgeschmolzen sein. Die Kopplung dieses Fonds an die Steuereinnahmen der betroffenen Kommunen durch die CDU fällt dabei wissentlich unter den Tisch. Auch aufgrund dieser Steuereinnahmen, die höher lagen und liegen als ursprünglich angenommen, werden aus dem Garantiefonds 2015 nur noch 10 Millionen Euro benötigt. Wenn die CDU diese Abschmelzung jetzt kritisiert, richtet sie die Kritik gegen ihr eigenes Projekt.

(Beifall DIE LINKE)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die CDU hatte für die Jahre 2014 und 2015 ein weiteres Hilfspaket auf den Weg gebracht. Für 2014 waren dies 100 Millionen Euro, für 2015 noch 30 Millionen Euro. Die 30 Millionen Euro für 2015 muss aber Rot-Rot-Grün aus dem Landeshaushalt finanzieren. Die CDU hatte hierfür keine Vorkehrungen getroffen. Wir setzen hier also um, was die CDU den Kommunen zugesagt hat. Dies belastet den Landeshaushalt ebenfalls. Das Hilfsprogramm für 2014 war ohnehin von der CDU nur auf ein Jahr befristet. Diese Befristung jetzt Rot-Rot-Grün vorzuhalten ist unseriös und einfach populistisch.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Alle Zahlungen an die Kommunen, die außerhalb des Kommunalen Finanzausgleichs flossen, werden auch 2015 gezahlt. Ich erinnere unter anderem an den Kulturlastenausgleich, die teilweise Kostenübernahme für den Winterdienst auf Ortsdurchfahrten, die Dorferneuerung, die Städtebaumittel und

die Mittel zum Denkmalschutz. Wir erneuern auch heute das Angebot an die kommunalen Spitzenverbände im Land, bereits jetzt mit den Regierungsfraktionen und der Landesregierung den Dialog zur Neugestaltung des Kommunalen Finanzausgleichs für 2016 zu suchen. Ihre Vorschläge und Anregungen sind hier ausdrücklich gewünscht. Wir wünschen uns eine faire und sachliche Diskussion im Interesse aller Beteiligten. Ich beantrage die Überweisung an den Innenausschuss, an den Haushalts- und Finanzausschuss und an den Justizausschuss und dabei federführend an den Innenausschuss. Danke schön.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herzlichen Dank, Herr Abgeordneter Kalich. Mir liegen jetzt keine weiteren Wortmeldungen vor. Ich schau noch einmal – doch, aus der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Herr Adams, bitte schön.

(Zwischenruf Abg. Brandner, AfD: Bitte nur neue Sachen erzählen!)

Es dürfte für Sie alles neu sein, Herr Brandner.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist eine spannende, emotionale Debatte, bei der durchaus die Frage gestellt werden darf: Worum geht es denn eigentlich? Geht es eigentlich darum, dass die CDU hier einmal den ersten Testlauf als Oppositionspartei machen darf,

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

oder geht es wirklich um die Frage, was bekommen die Kommunen und was haben sie dann am Ende wirklich für ihre Arbeit für die Menschen vor Ort dann zur Verfügung? Ich glaube, da muss sich die CDU wirklich noch die Frage stellen, wofür sie hier kämpft. Kämpft sie darum, eine schillernde Rede halten zu können, in der es mit Zahlen nur so um sich pfeift, die dann allerdings als Kartenhäuser zusammenfallen, die Rechnungen, oder geht es wirklich darum, sich für die Kommunen zu engagieren?

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich glaube, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass wir hier immer, wenn wir auch im Detail gestritten haben, aber einen großen Konsens hatten, dass unsere Kommunen hinreichend und gut ausgestattet werden müssen. Das ist auch das Ziel dieses Gesetzentwurfs, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Lieber Herr Mohring, das Wort „Wahlbetrug“ ist kein geringes. Deshalb möchte ich Sie wirklich bitten,

darüber nachzudenken, was nicht nur im allgemeinen Sprachgebrauch, sondern auch im Strafgesetzbuch zum Thema „Wahlbetrug“ steht, und noch einmal genau zu überlegen,

(Heiterkeit CDU)

ob Ihr rhetorisch flaches Feuerwerk, das Sie abfeuern, Flachfeuerwerk, das Sie hier abfeuern, ob es das wert ist, mit solchen Vokabeln umherzuschmeißen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Jetzt dro- hen Sie schon wieder mit Strafanzeige!)

Wenn Sie, lieber Herr Kollege,

(Zwischenruf Abg. Kowalleck, CDU: Gehen Sie auf die Zahlen doch mal ein!)

schon da gewesen wären, als ich das Gesetz eingebracht habe, wenn Sie schon da gewesen wären, dann hätten Sie hören können, wie die Zahlen sich zusammensetzen. Im Übrigen haben alle Kollegen, nicht nur von Rot-Rot-Grün, sondern selbst Sie auch, versucht, sich mit den Zahlen auseinanderzusetzen, und wir haben ja auch im Disput in dieser Woche darüber reden können. Dabei, Herr Mohring – vielen Dank, für dieses Stichwort –, ist doch eines ganz klar geworden: Sie akzeptieren – das mag man ja als Opposition so machen können, aber es zeigt Ihr politisches Weltbild –, Sie akzeptieren nur Geld, das sozusagen als Geschenk, so haben Sie es nämlich auch hier benannt, der Landesregierung an die Kommunen geht. Sie haben behauptet, wir würden hier falsch uns zu viele Geschenke anschreiben. Dabei seien es ja Ihre Geschenke gewesen. Das, lieber Herr Mohring, das ist der Punkt, den wir neu machen werden.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Ihr habt es versprochen! Schämt euch!)

Das ist der Punkt, den Rot-Rot-Grün in einer neuen Kultur in der Politik hier ansetzen wird. Die Kommunen müssen nicht mehr Danke sagen bei uns für ein Geschenk, das sie von der CDU bekommen, und glauben Sie, denen plumpst ein Stein vom Herzen, dass Sie bei Ihnen nicht mehr Danke sagen müssen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Herr Abgeordneter Adams, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Brandner?

Ja, immer.

(Abg. Kalich)

Bitte schön, Herr Brandner.

Herr Adams, ich habe im Strafgesetzbuch nachgeschaut. Können Sie mir helfen, wo ich den „Wahlbetrug“ finde?

Da schauen wir nachher, denn ich habe ja hier die Pflicht, das wissen Sie noch nicht, die Pflicht zur Sache zu sprechen, und