Leider drängt sich auch mir der Eindruck auf, dass Ihre Meinung bereits feststeht. Die Pressemitteilung ist ja schon verschickt, da heißt es: „Lauinger hat das Amt des Justizministers nachhaltig beschädigt“, Sie fordern dessen Entlassung.
Ich frage mich die ganze Zeit nur, ob ich Ihre Chuzpe in gewisser Weise bewundern soll, dass Sie hier trotzdem noch ein Sonderplenum veranstalten, bei dem Sie Aufklärung wünschen, wenn Sie doch schon wissen, was am Ende dabei herauskommen soll, meine sehr geehrten Damen und Herren. Ganz ernsthaft, auch noch mal zur Geschäftsordnung: Sie haben dieses Sonderplenum bereits beantragt, lieber Herr Mohring, nachdem die Entscheidung im Ältestenrat gefallen war, eine öffentliche Ausschusssitzung durchzuführen. Wir haben im Ältestenrat zusammengesessen. Sie sitzen da genauso wie ich. Wir haben als Koalitionsfraktionen sofort „Ja“ zu einer öffentlichen Ausschusssitzung gesagt.
Im Übrigen, lieber Herr Mohring, plädieren wir, seit wir im Thüringer Landtag wieder vertreten sind, grundsätzlich für öffentliche Ausschusssitzungen. Sie sind diejenigen, die das bislang verhindert haben.
Sie sind diejenigen, die das plötzlich zu einem Thema opportun finden, eine öffentliche Sitzung durchzuführen, während schon kurz danach wieder die Nichtöffentlichkeit hergestellt werden musste, meine sehr geehrten Damen und Herren. Und kaum, dass diese Sitzung beschlossen war, die gemeinsame Sitzung, eine Fachsitzung –, von der Ihr Abgeordneter Fiedler immer zu sagen pflegt, in den Ausschusssitzungen werden die Fachfragen geklärt –,
Ich sage es noch einmal: Es war doch auch nicht zufällig, dass zum ersten Schultag, dass zu dem Sonderplenum zum Thema „Bildung“ ausgerechnet diese Vorwürfe an die Öffentlichkeit kamen. Es war kein Zufall. Trotzdem, meine sehr geehrten Damen und Herren, will ich auch noch einmal in aller Deutlichkeit sagen: Es geht uns um umfassende Aufklärung. Dazu hat die Landesregierung gestern eine gemeinsame Stellungnahme abgegeben. Herr Minister Prof. Hoff hat klargestellt, dass für die Landesregierung alle drei Minister/Ministerinnen in der öffentlichen Ausschusssitzung von Bildungsausschuss und Justizausschuss vertreten waren und die gemeinsame Stellungnahme vorgetragen wurde. Ich erinnere mich sehr gut, denn ich war während dieser fünfstündigen öffentlichen Sitzung die ganze Zeit anwesend, lieber Herr Mohring,
dass sehr wohl alle Fragen beantwortet wurden. Ich habe sogar unter Ihrem Gelächter gefragt, ob wir nicht nach gut drei Stunden eine Pause einlegen sollen, eine Lesepause, damit sich alle noch einmal in die 13 Seiten vertiefen können und schauen …
Ich wollte gern auch mehr Zeit, lieber Herr Bühl, das wollten Sie nicht. Ich habe diese Pause beantragt und gesagt,
dann können danach weitere Fragen gestellt werden. Es kamen danach auch noch Fragen. Auch diese Fragen sind allesamt beantwortet worden. Deswegen haben wir gestern diesen Tagesordnungspunkt sowohl im Bildungsausschuss als auch im Justizausschuss abgeschlossen, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Gestern bereits hat sich Dieter Lauinger für Fehler entschuldigt, die er gemacht hat. Und, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bin auch schon eine Weile in der Politik. Ich habe es noch nicht allzu oft erlebt, dass von diesem Pult im Thüringer Landtag Fehler eingestanden wurden. Das ist noch nicht so oft passiert. Da können Sie uns an der Aussage messen, dass wir vielleicht nicht alles besser, aber
vieles anders machen wollen. Wir stehen zu Fehlern, wenn sie gemacht wurden, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Lassen Sie es mich noch einmal rekapitulieren, was gestern über die kritischen Punkte gesprochen wurde. Es ist völlig richtig, es gab Widersprüche. Ja, auch ich habe im Übrigen dazu nachgefragt. Alle, die dabei waren, haben es miterlebt. Da muss ein Mensch einräumen, sich in einer für ihn sehr belastenden Situation anders erinnert zu haben, als es dann offenkundig war. Wie jedoch kam diese Wahrheit ans Licht? Weil diese Person – Dieter Lauinger selbst – veranlasst hat, dass sein dienstlicher Telefonanschluss daraufhin überprüft wird, ob er irgendwelche Gespräche geführt hat. Er muss sich dann hinsetzen, tut das auch, setzt sich in den Ausschuss – ich habe das für mich auch überlegt, wie ich mit so einer Situation umgehen würde, wenn ich mich an etwas anders erinnere – und sagt: Ich habe das tatsächlich anders erinnert. Ich habe zunächst gedacht, ich hätte von meinem privaten Handy beide Anrufe getätigt. Ich musste erkennen, dass dies nicht so war; der erste Anruf ging über das Diensttelefon. – Das war ein riesiger Fehler, das ist überhaupt gar keine Frage. Aber es ist eingestanden worden. Wenn das jetzt Ihr großer Skandal ist, aus dem Sie eine Rücktrittsforderung drehen, dann muss ich sagen: ganz ruhig, ganz ruhig, meine sehr geehrten Damen und Herren. Sie haben auch sonst verbal relativ hoch aufgerüstet. Sie haben vom Täuschen, vom Austricksen gesprochen. Sie haben davon gesprochen, Herr Mohring, und da hätte ich gern die Antwort, wann und wo und wie das genau gewesen sein soll. Sie haben nämlich gesagt: Das Ministerbüro war von Anfang an mit der Angelegenheit befasst. Woher nehmen Sie dieses Wissen? Lassen Sie uns daran teilhaben! Liefern Sie Belege! Stellen Sie nicht einfach Behauptungen in den Raum! Wann war denn dieses Ministerbüro von Anfang an damit befasst?
Sie sagen, Dieter Lauinger hätte einen Mitarbeiter beauftragt. Aus der Stellungnahme der Landesregierung ging ganz klar hervor – und das ist auch das Wissen, was ich habe, meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn Sie mehr Wissen haben, wenn Sie mehr Einblick in Akten von Ministerien haben, finde ich das interessant, aber dann lassen Sie uns daran teilhaben –,
Sie behaupten hier, auch Herr Tischner eben noch einmal, die Bildungsministerin selbst hätte in einem Zeugnis geschrieben oder dieses geschrieben. Auch das ist gestern umfänglich dargelegt worden. Sie haben offenkundig nicht zugehört. Die Bildungsministerin hat darauf bestanden, dass sich der Vermerk, der auf dem Bescheid an die Eltern stand, auch im Zeugnis wiederfindet, meine sehr geehrten Damen und Herren. Und jetzt stellen Sie sich einfach mal auch in der Öffentlichkeit vor, Sie sind Eltern. Sie haben sich entschieden, Ihr Kind soll, will für einige Monate ins Ausland gehen. Sie wissen, dass in diesem Zeitraum eine wichtige Prüfung stattfindet. Sie beantragen …
Sie können doch sagen, wie Sie sich für sich entscheiden. Wenn sie alles besser wissen und können, bewundere ich das. Ich behaupte von mir jedenfalls nicht, ein Mensch ohne Fehl und Tadel zu sein. Aber lassen Sie mich einfach mal fortfahren, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Die Familie wägt das also ab und stellt, wie man das macht, einen Antrag bei ihrer Schule. In der Schule berät die Klassenkonferenz über das Ansinnen. Die Familie stellt auch von Anfang an klar, dass, solange sie keinen rechtsgültigen Bescheid hat, sie keinem Auslandsaufenthalt zustimmt, weil sie die Frage eben vorher geklärt haben möchte. Die Klassenkonferenz entscheidet, die Schule stellt eine Anfrage an das Schulamt, das Schulamt antwortet. Die Schule bittet die Familie dann noch mal um einen schriftlichen Antrag. Der ist auch am 23. Oktober, wie wir gestern erfahren haben, nein, ich korrigiere mich, am 23. November eingegangen. Am 10. Dezember erhält die Familie einen Bescheid. Den werde ich Ihnen jetzt noch einmal verlesen, damit sich jede und jeder das noch mal vor Augen führt. Denn der ist gestern in der öffentlichen Sitzung verteilt worden, und zwar zitiert auf Seite 3 der Ausführungen der Stellungnahme der Landesregierung zu den Drucksachen 6/2518, 6/2521 sowie zur Kleinen Anfrage Nummer 1326. Nur für die Öffentlichkeit, damit Sie sich vorstellen können und selbst ein Bild machen können, wie Sie als Eltern damit umgehen würden. Da heißt es also in dem Schreiben – Zitat –:
„Sehr geehrte Frau Lauinger, sehr geehrter Herr Lauinger, Ihrem Antrag auf Unterbrechung des Schulbesuchs von Niklas für einen Auslandsaufenthalt im 2. Halbjahr des Schuljahres 2015/2016 wurde auf der Klassenkonferenz am 04.11.2015 einstimmig zugestimmt.
‚Bei einem längeren Auslandsaufenthalt von Schülern eines Gymnasiums in der Klassenstufe 10 und der Entscheidung der Klassenkonferenz, dass dem Schüler das Vorrücken in Klasse 11 genehmigt werden kann, wird dem Schüler nicht eine dem Realschulabschluss gleichwertige Schulbildung bescheinigt.
Er erhält die Möglichkeit, am Ende der Klassenstufe 11 auf Antrag beim Schulamt Mittelthüringen an der externen Prüfung zur Erlangung des Realschulabschlusses teilzunehmen.‘
Ich möchte Sie bitten, auf dem unteren Abschnitt für die Kenntnisnahme der Belehrung zu unterzeichnen und diesen an die Schulleitung zurückzusenden.“
Die Mutter des Jungen, Frau Lauinger, unterschreibt diese Belehrung und sendet diese am 11. Dezember zurück. Jetzt planen Sie also die Reisevorbereitungen. Ich habe gestern nachgefragt, wann dann der Vertrag mit der Schule in Neuseeland, die der Junge in der Zeit besucht hat, geschlossen wurde. Das war im Januar. Im April schließlich ist der Junge abgereist und bis zum 20. Juni hören Sie als Familie nie wieder irgendetwas, und zwar von niemandem. Niemals ist ein Bescheid zurückgenommen worden, niemals ist dieser Bescheid in Zweifel gezogen worden. Aber dann erhalten Sie plötzlich einen Anruf aus der Schule, der da besagt: Übrigens, wir haben aus dem Bildungsministerium erfahren, dass Ihnen das Zeugnis für Ihren Sohn nicht ausgehändigt werden kann.
Das ist eben nicht logisch, meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie haben ja einen Bescheid, in dem das Vorrücken in die Klasse 11 zugesichert ist.