Protocol of the Session on June 24, 2016

(Abg. Mohring)

den Landeshaushalt und damit auch den Kommunalen Finanzausgleich zu einer Zeit verabschiedet, als wir vor einer hohen Herausforderung der Bewältigung der Flüchtlingsunterbringung und -integration standen. Keiner konnte mit Bestimmtheit sagen, wie sich das verstetigt und wie sich das gestaltet. Die Kommunen haben einen hohen Beitrag geleistet, auch die Landesbehörden. Wir haben im Landeshaushalt ausreichend fiskalische Vorkehrungen getroffen. Jetzt haben wir eine neue Herausforderung, nämlich, dass zu wenige Flüchtlinge kommen. Es sind aber Ressourcen, Kapazitäten geschaffen worden und die müssen wir bei den Kommunen abbilden. Und deshalb hat die Landesregierung zu Recht gesagt, wir müssen in drei Punkten insgesamt nachjustieren. Der erste Punkt sind die Vorhaltekosten, die einige Kommunen für die Flüchtlingsintegration haben. Das Zweite ist die Übernahme von Kindertagesstättengebühren insgesamt. Da konnten wir die Entwicklung so nicht prognostizieren. Das Dritte ist auch die Übernahme von kommunalen Anteilen bei den Kosten der Unterkunft im Bereich SGB II. Und das werden wir tun, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Zwischenruf Abg. Kießling, AfD: Es werden immer mehr Kosten aufgebürdet!)

Jetzt wird hier immer von einer Haushaltskrise der Kommunen gesprochen. Auch da ist doch die CDU völlig widersprüchlich. Wenn ich noch einmal an die gestrige Debatte erinnern darf. Da wurde ein Bild gezeichnet, dass wir auf der kommunalen Ebene überhaupt nichts verändern müssen, weil alles in Ordnung ist. Angeblich haben wir leistungsfähige Strukturen. Was ist denn jetzt? Warum denn dann jetzt einen Antrag auf ein weiteres Hilfspaket? Also offenbar kommt selbst die CDU zu der Erkenntnis, dass nicht bei allen Kommunen die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit dauerhaft gewährleistet ist.

Da will ich Ihnen noch einmal das sagen: Von den 13 Flächenbundesländern haben die Thüringer Kommunen immer noch

(Unruhe CDU)

eines der geringsten eigenen Steuerkräfte. Die kommunale Steuerkraft liegt bei gerade mal 24 Prozent. Das heißt, nur 24 Prozent der Einnahmen können die Kommunen aus eigenem Steueraufkommen generieren. Das hat etwas mit der Struktur der kommunalen Steuern zu tun. Das können also die Kommunen nicht alles beeinflussen. Aber es hat auch was mit der Struktur der Kommunen zu tun. Wie will denn eine Verwaltungsgemeinschaft – die von Herrn Fiedler mit 22 Mitgliedsgemeinden, wo 23 Haushaltspläne zu bewirtschaften sind –, eine Kämmerei mit zweieinhalb Vollbeschäftigteneinheiten, wie sollen die sich denn darum kümmern, dass zum Beispiel – wie im Bereich Grundsteuer B und Gewerbesteuer – ein ständiger Informations

austausch mit der Grundsteuerstelle des Finanzamts erfolgt, um bauliche Veränderungen zeitnah einzutragen, dass die Zerlegungsprobleme der Gewerbesteuer nun endlich in den Griff bekommen werden.

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Das klappt doch alles nicht!)

Von daher ist aus dieser Struktur heraus – das ist eine Ursache, dass wir keine Steuergerechtigkeit haben, weil innerhalb einer Kommune zurzeit die Grundsteuer B um bis zu 400 Prozent differiert, weil ein Teil der Bestandsgrundstücke immer noch nach dem Einheitswert von 1935 besteuert wird – von 1935! Das bekommen die kleinen Gemeinden nicht in den Griff.

(Unruhe CDU)

Von daher, meine Damen und Herren, 60 Prozent der kommunalen Einnahmen sind Landeszuweisungen. Da kann man kaum noch von Selbstverwaltung reden. Da müssen wir ran, deswegen brauchen wir andere Strukturen.

(Zwischenruf Abg. Kießling, AfD: Daher wol- len Sie die Grundsteuer erhöhen!)

Da helfen Hilfspakete letztlich immer nur temporär. Sie wollen mit Hilfspaketen genau das machen, was wir gestern thematisiert haben, Sie wollen weiter Kontrolle ausüben und wollen gar keine Selbstverwaltung im klassischen Sinne.

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Da lache ich mich kaputt!)

Wenn Sie das nämlich wollten, würden Sie die Kommunen aus dieser finanziellen Abhängigkeit des Landes schrittweise entlassen und nicht immer nur weitere Gelder vom Land fordern.

Meine Damen und Herren, jetzt hat hier der Fraktionsvorsitzende der größten Oppositionspartei, der immer noch quäkt, weil er da sitzen muss, hier versucht darzulegen, als hätte Rot-Rot-Grün den Finanzausgleich 2016 nach Parteibuch ausgestaltet.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Ja!)

Nein, wir haben Verwerfungen, die Sie 2013 eingeführt haben, in Ansätzen korrigiert.

(Unruhe CDU)

Der Finanzausgleich soll unterschiedliche Finanzbelastungen der Kommunen im Rahmen des horizontalen Finanzausgleichs ausgleichen und das haben wir gemacht. Die Belastungen der Kommunen sind unterschiedlich. Deswegen haben wir nachjustiert. Was Herr Mohring hier dargestellt hat, sind die Veränderungen bei der Schlüsselzuweisung infolge eines neuen Sozialansatzes. Das haben wir darauf abgestellt, weil wir Verwerfungen hatten, weil bestimmte Landkreise, gemessen an den Sozialkosten, bei den Schlüsselzuweisungen überbewertet

waren, während die anderen hohe Sozialkosten hatten, die keine Berücksichtigung fanden.

(Beifall DIE LINKE)

Deswegen haben wir den Sozialhilfesatz von acht auf 14 Einwohner pro Bedarfsgemeinschaft angehoben. Das hat zu einer Verschiebung geführt, dass von den 23 Gebietskörperschaften elf mehr Geld bekommen haben, weil sie höhere Sozialkosten hatten.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das sind die sechs kreisfreien Städte und wenn Sie die Landkreise mal durchgehen, sind das immer die Landkreise mit der höchsten Langzeitarbeitslosigkeit: Kyffhäuserkreis, Altenburger Land, der IlmKreis ist genau immer dazwischen, deswegen ist es dort fast aufkommensneutral, Unstrut-HainichKreis. Das sind immer die Kreise mit der höchsten Arbeitslosigkeit und Langzeitarbeitslosigkeit. Das spiegelt sich zum Schluss im Hartz-IV-System wider und deswegen ist es doch nur sachgerecht, dass wir das ausgleichen, dass die, die höhere Sozialkosten haben, auch einen höheren Anteil an Landeszuweisungen bekommen. Jetzt ist klar, der ländliche Raum, was hier benannt wurde, wie Hildburghausen, Sonneberg und dergleichen, Wartburgkreis, Schmalkalden-Meiningen, die haben, gemessen an den anderen Landkreisen, unterdurchschnittliche Sozialkosten im Bereich SGB II. Deshalb ist dieser Ausgleich sachgerecht und hat nichts mit einem Parteibuch zu tun. Sie müssen sich fragen, warum Sie in den Gebietskörperschaften, wo eine hohe soziale Differenzierung da ist, keinen Fuß mehr in die Tür bekommen, in die Rathäuser und Landratsämter. Das ist doch die Ursache.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das haben die Wählerinnen und Wähler entschieden, die offenbar in Linke- und SPD-Bürgermeister und -Landräte dort in der Frage, wenn es soziale Differenzierung gibt, ein höheres Vertrauen haben als in Sie, weil Sie nur Klientelpolitik machen,

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Laber doch nicht!)

während wir für den sozialen Ausgleich in diesem Land sorgen.

(Heiterkeit CDU)

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie haben seit 20 Jahren die 17 Kurorte in diesem Land im Regen stehen lassen. Das hat dazu geführt, dass in Bad Liebenstein – einem der wichtigsten Kurorte – dort fördern Sie ein Kurmittelhaus und

nach zwei Jahren musste die Gemeinde es schließen, weil sie es nicht bewirtschaften konnte. Das haben wir jetzt geändert. Zum ersten Mal hat Masserberg wieder einen ausgeglichenen Haushalt,

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

weil wir die Kurkostenaufwendungen, die doch da sind, abgebildet haben. Es ist ein Ausgleichsmechanismus innerhalb des horizontalen Finanzausgleichs.

(Zwischenruf Abg. Hey, SPD: Wer hat‘s ge- macht? Zwischenruf Abg. Mühlbauer, SPD: Wir ha- ben‘s gemacht!)

Wer hat‘s gemacht? Rot-Rot-Grün hat‘s gemacht.

(Beifall SPD)

Und die SPD hat es vorgeschlagen. Wir haben es schon immer gefordert, aber in der konkreten Situation hat es die SPD vorgeschlagen und das ist vernünftig. Wir leben davon, dass alle drei Partner vernünftige Vorschläge machen und wir uns dann einigen.

(Beifall DIE LINKE)

So ist das in einer ordentlichen Dreierbeziehung. Ich finde Dreierbeziehungen durchaus spannend –

(Heiterkeit DIE LINKE)

manchmal aufwendig von der Koordination, aber …

(Unruhe CDU)

(Zwischenruf Abg. Liebetrau, CDU: Gehen Sie hin und fragen Sie mal!)

Meine Damen und Herren, wir haben den Gemeinden auch bei der Bewältigung der Herausforderung geholfen, den Rechtsanspruch auf einen Kindertagesstättenplatz zu sichern. Das haben Sie nicht mal ansatzweise auf die Reihe bekommen. Wir haben deshalb den Kinderansatz von 4,5 auf 6,7 erhöht und wir haben die besonderen Finanzzuweisungen für die unter 3-Jährigen nach gesetztem Platz von 270 auf 290 Euro erhöht und für die über 3-Jährigen von 130 auf 140 Euro im Monat und haben die Verrechnung zwischen Wohnsitzgemeinde und Kita-Gemeinde von 70 auf 80 Prozent erhöht. All diese Dinge haben dazu geführt, dass der Bereich „Kindertagesstätten“ inzwischen als ausfinanziert gilt. Das haben Sie nicht hinbekommen. Und auch das ist ein Element des horizontalen Finanzausgleichs.

Also lassen Sie hier den Versuch, Rot-Rot-Grün den Vorwurf zu machen, diese Ausgleichsmechanismen hätten irgendetwas mit dem Parteibuch des Bürgermeisters oder des Landrats zu tun. Das ist hilflos, denn Sie haben kein Gegenkonzept. Wo ist denn Ihr Gegenkonzept?

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Ihr Gegenkonzept ist: Wir verharren in Strukturen, die völlig unwirtschaftlich sind. Jetzt will ich das mal sagen, was Ihr Hilfspaket, das Sie hier beantragt haben, für eine Wirkung erzielt. Sie wollen den kreisangehörigen Gemeinden, kreisfreien Städten usw. 34,16 Euro pro Einwohner zusätzlich zur Verfügung stellen. Von den 843 kreisangehörigen Gemeinden haben 571 weniger als 1.000 Einwohner, fast 400 haben weniger als 500 Einwohner. Welche Wirkung erzielt das? Das heißt, bei über der Hälfte, bei zwei Drittel der Gemeinden, kommen weniger als 30.000 Euro an. Das ist das, was ich beschreibe: Fenster auf und raus. So gehen Sie mit Steuergeldern um.

Herr Kollege, das war jetzt ein gutes Schlusswort.