Protocol of the Session on June 24, 2016

Großartig, Herr Tischner. Jetzt schließen wir damit die Aussprache und danken allen noch einmal.

Wir kommen zur beantragten Ausschussüberweisung. Beantragt wurde die Überweisung an den Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport. Wer dafür ist, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. Das sind die Stimmen aus allen Fraktionen bis auf die AfD-Fraktion. Gegenstimmen? 3 Gegenstimmen aus der AfD-Fraktion. Enthaltungen? Das ist nicht der Fall, sodass die Angelegenheit an den Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport überwiesen wurde. Danke schön.

Ich schließe damit diesen Tagesordnungspunkt und rufe auf den Tagesordnungspunkt 36

Verbot von Ausschreibungen durch Krankenkassen bei der Versorgung mit Arzneimitteln in Thüringen Antrag der Fraktionen DIE LINKE, der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 6/2279

Ich frage: Wünscht jemand aus den Fraktionen das Wort zur Begründung? Das ist nicht der Fall, sodass ich die Beratung eröffne und Herrn Kubitzki das Wort gebe.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, wenn Sie unseren Antrag in seiner Begründung gelesen

(Abg. Wolf)

haben, da ist schon vieles dargestellt. Es geht darum, dass es in einigen Bundesländern heute schon Praxis ist, dass auf der Grundlage von § 129 Abs. 5 SGB V, also des Sozialgesetzbuches V – Krankenversicherung –, Krankenkassen Ausschreibungen zur Versorgung mit Arzneimitteln durchführen können, die in der Onkologie eingesetzt werden. Das heißt, hier geht es um Mittel für Chemotherapien zur Behandlung von Krebserkrankungen. Diese Ausschreibungen werden durchgeführt und das Resultat ist, dass bei diesen Ausschreibungen nur wenige Apotheken oder Apothekenketten den Zuschlag bekommen und dass damit auch für die Patienten – für die Betroffenen – im Prinzip der Kontakt zur Apotheke nicht mehr gegeben ist und dass dann auch bestimmte Apotheken ein Geschäftsfeld verlieren. Das muss ich an dieser Stelle sagen. Aber in erster Linie geht es darum, dass der Patient, der Vertrauen in seine Apotheke hat, auch dieses Vertrauen dahin gehend zum Ausdruck bringt, dass er von dieser Apotheke allseitig versorgt werden will und soll.

Zur Herstellung dieser Medikamente gibt es knallharte Voraussetzungen. Nicht jede Apotheke kann das machen, sondern sie muss über materielle Voraussetzungen verfügen wie zum Beispiel über einen Reinraum, um solche Medikamente herzustellen.

Wir haben diesen Antrag gestellt; er soll dieses Thema ansprechen, darauf aufmerksam machen und vor allem die Landesregierung bei Bestrebungen unterstützen, diese Ausschreibungen für diese Medikamente, für diese Krebsmittel, für diese Mittel der Chemotherapie zu verhindern. Es soll eine Signalwirkung sein, weil in der nächsten Woche die Gesundheitsministerkonferenz ist und dieses Thema dort auf der Tagesordnung steht. Wir wollen im Prinzip der Landesregierung mit diesem Antrag noch mal Rückhalt geben, dass sie dort ihre Auffassung vertreten kann, dass die Bundesregierung überprüfen soll, ob dieser Paragraf nicht so geändert werden kann, dass die Ausschreibung für diese Arzneimittel nicht erfolgen soll und muss, um je nachdem, wie das Ergebnis in der Gesundheitsministerkonferenz ist, dann bei Möglichkeit auch im Bundesrat aktiv zu werden.

Uns geht es in erster Linie um eine wohnortnahe Versorgung der betroffenen Patienten. Dann geht es uns natürlich auch – das will ich hier unumwunden sagen – um den Erhalt des Apothekennetzes bei uns in Thüringen und dass alle Apotheken die gleiche Chance zur Erfüllung ihres Versorgungsauftags haben, wenn sie die materiellen Voraussetzungen erfüllen. An dieser Stelle muss ich auch sagen: Hier geht es auch um viel Geld. Die Herstellung solcher Medikamente ist teuer. Wir wollen nicht, dass einzelne Ketten und einzelne Anbieter hier einen Vorteil bekommen und die Apotheke auf dem Land, die die Voraussetzungen erfüllt, hier vom Netz ge

nommen wird und wirtschaftliche Einbußen hat. Aber das Wichtigste – das sage ich noch mal an dieser Stelle – ist die wohnortnahe Versorgung für die Patienten, weil die das Vertrauen in ihre Apotheke vor Ort haben.

Ich bitte um Zustimmung für diesen Antrag, gerade in Vorbereitung der Gesundheitsministerkonferenz. Ich sage an dieser Stelle: Wir können durchaus über dieses Problem und auch über weitere Probleme, die es in der Apothekenversorgung gibt, im zuständigen Fachausschuss debattieren. Danke.

(Zwischenruf Abg. Emde, CDU: Dann müs- sen wir es dahin überweisen!)

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke schön, Herr Kubitzki. Als Nächste erhält das Wort Abgeordnete Herold für die AfD-Fraktion.

Vielen Dank, Herr Präsident. Sehr geehrte Damen und Herren, ich habe diesen Antrag mit Befremden und einem Grinsen gelesen. So etwas kenne ich von früher, von der FDP. Ich habe erfreut registriert, dass sich die Linke jetzt zu einer Art Nachlassverwalter der Drei-Pünktchen-Partei aufgeschwungen hat

(Beifall AfD)

und zur Lobbygruppe für wohlhabende und gut situierte Apotheken. Die Debatte, die wir heute um diesen Antrag führen, fällt weder in den Rechtskreis noch in die Kompetenz des Thüringer Landtags.

(Beifall AfD)

Da nutzt es auch nichts, die Landesregierung zu beauftragen – das umso mehr, als wir hier eigene und originäre Probleme hätten, um die wir uns vor Ort kümmern könnten. Das Szenario in der Begründung des Antrags trifft auf Thüringen überhaupt nicht zu. Die Ausschreibungspraxis der AOK, die dazu führt, dass Krebsmedikamente oder onkologische Zubereitungen nur noch von bestimmten Apotheken angeboten werden können, ist betroffen. Der AOK-Bundesverband hat diese Ausschreibung in Hessen, Hamburg, Brandenburg, MecklenburgVorpommern und Nordrhein-Westfalen durchgeführt. Deswegen musste Rot-Rot-Grün die gesamte Begründung des Antrags im Konjunktiv verfassen.

(Beifall AfD)

Hier wird vorsorglich über Sachverhalte gesprochen, die für Thüringen im Moment überhaupt nicht relevant sind. Dann gilt zu fragen, was an der Ausschreibungspraxis für Zytostatika kritisch ist. Die Debatte, die hier aufgeworfen ist, ist überhaupt kei

(Abg. Kubitzki)

ne Debatte aus Sicht der Patienten. Es ist eine Debatte aus der Sicht der Apotheken.

(Beifall AfD)

Denn die 400 Apotheken bundesweit, die an diesem Versorgungsauftrag überhaupt aufgrund der hier schon angesprochenen materiell-technischen Voraussetzungen teilnehmen können, sind bisher mit diesem 4-Milliarden-Markt sehr gut bedient gewesen. Die Marge ist beträchtlich.

(Beifall AfD)

Es geht überhaupt nicht um die Patienten, die ein Vertrauensverhältnis zu ihrer Apotheke haben. Denn es ist eine Medikation und das sind Medikamente für eine onkologische Behandlung, zu der die Patienten überhaupt keinen Zugriff haben. Die werden rezeptiert in der onkologischen Praxis, die die Chemotherapie durchführt, das Rezept wird an die Apotheke durchgereicht und die Apotheke liefert. Der Patient bekommt dieses Medikament überhaupt nicht in die Hand. Es gibt auch keine Lieferengpässe, weil sich die Apotheken verpflichtet haben, innerhalb von 45 Minuten notfalls bereitzustellende Lösungen schnell zu liefern. Das heißt also, dass die Patienten zum richtigen Zeitpunkt mit dem richtigen Medikament versorgt werden und die Ausschreibungen bestehen darauf.

Wenn die Landesregierung beauftragt wird, sich mit diesen Fragen der Bundesgesetzgebung zu befassen, dann sollten auch konkrete Probleme hier in Thüringen aufgetreten sein. Das ist nicht der Fall.

(Beifall AfD)

Mit Blick auf den Bundesgesetzgeber wird noch eine andere Sache ersichtlich: Die heute hier kritisierte Fassung des Paragrafen wurde im Rahmen der Gesundheitsreform 2007 in das Sozialgesetzbuch aufgenommen. Die Federführung für dieses Reformvorhaben lag bei der langjährigen Gesundheitsministerin Frau Ulla Schmidt von der SPD.

(Beifall AfD)

In dem Sinne muss man sich die Frage stellen, warum die SPD-Fraktion hier im Landtag gegen Teile einer Reform stimmt, für die sich die Partei selbst verantwortlich zeichnet.

(Zwischenruf Abg. Pelke, SPD: Das ist schon ein bisschen länger her!)

Dabei ist die Regelung durchaus begründet. Bei Medikamenten, die mehrere Tausend Euro kosten, soll den Krankenkassen die Option gelassen werden, die Ausgaben im Rahmen zu halten. Die Krankenkassen werden immer und immer wieder dafür gescholten, dass sie die Kosten nicht im Griff haben, dass die Beiträge steigen, dass die Verwaltungsausgaben zu hoch sind, dass die Versorgung der Patienten leidet. Es ist eine Scheindebatte. Und es ist eine scheinheilige Debatte. Die Krankenkas

sen haben längst die Kontrolle über die Ausgaben verloren. Die Kostentreiber, die wahren Kostentreiber für die Kostensteigerung im Gesundheitswesen, sind hier bei uns in der Politik zu suchen. Da ist jeder aufgerufen, alles zu unternehmen, um dem endlich einen Riegel vorzuschieben.

(Beifall AfD)

Und dazu müssen nicht Apotheken privilegiert werden, Hunderte von Euro an einer einzigen Zubereitung zu verdienen, die letzten Endes auch nur ein Routineverfahren ist. Ihr Antrag steckt voller vager Begriffe und bleibt im Konjunktiv. Wenn Sie sich für das Wohl der Patienten einsetzen wollen, dann tun Sie das hier in Thüringen bitte mit konkreten Maßnahmen. Wir haben hier so zahlreiche Probleme, wie den Ärztemangel im ländlichen Raum, fehlende Pflegekräfte oder eine Unterfinanzierung der Krankenhäuser. Das sind reale Probleme.

(Beifall AfD)

Das sind die Herausforderungen, die in den Kompetenzbereich der Landesregierung fallen. Wenn Sie diese realen Probleme des Thüringer Gesundheitswesens beheben wollen, dann werden wir Sie dabei tatkräftig unterstützen. Scheindebatten wie diese lehnen wir ab. Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Herold. Nun kommen wir zu Herrn Abgeordneten Zippel für die CDU-Fraktion.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Ich will nicht mehr!)

(Heiterkeit im Hause)

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist ein wichtiges und interessantes Thema, über das wir heute hier am Ende der langen Plenardebatte sprechen. Deswegen möchte ich zum Anfang kurz klarmachen, was die Prämissen und die Grundlagen der CDU bei dieser Thematik sind. Wir sind da nicht weit auseinander mit unseren politischen Konkurrenten und ich will an der Stelle betonen, dass auch der CDU in dem Zusammenhang die Versorgungssicherheit für die Patienten das Allerwichtigste und die oberste Prämisse ist.

(Beifall CDU)

Wenn wir über diese Thematik sprechen, muss es immer zuallererst um den Patienten gehen. Bestenfalls reden wir auch von einer wohnortnahen Versorgung und auch im dritten Schritt von einer Planungssicherheit für unsere oft mittelständischen

(Abg. Herold)

Apotheken. Wir kennen die Sorgen der Apotheker bezüglich der Zytostatika-Ausschreibung – also Zytostatika, das, wovon wir gesprochen hatten, die Krebsmedikamente – und wissen auch, was damit alles für Sorgen verbunden sind. Zum einen wissen wir aus Gesprächen mit den Apothekern, dass auch ihnen vor allen Dingen die Versorgungssicherheit am Herzen liegt. Außerdem haben sie als wesentlichen Punkt benannt, dass sie Sorge um die Qualität der medikamentösen Versorgung haben. Und – so offen muss man auch sein – sie sprachen offen davon, dass auch die Investitionen in die oftmals teuren Labore für die Mittelständler ein wesentlicher Aspekt sind.

Aber ich will an der Stelle nicht dem folgen, dass immer wieder der Teufel an die Wand gemalt und gesagt wird, wir kommen in eine Unterversorgung. Wenn wir dem Bundesverband Deutscher Apothekenverbände Glauben schenken können, dann haben wir inzwischen im gesamten Deutschland immerhin noch 300 Zytostatika herstellende Apotheken. Frau Herold, ich muss Ihnen da widersprechen, es sind nicht 400, es sind 300. Aber sei es drum. Nichtsdestotrotz sagt der Bundesverband Deutscher Apothekenverbände, dass die flächendeckende Versorgung nicht gefährdet ist. Wenn das vom Bundesverband kommt, ist das schon mal eine starke Aussage.