Protocol of the Session on May 19, 2016

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Als Nächster hat sich Herr Abgeordneter Dr. Voigt, CDU-Fraktion, zu Wort gemeldet.

Sehr geehrter Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen, verfasste Studentenschaft, das ist ja quasi „Oldie but Goldie“, das ist ja eine Debatte, die wir schon häufiger geführt haben, nicht hier im Hohen Haus, aber die Diskussion ist jetzt 40 oder 50 Jahre alt, hier immer á la longue mit dem Thema „allgemeinpolitisches Mandat“ einhergeht. Ich war – offen gestanden – überrascht, dass der Gesetzentwurf kam. Ich finde es trotzdem spannend, dass wir das hier mal diskutieren, da kann man auch die Positionen mal abklopfen. Ich würde auch nicht so weit gehen wie Frau Henfling, dass man das jetzt gleich wieder in eine quasi rechtsradikale Ecke rücken muss. Das ist eine Debatte, die führen wir schon lange und da kann man auch ein paar Argumente finden, für die verfasste Studentenschaft die Zwangsmitgliedschaft abzuschaffen.

Ich neige nicht dazu, das zu unterstützen, weil ich glaube, dass das von falschen Maßstäben ausgeht. Und das will ich auch mal hier ein bisschen versuchen auszuleuchten. Wir als CDU-Fraktion werden den Gesetzentwurf ablehnen, weil wir uns die Frage stellen: Gewinnen wir etwas dabei für die Studenten im Freistaat, wenn wir die Zwangsmitgliedschaft aufkündigen? Das Rechtsinstitut der Zwangsmitgliedschaft ist ja etwas, was in einem sehr großen Spannungsverhältnis steht. Es ist eine Einschränkung der Handlungsfreiheit nach Artikel 2. Wenn wir uns das anschauen, da gibt es eine breite Rechtsprechung, Bundesverwaltungsgericht, Bundesverfassungsgericht. All diejenigen heben immer darauf ab, dass man die Handlungsfreiheit nur einschränken kann, wenn man öffentlich-rechtli

che Aufgaben definiert. Diese öffentlich-rechtlichen Aufgaben werden, finde ich, durch die Studentenräte – und da ist eigentlich der entscheidende Punkt – und durch die Studentenparlamente oder ASten in den alten Bundesländern durchaus mit sinnvollen Aufgaben belegt. Da ist die Frage der kulturellen Leistungen, da ist die Frage, was Frau Henfling schon angesprochen hat, des sozialen Angebots, was für Studenten gegeben wird, es geht um die Frage hochschulpolitischer Vertretungen. All das sind Punkte, die jetzt im engeren Kontext, finde ich, schon allein dafür sprechen, für die Studentenräte und eben auch für die ASten zu werben.

Auch im weiteren Kontext – deswegen überrascht mich auch der Antrag vonseiten der AfD, weil sie ja doch immer aus einem sehr reichhaltigen Fundus von deutsch-kulturhistorischen Schätzen greifen – und wenn man sich überlegt, wie wir eigentlich zu diesem Organ der Selbstverwaltung gekommen sind und Sie sich das historisch betrachten, dann werden Sie sehen, dass die Ärzte, dass die Wirtschaft über die IHKs, Kammern und Verbände und letztlich auch die Studenten sehr lange dafür gestritten haben, dass sie überhaupt Selbstverfassungsorgane gründen können. Wenn Sie das historisch betrachten, dann werden Sie feststellen, dass das auch ein immenser Kampf zu Beginn der Bundesrepublik gewesen ist, Ablösung der Deutschen Studentenschaft hin zu den Organen, die dann tatsächlich an den Universitäten nicht politisch instrumentalisiert, sondern tatsächlich im Interesse der Studenten agierend implementiert werden konnten. Insofern glaube ich, dass das eine hoch spannende verfassungsrechtliche Diskussion ist. Aber ich glaube, wenn man sich jetzt mal den Thüringer Kontext dafür anschaut, da muss man klipp und klar sagen: Wenn man es im weiteren Kontext betrachtet, also wo kommen wir her und macht das Sinn, das so im Kontext von Wissenschaft und Freiheit zu diskutieren und dadurch natürlich auch Selbstverwaltungsorgane anzubieten, dann gibt es für mich ein klares Ja. Wir brauchen in der Wissenschaft und in der Freiheit der Repräsentation des Ganzen die Selbstverwaltungsorgane. Und wenn man es im engeren Kontext betrachtet, was sie eigentlich auch leisten, finde ich, braucht man auch die Selbstverwaltungsorgane.

Jetzt stellen Sie die entscheidende Frage: Zwangsmitgliedschaft und allgemeinpolitisches Mandat. Das ist ja alles höchstrichterlich ausgeurteilt worden. Die Fragestellung mit dem Hochschulrahmengesetz 1976 und dann der Landesdebatte, die im Westen stattgefunden hat – quasi 1990 dann auch in den neuen Bundesländern –, haben eines deutlich belegt, und zwar dass auch die Klagen, die von einzelnen Studenten gegen diese Zwangsmitgliedschaft erhoben worden sind, die von ganz wenigen Gerichten durchgelassen wurden, am Ende auch immer wieder kassiert worden sind, nämlich unter

(Abg. Henfling)

der prinzipiellen Fragestellung, dass die Definition der öffentlich-rechtlichen Aufgabe, die Zwangsmitgliedschaften ja von Ihnen kritisierend einschränken, auf der einen Seite die Erledigung einer öffentlich-rechtlichen Aufgabe sind, auf der anderen Seite nicht über die Grenzen dieser definierten öffentlichen Aufgabe hinausgehen. Deswegen verstehe ich auch Ihren Kritikpunkt, wenn es um die Frage des allgemeinpolitischen Mandats geht. Das sehe ich auch kritisch. Deswegen bin ich auch immer ein Gegner des allgemeinpolitischen Mandats gewesen. Das ist übrigens auch mittlerweile höchstrichterlich festgestellt, dass das StuRä und ASten nicht dürfen.

Es gibt mittlerweile in der juristischen Diskussion ein sogenanntes Brückenthesenargument, nämlich dass man auch bestimmte Sachen aus der Wissenschaft heraus in den gesellschaftlichen Raum hineindefinieren kann. Das ist aber juristisch sehr schwammig und eigentlich auch nicht tatsächlich durch Rechtsprechung belegbar. Also wenn wir uns die Frage stellen, was Sie eigentlich wollen, nämlich Zwangsmitgliedschaft auflösen, kann ich Ihnen sagen, das halte ich nicht für klug. Zu hinterfragen, ob die Wahlbeteiligung an den Hochschulgremien – zumindest für die Studentenräte oder für die ASten, in unserem Kontext für Studentenräte – zu niedrig ist und wie man das befördern kann, das halte ich für ein sehr legitimes Ziel. Und man kann durchaus auch hinterfragen: Ist das, was unsere Studentenräte uns hier als demokratischen Willen präsentieren, tatsächlich auch gedeckt durch eine Anzahl von Studenten, die an den Wahlen teilnehmen? Trotzdem leben wir nicht in einer Zwangswahldiktatur, in der wir Leute zum Wählen zwingen, sondern es ist eine freie Entscheidung der Studenten, dafür einzutreten oder eben nicht. Deswegen glaube ich schon, dass das eine nicht notwendigerweise im Kontext mit dem anderen zu sehen ist. Ich kann mich der These von der Zwangsidentifikation nicht anschließen.

Ich finde es ganz spannend, das können Sie ja mal bei sich in der AfD in Ihren Arbeitskreisen diskutieren, vielleicht lesen Sie es auch. Carl Schmitt hat mal in der Verfassungslehre und in der geistesgeschichtlichen Lage des heutigen Parlamentarismus eine ganz spannende Frage aufgestellt, nämlich zum Thema der Identifikation. Für ihn war ein formales Merkmal für Demokratie immer die Identifikation und die Identität zwischen Regierenden und Regierten. Im Kontext dessen, was wir hier diskutieren, nämlich der Studentenschaft, muss man ganz klar sagen, dass der hergestellt ist, dass es da ist. Deswegen halte ich auch diese Repräsentation durchaus für sinnstiftend und richtig. Es ist gut, dass wir uns über diesen Meinungsaustausch heute hier überlegen, wie studentische Interessen besser vertreten werden können. Aber rein rechtlich halte ich das, was Sie hier vortragen, nicht für einen

guten Weg für Thüringen. Man kann das machen, die Sachsen-Anhaltiner haben es 1994 gemacht. Aber auch da gilt: Die haben zwar die Möglichkeit gegeben – und da haben Sie es ja auch, glaube ich, ein bisschen zumindest wörtlich herausgenommen, aus dem Gesetz der Sachsen-Anhaltiner –, die können zwar aus der Studentenschaft, aus der verfassten Studentenschaft austreten, aber trotzdem müssen sie Beiträge dafür bezahlen, damit die Leistungen aller Studenten auch erfüllt werden können. Das finde ich noch viel schwieriger, nämlich dass sie auf der einen Seite nicht mal tatsächliche Mitwirkungsrechte haben, aber auf der anderen Seite dafür eben auch noch Geld geben sollen. Das kann ja eigentlich auch keinen Sinn machen.

Also insofern finde ich es weder in der Sache begründet noch strategisch richtig für Thüringen. Also wenn Sie sich § 65 des sachsen-anhaltinischen Hochschulgesetzes anschauen, da steht das alles noch mal drin. Ich glaube, wir sind gut beraten, den Vierten Teil des Thüringer Hochschulgesetzes so zu belassen, wie wir ihn haben. Ich will aber trotzdem an die Koalitionsfraktionen schon den Punkt richten: Frau Henfling, machen Sie es sich nicht so einfach. Nur weil die von Ihnen bestellten Studentenvertreter auf den bestellten Veranstaltungen des Ministeriums diese Themen nicht artikulieren, heißt das nicht, dass es diese Themen nicht gibt.

(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Jetzt ist aber mal gut!)

Ja, Sie müssen doch gar nicht hyperventilieren, ist alles gut.

Wir werden diese Debatte zum ThürHG noch zu geeigneter Zeit und an geeigneter Stelle hier im Haus führen, aber ich würde trotzdem nicht die falsche Kausalität herstellen, nur weil die dort bei den Foren nicht geäußert sind, gibt es dieses Thema nicht. Es ist ein legitimes Thema aufgerufen worden; ich halte es in der Sache für unbegründet, ich finde, deswegen sollten wir es ablehnen, aber bitte nicht den Leuten immer per se unterstellen, dass sie blöder sind, nur weil sie nicht in Ihrer Fraktion sitzen. Schönen Dank.

(Beifall CDU, AfD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Bei der letzten Bemerkung bitte ich Sie, doch noch mal zu überlegen, ob das so angemessen war. Jetzt hat sich Frau Abgeordnete Muhsal für die AfD zu Wort gemeldet.

Vielen Dank, Herr Präsident. Sehr geehrte Abgeordnete, ich beginne, womit ich geschlossen habe: Die Freiheit ist ein hohes Gut, nicht zuletzt auch in

(Abg. Dr. Voigt)

der Hochschulpolitik. Und, Herr Dr. Voigt, Sie haben das richtig gesagt, die Frage, ob es verfassungsrechtlich überhaupt zulässig ist, eine verfasste Studentenschaft mit Zwangsmitgliedschaft einzurichten, ist in der Wissenschaft und in der Rechtsprechung umstritten. Unumstritten ist allerdings auch in der Rechtsprechung, dass eine Zwangsmitgliedschaft, wenn sie staatlicherseits verordnet wird, stets besonders gerechtfertigt sein muss.

Frau Henfling, ich verstehe ehrlich gesagt nicht, dass Sie das nicht verstehen. Wenn Sie in Thüringen Student sind, dann müssen Sie in einer verfassten Studentenschaft Mitglied sein. Das ist die Zwangsmitgliedschaft an sich und die ist durch den Gesetzgeber initiiert worden und nicht von uns konstruiert, wie Sie vorhin behauptet haben.

(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Ich wäre dann ja Studentin, das ist schon mal ein Problem!)

Eine Zwangsmitgliedschaft ist in den Worten des Bundesverfassungsgerichts nur dann verfassungsgemäß, wenn durch die Vereinigung mit Zwangsmitgliedschaft legitime öffentlich-rechtliche Aufgaben wahrgenommen werden. Die Aufgaben der verfassten Studentenschaft in Thüringen ergeben sich aus dem eingangs schon zitierten § 73 Abs. 1 Thüringer Hochschulgesetz. Die Studentenschaft soll die Gesamtheit der Studenten einer Hochschule vertreten und ihre hochschulpolitischen Belange wahrnehmen. Dass der Studentenrat neben seinen anderen politischen Aktivitäten oder Aktivitäten an sich auch die hochschulpolitischen Belange von Studenten wahrnimmt, zeigt sich zum Beispiel an den Beratungsangeboten zum Studienalltag, die insbesondere in den ersten Semestern eine Rolle spielen. Genau deswegen sieht unser Antrag auch vor, dass sich ein Student eben nicht schon vor dem Beginn seines Studiums oder mit Beginn seines Studiums entscheiden muss, ob er Mitglied der verfassten Studentenschaft sein möchte, sondern dass er das erst nach Abschluss des ersten Semesters entscheiden kann. Nach dem ersten Semester kann er sich ein Bild von der Arbeit des Studentenrats machen, hat gegebenenfalls auch schon Beratungsangebote in Anspruch genommen, und er kann für sich selbst entscheiden, ob er vom Studentenrat weiterhin vertreten werden möchte und auch, ob er bereit ist und den Semesterbeitrag, der sich üblicherweise zwischen 5 und 10 Euro pro Semester bewegt, weiter in die Arbeit des Studentenrats stecken möchte.

Die jetzige Regelung zur Zwangsmitgliedschaft zeichnet demgegenüber ein Bild des unmündigen Studenten. Dieses Bild des unmündigen Studenten widerspricht letztlich dem Prinzip der Freiheit und dem Prinzip der aus der Selbstverantwortung heraus entstehenden Verantwortung für die Gemeinschaft. Dass der Studentenrat bei einer Wahlbeteili

gung von unter 10 Prozent schon längst nicht mehr die Gesamtheit der Studenten vertritt, habe ich in meiner Eingangsrede schon erwähnt und ich möchte es auch jetzt noch mal betonen. Auch wenn jeder Student das Recht hat, nicht zu wählen, zeigt diese niedrige Wahlbeteiligung, dass der Studentenrat ein von der Masse der Studenten losgelöstes Organ ist, das die Interessen der Studenten in ihrer Gesamtheit nicht wahrnimmt. Die niedrige Wahlbeteiligung zeigt auch, dass der Studentenrat von der Mehrheit der Studenten nicht als Vertretungsorgan der Gemeinschaft empfunden wird. Weitere Aufgaben nach § 73 Abs. 1 Thüringer Hochschulgesetz sind beispielsweise die Wahrnehmung der sozialen und kulturellen Belange der Studenten oder die Pflege der überregionalen und internationalen Beziehungen zwischen Studenten. Auch hier muss man sich fragen, ob diese Aufgaben vom Studentenrat noch in Bezug auf die Gesamtheit aller Studenten wahrgenommen werden. Man muss sich fragen, ob diese Aufgaben nicht vielleicht durch freiwillige Zusammenschlüsse ebenso gut – wenn nicht besser – wahrgenommen werden könnten.

(Beifall AfD)

Ein gutes Beispiel, das den Juristen hier bekannt sein dürfte, ist die nach eigenen Angaben weltgrößte Vereinigung der Jurastudenten ELSA. Die widmet sich der Vernetzung von Jurastudenten in ganz Europa. Ich muss ganz ehrlich sagen, auf dem Gebiet leistet diese Organisation mit Sicherheit deutlich mehr als der durchschnittliche Studenten- und Fachschaftsrat. Bemerkenswert dabei ist, dass die Mitarbeit in einer solchen freiwilligen Vereinigung eben nicht dazu führt, dass sie Freisemester in ihrem Jurastudium angerechnet bekommen. Diese Freisemester bekommen sie nur angerechnet, wenn sie in einem offiziellen Gremium der Universität, also im Fachschaftsrat oder im Studentenrat, tätig sind. Auch an dieser Stelle muss man sich fragen, ob eine Zwangsmitgliedschaft und die darauf aufbauenden Privilegien der Funktionäre nicht eher den Einzelnen dienen als der Allgemeinheit.

(Beifall AfD)

Wenn Sie das Ganze nicht nur in Bezug auf Jurastudenten, sondern auf die Studenten im Allgemeinen beziehen, stellen Sie auch dort fest, dass die verfassten Studentenschaften an erster Stelle den Funktionsträgern selbst nutzen. Die sind nämlich im Gegensatz zu anderen Studenten von der Zahlung der Langzeitstudiengebühren in Höhe von 500 Euro pro Semester befreit.

Zuletzt möchte ich noch auf eine weitere Aufgabe des § 73 Abs. 1 Thüringer Hochschulgesetz hinweisen, nämlich die Förderung der politischen Bildung der Studenten. Auch diese Aufgabe wird vom Studentenrat in der Regel nicht im Sinne einer staatsbürgerlichen Bildung verstanden, sondern regelmäßig für links-grüne Ideologieprojekte verwandt.

(Zwischenruf Abg. Höcke, AfD: So sieht das aus!)

(Beifall AfD)

Beispielsweise für das Referat Queer-Paradies des Studentenrats der FSU Jena standen im Haushalt des Studentenrats im Jahr 2012 2.000 Euro zur Verfügung und für das Referat Gleichstellungspolitik 2.500 Euro. Dann gibt es zwar ein Referat gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit, für das übrigens 3.500 Euro veranschlagt werden auf der anderen Seite positioniert sich der Studentenrat selbst aber auf der Seite der Menschenfeinde, wenn er beispielsweise, wie Ende November letzten Jahres geschehen, den Inhaber des Steigenberger Hotels in Jena unter Druck setzt und mit der Ankündigung, vor seinem Hotel eine Kundgebung abzuhalten, zu der Absage einer Veranstaltung bringt. Ich vermute, etliche von Ihnen – vielleicht Frau Henfling, ich weiß es nicht, jedenfalls aus dem links-grünen Spektrum – finden solche Methoden gar nicht so schlimm, vielleicht sogar legitim, denn auf eine öffentliche Distanzierung von solchen Methoden durch die Politiker der etablierten Parteien wartet man leider vergeblich.

(Beifall AfD)

Eine kritische Sichtweise auf die Arbeit der Studentenräte wird aber untermauert durch den Bericht des Landesrechnungshofs aus dem Jahr 2012. Darin stellt der Rechnungshof die berechtigte Frage: Sind „verfasste Studierendenschaften“ noch zeitgemäß? Ich zitiere aus dem Bericht: „Die Haushaltspläne der Studierendenschaften wurden grundsätzlich verspätet aufgestellt und genehmigt. Einige Studierendenschaften setzten ein Drittel ihrer Mittel für Personalausgaben ein. Verträge für Darlehen an Dritte waren oftmals unzulänglich. Darlehen wurden häufig nur schleppend zurückgezahlt, Forderungen konnten vielfach nicht mehr beigetrieben werden.“ So der Thüringer Rechnungshof in seinem Jahresbericht aus dem Jahr 2012. Im Internet finden sich auch interessante Listen mit einer Reihe weiterer Beispiele für die Verschwendung der Gelder seitens der Studentenschaften. Beispielsweise wurden 300 Euro für antisexistisches Klebeband ausgegeben. Was auch immer das sein soll. Ich hatte gehofft, Herr Schaft, dass Sie sich heute zu Wort melden und das vielleicht erklären können. Über 1.200 Euro für Materialien und Veranstaltungen gegen Studentenverbindungen wurden ausgegeben, 750 Euro für Genderstudienhefte und über 3.000 Euro für Kampagnen für die Abschaffung von Studiengebühren. Wer sich jetzt wundert, dass es um Studiengebühren in Thüringen geht, dem kann ich das damit erklären, es ging nicht um Studiengebühren in Thüringen, sondern es wurden 3.000 Euro für die Abschaffung von Studiengebühren in anderen Bundesländern ausgegeben.

2012 standen den Thüringer Studentenschaften insgesamt über 900.000 Euro zur Verfügung. Diese 900.000 Euro wurden nach Feststellung des Landesrechnungshofs im hier bereits zitierten Jahresbericht 2012 im Übrigen, ich zitiere: „[…] vielfach nicht ordnungsgemäß und zweckentsprechend eingesetzt.“ Beispiele sind die verspätete Aufstellung und Genehmigung der Haushaltspläne, Anwendung eines Großteils der Mittel für Personalkosten – das hatte ich schon erwähnt –, unzulängliche Verträge für die Darlehen an Dritte, die teilweise gar nicht oder nur schleppend zurückgezahlt wurden, und die Finanzierung abstruser Kampagnen unter dem Deckmantel politischer Bildung im Rahmen eines nicht bestehenden allgemeinpolitischen Mandats.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine Zwangsmitgliedschaft in der Studentenschaft nicht gerechtfertigt ist, den Studenten als Gesamtheit nicht dient, sondern dass im Gegenteil der Missbrauch, der getrieben wird, den Interessen der Studenten entgegensteht.

(Beifall AfD)

Auch Altparteienpolitiker haben manchmal gute Gedanken. Es wurde hier schon erwähnt, in Sachsen war es 2012 beispielsweise eine CDU-geführte Landesregierung, die dort ein Austrittsrecht für die Studenten im Sächsischen Hochschulgesetz verankerte. Also könnte man sich hier ein Beispiel nehmen. In Sachsen-Anhalt war für die Einführung des Austrittsrechts eine von den Linken unterstützte Minderheitenregierung von SPD und Grünen verantwortlich, Frau Henfling.

(Beifall AfD)

Deswegen bitte ich Sie herzlich: Legen Sie Ihre ideologischen Scheuklappen ab, entscheiden Sie sachorientiert und tun Sie was Sinnvolles für unser Land! Deswegen hoffe ich natürlich auf die breite Unterstützung der Überweisung unseres Gesetzentwurfs an den Ausschuss für Wirtschaft und Wissenschaft. Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Als nächster Redner hat sich Herr Abgeordneter Schaft, Fraktion Die Linke, zu Wort gemeldet.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Landtagsfraktionen! Frau Muhsal, Ihre Argumente werden nicht dadurch besser, dass Sie sie zwei- oder dreimal wiederholen. Ich komme auch gleich noch dazu, warum wir auch heute hier sagen – und zwar alle, die rot-rotgrünen Fraktionen, und ich gebe zu, überraschenderweise auch die CDU –, diesen Antrag abzuleh

(Abg. Muhsal)

nen. Ich gebe zu, es war eine kleine Überraschungs- oder Wundertüte, Herr Voigt, nachdem die sächsische CDU bei der letzten Novellierung des dann sogenannten Sächsischen Hochschulfreiheitsgesetzes dort eine entsprechende Regelung gefunden hat. Ich begrüße aber heute noch mal ausdrücklich Ihr Statement für die verfasste Studierendenschaft, wie sie momentan im Thüringer Hochschulgesetz vorgesehen ist.

Ich sage aber auch noch mal: Es ist bezeichnend, dass die AfD im Thüringer Landtag, während die Hochschuldialogforen laufen und wo Herr Brandner ein einziges Mal da war und eben nicht den Dialog gesucht hat, wie auch andere Mitglieder Ihrer Fraktion, jetzt einen Angriff auf die demokratisch verfasste Interessenvertretung und auch die größte Statusgruppe an den Thüringer Hochschulen vornehmen will und das Recht der Studierendenschaften in § 72 ff. ThürHG angreifen will. Sie zeigen hiermit, dass Sie den Vertretungsanspruch der Studierenden infrage stellen und auch die Verfasstheit, auch wenn Sie im Antrag versuchen, dem in der Argumentation entgegenzuwirken.

Ich will gleich noch mal auf einen zentralen Punkt eingehen. Sie argumentieren immer damit, dass es bei der Studierendenvertretung keine legitime öffentliche Aufgabe gebe, die diese Zwangsmitgliedschaft rechtfertigen würde. Aber ich habe noch einmal geguckt: Das Bundesverfassungsgericht hat mehrfach zu diesem Sachverhalt Urteile getroffen in Bezug auf die sogenannten Zwangsmitgliedschaften. Wenn man sich die bisherige Rechtsprechung genauer anschaut, dann wird konstatiert, dass der Begriff der legitimen öffentlichen Aufgaben als Voraussetzung für die Legitimität einer Zwangsmitgliedschaft eben nicht näher definiert wird und damit dem Gesetzgeber ein großer Ermessensspielraum gegeben wird. Wenn wir uns die Aufgaben anschauen, die in § 73 Abs. 1 des Thüringer Hochschulgesetzes formuliert werden, wie beispielsweise die Förderung der politischen Bildung oder die Pflege der überregionalen und internationalen Studierendenbeziehungen, dann sind das sehr wohl sehr legitime öffentliche Aufgaben, warum es hier dann entsprechend die Studierendenvertretungen für die Allgemeinheit der Studierenden aus unserer Sicht benötigt.

Ich finde es auch abwertend, hier die ganze Zeit von Funktionären zu sprechen. Wir reden hier von Studierenden im Bachelor-Master-System, wo sie unter der Repression von Langzeitstudiengebühren im Zweifel dann leiden müssen. Wenn sie sich mehr als ein Semester oder zwei Semester in der Studierendenvertretung engagiert haben, sich aber nur eins anrechnen lassen können, dann ist es manchmal eben auch selbst zum Nachteil, zu viel Engagement zu zeigen. Denn wir sprechen hier von ehrenamtlich Tätigen, die das zu großen Teilen neben der Zeit, im auch zu großen Teilen verschulten