Protocol of the Session on January 29, 2015

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, ich habe noch eine weitere Wortmeldung von Herrn Abgeordneten Brandner, an das Mikro bitte hier.

Ich möchte nur eine Sache klarstellen.

Nein, eine Klarstellung können Sie vom Rednerpult aus vornehmen. Ich erteile Ihnen das Wort.

Ich möchte nur eine Klarstellung machen: Ich gehöre nicht zu den Leuten, die „Dschungelcamp“ sehen. Ich habe nicht „Rammel-TV“ gesagt, sondern „Ramel-TV“ mit einem „m“.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist wirklich unverschämt, jen- seits von Gut und Böse!)

(Heiterkeit DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Also das war jetzt nicht in die Richtung gedacht, sondern das war auf den Ministerpräsidenten gemünzt.

Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf. Abgestimmt wird direkt über den Gesetzentwurf der Landesregierung in Drucksache 6/29 in der zweiten Beratung. Wer ist dafür? Vielen Dank. Gegenstim

men? Enthaltungen? Bei Enthaltung der Fraktion der AfD mit sonst übergroßer Mehrheit angenommen.

Jetzt kommen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in der Schlussabstimmung. Wer dafür ist, den bitte ich, sich von seinen Plätzen zu erheben. Danke schön. Wer dagegen ist, den bitte ich, sich jetzt von seinen Plätzen zu erheben. Enthaltungen? Gut, vielen Dank.

Ich schließe damit diesen Tagesordnungspunkt und rufe auf den Tagesordnungspunkt 4

„Unsere Welt, unsere Würde, unsere Zukunft“ – Europäisches Jahr für Entwicklung 2015 Antrag der Fraktion der CDU - Drucksache 6/96

Die Frage: Wünscht die Fraktion der CDU das Wort zur Begründung? Das ist nicht der Fall. Die Landesregierung hat hier einen Sofortbericht angekündigt. Für die Landesregierung erteile ich das Wort Herrn Minister Prof. Hoff.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, der Antrag „‚Unsere Welt, unsere Würde, unsere Zukunft‘ – Europäisches Jahr für Entwicklung 2015“ gibt mir die Gelegenheit, über die geplanten Aktivitäten der Thüringer Landesregierung zu diesem Thema einen Sofortbericht zu geben.

„Unsere Welt, unsere Würde, unsere Zukunft“ – aktueller kann das Motto des europäischen Themenjahres 2015 nicht sein. Wie eng unser Leben mit diesem Motto, mit der weltpolitischen Lage und den weltpolitischen Ereignissen verbunden ist, zeigt sich ganz aktuell an dem Erfordernis, eine auf Abschottung zielende Asyl- und Flüchtlingspolitik der EU humanitär neu auszurichten.

Wir bemühen uns, in unseren Kommunen dezentrale Unterkünfte für Asylsuchende zu finden, die auf ihrer Flucht vieles, häufig alles, verloren haben, oftmals nur ihr Leben retten konnten. Unser Ziel ist es, die Kinder in unsere Kindergärten und Schulen zu integrieren. Wir stehen in der Verantwortung, diesen Menschen nicht nur ein Heim, sondern auch eine Lebensperspektive zurückzugeben, damit sie für ihre Zukunft selbst Sorge tragen können.

Die Europäische Union als größter Geber in der Entwicklungszusammenarbeit will unter dem Motto „Unsere Welt, unsere Würde, unsere Zukunft“ über die Entwicklungspolitik der Europäischen Union und den Mitgliedstaaten informieren, das Bewusstsein

für globale Zusammenhänge schärfen und aktives Engagement fördern. Deshalb haben das Europäische Parlament und der Rat am 16. April 2014 beschlossen, das Jahr 2015 zum Europäischen Jahr für Entwicklung zu erklären. Dabei geht es nicht nur um Hilfeleistungen, das ist eine alte und tradierte Vorstellung von Entwicklungszusammenarbeit, sondern es geht darum, aus Donorship Ownership werden zu lassen und insofern die entsprechenden Entwicklungszusammenarbeitsländer in die Lage zu versetzen, selbst Verantwortung für Armutsbekämpfung, Menschenrechte, für den Schutz von Natur, Klima und Ressourcen zu übernehmen, aber natürlich auch, indem Rahmenbedingungen für einen fairen Welthandel geschaffen werden. Das Jahr 2015 ist als Europäisches Jahr für Entwicklung besonders geeignet, da es das Jahr ist, in dem die vor 15 Jahren verabschiedeten Millenniums-Entwicklungsziele der Vereinten Nationen erreicht sein sollten. Wir wissen, dass diese Ziele nicht in Gänze erreicht worden sind, dass es eine Reihe von Aufgaben innerhalb dieser Ziele und den Maßnahmenpaketen dieser Ziele gibt, die noch der Umsetzung harren. Aber wir wissen auch, dass im Prozess dieser Millenniums-Entwicklungsziele eine Diskussion stattgefunden hat, die zunehmend stärker auch Formen von, wie muss eigentlich Staatlichkeit organisiert sein, damit Entwicklungszusammenarbeitsländer in die Lage versetzt werden, Entwicklungszusammenarbeitsziele erreichen zu können, zugrunde gelegt hat. Da geht es beispielsweise auch um die Fähigkeit zum Korruptionsabbau. Es geht um die Fähigkeit, öffentliche Finanzen verantwortlich behandeln zu können.

Dann stellt sich aber gleichwohl die Frage, wenn wir sehen, dass es einen Gap gibt zwischen den Millennium Development Goals und dem Erreichten, wie eine Post-2015-Agenda für nachhaltige Entwicklung aussehen soll. Entsprechende Vereinbarungen sollen noch in diesem Jahr getroffen werden und die internationale Staatengemeinschaft wird sich im Dezember in Paris auf ein Nachfolgeabkommen zum Kyoto-Klimaschutzgipfel verständigen. Zusätzlich zu den gemeinsamen Vorhaben der internationalen Staatengemeinschaft wurde in Deutschland ebenfalls ein nationales Arbeitsprogramm „Europäisches Jahr für Entwicklung 2015“ aufgelegt. Grundlage für die Aktivitäten in Deutschland ist die Zukunftscharta „EINEWELT – Unsere Verantwortung“, die im letzten Jahr im Rahmen eines breiten Dialogprozesses unter Beteiligung von Expertinnen und Experten aus Politik, Wissenschaft, Wirtschaft, Kirchen, Zivilgesellschaft sowie interessierten Bürgerinnen und Bürgern erarbeitet wurde. Dabei geht es um die Bekämpfung von Armut, Ernährungssicherheit, aber auch Gesundheit, Frieden, Selbstbestimmung und selbstverständlich Bildung, Umwelt- und Klimaschutz, Menschenrechte und Menschenwürde, also um die zentralen Zukunftsfragen.

(Präsident Carius)

Die Thüringer Landesregierung sieht in diesen Themen eine große Chance, das Bewusstsein für die zentralen Zukunftsfragen zu schärfen und auf ein Umdenken zu mehr Nachhaltigkeit hinzuwirken. Auch wenn wir uns im ersten Halbjahr in einer vorläufigen Haushaltsführung befinden, werden wir uns entsprechend beteiligen und die Thüringerinnen und Thüringer zur Teilnahme aufrufen. Wir werden die europapolitischen und entwicklungspolitischen Akteure zusammenbringen und als inhaltlichen Schwerpunkt die Verbindung zwischen internationaler, regionaler und lokaler Politik herausstellen.

(Beifall DIE LINKE)

In Thüringen wird das Europäische InformationsZentrum, das in der Staatskanzlei angesiedelt ist und dort ein eigenes Referat bildet, die europapolitischen Akteure am 4. März über das Europäische Jahr für Entwicklung informieren. So wird diesen Akteuren die Möglichkeit eröffnet, das Eine Welt Netzwerk Thüringen e.V., in dem circa 40 Vereine, Institutionen und Einzelpersonen organisiert sind, kennenzulernen. Seit dem Jahr 2005 engagiert sich das Netzwerk im Bildungsbereich mit den Themen „Globales Lernen“ und „Nachhaltigkeit“. Zum Europatag am 9. Mai wird die Staatskanzlei zum gleichen Thema eine Informationsveranstaltung durchführen. Den EU-Projekttag an deutschen Schulen am 12. Mai 2015 werden die Mitglieder des Kabinetts dazu nutzen, mit Schülerinnen und Schülern über das Thema „Entwicklungszusammenarbeit“ ins Gespräch zu kommen. Es wäre schön, wenn die Abgeordneten des Thüringer Landtags, die sich an diesem Schulprojekttag beteiligen, ebenso verfahren würden.

(Beifall DIE LINKE)

Bei dem Europafest der Staatskanzlei, das in diesem Jahr aufgrund der vorläufigen Haushaltsführung im Herbst stattfinden wird, werden die entwicklungs- und europapolitischen Akteure in Thüringen Gelegenheit bekommen, sich mit Ständen und Programmpunkten der breiten Öffentlichkeit vorzustellen. Schließlich hat Thüringen gegenüber der Bundesregierung Interesse für die Ausrichtung eines im nationalen Arbeitsprogramm vorgesehenen Bürgerdialogs zum Jahr für Entwicklung angemeldet. Das ist eine Veranstaltungsreihe, die dezentral in verschiedenen Bundesländern in Kooperation mit dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung – BMZ –, der EU-Kommission und dem Europäischen Parlament durchgeführt wird. Sollte Thüringen für die Durchführung eines solchen Bürgerinnen- und Bürgerdialogs ausgewählt werden, wäre der Thüringer Landtag, die Zustimmung des Parlaments und insbesondere des Präsidenten vorausgesetzt, sicherlich ein geeignetes Forum, um den Dialog über diese so wichtigen Zukunftsfragen mit den Bürgerinnen und Bürgern

hier in Thüringen zu führen. Sehr geehrter Herr Präsident, wir würden uns diesbezüglich mit Ihnen in Verbindung setzen und hoffen schon jetzt auf Ihre Unterstützung.

Zahlreiche Thüringer Schülerinnen und Schüler setzen sich bereits kritisch und kreativ mit dem Thema „Entwicklung“ auseinander. Sie nehmen 2015 an dem 62. Europäischen Wettbewerb „Europa hilft – hilft Europa?“ teil und können ihre bildkünstlerischen und schriftlichen Arbeiten bis zum 15. Februar dieses Jahres einreichen. Wir sind gespannt auf die Ergebnisse und selbstverständlich wird die Staatskanzlei die Werke der Thüringer Preisträgerinnen und Preisträger ausstellen.

Die Thüringer Nachhaltigkeitsstrategie wiederum unterstreicht die Bedeutung, die die Landesregierung diesem Thema beimisst. Das Europäische Jahr für Entwicklung und die UN-Klimakonferenz im Dezember in Paris geben einmal mehr Anlass, die Fragen der Nachhaltigkeit in die Öffentlichkeit zu tragen. „Die UN-Klimakonferenz in Paris – der Beitrag der Europäischen Union zum Klimaschutz auf dem Prüfstand“ ist der Titel einer Veranstaltung, zu der die Staatskanzlei im Herbst des Jahres einladen wird.

Die Thüringer Landesregierung wird die Thüringer Nachhaltigkeitsstrategie fortschreiben, wie es im Koalitionsvertrag festgeschrieben ist, und wird sie weiterentwickeln. Mit Blick auf das internationale Engagement des Freistaats Thüringen unter dem Stichwort „Nachhaltigkeit und Entwicklung“ stand in den vergangenen Jahren das Königreich Kambodscha im Fokus. Das zuletzt durchgeführte Projekt der Jahre 2013/2014 beendet vorerst eine Projektreihe zur Umweltbildung in den kambodschanischen Provinzen. Schwerpunkt der Projekte war die Wissensvermittlung zur Herstellung und Anwendung von Kompost aus Bioabfällen mit dem Ziel der sozialen Integration von Wastepickern durch Verbesserung deren wirtschaftlicher Lebensgrundlage. Nunmehr steht eine Evaluierung der gesamten Projektarbeit an. Das Ergebnis der Evaluierung soll Perspektiven der Weiterentwicklung der Entwicklungshilfe Thüringens aufzeigen. Wir werden das Parlament selbstverständlich darüber in Kenntnis setzen.

Die Landesregierung will mit Projekten wie diesen auch einen Denkanstoß geben in der Hoffnung, dass möglichst viele Thüringerinnen und Thüringer sich mit der internationalen Entwicklungszusammenarbeit, mit Zukunftsfragen befassen. Bewusstsein schaffen will in diesem Sinne auch das Eine Welt Netzwerk Thüringen, dessen Mitglieder eigene Veranstaltungen zum Europäischen Jahr für Entwicklung 2015 organisieren. Aber auch die europapolitischen Organisationen sowie andere Vereine und Verbände sind aufgerufen und haben dies

(Minister Prof. Dr. Hoff)

auch schon in der Öffentlichkeit angemeldet, sich mit diesem Thema zu befassen.

Zur Förderung von entsprechenden entwicklungspolitischen Informations- und Bildungsprojekten hat die Bundesregierung eine zentrale Geschäftsstelle bei der gemeinnützigen Engagement Global gGmbH eingerichtet und ein entsprechendes Förderprogramm aufgelegt. Anträge können an die von mir genannte Engagement Global gGmbH, die ein Ergebnis der Zusammenführung verschiedener entwicklungspolitischer Institutionen der Bundesregierung ist, gerichtet werden.

Sobald der Haushalt 2015 durch den Thüringer Landtag verabschiedet wurde, kann und wird die Thüringer Staatskanzlei – wie in der Vergangenheit auch – bei Vorliegen der entsprechenden Fördervoraussetzungen kleinere Projekte und Maßnahmen der Entwicklung der europapolitischen Bildungs- und Informationsarbeit unterstützen.

Sie sehen, sehr geehrte Damen und Herren, zahlreiche spannende Projekte und Veranstaltungen sind im Europäischen Jahr für Entwicklung 2015 angesetzt; einige wenige habe ich Ihnen vorgestellt. Der Kreis der Projekte, die in diesem Jahr stattfinden, ist gleichwohl größer, als ich hier darstellen kann. Die Landesregierung hat sich im Koalitionsvertrag darauf verständigt, die Nachhaltigkeitsstrategie nicht nur fortzuschreiben, sondern in allen Politikbereichen durch entsprechende Aktionspläne zu untersetzen und über die erzielten Wirkungen regelmäßig zu berichten. Ich gehe davon aus, dass unsere Umweltministerin mit viel Initiativkraft, die sie in den vergangenen Wochen auch gezeigt hat, die Umsetzung dieser Aktionspläne überprüfen wird. Insofern werden wir die Ziele der Europäischen Union nachdrücklich unterstützen und fördern, selbstverständlich nachhaltig, insofern also auch über das Jahr 2015 hinaus. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Vielen Dank, Herr Minister Hoff. Ich frage: Wer wünscht die Beratung zum Sofortbericht? Die Fraktion Die Linke, die Fraktion der SPD, die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Gut, vielen Dank. Dann eröffne ich damit die Beratung zum Sofortbericht und erteile das Wort der Frau Abgeordneten Walsmann, Fraktion der CDU.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, mit dem Antrag möchte meine Fraktion erfahren, inwieweit die Landesregierung sich an der Durchführung des Europäischen Jahres für Entwicklung 2015 beteiligt. Deshalb haben wir sehr detailliert nachgefragt. Ich bedanke mich für den So

fortbericht, möchte allerdings eines sagen, sehr geehrter Herr Minister Hoff, mit dem Tempo Ihres Vortrags hätten Sie sämtliche Notare in Thüringen erblassen lassen können. Aber ich denke mal, das Thema rechtfertigt es schon, dass wir uns – deshalb beantragen wir die Überweisung an den Ausschuss – noch mal etwas intensiver, etwas ruhiger und vielleicht an einigen Punkten noch etwas detaillierter über die Frage, wie Thüringen bei der Entwicklungszusammenarbeit seinen Teil beitragen kann, dass wir nicht nur einen Teil dieser Welt weiterentwickeln, sondern dafür sorgen, dass Menschen in ihren Heimatländern weiter eine Chance auf wirtschaftliche Entwicklung, auf ein gutes Leben, auf Menschenrechte und auf Demokratie haben.

(Beifall CDU)

Insofern also eine Bitte zur etwas gemäßigten und vielleicht etwas nachhaltigeren Erörterung.

Das EU-Parlament und die EU-Kommission wollen das Jahr 2015 natürlich nutzen, um Bürger für die Entwicklungszusammenarbeit der EU und der einzelnen Mitgliedstaaten zunächst erst einmal zu informieren, wie weit man gekommen ist, zu sensibilisieren für die Anforderungen und Bedürfnisse der sinnvollen Entwicklungspolitik und einzelner Schritte, die unternommen wurden und unternommen werden müssen, um weiter voranzukommen. Das Themenspektrum – das haben Sie anklingen lassen – reicht von der Bekämpfung von Armut und Hunger über die medizinische Versorgung und den Zugang zu Bildung bis hin zu Demokratie, Menschenrechten und Nachhaltigkeit. Auch wenn das in erster Linie natürlich Bundeszuständigkeiten sind und es sich um eine Bundeszuständigkeit handelt, gibt es zahlreiche Berührungspunkte zu Thüringen, zahlreiche Erfahrungen auch, die wir aus Thüringen heraus einbringen können und nicht zuletzt deshalb haben wir nachgefragt nach dem Stand der Entwicklungszusammenarbeit mit einem ganz konkreten Land, nämlich mit dem Königreich Kambodscha.

Übrigens im vergangenen Jahr berichtete die Landesregierung über das 2014 ausgerufene Jahr der Bürger – wir haben das dann auch im Europaausschuss weiterbehandelt. Ich glaube, das kann auch ein Maßstab sein, wie man mit diesen zentralen Jahren umgeht und wie man das erörtert und wie man daraus auch einen Effekt für Thüringen im Interesse der Entwicklungszusammenarbeit gewinnt.

Sehr interessant war eine Eurobarometer-Umfrage aus dem Jahr 2012, die belegt, dass 85 Prozent der Europäer möchten, dass Europa weiterhin Entwicklungsländern helfen sollte, auch wenn die europäische Wirtschaft in einigen Mitgliedsländern schwächelt. Seit 1957 leistet die Europäische Union Entwicklungshilfe und ist weltweit größter Geber öffentlicher Entwicklungshilfemittel. Die Entwicklungszu

(Minister Prof. Dr. Hoff)

sammenarbeit hat sich verändert, die Entwicklungshilfe an sich hat sich verändert. Ziel des Europäischen Jahres sollte es deshalb in der Tat sein, über den aktuellen Stand, aber auch die neuen Zielrichtungen, die Veränderungen, die Notwendigkeiten auch im Hinblick auf die Tatsache, dass Kriege nach wie vor zum Geschehen der Welt gehören, zu berichten und zu informieren, aber auch den Diskurs mit den Bürgerinnen und Bürgern über die Fragen einer sinnvollen Entwicklungshilfepolitik zu suchen. Entwicklungshilfe ist ein zentraler Hebel, um Menschen bei der Bekämpfung von Hunger und Armut zu helfen. Medizinische Versorgung und der Zugang zu Bildung sind elementare Bausteine – das kann man nicht hoch genug bewerten – für die Hilfe zur Selbsthilfe.

Es ist schon richtig genannt: Im Jahr 2015 laufen die Millenniums-Entwicklungsziele der Vereinten Nationen aus. Ich will das gar nicht wiederholen, das ist schon angeklungen. Vor 15 Jahren hat sich die internationale Staatengemeinschaft die Halbierung von Armut und Hunger zum Ziel gesetzt und tatsächlich gab es in den vergangenen Jahren große soziale Fortschritte. Heute leiden 100 Millionen Menschen weniger an Hunger als noch vor zehn Jahren. Investitionen in Landwirtschaft und die Förderung einkommensschaffender Aktivitäten haben dies möglich gemacht. Um die Jahrtausendwende – ein anderes Beispiel – starben zum Beispiel jährlich noch über 12 Millionen Kinder weltweit; die meisten von ihnen an vermeidbaren Krankheiten. Diese Zahl könnte etwa durch Impfkampagnen, den Ausbau von Gesundheitsstationen oder gezielte Maßnahmen gegen Unterernährung halbiert werden.

Im Herbst 2015 soll nun die Staatengemeinschaft Nachfolgeziele beschließen. Wie sollen die neuen Ziele für eine weltweite nachhaltige Entwicklung aussehen? Als größte Herausforderung der Gegenwart sehen die Europäer – ich komme zurück auf die Eurobarometer-Umfrage – die Bereiche Gesundheit, Frieden und Sicherheit. Bei den Jugendlichen ist es in einer Umfrage überdies deutlich geworden, dass Jugendliche die Entwicklungsthemen nach wie vor für sehr wichtig halten, sie wesentlich mehr Augenmerk darauf richten und sie eher bereit sind, für Produkte aus Entwicklungsländern mehr zu bezahlen – 55 Prozent immerhin. Neben den Schwerpunkten der Entwicklungspolitik nehmen sie besonders heraus die Bereiche Bildung, den Bereich Wasser- und Abwassersysteme als drängendste Herausforderungen für Entwicklungsländer. Gerade in dem Bereich Wasser- und Abwasseraufbereitungssysteme hat auch Thüringen in den Partnerländern entscheidende Hilfestellung mit gegeben – Müllbeseitigung etc. –, wir können dazu im Ausschuss noch diskutieren.

Mit einer Vielzahl von Veranstaltungen und Programmen sollen die Bürgerinnen und Bürger dazu

animiert werden, sich stärker mit der Entwicklungspolitik, mit den Fragen der Entwicklungszusammenarbeit auseinanderzusetzen, auch sich selbst womöglich einzubringen, sich zu engagieren. Das Europäische Jahr für Entwicklung 2015 soll aber auch dazu beitragen, die europäische Entwicklungszusammenarbeit wirklich in all ihren Facetten einmal hautnah zu beleuchten und auch zu erleben.