Protocol of the Session on May 18, 2016

Wir stimmen zunächst über die Überweisung des Gesetzentwurfs an den Ausschuss für Europa, Kultur und Medien ab. Wer dieser zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Stimmen der AfD-Fraktion. Gegenstimmen? Das sind die Stimmen aus allen anderen Fraktionen des Hauses. Damit ist diese Ausschussüberweisung abgelehnt.

Wir stimmen nun über die Ausschussüberweisung an den Ausschuss für Migration, Justiz und Verbraucherschutz ab. Wer dieser zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Stimmen der AfD-Fraktion. Gegenstimmen? Das sind alle anderen Abgeordneten des Hauses. Damit ist auch diese Ausschussüberweisung abgelehnt.

Ich eröffne die Aussprache zur dritten Beratung des Gesetzentwurfs. Gibt es Wortmeldungen? Herr Abgeordneter Brandner.

Meine Damen und Herren, meine Idee war das ja nicht, heute hier zwei Lesungen zu veranstalten. Da wurden wir leider wieder von den Altparteien niedergestimmt. Deshalb sehen Sie mich jetzt hier noch mal am Pult. Ich hoffe, sie haben sich alle ein bisschen beruhigt, Ihre kindlichen Späße zur Seite gelegt, auch Ihre Wortklaubereien, die waren wirkliche Kracher, vor allem von Frau Marx. Herr Höcke lacht immer noch, wie Sie merken. Herr Scherer hat sich jetzt endlich hier festgebissen als amtlicher Sprecher der deutschen demokratischen RamelowFraktion. Respekt, Herr Scherer, auf Ihre alten Tage so etwas noch zu leisten! Das muss ich sagen.

(Unruhe im Hause)

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Lassen Sie Ihre Beleidi- gungen!)

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Was war das gerade? Man sollte mal bei sich anfan- gen!)

Wir versuchen mal, zum Kern der Sache zurückzukehren, nachdem Sie sich vom Kern der Sache sehr weit entfernt haben, und kommen darauf zurück. Wenn wir Deutsch als Landessprache Verfassungsrang zuerkennen, meine Damen und Herren, ist das auch eine Wertschätzung unserer Muttersprache, der es heute aus verschiedenen Gründen dringender bedarf denn je. Ich erinnere daran, dass die deutsche Sprache, dass unsere Sprache das einzige und umfassende Mittel einer wechselseitigen Verständigung ist und eigentlich das Einzige ist, was uns Deutsche, ob wir es wollen oder nicht, Frau Rothe-Beinlich, was uns Deutsche über alle Grenzen hinweg verbindet. Das ist die Sprache. Sonst gibt es nichts, was uns verbindet. Deshalb steht die deutsche Sprache ganz oben in der Skala der wichtigen verbindenden Elemente in Deutschland. Ohne Verständigung, ohne das wechselseitige Verstehen können wir unser Gemeinwesen nicht als gemeinsame öffentliche Angelegenheit bewahren und auch nicht voranbringen. Ich hatte darauf hingewiesen, Frau Rothe-Beinlich, dass Sie sich mit Ihren unterirdischen Ausführungen weit davon entfernt haben. Genau darum geht es aber in Zeiten einer zunehmenden gesellschaftlichen Desintegration und Fragmentierung. Selbstredend ist da die Sprache kein Allheilmittel und ihre Aufnahme in die Verfassung löst auch nicht von sich aus alle Probleme. Es bleibt allerdings erstens dabei, dass in einer gesellschaftlichen und politischen Situation wie der heutigen gerade auch starke Symbole wie das Bekenntnis zur Wertschätzung der gemeinsamen Sprache vonnöten sind.

(Beifall AfD)

Denn das ist auch ein Bekenntnis zu unserer sprachlich vermittelten Kultur, zu unseren Traditionen und Werten, zu unseren Vorstellungswelten und zu unserer Identität. Auf Artikel 30 Abs. 1 der Thüringer Verfassung hatte ich hingewiesen. Sie alle müssten eigentlich zustimmen, dass all das unserer bewussten Pflege bedarf und dass dazu eine verfassungsrechtliche Verankerung der Landessprache ein wichtiger Baustein neben Artikel 30 Abs. 1 der Thüringer Verfassung ist, der sicher nicht weniger wichtig ist als die detaillierte Festlegung des Landeswappens oder der Landeshauptstadt, die ja auch Verfassungsrang haben.

Klar ist zweitens aber auch, dass die verfassungsrechtliche Verankerung der Landessprache durchaus praktische Wirkungen hat, also über das quasi rein Symbolische hinauszugehen vermag. Man denke hier vor allem an die Bildungs-, an die

Kulturpolitik unseres Landes. Der Verweis auf die verfassungsrechtlich verankerte Landessprache kann beispielsweise die Rolle des Deutschunterrichts an Schulen stärken oder auch in die Integrationspolitik hineinwirken, in der Sie ja alle interessanterweise gern öffentlich hervorheben, wie wichtig es sei, dass Migranten aller Art die deutsche Sprache lernen, und wie wichtig es ist, Migranten aller Art die deutsche Sprache beizubringen. Aber wie sollen und wollen Sie die besondere Rolle der deutschen Sprache in unserem Lande und deren faktische Bevorzugung und damit ja Ungleichbehandlung verfassungsrechtlich flankieren und begründen, wenn sie nicht in der Verfassung als Landessprache statuiert ist? Sie bevorzugen die deutsche Sprache und setzen die anderen Sprachen damit in Deutschland zurück. Ich bin mir sicher, über kurz oder lang wird jemand auf die Idee kommen, verfassungsrechtlich – Frau Marx, hören Sie genau zu – überprüfen zu lassen, warum im Lichte von Artikel 3 Abs. 3 des Grundgesetzes bzw. von Artikel 2 Abs. 3 der Thüringer Verfassung seine nichtdeutsche Sprache benachteiligt werden darf und warum er gezwungen wird, beispielsweise durch § 184 GVG oder § 23 Abs. 1 des Thüringer VwVfG, sich auf Deutsch zu verständigen. Diese Argumentation wird kommen, meine Damen und Herren, und wenn dann die deutsche Sprache keinen Verfassungsrang hat, wird es schwierig sein, das zu begründen.

(Beifall AfD)

Abgesehen davon geht es ja nicht nur um die Sprache in unseren Amtsstuben, Behörden und Gerichten, sondern um die im gesamten öffentlichen Raum in Deutschland. Denn Sprache ist das primäre Medium dessen, was die politische Gemeinschaft, was das Wir in Deutschland ausmacht.

Daneben ist der Verfassungsrang der deutschen Sprache Anlass, deren Rolle für das Gemeinwesen immer wieder neu zu reflektieren. Dies gilt nicht nur im Hinblick auf die Entstehung auch sprachlich abgeschotteter Parallelgesellschaften. Es ist daher geradezu zwingend, manche würden sagen: alternativlos – ich sage das nicht, denn die Alternative steht ja vor Ihnen –, es ist daher geradezu zwingend, wenn wir Regelungen zur Sprache nicht nur in einfachen und nachgeordneten Gesetzen treffen, sondern diese Regelung in die Verfassung hineinschreiben, so wie es andere Staaten auch getan haben.

Ich rufe in Erinnerung, dass zahlreiche andere europäische Staaten da schon weiter sind. Das gilt für die deutschsprachigen Länder Österreich und Liechtenstein und die in Teilen deutschsprachige Schweiz. Für ihre jeweilige Landessprache haben dies auch getan: Finnland, Lettland, Frankreich, Spanien, Polen, Slowenien, Ungarn und andere, insgesamt 18 von 28 EU-Mitgliedstaaten und damit

eine deutliche Mehrheit. So abstrus ist der Gedanke also gar nicht.

(Beifall AfD)

Ein Hinweis, der sich eigentlich erübrigen sollte, ist der: Wer meint – es wird uns ja immer so in den Mund gelegt –, es ginge uns um die Schaffung einer Sprachinsel oder darum, keine französischen Wörter mehr benutzen oder an Universitäten keine englischen Vorlesungen mehr abhalten zu dürfen, der irrt natürlich und redet schlichtweg Unfug. Denn unser Gesetzentwurf richtet sich nicht gegen andere Sprachen, sondern setzt sich für die Pflege unserer deutschen Sprache ein. Das ist übrigens ein Wesensmerkmal der AfD, dass wir meist nicht gegen irgendetwas sind, sondern für etwas.

(Beifall AfD)

(Heiterkeit DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Dass Sie lachen, zeigt mir, dass Sie das nicht verstanden haben.

Schließlich bleibt die Beherrschung der deutschen Sprache auch nicht ohne Wirkung auf das Erlernen anderer Sprachen, was eine rundweg wünschenswerte Sache ist. Denn wer in seiner eigenen Sprache zu Hause ist, tut sich auch leichter mit fremden Sprachen. Wer könnte das besser feststellen als das Europäische Parlament oder der Europäische Rat, die sogar einen Beschluss dazu gefasst haben, die Nummer 1934/2000/EG. Da steht wörtlich drin: „Die Beherrschung der Muttersprache und Kenntnisse in den klassischen Sprachen, insbesondere Latein und Altgriechisch, können das Erlernen anderer Sprachen erleichtern.“ Was nichts anderes zeigt: Bringen Sie den Leuten gutes, vernünftiges Deutsch bei, dann fällt es den Menschen auch leichter, andere Sprachen zu lernen.

Meine Damen und Herren, unser Gesetzentwurf zielt darauf ab, unserer Muttersprache die Wertschätzung zukommen zu lassen, die sie verdient und die für unser Land notwendig ist. Man muss schon abwegige und wirre geistige Verrenkungen anstellen, um sich diesem vernünftigen Vorhaben zu verweigern. Denken Sie schließlich auch an die Wiedervereinigung Deutschlands. Trotz Jahrzehnten der Trennung und des persönlichen und vor allem politischen Auseinanderlebens blieb die gemeinsame Sprache der Menschen in der alten BRD und der DDR die deutsche Sprache.

(Zwischenruf Abg. Grob, CDU: Zeitzeuge spricht jetzt!)

Diese Sprache war also – ungeachtet aller Mundarten, Herr Höhn – das Fundament dafür, dass sich die Menschen auf beiden Seiten der Mauer und der tödlichen Grenze einer Nation zugehörig fühlten, und die deutsche Sprache war es, die letztendlich dazu geführt hat, dass die Deutschen auch wieder

zueinander fanden und dass es überhaupt zur Wiedervereinigung kam.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Es war nicht die deutsche Sprache!)

Heute, meine Damen und Herren, ist unsere Sprachgemeinschaft gefährdet und keineswegs mehr so selbstverständlich, wie es scheint. Sie ist gefährdet durch einen unreflektierten und achtlosen Umgang mit ihr. Wir lassen es zu, dass ohne Not Denglisch und Ghetto-Deutsch die Werbung und den öffentlichen Raum erobern. Wir lassen es zu, dass sich sprachlich abgesonderte Parallelgesellschaften entwickeln, dass Menschen, die schon Jahre oder Jahrzehnte als Ausländer in Deutschland leben oder lebten und möglicherweise inzwischen eingebürgert sind, oft nicht in der Lage sind, einfach Behördenformulare auszufüllen. Und dass, obwohl Deutsch einfachgesetzlich als Amtssprache festgelegt ist. Wir lassen es zu, dass Menschen, die schon Jahre und Jahrzehnte als Ausländer bei uns leben, oft ohne Perspektive und Chance bleiben, weil sie Deutsch nicht beherrschen und weil wir das durchgehen lassen.

(Beifall AfD)

All dies zeigt, dass die deutsche Sprache keineswegs mehr die Selbstverständlichkeit ist, als die sie manche in diesem Hause hinstellen wollen. Damit wir uns nicht falsch verstehen noch mal deutlich: Man kann, soll und darf die Sprachpraxis nicht staatlich dekretieren oder steuern. So etwas macht man und so etwas macht insbesondere die AfD nicht. Für ideologische Sprachmanipulationen – schön, Herr Hoff, dass Sie gerade hereinkommen –, und sprachdiktatorische Maßnahmen fühlen sich leider andere in diesem Hause zuständig; einer läuft gerade von rechts nach links.

(Beifall AfD)

Es sind diejenigen, die es beispielsweise für wichtig und richtig halten, das Thüringer Studentenwerk in Studierendenwerk umzubenennen, oder die ansonsten ihren Genderwahn, zum Beispiel in der Geschäftsordnung dieses Parlaments, ausleben wollen.

Meine Damen und Herren, das, was da geschieht, ist plumpe Ideologie, die wir als AfD selbstredend und ausdrücklich ablehnen.

(Beifall AfD)

Was wir wollen, ist, gerade das Bewusstsein dafür zu schaffen, dass solche Manipulationen der Sprache Angriffe auf unser Denken, unser Selbstverständnis und unsere Lebensweise sind. Diese Angriffe wollen wir selbstredend abwehren. Wir wollen, dass unser Staat die Grundlagen seines Zusammenlebens fördert und seinen Teil zu deren Pflege beiträgt. Dazu gehört die deutsche Sprache. Heute bedeutet es nicht zuletzt, die Gemeinsamkeit

der Sprache einzufordern, das Erlernen des Deutschen insbesondere auch jenen abzuverlangen, die als Ausländer hier leben und Deutsche werden wollen.

Meine Damen und Herren, mit der Aufnahme von Deutsch als Landessprache kann Thüringen Wegbereiter in Deutschland werden. Thüringen ist ja auch in anderen Bereichen gern Wegbereiter. Hier können Sie den Weg bereiten, auch wenn Sie gerade von links nach rechts laufen, hier können Sie einen vernünftigen Weg bereiten.

(Zwischenruf Abg. Höcke, AfD: Habt ihr euch schon abgesprochen!)

Ja, ja, das ist so etwas wie der Running Gag auf gut Deutsch. Ja, ja.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Ihr müsst mal deutsch sprechen!)

Ah, ich dachte, Sie wären schon eingeschlafen.

(Heiterkeit im Hause)

Ab und zu stichele ich mal ein bisschen. Ich dachte, „Running Gag“ wäre eine Beleidigung, aber der fühlt sich – na ja, ist egal.

(Unruhe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, mit Aufnahme von Deutsch als Landessprache kann Thüringen positiver Wegbereiter in eine Zukunft sein. Es würde gerade dem Kulturland Thüringen – wir denken an Goethe und Schiller – gut zu Gesicht stehen, hier voranzugehen. Die Chance, das zu dokumentieren, haben Sie gleich in einer namentlichen Abstimmung. Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Es liegen mir keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Damit kommen wir zur namentlichen Abstimmung über den Gesetzentwurf der Fraktion der AfD in Drucksache 6/1979 in dritter Beratung. Ich bitte die Schriftführer, die Stimmkarten einzusammeln.

Konnten alle ihre Stimme abgeben? Also meine bitte noch und dann schließe ich die Abstimmung und bitte um Auszählung.

Ich darf Ihnen das Ergebnis bekannt geben. Es wurden 82 Stimmen abgegeben. Mit Ja stimmten 8, mit Nein 74 (namentliche Abstimmung siehe Anla- ge). Damit ist der Gesetzentwurf der Fraktion der AfD mit Mehrheit abgelehnt.

Meine Damen und Herren, es ist 18.00 Uhr. Ich darf damit die heutige Plenarsitzung beenden. Es findet um 19.00 Uhr der parlamentarische Abend statt. Wir sehen uns morgen um 9.00 Uhr hier wieder.