Protocol of the Session on February 24, 2016

Deswegen ist es auch richtig, dass bei der EEGNovelle dies so nicht zum Tragen kommt. Schönen Dank.

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Gruhner. Aus den Reihen der Abgeordneten sehe ich keine weiteren Wortmeldungen, sodass ich Frau Ministerin Siegesmund das Wort erteile. Bitte schön.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Gruhner, ich habe mich gerade gefragt, ob Herr Bouffier eigentlich wirklich so verrückt sein kann, mit den Grünen zu koalieren, wenn die alle nur im Porsche unterwegs sind und die Energiewende eh nicht gemeinsam hinkriegen können. Wenn man Ihnen so zuhört, meint man, dass Herr Bouffier wirklich jeden Tag zu bedauern ist, dass er eine schwarz-grüne Koalition eingegangen ist, die sich im Übrigen, lieber Herr Gruhner, darauf verständigt hat – halten Sie sich fest – 2 Prozent der Fläche Hessens für Windenergie auszuweisen, die sich im Übrigen verpflichtet hat, bis 2030 CO2-neutral in ihrer Landtagsverwaltung zu werden, Herr Gruhner, und die sich verpflichtet hat, was nachhaltige Mobilität angeht,

(Abg. Gruhner)

(Unruhe CDU)

besonders ambitioniert zu sein. Aber das nur mal als Blick auf das Nachbarland Hessen, wo man ja wirklich sehr verrückt sein muss.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, zum derzeitigen Kenntnisstand der EEG-Novelle: Ich kann nur sagen, ich begrüße es ausdrücklich, dass die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gesagt hat, es findet zu wenig Debatte öffentlich statt. In dem Moment, wenn ein Bundesgesetz vorbereitet wird und die Länder zu wenig Debatte dazu stattfinden lassen, wird es gefährlich, weil man nämlich dann nicht genau hinschaut und schauen kann, was die entsprechenden Folgen auch für die Länder sein können. Deswegen haben wir als Landesregierung selbstverständlich vor einigen Wochen mit dem neu berufenen Beirat für die Energiewende zusammengesessen und darüber geredet, was das denn für unseren Verband der Wirtschaft Thüringens, für die IHK, für den VKU, für die Bürgerenergie und für alle anderen Expertinnen und Experten heißt, und haben eine qualifizierte Debatte dazu geführt, was diese EEG-Novelle eigentlich bedeutet. Eigentlich, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist die Geschichte des EEG eine Erfolgsgeschichte, bis man 2009 von der Idee eines Markteinführungsinstruments für erneuerbare Energien dahin gekommen ist, zu sagen – und das ist die neue EEG-Novelle, die jetzt vorbereitet wird –, dass es um nichts anderes mehr geht als Ausschreibungsmodelle. Wir müssen uns in der Tat fragen: Welche Energiewende wollen wir eigentlich? Wollen wir die Energiewende mit den Siebenmeilenstiefeln, die allein von Investoren betrieben wird? Das ist, glaube ich, auch nicht in Ihrem Interesse, meine sehr geehrten Damen und Herren. Oder wollen wir die Energiewende von unten dezentral mit Bürgerenergiegenossenschaften, die das Ganze auch tragen und für Akzeptanz sorgen? Ich sage Ihnen, der zweite Weg ist der entscheidende und die neue EEG-Novelle trägt dem eben nicht Rechnung. Deswegen ist es richtig, dass wir hier darüber sprechen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Bürgerenergie setzt auf eine dezentrale Energieversorgung mit fast ausschließlich kleineren erneuerbaren Anlagen. Das dürfte auch Ihnen zupasskommen, die mit Sicherheit oft genug darüber diskutieren, was die Energiewende eigentlich für unser Landschaftsbild bedeutet. Strom aus kleinen erneuerbaren Anlagen ist auch leichter in Nutzungszusammenhänge zu integrieren, also wenn man es schaffen will, Strom, Wärme und Mobilität verbrauchsnah am Ende zu verknüpfen und zu erzeugen. Der Abgleich von Stromerzeugungsmodellen und -verwendung gestaltet sich leichter, wenn Bürgerinnen und Bürger die Energieerzeugung selbst aktiv mitgestalten. Das sind drei Argumente, die technisch klingen, aber eigentlich sehr dazu beitra

gen, dass es uns gelingen kann, die dezentrale Energiewende erfolgreich von unten zu gestalten.

Jetzt sage ich Ihnen, wie der Ist-Stand ist. Der Ausbau der Bürgerenergie in Thüringen und in Deutschland stagniert im Moment – in der ganzen Bundesrepublik. Seit 2013 sind kaum nennenswerte Zuwächse durch Neugründungen von Bürgerenergiegenossenschaften zu verzeichnen. In Thüringen gibt es derzeit 37 Energiegenossenschaften, bundesweit sind es 937. Die meisten hiervon haben mit PV- oder Biomasseprojekten begonnen. Größere Neubauprojekte in diesen Bereichen sind aber als Folge des aktuell geltenden EEG und der zu erwartenden Regelung nicht zu vermuten. Der Denkfehler hinter der neuen EEG-Novelle ist, dass wir es uns leisten können, darauf zu verzichten, die Bürgerenergie nicht nur auszubauen, sondern auch mitzunehmen. Das ist der Denkfehler und der muss auch so klar benannt werden.

Viele Energiegenossenschaften haben ihren Fokus inzwischen auf Windprojekte gelegt. Es gibt aber nur ganz wenige, die bislang tatsächlich in Umsetzung gekommen sind.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Stagnation kennzeichnet die Situation jetzt. Zu befürchten ist weit mehr der Abbau an Engagement von Bürgerinnen und Bürgern bei der Energiewende. Das kann nicht unser Ziel sein. Weil der vom Bund gesetzte regulatorische Rahmen für den Erfolg aller Anstrengungen an der Basis essenziell ist, kämpfen wir in Berlin dafür, dass kleinere Erzeuger, Bürgerenergiegenossenschaften und Kommunen auch nach der Novelle des EEG wirtschaftlich erfolgreich arbeiten können. Übrigens sind natürlich auch die Bürgerenergiegenossenschaften beratend im Beirat für die Energiewende für uns in Thüringen tätig und haben auch gut darlegen können, warum das nötig ist.

Kritisiert werden müssen besonders die bereits nach dem EEG 2014 vorhandenen erheblichen Zugangshürden für Bürgerenergieprojekte bei Ausschreibungen. Wer sich damit auskennt und selbst beteiligt ist, weiß, dass die Bürgerenergieprojekte vor allen Dingen ehrenamtlich nachts zwischen 22.00 und 00.00 Uhr stattfinden, weil sich die Leute in erster Regel ehrenamtlich darum kümmern, die Energiewende voranzutreiben. Es ist zu befürchten, dass sich Kommunen und kleinere Bürgerenergiegenossenschaften die finanziellen Risiken und den Riesenaufwand, der mit Ausschreibungsverfahren verbunden ist, zukünftig nicht leisten können und andererseits große Projektierer bevorzugt werden. Aber wollen wir das? Die Energiewende mit Sieben-Meilen-Stiefeln allein durch die Großen gelingt nicht, meine sehr geehrten Damen und Herren. Ich sage daher: Wenn wir ernsthaft die Bürgerenergiewende von unten stärken wollen, dann, indem wir auch die Bürgerenergie mitnehmen.

(Ministerin Siegesmund)

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich will daran erinnern, für das Jahr 2015 hat die Bundesregierung Pilotausschreibungen für PV ausgegeben. Man konnte sich beteiligen. Dieser kleine Finger, der da gegeben wurde, hat dazu geführt, dass am Ende gerade mal zwei Genossenschaften, davon eine Bürgerenergiegenossenschaft, einen Zuschlag bekommen haben. Wenn man es ernst meint mit der Bürgerenergie, dann bitte richtig und nicht nur symbolisch. Das ist der Denkfehler Nummer 3 hinter der EEG-Novelle: Placebos helfen nicht, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Um den Zugang für Bürgerenergieprojekte diskriminierungsfrei zu ermöglichen, haben wir gemeinsam mit anderen Ländern in den letzten Monaten immer wieder Optionen für Ausnahmeregelungen eingefordert. Ich glaube, keine andere Landesregierung vor uns hat diese EEG-Novelle durch – übrigens erfolgreiche – Bundesratsinitiativen so gut vorbereitet. Wir haben nicht nur im Bereich De-minimis für Bürgerenergiegenossenschaften, sondern auch für die Regionalisierungsquote Wind und für den Bereich Biomasse intensiv mitgearbeitet und im Bundesrat Mehrheiten erstritten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, uns ist bewusst, dass wir gerade bei den Bürgerenergieprojekten konkrete Definitionen für Bürgerenergieakteure und das Sicherstellen der Akteursvielfalt durch die Nutzung der De-minimis-Regelung brauchen. Genau dafür haben wir die politische Mehrheit im Bundesrat erstritten, sie muss nur noch umgesetzt werden.

Vor wenigen Tagen wurde mit viel Getöse ein Konzept der Bundesregierung zum Erhalt der Akteursvielfalt für das EEG 2016 vorgelegt. Zum besseren Verständnis und zur Einschätzung, welches Gewicht die Bundesregierung der Akteursvielfalt beimisst, lohnt noch einmal ein kurzer Blick in die Vergangenheit. Als die ersten Eckpunkte für eine EEGNovelle zu Herbstbeginn 2015 vorlagen, wurden überhaupt keine Aussagen getroffen. Ein Konzept werde nachgereicht, hieß es. In der Fassung der Eckpunkte von Oktober und November wurde das Thema in dürren Zeilen abgehandelt und vor allem betont, dass der bisherige Ausbau der erneuerbaren Energien maßgeblich auf dem Engagement einer Vielzahl verschiedener Personen, Unternehmen und Verbände beruhe. Richtig. Aber dann kommt die Frage: Was schließen wir daraus? Immerhin kündigte man dann eine Bagatellgrenze für PVDachanlagen von 1 MW an. Bei Windenergie wurde eine späte Ausschreibung in Aussicht gestellt und so weiter und so fort. Sie sehen, es gibt eine relativ restriktive Grundhaltung. Deswegen war es uns auch wichtig, mit den Bundesratsinitiativen entsprechend zu punkten.

Einige Worte zu den – zumindest jetzt angekündigten – Zugangserleichterungen. Wesentliche Aussa

gen davon sind, dass bei Gesellschaften, die aus mindestens zehn Privatpersonen bestehen und bei denen die Mehrheit der Stimmrechte bei Privatpersonen vor Ort liegt, kein Gesellschafter mehr als 10 Prozent der Stimmrechte haben darf. Die Gesellschafter dürfen nicht mehr als ein Projekt planen und die maximale Projektgröße von sechs Anlagen mit einer Gesamtleistung von maximal 18 MW ist festgeschrieben. Im Übrigen gibt es eine Realisierungsfrist für maximal zwei Jahre. Das sind immerhin kleine Schritte, meine sehr geehrten Damen und Herren, wenngleich sie nicht reichen.

Ich bin der festen Überzeugung, es lohnt sich, konstruktiv weiter im Dialog zur EEG-Novelle zu bleiben. Das haben wir als Land Thüringen getan, als Mitte Januar das Bundeswirtschaftsministerium eingeladen hat und wir mit Bundeswirtschaftsminister Gabriel und Staatssekretär Baake darüber diskutiert haben. Der Dialog wird fortgesetzt. Er darf aber im Sinne einer gelingenden Energiewende, im Sinne einer echten Akteursvielfalt und im Sinne vor allen Dingen der Akzeptanz für den Ausbau Erneuerbarer keine Einbahnstraße sein. Das geht nur mit den Bürgerinnen und Bürgern in Thüringen und daran ist uns gelegen und ich denke, dem Rund hier im Parlament auch. Herzlichen Dank.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Vielen Dank. Ich schließe den dritten Teil und rufe auf den vierten Teil der Aktuellen Stunde

d) Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der CDU zum Thema: „Gebietsreform in Thüringen: Bürgerbeteiligung sichern – Kommunale Selbstverwaltung achten“ Unterrichtung durch den Präsidenten des Landtags - Drucksache 6/1792

Frau Abgeordnete Holbe für die CDU-Fraktion hat nun das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren, meine Fraktion hat diese Aktuelle Stunde beantragt, weil es uns wichtig ist, die breite Öffentlichkeit auf die Probleme und Bedenken hinzuweisen, die mit der rot-rot-grün verabschiedeten, angedachten kommunalen Gebietsreform verbunden ist. Das Vorhaben ist abenteuerlich,

(Beifall CDU, AfD)

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Genau!)

(Ministerin Siegesmund)

verfassungsrechtlich höchst bedenklich und der Zeitplan alles andere als ausgegoren. Dies wird auch hinter vorgehaltener Hand im zuständigen Fachministerium geäußert. Auch das gestern vom Kabinett verabschiedete Vorschaltgesetz und der dazugehörige Zeitplan sind einfach zu eng. Wir haben hierbei große Bedenken. Ungeachtet dessen ist meine Fraktion weiterhin strikt der Auffassung, dass einer Gebietsreform zunächst zwingend eine Funktionalund Verwaltungsreform vorangehen muss.

(Beifall CDU, AfD)

Erst wenn sich im Anschluss weiterer Reformbedarf zeigen sollte, dann kann man über Neustrukturierung sprechen.

(Beifall CDU)

Dazu gibt es aber keine Aussagen im Vorschaltgesetz. Keine Aussagen zu den Amtszeiten der in diesem Jahr frisch gewählten ehrenamtlichen Bürgermeister, keine Erfassung von Transformationskosten – auch das wird hier komplett ausgeblendet.

(Beifall CDU, AfD)

Stattdessen will Rot-Rot-Grün bis 2018 eine Gebietsreform im Schweinsgalopp durchpeitschen, ohne echte Beteiligung der Kommunen, der Bürger und unter

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Das ist gelogen! Das ist gelogen!)

Missachtung verfassungsrechtlich garantierter Selbstverwaltungsgarantie.

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Das stimmt doch!)

Das höchste Gut, verankert im Grundgesetz, Artikel 28, und auch in unserer Thüringer Verfassung, ist das Recht auf kommunale Selbstverwaltung.

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Jawohl!)

Auch hier erkenne ich eine Missachtung der Kommunen.

(Beifall CDU)

Nicht nur die Bürgerbeteiligung lassen Sie außer Acht, ich habe es bereits erwähnt, die zeitlich ausreichende Beteiligung der kommunalen Familie wird ignoriert.

(Beifall CDU)

Ich bitte Sie, Herr Minister, werte Regierung,

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Wie viel Zeit wollen Sie denn haben? 25 Jahre?)