Protocol of the Session on January 29, 2016

Frau Abgeordnete Tasch – es ist zwar 18.00 Uhr, aber ich möchte doch bitten, dass die Gespräche hier etwas eingestellt werden, vor allem die Fraktionssitzungen der CDU. Es wäre sehr nett, wenn Sie Ihrer eigenen Rednerin auch die entsprechende Aufmerksamkeit schenken.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Ich kenne die Rede schon!)

Das kann nicht sein, Herr Mohring.

(Beifall und Heiterkeit DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber ich will sagen: Energiewende, Energieeffizienz – wir brauchen viele kleine Bausteine. Ich glaube nicht an ein großes Paket, das alle Facetten mit einem Mal behandeln kann, Frau Ministerin. Viele kleine Bausteine – und da gehört sicher die Elektromobilität dazu, obwohl wir sicher auch ein paar Anmerkungen hier zu machen haben. Aber ich will vorwegschicken: Ich kenne die Autos der anderen Fraktionen nicht, aber die CDU-Fraktion hat seit Oktober einen Opel Ampera, ein Elektroauto. Ich weiß jetzt nicht, Herr Harzer, ob Sie auch schon so weit sind.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wir haben drei Elektro- fahrräder!)

(Heiterkeit im Hause)

Wenn ich in Erfurt wohnen würde, dann würde ich auch mit dem Fahrrad kommen, aber dadurch, dass ich so weit weg wohne – die Kollegin aus Sondershausen kann, glaube ich, auch nicht mit dem Fahrrad fahren.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, grundsätzlich ist die Förderung der Elektromobilität bei Pkw und Bus im Sinne des Voranbringens der Energiewende zwar zu begrüßen, aber die Voraussetzungen nach dem 2015 vom Bundestag beschlossenen Elektromobilitätsgesetz müssen auch vom Bund geschaffen werden. So ist auch die im Oktober 2015 im Bundeswirtschaftsministerium diskutierte Ladesäulenverordnung – das haben wir heute auch schon oft gehört – eine wichtige, wenn nicht die wichtigste Voraussetzung für eine bundesweit einheitliche Ladeinfrastruktur. Im November 2014 trat die EU-Richtlinie über den Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe in Kraft. Sie ent

(Abg. Mühlbauer)

hält entscheidende Punkte für den Ausbau des Netzes. Die Mitgliedstaaten müssen diese Regeln jetzt in nationales Recht umsetzen. Deutschland ist hier Vorreiter. Die Bundesregierung hat am 28. Oktober 2015 die Ladesäulenverordnung beschlossen. Sie war aber noch nicht im Bundesrat. Bis jetzt ist Deutschland das einzige Mitgliedsland der Europäischen Union, das sich diesem Thema stellt. Wir können, denke ich, Klimaschutz auch nur international lösen. Sicher, Herr Harzer, soll Deutschland Vorreiter sein, aber ganz allein retten wir die Welt auch nicht.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, um nun eine Breitenentwicklung der Elektromobilität zu erreichen, gehören vor allem finanziell ausreichende Anreize – das wissen wir alle – dazu, damit sowohl der Bürger beim Privat-Pkw, aber auch die öffentliche Hand bei der Beschaffung von Elektrobussen einen echten Gewinn in der Anschaffung dieser Technik sehen. Die derzeit stark gesunkenen Benzin- und Dieselpreise bewirken hierbei das Gegenteil. Das kann man beklagen, es ist aber so. Auch der ÖPNV kann Dieselbusse bis auf Weiteres noch zu weitaus geringeren Preisen als Elektrobusse beschaffen, sodass hier kein wirtschaftlicher Anreiz für entsprechende Ankäufe besteht – dazu haben wir uns bei den Nahverkehrsanbietern schlaugemacht. Lange Ladezeiten für die noch nicht ausgereifte teure Batterietechnik – und da brauchen wir in der Forschung auch noch Zeit, um das zu verbessern –, die leider nach kurzer Zeit durch den Memory-Effekt verschlissen ist, sowie die energiezehrenden Klima- und Heizungsanlagen in den Bussen lassen zurzeit aus finanziellen Gründen maximal den Einsatz von Hybridbussen zu. Nachdem im Zuge des Klimaschutzes und von Energiesparmaßnahmen in den letzten Jahren zahlreiche Kommunen Dieselbusse ablösen wollten und für einen emissionsfreien ÖPNV-Verkehr Erprobungsstrecken mit Elektrofahrzeugen verschiedener Anbieter eingerichtet und ausgewertet haben, liegen dazu aktuelle Erfahrungen vor. Neben reinen Elektrobussen werden auch Hybridbusse eingesetzt. Die Ergebnisse sind durchaus unterschiedlich ausgefallen. Das Umweltministerium hat im Februar 2015 eine Studie des Fraunhofer-Instituts für Verkehrs- und Infrastruktursysteme Dresden für ein Konzept für eine städteübergreifende Einführung von elektrisch angetriebenen Linienbussen in Thüringen vorgelegt. Untersucht wurden die Ergebnisse der Probefahrten in folgenden Städten: Erfurt, Gera, Gotha, Jena und Nordhausen. Als Fazit zeigt sich, dass im Vergleich zu den inzwischen sehr schadstoffarmen Dieselbussen – und das darf man auch nicht außer Acht lassen – einerseits ein höherer Eigenmittelbedarf für die teuren Erstinvestitionen besteht – Fahrzeuge, Nachladestation – und andererseits nur durch einen derzeitigen hohen Fördersatz – 75 Prozent der Mehrkosten zum Dieselbus, 80 Prozent bei Infrastrukturmaßnahmen und 80 Prozent für Erstbe

schaffungen – in allen von mir genannten Städten die wirtschaftlichen Belastungen für die Verkehrsunternehmen auf Niveau eines Dieselbusunternehmens zu bringen sind. Von Nachteil sind bei Batteriebussen die begrenzte Reichweite, das höhere Gewicht, die höheren Beschaffungskosten, die notwendige Ladeinfrastruktur sowie teilweise die zusätzlichen Standzeiten zum Laden bzw. Austauschen der Stromspeicher. Wir brauchen eben noch Zeit, um das alles zu entwickeln. Die Elektrobusse eignen sich daher im Moment für den Stadtbusverkehr und nicht für den ländlichen Bereich.

Um eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung anzustellen, müssen die Nahverkehrsbetriebe vor allem Beschaffungskosten, Kraftstoffkosten, Wartungsbedarf, Nutzungsdauer, Aufwand für Infrastrukturen – dazu gehören die Ladestationen, das Vorhalten von Werkstätten und ausgebildetem Personal, denn Sie müssen mehr Mitarbeiter für die Elektrobusse und für die normalen Busse haben. Das kostet auch Geld, das sind unterschiedliche Berufsfelder. Für die meisten mittelständischen Unternehmen in Thüringen sind die Investitionen derzeit – ich rede von derzeit – unwirtschaftlich. Um den privaten Betrieb von Pkw in Thüringen zu fördern, betreibt die TEAG inzwischen drei Ladestationen im Land – die Kosten sind etwa 9.000 Euro –, die den Strom vorerst noch gratis anbieten. Klar ist aber auch, dass Elektro-Pkw aufgrund der sehr hohen Beschaffungspreise in Thüringen auf absehbare Zeit Exoten bleiben werden. Ohne die 75-prozentige Förderung der Ladestationen durch das Umweltministerium würde der freistaatliche Energieversorger für dieses Nischenprodukt auch nicht in Vorkasse gehen. Wir bitten die Landesregierung deshalb, uns auch über den Umfang des Erfolgs des Pilotprojekts zu berichten, denn das ist Voraussetzung, um überhaupt weiter diskutieren zu können.

Auch in der Bundesregierung wird derzeit über eine Kaufprämie für Elektroautos gestritten, welche zwar von der Autoindustrie – und auch von Bayern, habe ich jetzt gehört – begrüßt wird, aber den Staat derzeit viele nicht vorhandene Milliarden Euro kosten würde. Bisher gab es dazu auch noch kein einheitliches Meinungsbild in der Regierungskoalition in Berlin. Bis Ende 2016 sollen aber Ergebnisse einer Staatssekretärsrunde abgewartet werden. Die werden dann auch bekannt gegeben.

Was wir kritisch anmerken – Frau Ministerin, jetzt noch mal an Sie – ist, dass die Aufgabe der Elektromobilität, die Zuständigkeit auf drei Ministerien in Thüringen aufgeteilt ist. Das halten wir nicht für zielführend. Es wäre besser, wenn ein Ministerium – das müssen Sie dann entscheiden, das können wir nicht entscheiden – sich mit der Thematik beschäftigt. Ansonsten gehen viel zu viel Zeit und Synergieeffekte – und was wir alles so schön sagen – verloren. Das ist eine Aufgabe, die könnte die Landesregierung schnell lösen und das ist wichtig. Was

wir auch kritisieren, ist die Umschichtung von Haushaltsmitteln in Ihrem Antrag. Vier Wochen nach Beschluss des Doppelhaushalts ist das für uns kein gutes Bild, was das in Bezug auf Haushaltsklarheit und Haushaltswahrheit abgibt. Wir haben uns Ihren Antrag angeguckt. Wir schließen Elektromobilität nicht aus, wir sind aber noch am Anfang. Uns ist der Antrag zu schwach und deswegen lehnen wir ihn ab, vielen Dank.

(Beifall CDU, AfD)

Es liegen mir jetzt keine weiteren Wortmeldungen vor. Kann ich davon ausgehen, dass das Berichtsersuchen zu Nummer 1 des Antrags erfüllt ist oder erhebt sich Widerspruch? Das kann ich nicht erkennen. Es ist keine Ausschussüberweisung beantragt,

deswegen stimmen wir direkt über die Nummern 2 bis 5 des Antrags der Fraktionen Die Linke, der SPD und Bündnis 90/Die Grünen in Drucksache 6/1638 ab. Wer stimmt für den Antrag? Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Bei den Jastimmen der Regierungskoalition und den Gegenstimmen der Opposition ist der Antrag angenommen.

Ich schließe diesen Tagesordnungspunkt und die heutige Plenarsitzung. Ich wünsche Ihnen eine gute Heimreise.

Ende: 18.10 Uhr