Protocol of the Session on January 28, 2016

1. Welche Maßnahmen haben Thüringer Hochschulen im Einzelnen und die Landesregierung bereits vor dem Beschluss der KMK in die Wege geleitet, um Geflüchteten bei entsprechender Eignung einen möglichst unbürokratischen Zugang zu den Thüringer Hochschulen zu ermöglichen?

2. Wie viele Personen in Thüringen könnten nach Einschätzung der Landesregierung von Maßnahmen eines erleichterten Hochschulzugangs auf Basis des KMK-Beschlusses zukünftig profitieren und ein Studium an einer Thüringer Hochschule aufnehmen?

3. Welche Maßnahmen plant die Landesregierung zusammen mit den Thüringer Hochschulen auf Basis des Beschlusses der KMK zeitnah einzuleiten?

4. Plant die Landesregierung über den KMK-Beschluss hinausgehende Maßnahmen in diesem Bereich und wenn ja, welche?

Für die Landesregierung antwortet das Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft, Herr Staatssekretär Hoppe.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Schaft beantworte ich für die Thüringer Landesregierung wie folgt, beginnend mit einer Vorbemerkung:

Die von der KMK im Dezember 2015 beschlossenen Neuregelungen bieten Personen bestimmten Aufenthaltsstatus, zum Beispiel Flüchtlingen nach der Genfer Flüchtlingskonvention und Asylberechtigten, die Möglichkeit, ihre mit Unterlagen nicht belegbare Hochschulzugangsberechtigung nachzuweisen. Grundgedanke ist, den Ausgleich fluchtbedingter Nachteile mit der Prüfung der Hochschulzugangsberechtigung zu verbinden. Das dreistufige Verfahren zur Beweiserleichterung umfasst a) die Feststellung der persönlichen Voraussetzungen anhand bestimmter asyl- und aufenthaltsrechtlicher Kategorien, b) die Plausibilisierung der Bildungsbiografie bezogen auf den Erwerb einer Hochschulzugangsberechtigung im Heimatland und c) den Nachweis der behaupteten Hochschulzugangsberechtigung durch ein qualitätsgeleitetes Prüfungsund Feststellungsverfahren. Der KMK-Beschluss enthält hierzu eine Aufzählung von möglichen Prüfund Feststellungsverfahren. Die Länder sind aufgefordert, mindestens ein solches Prüf- und Feststellungsverfahren landesintern einheitlich festzulegen. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen im Einzelnen.

Zu Frage 1: Die Thüringer Hochschulen verfügen auch im Kontext ihrer Internationalisierungsstrategien über langjährige Erfahrungen im Umgang mit ausländischen Studienbewerbern und Studierenden. Studienangebote werden über das Internet, insbesondere über die einschlägigen Hochschulportale, beispielsweise Hochschulkompass der HRK/Campus Thüringen sowie Printmedien in deutscher, englischer und zum Teil arabischer Sprache veröffentlicht und beworben. Für Studieninteressierte gibt es an allen Thüringer Hochschulen die Möglichkeit einer individuellen, einer besonderen Bedürfnissen von Studieninteressenten mit Fluchterfahrung angepasste Beratung. Die Friedrich-Schiller-Universität Jena bietet zum Beispiel ein spezifisches Beratungsangebot für Geflüchtete an, an dem unter anderem das internationale Büro, das Studierendenservicezentrum der Universität beteiligt sind. Durch eine Vernetzung der Studienberater

ist im Übrigen gewährleistet, dass Studienbewerber mit speziellen Studienfachwünschen auch an andere Thüringer Hochschulen vermittelt werden. Die Friedrich-Schiller-Universität Jena beteiligt sich darüber hinaus an Informationsveranstaltungen für Flüchtlinge und Helfer zu Bildungsangeboten, die in deutscher und englischer Sprache an der Hochschule angeboten werden. Gleichzeitig wurde ein Kurs für Helfer eingerichtet, um diese in der arabischen Sprache weiterzubilden, mit dem Ziel, dass diese als Multiplikatoren den Kontakt zur Hochschule herstellen können. Weitere Beispiele können für die Fachhochschule Erfurt, wo Studierende ein Sprachcafé anbieten, oder die Hochschule Nordhausen mit dem Betreuungsprogramm Buddy angeführt werden. Zusätzlich ermöglichen mehrere Thüringer Hochschulen – das sind die FriedrichSchiller-Universität Jena, die Universität Erfurt, die Fachhochschule Erfurt, die Hochschule Nordhausen und die Ernst-Abbe-Hochschule Jena – Geflüchteten ohne weitere Nachweise einen gebührenfreien Zugang zu einer Gasthörerschaft. Ziel ist es, Geflüchteten, die sehr unterschiedliche Lebensläufe und Bildungsabschlüsse haben, den Zugang zur Hochschule zu erleichtern, den Einblick in den Studienalltag zu ermöglichen und Perspektiven aufzuzeigen, um diese frühzeitig an die Hochschule und den Hochschulstandort zu binden. Unterstützt werden die Hochschulen dabei durch zahlreiche studentische Initiativen, die aktiv zur Integration beitragen, beispielsweise über spezielle Sprachangebote, Unterstützung in Behördenangelegenheiten, Mentoren, Patenprogramme.

Zu Frage 2: Der Landesregierung ist eine seriöse Einschätzung der Zahl von Studienbewerbern, die zukünftig von Maßnahmen einer erleichterten Nachweisführung profitieren könnten, derzeit nicht möglich.

Zu Frage 3: Entsprechend den Festlegungen im KMK-Beschluss vom Dezember des vergangenen Jahres wird unser Ministerium mindestens ein Prüfund Feststellungsverfahren aus dem Beschluss der KMK einheitlich festlegen. Es ist beabsichtigt, noch im Februar dieses Jahres eine Abstimmung mit den Hochschulen herbeizuführen, da diese für die Prüfung der ausländischen Hochschulzugangsberechtigungen und damit für die Durchführung entsprechender Nachweisverfahren zuständig sind, aber auch über entsprechende Erfahrungen und Kompetenzen verfügen.

Zu Frage 4: Das Wissenschaftsministerium und die Thüringer Hochschulen stehen in einem regelmäßigen Austausch, um die Aufnahme und Integration von Flüchtlingen in einem Studium zu erleichtern und zu unterstützen. Derzeit angedacht sind Maßnahmen wie beispielsweise die Durchführung von weiteren Informationsveranstaltungen, die Prüfung des Ausbaus von Sprach- und Beratungsangeboten, die Ausweitung von studienvorbereitenden

Maßnahmen und des Kursangebotes des Thüringer Studienkollegs. Die Umsetzung dieser Maßnahmen hängt auch von den laufenden Abstimmungen mit dem BMBF und dem DAAD und von den dort initiierten und zu administrierenden Förderprogrammen „Welcome“ und „Integra“ ab, um eine optimale Wirkung der landesseitigen Maßnahmen zu erzielen.

Vielen Dank.

Eine Nachfrage? Bitte schön, Herr Kollege Schaft.

In dem KMK-Beschluss wird auch noch mal darauf hingewiesen, dass es auch die Möglichkeit gibt, sich länderübergreifend auf gemeinsame Verfahren zu verständigen. Gibt es da schon Initiativen aus Thüringen oder aus anderen Ländern, sich da abzusprechen?

Wir befinden uns, wie erwähnt, in den Abstimmungen mit den Hochschulen und wir konzentrieren uns darauf, ein landeseinheitliches Verfahren zu definieren und das möglichst schnell.

Eine weitere Nachfrage vom Herrn Kollegen Dr. Voigt. Bitte schön.

Herr Staatssekretär, eine kurze Nachfrage: Können Sie schon zahlenmäßig etwas sagen, wie viele Studenten momentan an den Hochschulen ihre Ausbildung entweder weiter fortsetzen oder neu beginnen, die Flüchtlinge sind? Vor drei, vier Monaten waren es mal 20. Wie viele sind es denn jetzt?

Auch hierzu kann man keine seriösen Zahlen präzise benennen. Aber man kann so viel sagen: Es sind relativ überschaubare Zahlen, also es sind vergleichsweise wenige, wo wir ausdrücklich von ausländischen Studienbewerbern oder -anfängern wissen, dass sie einen Flüchtlingshintergrund haben.

Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Weitere Nachfragen sehe ich nicht. Nächster Fragesteller ist Herr Abgeordneter Kießling, AfD-Fraktion. Seine Frage trägt die Drucksachennummer 6/1616.

Vielen Dank, Herr Präsident.

(Staatssekretär Hoppe)

Förderung durch das Kommunalinvestitionsförderungsgesetz in Thüringen

Am 30. Juni 2015 trat das Kommunalinvestitionsförderungsgesetz (KInvFG) in Kraft. Mit dem Gesetz stellt der Bund den Ländern zur Unterstützung finanzschwacher Kommunen zweckgebundene Mittel zur Verfügung.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Beträge wurden bisher an die Kommunen zur Förderung von Projekten nach § 3 KInvFG ausgereicht (bitte nach Einzelangaben für alle Schwerpunkte aufschlüsseln) ?

2. Wie viele Kommunen wurden nach § 6 Abs. 3 KInvFG als antragsberechtigte finanzschwache Gemeinden benannt?

3. Welchen Betrag hat der Freistaat Thüringen im Doppelhaushalt 2016/2017 eingeplant, um gemäß § 6 Abs. 1 KInvFG dafür Sorge zu tragen, dass finanzschwache Gemeinden und Gemeindeverbände den Eigenfinanzierungsanteil erbringen können (bitte hier Angabe von Haushaltstitel und -volu- men) ?

Für die Landesregierung antwortet Herr Staatssekretär Götze.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, lassen Sie mich meiner Antwort zunächst folgende Vorbemerkung voranstellen:

Auf Thüringen entfällt nach dem Kommunalinvestitionsförderungsgesetz des Bundes ein Betrag von 75.820.500 Euro, der in den Jahren 2015 bis 2018 abgerufen werden kann. Die Verteilung dieser Bundesmittel sowie der durch das Land zur Kofinanzierung bereitgestellten Mittel in Höhe von 8.424.500 Euro ist in § 4 a Thüringer Kommunalhaushaltssicherungsprogrammgesetz geregelt. Danach erfolgt die Aufteilung entsprechend des Verhältnisses der Anteile der Kommunen an der Schlüsselmasse im Jahr 2015.

Nach dieser Vorbemerkung beantworte ich die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Kießling für die Landesregierung nunmehr wie folgt:

Zu Frage 1: Bis zum 25. Januar 2016 wurden keine Bundesmittel an die Kommunen ausgereicht. Es liegen jedoch geprüfte Mittelabrufe in Höhe von 35.316,55 Euro vor, für die entsprechende Haushaltsmittel beim Bund beantragt wurden. Sobald die Mittel durch den Bund bereitgestellt werden, werden diese ausgereicht.

Zu Frage 2: Es wurden 804 Gemeinden und Landkreise als antragsberechtigt eingestuft.

Zu Frage 3: Der Bund hat für dieses Förderprogramm einen kommunalen Eigenanteil von mindestens 10 Prozent der förderfähigen Kosten festgelegt. Dieser wird komplett durch das Land übernommen und wurde bereits in voller Höhe, das sind die bereits benannten 8.424.500 Euro, im Haushaltsplan 2015 bei Kapitel 17 16 Titel 883 05 veranschlagt und vollständig an die finanzschwachen Kommunen ausgereicht. Insoweit hat das Land sichergestellt, dass alle Kommunen, die berechtigt sind, Bundesmittel zu erhalten, auch den entsprechenden Eigenfinanzierungsanteil erbringen können. Im Doppelhaushalt 2016/2017 wurden daher keine Landesmittel veranschlagt. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Gibt es Nachfragen?

Besten Dank. Ich habe eine kurze Nachfrage. Sie hatten bisher bei Frage 1 gesagt, es waren keine Antragsteller gewesen.

(Zwischenruf Götze, Staatssekretär: Nein!)

Es gibt nur eine Beantragung als solches. Wie hat dann die Landesregierung sichergestellt, dass die antragsberechtigten Kommunen – wo wir jetzt gerade gehört haben, 804 sind es – auch davon Kenntnis erlangt haben, dass entsprechende Mittel zur Verfügung stehen.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Das steht im Gesetz!)

Erstens haben wir das letztes Jahr im Rahmen dieses kommunalen Hilfspakets sehr breit diskutiert. Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine Kommune davon keine Kenntnis bekommen hat. Zum Weiteren hatte ich Ihnen gesagt, dass wir die Überweisung des Eigenanteils schon getätigt haben. Das müsste in den Kommunen dann, glaube ich, auch bearbeitet und somit wahrgenommen werden.

Moment, Herr Staatssekretär, es gibt eine weitere Nachfrage vom Abgeordneten Kuschel. Bitte schön.

Danke, Herr Präsident. Herr Staatssekretär, jetzt soll es in der kommunalen Praxis vorkommen, dass Kommunen keinen Haushalt beschließen können oder wollen. Wie ist denn die Verwendung dieser

(Abg. Kießling)

investiven Mittel bei diesen Gemeinden zu vollziehen?

Die Frage würde ich Ihnen schriftlich beantworten.

Eine weitere Nachfrage. Herr Abgeordneter Kuschel, bitte.

Aufgrund der Erfahrungen würde ich den Staatssekretär bitten, einen Termin dafür zu benennen.

Ja, unverzüglich.

Unverzüglich? Das heißt sofort?