Protocol of the Session on January 27, 2016

(Beifall CDU, AfD)

Es gibt eine weitere Wortmeldung. Das Wort hat jetzt Herr Abgeordneter Adams, Bündnis 90/Die Grünen.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr verehrte Damen und Herren, liebe Kollegen hier im Thüringer Landtag, liebe Gäste! Wer Aufarbeitung wie auch die Symbole der friedlichen Revolution parteipolitisch instrumentalisiert, vergisst, dass die Menschen auf den Straßen Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit gefordert haben, Rache aber abgelehnt haben.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Zwischenruf Abg. Holzapfel, CDU: Wer sagt denn das?)

Unser Ruf war: Freiheit im Reisen, Freiheit im Denken, Freiheit in der Gesellschaft und keine Gewalt. Das war der Konsens, den wir zusammen hatten. Niemand hat nach Rache gerufen. Niemand hat gerufen: Raus mit ihnen, hinfort mit ihnen!

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Zwischenruf Abg. Holzapfel, CDU: Stasi in die Volkswirtschaft, haben wir gerufen!)

Nun zu der Frage der Menschenwürde, des Würdebegriffs, der heute Abend hier in der Diskussion eine zentrale Rolle hat. Ich habe hier einen Kompaktkommentar, der, weil er klein ist, natürlich nicht ungenauer wird, sondern sich auf das Wesentliche

(Abg. Fiedler)

konzentriert, von Sodann. Daraus werde ich an verschiedenen Stellen zitieren. Die Menschenwürde bildet „… den Mittelpunkt des grundgesetzlichen Wertesystems.“ Bundesverfassungsgerichtsentscheidung 35. Band, Seite 202.

(Unruhe CDU)

Jetzt argumentieren die Abgeordneten der CDU, das, was wir absprechen, was wir mit dem Etikett „Unwürdigkeit im Parlament“ besehen, ist gar nicht die Grundrechtswürde aus dem Grundgesetz. Dazu sagt in einer der ersten Entscheidungen, ich zitiere: „Wie das Bundesverfassungsgericht in einer seiner ersten Entscheidungen formuliert, geht es dabei um den Schutz vor Erniedrigung, Brandmarkung, Verfolgung, Ächtung“. Bundesverfassungsgerichtsentscheidung 1, Seite 97. Wer also möchte, dass die Unwürdigkeitserklärung hier in diesem Gesetz bleibt, muss erklären, welche besondere Würde es gibt, die man absprechen kann, die dem Thüringer Parlament zur Disposition gestellt ist und wie weit Sie damit gehen wollen, meine sehr verehrten Damen und Herren. Sie stellen sich mit der Entscheidung, Menschen für wenigstens partiell unwürdig zu erklären, in die gleiche Reihe mit denjenigen, die gesagt haben: unwürdig, sozialistische Persönlichkeiten zu bilden; unwürdig, das blaue Halstuch zu tragen. In diese Reihe stellen Sie sich!

(Unruhe CDU)

Wir wollen, dass es weiterhin eine Überprüfung gibt, weiterhin wird jeder Abgeordnete des Thüringer Landtags überprüft.

(Zwischenruf Abg. Scherer, CDU: Eine Un- verschämtheit!)

Dann wird man sehen, ob es neue Erkenntnisse gibt. Wenn es keine neuen Erkenntnisse gibt – und das kann man erst nach der Überprüfung natürlich feststellen –, werden wir ganz klar sagen, dann müssen wir nicht noch einmal das Verfahren durchlaufen.

Und, lieber Herr Scherer, wir sind diejenigen, die das erste Mal ermöglichen, dass im Parlament debattiert wird. Das haben Sie bisher verweigert. Vielen Dank!

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Gibt es weitere Wortmeldungen? Eine Wortmeldung vom Herrn Abgeordneten Brandner, AfD.

Herr Adams, ich hatte ja vorhin schon einmal deutlich gemacht, dass das, was Sie aus dem Schmalspurkommentar gerade zitiert haben, nicht das ist, worum es geht. Sie scheinen es nicht zu begreifen!

Es geht hier um Parlamentswürde und nicht um die Würde des Menschen. Wenn Sie sich vielleicht kundig machen wollen, dann empfehle ich Ihnen, einmal in das Protokoll der 13. Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft und Wissenschaft hineinzuschauen, da haben sich die Genossin Mühlbauer und der Genosse Blechschmidt zur Würde unseres Fraktionsmitarbeiters geäußert. Wenn Sie diesen Würdebegriff zugrunde legen, dann müssten auch Sie rot werden. Also da wird nicht mit zweierlei, da wird mit drei- oder viererlei Maß gemessen. Um die Würde des Menschen geht es bei der Diskussion hier nicht ansatzweise.

Es wird Sie vielleicht freuen, dass Sie mich ein bisschen ratlos sehen nach den Betroffenheitstiraden von Frau Marx und noch einen drauf von Frau Rothe-Beinlich. Es ist gerade mal fünf Tage her, dass der Justizausschuss tagte und über dieses Gesetz gesprochen hat. Im Justizausschuss sitzen jetzt von dem Einheitsblock links sechs Abgeordnete, vier von der CDU und ein Abgeordneter der AfD. Die Abstimmung im Justizausschuss ging aus: sechsmal Ja für den Änderungsantrag, viermal Enthaltung und einmal Nein. Ich nenne jetzt keine Persönlichkeiten, die abgestimmt haben, aber daran sehen Sie mal, dass vor genau fünf Tagen der gesamte Einheitsblock links noch für diese Beschlussvorlage gestimmt hat, die heute plötzlich nicht mehr tragbar sein soll. Da muss ich fragen, meine Damen und Herren: Was ist bei Ihnen los? Weiß da nicht die linke Hand, was die andere linke Hand tut? Also ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen, so ein Chaos – ich habe das ja bei der letzten Plenarsitzung hier schon einmal gesagt: Ein Gesetz nach dem anderen wird Hals über Kopf verlängert, weil Sie nicht in der Lage sind, vernünftige Gesetzesvorschläge zu machen. Hier bringen Sie Änderungsanträge ein, boxen sie durch den Ausschuss mit Ihrer Mehrheit und fünf Tage später machen Sie eine Rolle rückwärts

(Unruhe im Hause)

und sagen: Ja, wir sind alle betroffen, haben wir nicht richtig verstanden; Menschenwürde habe ich nachgelesen im Kommentar, passt alles nicht so richtig, deswegen lehnen wir unseren eigenen Antrag, den wir im Ausschuss durchgeboxt haben mit den sechs Stimmen, hier vor aller Öffentlichkeit ab. Ich habe einmal gesagt: Schlimmer geht’s nimmer.

(Beifall CDU, AfD)

Schlimmer geht’s bei Ihnen immer, glaube ich, meine Damen und Herren. Nichts anderes ist das. Das Einzige, was mich so richtig freut, ist, Sie hier so richtig bedröppelt und kleinlaut rumsitzen zu sehen,

(Heiterkeit DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

und was mich noch weiter freut, ist, dass Sie gleich gemeinsam, zumindest hier diese beiden Blockpar

(Abg. Adams)

teien in der Mitte und links daneben, gemeinsam mit der AfD gegen Ihre eigene Beschlussempfehlung stimmen werden. Das wird mir meine Bierchen heute Abend doppelt schmecken lassen, das sage ich Ihnen.

(Beifall AfD)

Gibt es weitere Wortmeldungen? Das sehe ich nicht. Damit schließe ich die Aussprache und wir kommen zu den Abstimmungen, zunächst über die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Migration, Justiz und Verbraucherschutz in der Drucksache 6/1658. Herr Abgeordneter Möller, ein Antrag zur Geschäftsordnung.

Wir würden gern namentliche Abstimmung beantragen.

Dann bitte ich die Schriftführer, die Stimmkarten entsprechend einzusammeln. Und ein freundlicher Hinweis an meine Fraktion, mir meine Stimmkarte zu bringen und die der Schriftführer ebenso.

Hatten alle Abgeordneten die Gelegenheit, ihre Stimme abzugeben? Das wird nicht verneint, dann bitte ich um Auszählung.

Wir haben ein Ergebnis der Abstimmung über die Beschlussempfehlung in der Drucksache 6/1658. Es wurden 85 Stimmen abgegeben. 0 Jastimmen, 84 Neinstimmen und 1 Enthaltung. Damit ist diese Beschlussempfehlung abgelehnt (namentliche Ab- stimmung siehe Anlage 1).

(Beifall AfD)

Wir kommen nun … Eine Wortmeldung? Herr Abgeordneter Emde, bitte schön.

Wir möchten für die Schlussabstimmung auch namentliche Abstimmung beantragen.

Wenn Sie die Freundlichkeit besessen hätten, mich den Punkt zunächst erst einmal aufrufen zu lassen, aber ich habe das registriert.

Jetzt stimmen wir über den Gesetzentwurf der Fraktion der CDU in Drucksache 6/37 in zweiter Beratung unter der Berücksichtigung des Ergebnisses der Abstimmung der Beschlussempfehlung ab, sie wurde, wie gesagt, abgelehnt. Diese Abstimmung ist in namentlicher Abstimmung. Deshalb bitte ich die Schriftführer, die Stimmkarten einzusammeln.

Hat jeder seine Stimme abgeben können? Das ist offensichtlich der Fall. Ich bitte um Auszählung.

Wir haben ein Ergebnis zur Abstimmung zur Drucksache 6/37. Es wurden 85 Stimmen abgegeben. Mit Ja haben 39 gestimmt, mit Nein 46. Es gab keine Enthaltungen. Damit ist dieser Gesetzentwurf abgelehnt (namentliche Abstimmung siehe Anlage 2).

Ich schließe diesen Tagesordnungspunkt und ich schließe die heutige Sitzung. Wir sehen uns morgen früh um 9.00 Uhr hier an gleicher Stelle.

Ende: 18.52 Uhr