Protocol of the Session on December 18, 2015

Zu guter Letzt, aber für die Zukunft Thüringens entscheidend ist die Bereitstellung eines Fonds von einer halben Million Euro für die Unterstützung von

Hebammen in Thüringen. Das Haftpflichtproblem ist seit Jahren bekannt. Wir schlagen uns mit runden Tischen und Studien herum, die nicht eintreffen. Die Regierungsfraktionen haben 50.000 Euro für weitere Evaluierungs-, Planungs- und Geschwätzmaßnahmen eingeplant, haben aber in ihren Vorschlägen nicht angebracht, dass sie diese 50.000 Euro vorher aus einem anderen Haushaltstitel entnommen haben, der ebenfalls für den öffentlichen Gesundheitsdienst vorgesehen war.

Zu guter Letzt noch etwas zum Beauftragtenwesen – das mache ich kurz –: Wir können die Gleichstellungsbeauftragte, die immer eine Frau ist und folglich schon zu 50 Prozent das Thema verfehlt,

(Beifall AfD)

und den Beauftragten für das Zusammenleben der Generationen einsparen. Das gibt ein Einsparpotenzial für die nächsten Jahre von 1,1 Millionen Euro.

Die Familienpolitik der Regierung ist unser Sorgenkind. Die Zukunft unseres Landes muss gestaltet und nicht verhindert werden,

(Beifall AfD)

indem für Familien Politik gemacht wird. Die Ankündigung, bis 2017 eine Evaluation der Familienpolitik des Landes durchzuführen, ist nur ein kleiner Trost. Selbst wenn die Evaluation mit demselben Nachdruck erstellt wird wie die Hebammenstudie, ist nicht davon auszugehen, dass sie vor Ende der Regierungszeit fertig wird. Während die Gesamtausgaben in der Familienpolitik sinken, offenbaren 100.000 Euro für externe Sachverständige, dass das Familienministerium scheinbar nicht weiß, wie Familienpolitik geht.

(Beifall AfD)

Nur ein absolut familienpolitisches Umdenken kann hier noch helfen. Wir werden weiter immer wieder den Finger in die Wunde legen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall AfD)

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat die Abgeordnete Pfefferlein das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Gäste, mit dem Doppelhaushalt für die Bereiche Arbeit, Soziales, Frauen und Familie – meine Kollegin Frau Stange hat es schon gesagt – schaffen wir Planungssicherheit für zahlreiche Vereine sowie für die Thüringer Kommunen. Die Akteure vor Ort können sich auf ih

(Abg. Herold)

re inhaltliche Arbeit konzentrieren und müssen nicht bangen, ob ihre Projekte noch zu Ende geführt werden können. Die Finanzierungssicherheit für die kommenden zwei Jahre ist somit gegeben.

Ich möchte natürlich nicht versäumen, mich ganz herzlich bei Frau Ministerin Heike Werner, stellvertretend für ihr ganzes Ministerium, sowie dem Finanzministerium, bei den Haushältern und den Referentinnen und Referenten der Fraktionen ganz herzlich zu bedanken. Sie haben eine hervorragende Arbeit geleistet.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

(Zwischenruf Abg. Brandner, AfD: Sie haben die AfD vergessen!)

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Bestimmt nicht!)

Nein, bestimmt nicht.

Grundsätzlich ist zum Haushalt zu sagen: Wir verzeichnen einen höheren Zuschussbedarf gemessen am Bedarf 2015 von bis zu 80 Millionen Euro für 2016 und 2017. Die Ursachen hierfür liegen ganz wesentlich im Auslaufen der vierten ESF-Förderperiode. Die aus der neuen Förderperiode 2014 bis 2020 zu erwartenden Einnahmen können diese Belastungen im Zuschussbedarf nicht kompensieren. Ihnen stehen Ausgaben in gleicher Höhe gegenüber. Weitere wichtige Einflussfaktoren auf den Zuschussbedarf im Einzelplan 08 sind: der Anstieg der Ausgaben für die Kofinanzierung des Landes im Rahmen der ESF-Förderperiode 2014 bis 2020, der Ausbau der öffentlich geförderten und gemeinwohlorientierten Beschäftigung auf 7,5 Millionen Euro, der Anstieg der Ausgaben für die gesundheitliche Untersuchung und Versorgung von Asylbewerbern sowie die im Sommer – das wurde auch schon gesagt – geplante Einführung des Sinnesbehindertengelds. Das sind Projekte, die nach unserer Einschätzung notwendig und wichtig sind.

Zu den Personalausgaben im Sozialministerium ist zu sagen, dass der prozentuale Anteil der Personalkosten an den Gesamtausgaben im Einzelplan 08 kontinuierlich sinkt. Die Quote wird im Jahr 2017 nur noch bei 7,7 Prozent liegen. 2014 lagen die Personalausgaben noch bei 8,8 Prozent. In den kommenden zwei Jahren werden hier 20 Stellen eingespart

(Zwischenruf Werner, Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie: 40! Jeweils 20!)

jeweils 20, danke –. Für die Struktur der Ausgaben im Einzelplan 08 ist festzustellen, dass etwa 78 Prozent der Ausgaben auf Leistungen entfallen, die gesetzlich oder in sonstiger Weise rechtlich fixiert sind. Etwa 16 Prozent betreffen die ESF-För

derperiode. Lediglich 6 Prozent der Ausgaben sind frei verteilbar.

Im Bereich der freiwilligen Leistungen liegen die Ausgaben im Jahr 2016 bei 35,3 Millionen Euro und im Jahr 2017 bei knapp 36 Millionen Euro. Innerhalb dieses Rahmens sollen unter anderem die folgenden Maßnahmen finanziert werden: Stabilisierung des Landesarbeitsmarktprogramms auf dem bisherigen Niveau von 7,5 Millionen Euro. Weitere 7,5 Millionen Euro sollen für Maßnahmen der öffentlich geförderten und gemeinwohlorientierten Beschäftigung von Langzeitarbeitslosen, die derzeit keine reguläre Beschäftigungsperspektive haben, eingesetzt werden. Hier haben wir besonders ältere Menschen für die Unterstützungsangebote in den Fokus genommen. Außerdem wird die Förderung des Ausbaus von Thüringer Kindertagesstätten zu Eltern-Kind-Zentren finanziell unterstützt.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es wird eine Ausweitung der Maßnahmen zur Gewinnung von Ärztinnen und Ärzten für den öffentlichen Gesundheitsdienst angestrebt. Dies dient der Sicherstellung und Stärkung der personellen Leistungsfähigkeit des öffentlichen Gesundheitsdiensts in Thüringen. Zusätzlich werden Mittel für die psychosoziale Versorgung von Flüchtlingen sowie die medizinische Betreuung von Menschen ohne Papiere bereitgestellt. Wir werden dafür sorgen, dass die verschiedenen Zielgruppen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Eine soziale Teilhabe für alle wird in Zukunft ermöglicht. Ebenfalls schon angesprochen hatte ich das Landesprogramm „Arbeit für Thüringen“. Es zielt auf die Integration von Personen mit besonderen Vermittlungshemmnissen. Das flexibel einsetzbare Förderangebot lässt sich am individuellen Bedarf der Teilnehmerinnen und Teilnehmer ausrichten. Es kann und muss künftig in viel stärkerem Maße auch zur Integration von Flüchtlingen genutzt werden. Hier möchte ich konkret auf ein Projekt aus Sondershausen eingehen, welches am 1. November gestartet ist. „Multipotenzial“ ist ein neues Gemeinschaftsprojekt mit überregionalen Vernetzungen und Vorbildcharakter. Es wird aus Mitteln des Freistaats Thüringen im Rahmen des Landesprogramms bis zum 31.12.2017 gefördert.

Alle Angebote und Aktivitäten von „Multipotenzial“ zielen auf eine stufenweise, nachhaltige berufliche und soziale Integration von Erwerbsfähigen und anerkannten Asylberechtigten in der Region ab. Wichtige und wesentliche Netzwerkpartner sind – neben den zuständigen Behörden – die Volkshochschulen, soziale Institutionen und Hilfsorganisationen. Neu ist, dass die regionale und lokale Wirtschaft direkt und unmittelbar in das Projekt eingebunden ist. Eine enge Zusammenarbeit mit Handwerkskammern, IHK und Betrieben gilt als Erfolgsfaktor.

Durch eine gelungene Integration in den ländlich geprägten Lebenswelten wird künftigen sozialen Spannungen und Abwanderungstendenzen vorgebeugt. Indem erwerbsfähige Asylberechtigte in Arbeit und Ausbildung vermittelt werden, wird zudem der ansteigende Fachkräftemangel in den kleinen und mittelständischen Unternehmen abgemildert. Ich kann Ihnen sagen, das ist in Nordthüringen ein echtes Problem.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich kurz zu den Änderungs- und Entschließungsanträgen der regierungstragenden Fraktionen kommen. Dabei will ich zunächst auf die Verschiebung der Mittel im Gesundheitsbereich aufmerksam machen. Einige Schwerpunkte, die uns Grünen wichtig sind, wurden schon im Entwurf des Haushalts genannt. Hier sind zum einen der öffentliche Gesundheitsdienst sowie die Suchtprävention – besonders im Bereich Chrystal Meth – zu nennen.

Ein Änderungsantrag wird von uns für die verbesserte Versorgung mit Hebammenleistungen in Thüringen eingebracht. Aus unserer Sicht besteht hier ein besonderer Handlungsbedarf. Um eine gewisse Flexibilität zu gewährleisten und die Akteure in diesem Bereich einzubinden, sind 50.000 Euro für 2017 eingeplant. Am 14. Dezember fand der erste Runde Tisch „Geburt und Familie“ statt. Von diesen regelmäßig geplanten Treffen erhoffen wir uns wichtige und grundlegende Erkenntnisse über die Versorgungssituation mit Hebammenleistungen. Es sollen die erforderlichen Maßnahmen, Projekte zur Förderung einer bedarfsgerechten und qualitativ hochwertigen Versorgung skizziert werden. Wir sind optimistisch, dass dies ein Schritt in die richtige Richtung ist.

Im Bereich Krankenhausfinanzierung ist es unser Ziel, die zu erwartenden Gelder aus dem Strukturfonds des Bundes zur Verbesserung der Versorgung im Krankenhaussektor zu nutzen. Diesen Bundesfonds sollten wir auch in Thüringen umfassend nutzen.

Im Bereich Arbeit möchten wir die Verpflichtungsermächtigungen für das erprobte und weiterentwickelte Landesarbeitsmarktprogramm festschreiben. Hier sollen auch Maßnahmen für die Integration von Flüchtlingen in den Thüringer Arbeitsmarkt einfließen. Ein gutes Praxisbeispiel aus Sondershausen habe ich vorhin erläutert.

Beim Verbraucher- und Arbeitsschutz ist es uns wichtig, die Stiftungsprofessur für Arbeitsmedizin in Jena weiter zu unterstützen.

Sehr geehrte Damen und Herren, ich freue mich, dass im vorliegenden Haushalt keine grundsätzlichen Kürzungen im Sozialetat ausgewiesen sind.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Wir alle wissen, dass Kürzungen im Sozialbereich schnell einen Bumerangeffekt auslösen können. So mancher eingesparte Euro kostet in Zukunft dann ein Vielfaches. Wir investieren heute in die Bereiche Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie, um auch in Zukunft in einem sozial gefestigten Thüringen zu leben. Herzlichen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion der SPD hat sich die Abgeordnete Lehmann zu Wort gemeldet.

(Zwischenruf Abg. Lehmann, SPD: Nein!)

Gut, dann liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr aus den Reihen der Abgeordneten vor. Frau Ministerin Werner, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr verehrte Abgeordnete, liebe Gäste auf der Tribüne! Frau Pfefferlein, Sie haben es schon gesagt, wir müssen langfristig in die soziale Infrastruktur investieren, denn wenn man sich die soziale Lage in Thüringen anschaut und die Lage auf dem Arbeitsmarkt, muss man trotzdem feststellen, es gibt dort Licht und Schatten. Die Landesregierung hat sich zum Ziel gestellt, mit entsprechenden nachhaltigen Vorhaben Menschen, die heute immer noch im Schatten stehen, wieder Perspektiven zu ermöglichen und dabei auch erhebliche Risikofaktoren, die es gibt, in den Blick zu nehmen.

Schaut man sich den Arbeitsmarkt an, dann kann man erkennen, dass sich die Verwerfungen der Nachwendezeit über die Jahre hin abgeschwächt haben. Geblieben ist aber eine verfestigte Langzeitarbeitslosigkeit. Immerhin 30.000 Menschen in Thüringen sind langzeitarbeitslos. Wer langzeitarbeitslos ist, dem wird ein wichtiger Aspekt gesellschaftlicher Teilhabe vorenthalten, dem wird ein Stück Würde verwehrt. Dem muss sich die Politik stellen und genau dafür haben wir das Beschäftigungsprogramm zur gemeinwohlorientierten Beschäftigung geschaffen.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Wir setzen da – das ist das Besondere – auf Tätigkeiten, die dem Gemeinwohl dienen. Jetzt kommt immer mal der Einwand, wir würden damit einen künstlichen zweiten Arbeitsmarkt schaffen und Menschen sollten mit Qualifizierung und Beratung lieber für den ersten Arbeitsmarkt fit gemacht wer

(Abg. Pfefferlein)

den. Ich muss sagen, da sind Sie nicht auf der Höhe der Zeit. Es gibt unter den Langzeitarbeitslosen einen ganz großen Anteil von Menschen, die immer wieder versucht haben, sich über Maßnahmen – Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, Ein-Euro-Jobs, Qualifizierungen usw. – für den ersten Arbeitsmarkt fit zu machen. Die müssen aber erleben, dass sie dort nicht Fuß fassen konnten. Gründe dafür sind, dass die Unternehmer sie zum Teil als zu alt eingestuft haben oder sie aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen, die diese Menschen zum Teil auch haben, für Arbeitgeber in der Privatwirtschaft unattraktiv waren.

Herr Thamm, ich muss Ihnen sagen, es sind eben nicht nur die Arbeitsmarktexperten der Fraktionen hier, sondern es ist auch die Bundesagentur für Arbeit selbst, die gesagt hat: Wir brauchen für diese Menschen sinnvolle Arbeit. Es ist besser, sinnvolle Arbeit statt Arbeitslosigkeit zu finanzieren. Und genau dem widmet sich unser Programm. Schade ist nur, dass diese Erkenntnis, die übrigens auch in allen Bundesländern außer Bayern so geteilt wird, also von allen Arbeitsministerinnen und -ministern, die sich auch für einen sozialen Arbeitsmarkt einsetzen, aber leider der Bundesfinanzminister davon noch nicht überzeugt werden konnte, was das Problem ergibt, dass wir hier in Thüringen nur in begrenztem Umfang Arbeitsplätze für Langzeitarbeitslose schaffen können. Aber immerhin werden es zunächst bis zu Tausend Arbeitsplätze sein; Arbeitsplätze, die dort entstehen, wo sie direkt dem Gemeinwohl dienen. Auch hier, Herr Thamm, will ich noch mal sagen: Sie haben darauf hingewiesen, dass die Kommunen unterstützt werden müssen. Genau das ist ein Programm, das Kommunen unterstützt, und es wird auch von den kommunalen Vertreterinnen und Vertretern so wahrgenommen.

(Beifall DIE LINKE)