Protocol of the Session on December 12, 2014

Ja. Herr Bouffier hat mir gestern erklärt, als er mir die Hand gab, dass wir zusammen bei Karstadt gearbeitet haben, und zwar zur selben Zeit.

(Unruhe CDU)

(Heiterkeit und Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich habe mich freundlich aufgenommen gefühlt von Herrn Bouffier und ich finde, er hat gestern interessante Sachen in der MPK-Runde gesagt, die Thüringen auch unterstützen kann. Es kommt nicht auf das Parteibuch an, es kommt auf den Inhalt an.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zur Thüringer Polizei: Meine Damen und Herren, Thüringen braucht nicht nur eine bürgernahe Verwaltung, sondern auch eine bürgernahe Polizei. Eine flächendeckende Präsenz und bürgernahe Polizeistrukturen sind von elementarer Bedeutung für die Erfüllung der Sicherheitsbedürfnisse.

(Beifall CDU)

Weil dem so ist, werden wir die Auswirkungen der Polizeistrukturreform vor allem im Hinblick auf eine angemessene Personalausstattung bei der Thüringer Polizei überprüfen.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Sehr gut!)

Im Ergebnis dieser Überprüfung soll die Formulierung eines langfristigen Personalentwicklungskonzepts für die Thüringer Polizei stehen.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Noch bes- ser!)

Und Wolfgang Fiedler wird uns unterstützen.

(Heiterkeit und Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Thüringen wird ein sicheres Land bleiben. Die Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger ist ein hohes Gut und genießt bei der neuen Landesregierung daher höchste Priorität. Mit Sorge betrachten wir auch die Gewalt gegenüber Einsatzkräften der Polizei, der Feuerwehren und der Rettungsdienste. Diese Angriffe verurteilen wir ohne jedes Wenn und Aber.

(Ministerpräsident Ramelow)

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie können schon aufgrund der vorhandenen Fürsorgepflicht gegenüber den Bediensteten nicht ansatzweise und nicht im Hauch akzeptiert werden.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Jetzt wird auch nicht mehr geschottert!)

(Heiterkeit im Hause)

Gut, dass Wolfgang Fiedler sich mit Schottern auskennt.

Kampf gegen Rechtsextremismus: Sehr geehrte Damen und Herren, im Jahr 2011 offenbar gewordene Verbrechen des sogenannten „Nationalsozialistischen Untergrunds“ haben uns tief erschüttert und entsetzt. Sie haben uns aber auch vor Augen geführt, welche Gefährdungen für unsere demokratischen Werte von gewaltbereiten Rechtsextremisten ausgehen. Deshalb werden wir das vorhandene Landesprogramm auf den Kampf gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus konzentrieren und gemeinsam mit den zivilgesellschaftlichen Bündnissen und Akteuren weiterentwickeln. Wir richten das Landesprogramm also inhaltlich neu aus.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich danke ausdrücklich den Fraktionen der letzten Legislatur, dass wir zum Abschluss der Arbeit des NSU-Ausschusses mitten im Wahlkampf, in der heißen Wahlkampfphase hier eine Landtagssitzung gemeinsam durchgeführt haben, bei der wir deutlich gemacht haben, welche Verantwortung Thüringen gegenüber den Familien hat, deren Familienangehörige aus rassistischen Gründen von Thüringern ermordet worden sind. Ich danke allen Fraktionen, die daran würdig teilgenommen haben. Deshalb ist das Thema „NSU“ ein ganz besonderes Thema, das ein Thüringer Thema bleibt, und dem werden wir uns stellen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Kampf gegen Rechtsextremismus bleibt eine ressortübergreifende und gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Um die Rahmenbedingungen nachhaltig zu verbessern, wird die Landesregierung die finanzielle Ausstattung des Landesprogramms um jährlich 1 Million Euro aufstocken. Neben Präventionsangeboten spielt auch das konsequente repressive Vorgehen gegen Rechtsextremismus eine entscheidende Rolle. Hierzu werden wir insbesondere die zentrale Bekämpfung rechtsextremer Straftaten fortführen und die Möglichkeiten für Verbote rechtsextremer Organisationen ausschöpfen. Darüber hinaus werden Aus- und Fortbildungsinhalte bei der Thüringer Polizei dahin gehend überprüft, ob und auf welche Weise einerseits noch stärker als bisher

über die Erscheinungsformen und das Gewaltpotenzial des Rechtsextremismus aufgeklärt, andererseits aber auch die Vermittlung interkultureller und sozialer Kompetenz weiter verbessert werden kann. Hierzu gehört auch eine Steigerung des Anteils an Bediensteten bei der Thüringer Polizei mit Migrationshintergrund.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zur Reform des Landesamts für Verfassungsschutz hat es gestern schon einige Aufregung gegeben von Innenministern, die offenkundig die Verantwortung Thüringens in Bezug auf V-Leute nicht mal zur Kenntnis nehmen wollen. Eine herausragende Konsequenz aus den abscheulichen Verbrechen des sogenannten „Nationalsozialistischen Untergrunds“ bleibt die umfassende Neuausrichtung der Sicherheitsarchitektur in Thüringen. Dabei werden wir die Empfehlungen, die gemeinsamen Empfehlungen, des Untersuchungsausschusses „Rechtsterrorismus und Behördenhandeln“ zugrunde legen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Untersuchungsausschuss hat eine grundlegende Reform des Landesamts für Verfassungsschutz angemahnt. Die Landesregierung wird diesen Auftrag unter anderem durch die Berufung einer Expertenkommission umsetzen, die Vorschläge und dessen Neuausrichtung dann erarbeiten wird. Das Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz wird sich bei seinem zukünftigen Handeln konsequent an dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und dem Schutz der bürgerlichen Grundrechte auszurichten haben. Parallel dazu soll die parlamentarische und die öffentliche Kontrolle des Verfassungsschutzes weiter ausgebaut werden.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nach den Erfahrungen um den Thüringer Heimatschutz und als Konsequenzen aus den NSU-Verbrechen – ich füge aber an, auch als Konsequenz aus dem Untersuchungsausschuss in Sachen Trinkaus, der gegen alle Fraktionen der letzten Legislatur sein Unwesen als V-Mann getrieben hat –, aus all diesen Gründen wird das V-Leute-System in dieser Form, wie es derzeit praktiziert wird, abgeschafft, evaluiert und dann werden wir entscheiden, wie es neu aufgesetzt wird.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ebenso werden wir dafür Sorge tragen, dass eine klare Trennung zwischen Polizei und Verfassungsschutz insbesondere im Bereich der Gefahrenabwehr erfolgt und das Landesamt zukünftig keinerlei präventive Aufgaben im Bereich der gesellschaftlichen Bildung und Information wahrnimmt.

(Ministerpräsident Ramelow)

Ausbau von Beteiligungsrechten: Die neue Landesregierung schreibt sich eine stärkere Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger auf ihre Fahnen, auch und gerade für die Jugendlichen. Wir werden deshalb das aktive Wahlalter bei Kommunalwahlen auf 16 absenken und die kommunalen Mitwirkungsmöglichkeiten im Rahmen von Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden weiterentwickeln und nehmen dazu die Vorschläge des Bündnisses für mehr Demokratie in Thüringen zur Grundlage und werden mit dem Bündnis darüber auch intensiv die weiteren Gespräche führen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für Wahlen und Abstimmungen auf Landesebene werden wir eine entsprechende Verfassungsinitiative zur Senkung des Wahlalters starten. Das wird nur funktionieren, wenn wir die Zweidrittelmehrheit hier im Hohen Haus gemeinsam erreichen,

(Unruhe CDU)

und dann ist die Frage,

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Das wird wohl nicht passieren!)

inwieweit man junge Menschen in diesem Land verfassungsrechtlich ernst nehmen will oder weiter gängeln möchte.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir sind uns bewusst, dass wir dafür auf die größte Oppositionsfraktion angewiesen sind, und appellieren daher an die CDU-Fraktion, uns aktiv bei diesem Vorhaben zu unterstützen. Die mäßige Wahlbeteiligung bei den Landtagswahlen hat uns einmal mehr vor Augen geführt, wie wichtig es ist, die Bürgerinnen und Bürger in Entscheidungsfindungsprozesse stärker einzubinden. Dies wird auch ein Weg sein, um unsere Demokratie zu stabilisieren und gegen Angriffe zu immunisieren.

In den vergangenen Jahren haben wir vielfach das Wort der Willkommenskultur im Mund geführt. Zu einer wirklichen Willkommenskultur gehört es nach Ansicht der Landesregierung, den Menschen, die zu uns gekommen sind, Vertrauen entgegenzubringen. Auch diese Bürgerinnen und Bürger mit Migrationshintergrund wollen wir daher durch eine Ausweitung des Wahlrechts stärker beteiligen und werden uns im Bundesrat dafür einsetzen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Als weitere Veränderung in Bezug auf eine verbesserte Transparenz und Bürgerbeteiligung wird die Landesregierung eine Überarbeitung des Untersuchungsausschussgesetzes auf den Weg bringen. Außerdem soll beim Thüringer Landtag ein sogenanntes Transparenzregister eingerichtet werden,

um mögliche Einflussnahmen von Einzelpersonen und Organisationen auf parlamentarische Vorgänge für die ganze Öffentlichkeit erkennbar zu machen.

Auch bei den Energieprojekten wie Windparks oder Pumpspeicherwerken wird heutzutage regelmäßig eine Bürgerbeteiligung mit Recht auch bereits weit im Vorfeld förmlicher Planungsverfahren eingefordert. Eine solche Beteiligung eröffnet umfassende Chancen für die Projektgestaltung und deren Akzeptanz. Bei konstruktivem Verlauf profitieren alle beteiligten Partner, Bürger und Träger öffentlicher Belange, Politik und Verwaltung sowie der Vorhabenträger. Ein solcher Prozess erfordert aber auch ein gemeinsames Verständnis über Regeln des Umgangs der einzelnen Akteure während der Beteiligung. Diese Regeln sollten vorab vereinbart werden. Deswegen wird die Koalition einen Prozess der Verständigung zu ergebnisoffenen, fairen und förmlichen Bürgerbeteiligungen bei strittigen Projekten initiieren. Dieser Prozess soll in einem Kodex für Bürgerbeteiligung münden, den ein möglichst breites Spektrum an Partnern – Bürger und Träger öffentlicher Belange, Politik und Verwaltung sowie Vorhabenträger – miteinander verbindet; Schmalwasser und andere Projekte lassen grüßen.

Mehr Solidarität mit Bildung und über Bildung! Meine Damen und Herren, das Kind steht im Mittelpunkt. Dies ist ein Kerngedanke unserer bildungspolitischen Überlegungen. Alle Maßnahmen müssen dazu dienen, für die Kinder in Thüringen bestmögliche Bedingungen zu schaffen, damit alle die gleichen Chancen bekommen. Dazu müssen Kitas wie auch Schulen Lern- und auch Lebensort sein, die allen Kindern gemeinsam die Fähigkeit zur Entfaltung ihrer ganzen Potenziale ermöglichen, unabhängig von ihrer sozialen oder ethischen Herkunft. Hier, wie in Schule und Gesellschaft, gilt es, gemeinsam mit Eltern und Fachkräften die Inklusion weiterzuentwickeln.