Protocol of the Session on October 1, 2015

onsbedarf bis 2030 im Wohnungsbau und in der dazugehörigen Infrastruktur auf 90 Milliarden Euro, allein im Wohnungsbau – an den Gebäuden – von 56 Milliarden Euro.

Das Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft überarbeitet derzeit die Förderrichtlinien. Wir konnten das im letzten Ausschuss hören und wir werden da auch dranbleiben. Es werden zwei Programme neu aufgelegt. Ich bin optimistisch, dass diese schnellstens auf den Weg gebracht werden und somit wieder Voraussetzungen geschaffen werden, sozialen Wohnungsbau und auch die Stadtentwicklung voranzubringen. Ich sage aber auch ganz ehrlich, dass die Entflechtungsmittel auf 2016/2017 zeitlich begrenzt sind. Danke.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aus den Reihen der Abgeordneten liegen mir jetzt keine weiteren Wortmeldungen – doch, der Abgeordnete Brandner.

Meine Damen und Herren, der Gesetzentwurf der Ramelow-Koalition kam sehr kurzfristig. Wir sind ja nun sehr viel Kummer mit Gesetzentwürfen aus dieser Ecke gewöhnt und sind da auch ein bisschen skeptisch, wenn so etwas holterdiepolter mit Tagesordnungsänderung und solchen Geschichten durchgeprügelt werden soll. Gleichwohl sehen wir das nicht ganz so dramatisch, wie die CDU das hier dargestellt hat. Da mag möglicherweise jetzt bei Ihnen gekränkte Eitelkeit wegen Ihres Glücksspielgesetzdesasters gerade eine Rolle gespielt haben. Also, wir gehen das etwas nüchterner an.

Es macht natürlich Sinn, darüber nachzudenken, was mit nicht abgerufenen Bundesgeldern geschieht. Da ist der Gesetzentwurf eine gute Vorlage. Es muss allerdings sichergestellt sein, dass die Gelder nicht für Ramelow‘sche Ideologie- oder Inschallah-Projekte verbraten werden. Darauf werden wir natürlich achten, dass genau das nicht passiert.

(Beifall AfD)

Das werden wir dann sowohl im Ausschuss, als auch hier bei der zweiten Lesung mit Änderungsanträgen entsprechend flankieren, damit sichergestellt ist, dass Sie das nicht auf den Kopf hauen für irgendwelche Gutmenschengeschichten. Also der Sache stimmen wir insoweit zu, dass sie in den Ausschuss überwiesen wird, und dann sehen wir in der zweiten Lesung weiter. Danke schön.

(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Nazi- sprache, Herr Brandner! Nazisprache!)

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Ge- dümpel!)

(Beifall AfD)

Mir liegen jetzt keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Frau Ministerin Keller, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die Fraktionen Die Linke, SPD und Bündnis 90/Die Grünen haben einen Gesetzentwurf zur Änderung des Thüringer Gesetzes zur Errichtung von Fonds zur Förderung des Städte- und Wohnungsbaus eingebracht. Im Koalitionsvertrag bekennen sich die regierungstragenden Parteien trotz vielschichtiger Probleme zu einer nachhaltigen Finanzpolitik, die Spielräume für notwendige Investitionen lässt. Ein solcher Spielraum soll durch die flexible Verwendung mindestens eines Teils der bisher dem Wohnungsbauvermögen zugeführten Entflechtungsmittel nach Bedarf und Priorität auch für andere Aufgabenbereiche geschaffen werden. Dabei soll jedoch die nachhaltige Erfüllung der Aufgaben im Bereich der sozialen Wohnraumförderung nicht beeinträchtigt werden. Mit der vorgelegten Gesetzesänderung kann auf der einen Seite gewährleistet werden, dass die Aufgaben der sozialen Wohnraumförderung nachhaltig unter Berücksichtigung einer mittel- bis langfristigen Prognose wahrgenommen werden können. Andererseits können mit den flexibel einsetzbaren Entflechtungsmitteln notwendige Investitionen in anderen Infrastrukturbereichen vorgenommen werden, für die keine anderweitigen Mittel zur Verfügung stehen. Die Landesregierung hat sich im Vorfeld darauf verständigt, die Kompensationsmittel, die nicht dem Wohnungsbauvermögen zugeführt werden, als begleitende und investive Mittel im Rahmen der Städtebauförderung zur Aufwertung von Stadtquartieren vorzusehen. So sollen unter anderem die städtebaulichen Landesprogramme: Städtebauliches Sanierungsprogramm in Titel 883 04, Anpassung an die besonders schwierigen Prozesse des demografischen Wandels in Titel 883 12, Strukturwirksame städtebauliche Maßnahmen der Städte und Gemeinden in Titel 883 21 und Experimenteller Wohnungs- und Städtebau in Titel 883 23 unterstützt werden. Konkret wird das noch zu erarbeiten sein. Aber wichtig ist, die Entflechtungsmittel des Bundes verbleiben im Infrastrukturministerium und werden für Wohnungsmaßnahmen verwendet.

Im Zusammenhang mit der reduzierten Zuführung der Entflechtungsmittel ab dem Jahr 2016 sollen dafür die Rückflüsse der Thüringer Aufbaubank

(Abg. Lukasch)

dauerhaft zur Stabilisierung des Wohnungsbauvermögens dort verbleiben. Das heißt, dass unter anderem die bisherige Unterscheidung der Programmabrechnungen in solche bis 2006 und solche nach 2007 entfällt. Diese mit Planungsunsicherheit behaftete Ausnahmeregelung einer Entscheidung im Rahmen der jährlichen Haushaltsgesetze soll damit entfallen. Im Zuge des Bund-Länder-Flüchtlingsgipfels am 24. September 2014 wurde unter anderem beschlossen, dass der Bund den Ländern für die soziale Wohnraumförderung weitere 500 Millionen Euro jährlich ab dem Jahr 2016 bis 2019 zur Verfügung stellen wird. Die Landesregierung hat für derartige Sonderfinanzierungen des Bundes im Haushaltsentwurf 2016/2017 bereits Vorsorge getroffen und einen entsprechenden Einnahmetitel und Ausgabeermächtigung geschaffen. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE)

Es liegen mir jetzt keine weiteren Wortmeldungen vor. Es ist Ausschussüberweisung beantragt. Ich gehe davon aus, an den Haushalts- und Finanzausschuss und an den Ausschuss für Migration, Justiz und Verbraucherschutz.

Wir stimmen zunächst über die Überweisung an den Haushalts- und Finanzausschuss ab. Wer dieser zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? 1 Stimmenthaltung. Damit ist der Gesetzentwurf an den Haushalts- und Finanzausschuss überwiesen.

Wir stimmen über die Überweisung an den Ausschuss für Migration, Justiz und Verbraucherschutz ab. Wer dieser zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenstimmen? Gegenstimmen der AfD-Fraktion. Stimmenthaltungen? Bei 1 Stimmenthaltung des fraktionslosen Abgeordneten Gentele ist der Gesetzentwurf an den Ausschuss für Migration, Justiz und Verbraucherschutz überwiesen.

Wir stimmen nun über die Federführung ab.

(Zwischenruf Abg. Primas, CDU: Moment mal!)

Frau Präsidentin, wir hatten Überweisung an den Ausschuss für Infrastruktur, Landwirtschaft und Forsten beantragt.

Dann stimmen wir jetzt über die Überweisung an den Ausschuss für Infrastruktur, Landwirtschaft und Forsten ab. Wer dieser zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Gegenstimmen? Mit einer Mehrheit an Gegenstimmen ist die Ausschussüberweisung abgelehnt.

Wir stimmen jetzt über die Federführung im Haushalts- und Finanzausschuss ab. Wer dieser zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Damit ist die Federführung beim Haushalts- und Finanzausschuss beschlossen.

Ich schließe damit den Tagesordnungspunkt und rufe auf den Tagesordnungspunkt 5

Fünftes Gesetz zur Änderung der Verfassung des Freistaats Thüringen (Gesetz über die Trennung von Amt und Man- dat) Gesetzentwurf der Fraktion der AfD - Drucksache 6/1100 ERSTE BERATUNG

Wünscht die Fraktion das Wort zur Begründung? Herr Abgeordneter Brandner, Sie haben das Wort.

Meine Damen und Herren, der Gesetzentwurf zur Trennung von Amt und Mandat zielt auf eine Stärkung der Demokratie und Stärkung der Gewaltenteilung. Mehr Demokratie also. Dieser Antrag reiht sich damit ein in die vergangenen Initiativen der AfD-Fraktion wie die Abschaffung der Index-Regelung, der Diäten oder zuletzt der Vereinfachung der direkt-demokratischen Verfahren auf kommunaler und Landesebene. Viele andere Anträge in diese Richtung werden noch folgen.

Die Trennung von Amt und Mandat sorgt für eine stärkere Glaubwürdigkeit der Politik, mehr Transparenz und mehr Klarheit. Deshalb ist sie so wichtig für die Stärkung der Demokratie. Der Vertreter der reinen Lehre – Minister Lauinger hört gerade nicht zu –, der Vertreter der Lauinger-Lehre, also der reinen Lehre, würde begeistert davon sein, wenn er inzwischen von seinen Referenten auf den neuesten Stand gebracht wurde. Er hat sich ja in der letzten Plenarsitzung und auch heute ganz klar wieder für die Gewaltenteilung in Stellung gebracht. Es ist ja auch nicht einzusehen, warum für Minister etwas anderes gelten sollte als zum Beispiel für Staatssekretäre und Richter, die auch kein Gewerbe und keinen Beruf ausüben dürfen. Wir freuen uns und hoffen auf eine lebhafte Debatte. Danke schön.

(Beifall AfD)

Ich eröffne die Aussprache. Für die CDU-Fraktion hat der Abgeordnete Scherer das Wort.

(Ministerin Keller)

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das ist mal wieder einer Ihrer Anträge, mit dem Sie versuchen, auf populistische Weise Punkte zu machen,

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

wobei die mutwillige Beantragung von Verfassungsänderungen wirklich das ungeeignetste Mittel für solchen Populismus ist.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wie wenig durchdacht der Antrag ist, zeigt schon, dass eine weitreichende Verfassungsänderung gerade mal mit drei Sätzen begründet wird. Vielleicht sind es auch vier, ich habe sie nicht so genau gezählt.

Sie von der AfD bezeichnen die anderen Fraktionen im Landtag hier gern als Altparteien.

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Ja!)

Was Sie hier beantragen, zeigt, dass Sie eine Uraltpartei sind.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Heiterkeit DIE LINKE)

Jedenfalls eine rückwärtsgerichtete Partei, denn Sie haben immer noch nicht verinnerlicht, dass wir mittlerweile keine Gesellschaftsordnung mehr haben, bei der auf der einen Seite die Exekutive des Landesfürsten und auf der anderen Seite eine gewählte Volksvertretung steht. Die Zeiten sind schon lange vorbei.

(Beifall CDU)

Mittlerweile haben wir eine parlamentarische Demokratie und es ist in der wissenschaftlichen Bearbeitung gesetzt, dass unsere parlamentarische Demokratie auf dem Prinzip einer modifizierten Gewaltenteilung besteht.

(Beifall CDU)

Das Prinzip nennt sich Gewaltenverschränkung. Den Ausdruck haben Sie zwar schon mal gehört, wie ich gesehen habe, aber offenbar nicht richtig verstanden. Es steht nicht mehr der Fürst als Souverän gegen das Volk als Legislative, sondern das Volk selbst ist das Souverän und wir haben eine strukturell beabsichtigte, funktionell enge Verknüpfung von einerseits Parlamentsmehrheit und Regierung auf der einen Seite und parlamentarischer Opposition auf der anderen Seite. Dazu gehören noch andere, wenn Sie richtig aufpassen. Die Grenze der Gewaltenteilung verläuft nicht mehr zwischen Regierung und Parlament, sondern zwischen Regie

rung plus Regierungsfraktionen einerseits und der Opposition andererseits.

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: CDU!)

So ist das. Der Meinungsbildungsprozess findet am Ende in den Fraktionen statt. Deren Entscheidungen müssten oder müssen die Regierungsmitglieder, die auch Fraktionäre sind, mittragen. Das funktioniert nicht immer, gebe ich zu, aber es ist jedenfalls das Prinzip und das nennt sich neuer Dualismus. Das ist eine anerkannte Sache. In vielen europäischen Ländern ist dies genauso umgesetzt wie bei uns, nämlich Verbindung von Ministeramt und Mandat. In England, dem Hort der Demokratie, wie es gemeinhin heißt, muss der Premierminister einen Parlamentssitz haben, sonst kann er kein Premierminister sein.