Protocol of the Session on September 9, 2015

Ja. Sie dürfen gern noch den Satz zu Ende reden.

Ich bin sicher, so kurz und knapp Sie das hier abgelehnt haben, wird ein ähnlicher Gesetzentwurf wahrscheinlich in sechs bis acht Wochen von Ihrer Fraktion kommen. Schönen Dank.

(Beifall AfD)

Weiteren Gesprächsbedarf, Diskussionsbedarf sehe ich nicht. Damit schließe ich die Aussprache. Es sind – wenn ich das richtig verfolgt habe – zwei Ausschussüberweisungen beantragt worden durch die einbringende Fraktion, zum einen die Überweisung an den Ausschuss für Inneres und Kommunales. Wer dieser Ausschussüberweisung Folge leisten möchte, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Stimmen aus der AfD-Fraktion. Wer stimmt dagegen? Das sind die Stimmen aller anderen Fraktionen dieses Hauses. Damit ist diese Überweisung abgelehnt.

Die zweite Überweisung galt dem Ausschuss für Migration, Justiz und Verbraucherschutz. Wer dem Antrag folgen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Stimmen aus der AfD-Fraktion. Gegenstimmen? Die Gegenstimmen aus allen anderen Fraktionen dieses Hauses. Damit ist auch dieser Antrag abgelehnt und ich schließe diesen Tagesordnungspunkt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 5

Fünftes Gesetz zur Änderung der Verfassung des Freistaats Thüringen (Gesetz zur Gleich- stellung der Schulen in staatli- cher und in freier Trägerschaft) Gesetzentwurf der Fraktion der AfD - Drucksache 6/974 ERSTE BERATUNG

Wünscht die Fraktion der AfD das Wort zur Begründung dieses Antrags? Das ist nicht der Fall. Dann eröffne ich die Aussprache und erteile das Wort der Abgeordneten Muhsal, AfD-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Abgeordnete, freie Schulen erfüllen genauso wie staatliche Schulen einen öffentlichen Bildungsauftrag. Deshalb haben wir auch in unserem Änderungsantrag zum Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen über die Schulen in freier Trägerschaft beantragt, dass der Satz: „Sie“ – also die freien Schulen – „erfüllen wie staatliche Schulen den öffentlichen Bildungsauftrag.“ ergänzt wird. Zu unserem Bedauern werden Sie vermutlich – vor allem Sie als Grüne, denen das ja eigentlich am Herzen liegen sollte – morgen diese Formulierung ablehnen, genauso wie Sie es auch im Ausschuss getan haben. Auch sind die freien Schulen weit von einer gleichwertigen Finanzierung gegenüber den staatlichen Schulen entfernt. 80 Prozent dessen, was staatliche Schulen bekommen, bekommen die freien allgemeinbildenden Schulen und 60 bzw. 65 Prozent die freien berufsbildenden Schulen. Zur Begründung dessen, dass die freien Schulen nicht mehr bekommen könnten, wird auf das Urteil des Thüringer Verfassungsgerichtshofs verwiesen, der wiederum auf das Drei-Säulen-Modell für Thüringen verweist. Das Drei-Säulen-Modell sagt, dass die Finanzierung der freien Schulen durch staatliche Beiträge, Elternbeiträge und die Mittel des Trägers zu erfolgen hat. Obwohl in der Anhörung zum Gesetzentwurf über die Schulen in freier Trägerschaft mehrfach zum Ausdruck gebracht wurde, dass faktisch gerade bei kleinen Trägern die dritte Säule, nämlich die Mittel des Trägers, gar nicht vorhanden sind, weil die Eltern selbst in Form eines Vereins Träger sind, wurde eine Verfassungsänderung zugunsten der Schulen in freier Trägerschaft durch die Regierungsfraktion nicht mal in Erwägung gezogen. Es wurde lediglich lapidar angemerkt, dass einem durch den Thüringer Verfassungsgerichtshof die Hände gebunden seien. Das ist natürlich falsch, denn der Thüringer Verfassungsgerichtshof hat dem Gesetzgeber schließlich nicht verboten, die Verfassung zu ändern und eine gleichwertige Regelung zu schaffen.

(Beifall AfD)

Frau Rothe-Beinlich, gerade bei Ihnen wundert mich Ihre Zurückhaltung hinsichtlich einer Verfassungsänderung zugunsten der freien Schulen.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das werde ich dann erklä- ren!)

Bei dem Thema „Öffnung der Ehe auch für gleichgeschlechtliche Lebenspartner“ fragen Sie hier im Plenarsaal, warum sich nicht auch der Ehebegriff des Grundgesetzes ändern sollte, obwohl Sie genau wissen oder zumindest wissen sollten, dass das Bundesverfassungsgericht gesagt hat, dass dafür eine Grundgesetzänderung erforderlich ist. Da sind Sie blitzschnell mit einer Änderung dabei,

und hier, bei einem so wichtigen Thema, bei dem eine Verfassungsänderung unproblematisch möglich und auch sinnvoll wäre, zumal die Thüringer Verfassung in der Hierarchie deutlich unter dem Grundgesetz steht,

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ja, im Grundgesetz steht es schon drin!)

denken Sie nicht mal darüber nach. Wir bitten Sie, nach dem Vorbild des Freistaats Sachsen den Satz in die Verfassung einzubringen und bitten dann um Ihre Unterstützung. Danke schön.

(Beifall AfD)

Als Nächster erteile ich Frau Abgeordneter RotheBeinlich, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, das Wort.

(Zwischenruf Abg. Brandner, AfD: Sie schau- en gar nicht so betroffen, Frau Rothe-Bein- lich! Haben Sie gute Laune?)

(Beifall AfD)

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Interessierte, es geht in der Tat um ein spannendes Thema. Wir werden ja morgen noch ausführlich über den Gesetzentwurf der Landesregierung, aber auch den der CDU-Fraktion diskutieren. Und die AfD hat es wieder einmal so gemacht wie schon beim Abgeordnetengesetz: Sie hat sich eine Rosine herausgepickt. Allerdings eine, die sich als ausgesprochen überflüssig erweisen wird, meine sehr geehrten Damen und Herren, und das will ich Ihnen auch begründen. Sie wollen mit Ihrem Gesetzentwurf in der Verfassung eine Änderung vornehmen, die im Grundgesetz, wie Sie es richtig ausgeführt haben, Frau Muhsal, bereits gegeben ist. So was nennt man nicht flüssig, sondern schlichtweg überflüssig, meine sehr geehrten Damen und Herren, was Sie hier vorgeschlagen haben.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN; Abg. Gentele, fraktionslos)

Wenn man sich das aus verfassungsrechtlicher Sicht genau anschaut, ist gegen die Formulierung sicherlich nichts einzuwenden. Aber es gibt keinen eigenen Regelungsgehalt zu Artikel 26 der Thüringer Verfassung, denn genau da, genauso wie in Artikel 7 des Grundgesetzes, ist bereits enthalten, dass eine Pluralität, ein schulischer Pluralismus konstituiert ist, wie Sie ihn jetzt erst formulieren wollen. Ich würde sagen, zu spät gekommen, das gibt es schon, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Wenn wir uns den Kommentar von Herrn Brenner anschauen, der zu Artikel 26 der Thüringer Verfassung eine aktuelle Kommentierung vorgenommen hat, dann können Sie dort nachlesen, dass diese gleichberechtigt neben den öffentlichen Schulen stehen. Das ist also bereits Realität, staatliche und freie Schulen erfüllen den öffentlichen Bildungsauftrag und das habe ich hier auch immer wieder so ausgeführt. Wir werden morgen auch mit unserem Gesetz eine entsprechende Unterfütterung für die entsprechenden Rahmenbedingungen liefern. Wie gesagt, in der Verfassung gibt es keinen weiteren Handlungsbedarf, denn in verfassungspolitischer Hinsicht ist diese projektierte Änderung völlig überflüssig, weil überhaupt nicht ersichtlich ist, warum die Verfassung mit leerlaufenden Parallelformulierungen auch nur annähernd überfrachtet werden sollte.

Das ist auch aus systematischen Gründen sehr gut ersichtlich. Wenn nämlich das Grundgesetz und die Thüringer Verfassung das Recht zur Errichtung von privaten Schulen genau als Ersatz für öffentliche Schulen gewährleisten, ist von einer Gleichberechtigung und Gleichwertigkeit der Schulen in öffentlicher wie privater Trägerschaft auszugehen. Ich war eigentlich davon ausgegangen, dass die Verfasserin dieses Gesetzentwurfs das auch in ihrer juristischen Ausbildung hätte erlernen oder in handelsüblichen Kommentaren nachlesen können, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Ein Gesetz zur Gleichstellung der Schulen braucht es damit nicht, weil die Gleichstellung, wie ich schon sagte, seit Inkrafttreten des Grundgesetzes und der Thüringer Verfassung bereits verwirklicht ist.

Nun zur sächsischen Verfassung, weil Sie auf diese abgehoben haben: Da gibt es in der Tat einen Unterschied, aber genau den wollen Sie interessanterweise nicht einführen. In Artikel 102 Abs. 4 der Sächsischen Verfassung findet sich nämlich eine Passage, die sagt: „Soweit Schulen in freier Trägerschaft, welche die Aufgaben von Schulen in öffentlicher Trägerschaft wahrnehmen, eine gleichartige Befreiung gewähren, haben sie Anspruch auf finanziellen Ausgleich.“ Das ist der Unterschied in der Verfassung. Aber diesen Unterschied wollen Sie überhaupt nicht in die Thüringer Verfassung hineintragen, meine sehr geehrten Damen und Herren. Da hätten Sie vielleicht auch etwas genauer lesen müssen. Damit ist also klar, dass die jetzigen Bestimmungen bereits die Rechtslage, wie sie bundesverfassungsrechtlich vorgegeben ist, betonen und es überhaupt keinen eigenen Regelungsbedarf gibt. Es ist ein Schaufensterantrag. Es ist ein überflüssiger Gesetzentwurf und wir lehnen ihn daher ab. Vielen herzlichen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete. Nun hat Herr Abgeordneter Tischner, CDU-Fraktion, das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, mit dem vorliegenden Gesetzentwurf will die AfD die Gleichstellung von staatlichen Schulen und freien Schulen in der Verfassung fest verankern. Der Thüringer Landtag diskutiert nun seit Februar 2015 über die Neuregelung der Finanzierung der Schulen in freier Trägerschaft. Nun, da wir fast am Ende dieser Diskussion angekommen sind, eine solche Änderung einzubringen, hält die CDUFraktion für unnötig, vor allem vor dem Hintergrund, dass weder in der schriftlichen Anhörung zum Entwurf der CDU-Fraktion noch in der mündlichen Anhörung zum Gesetzentwurf der Landesregierung ein solcher Regelungsbedarf erkennbar formuliert wurde.

Sehr geehrte Frau Muhsal, Sie verteilen ja gern Kritik. Eine müssen Sie sich jetzt auch gefallen lassen: Wer in den Beratungen des Ausschusses keinerlei Beiträge leistet, der hat unser parlamentarisches System nicht verstanden.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Weder in der Anhörung noch in der Auswertung haben Sie sich aktiv eingebracht. Sie sollten sich vielleicht mal besser belesen, was der Unterschied zwischen einem Redeparlament und einem Arbeitsparlament ist.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es drängt sich immer mehr der Eindruck auf, dass Sie hier im Plenarsaal allein die mediale Öffentlichkeit nutzen wollen, um Aufmerksamkeit zu erzielen. Ihre Arbeit in den Ausschüssen kann Ihnen aber keiner abnehmen. Ich hoffe, Sie erkennen, dass sich parlamentarische Arbeit eben nicht nur in Plenarsitzungen erschöpft.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, für die CDU stand in den vergangenen 25 Jahren immer fest, dass wir fest an der Seite der staatlichen und der freien Schulen stehen. Wir haben immer die Qualität und die Bereicherung für unser Bildungssystem gesehen, insbesondere auch bei den konfessionell geprägten Schulen. Unsere parlamentarische Verfassung hat in den vergangenen 25 Jahren eine Erfolgsgeschichte Thüringens in der Demokratie und in seiner kulturellen, sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung bewirkt. Ich bin fest davon überzeugt, dass dies daran liegt, dass nicht jedes politische Scharmützel mit einer Verfassungsänderung

(Abg. Rothe-Beinlich)

angegangen wurde. Im Gesetz zu den Schulen in freier Trägerschaft findet sich schon heute der Satz – § 2 Abs. 1: „Schulen in freier Trägerschaft bereichern und ergänzen das Schulwesen in Thüringen. Sie sind Ausdruck eines vielfältigen Bildungsangebots und haben die Aufgabe, neben den staatlichen Schulen in eigener Verantwortung zur Bildung und Erziehung der jungen Menschen beizutragen.“ Im Thüringer Schulgesetz findet sich auch ein Passus, der lautet: „Bei der Gestaltung des Erziehungs- und Schulwesens wirken das Land, die kommunalen Gebietskörperschaften und die freien Schulträger mit den Eltern, den Lehrern zusammen.“ Möglicherweise haben Sie ja Amtshilfe von Ihren sächsischen Kollegen bekommen, wo sich eben ein Passus in der Verfassung findet. Der Blick auf die sächsische Verfassung zeigt aber – und Frau RotheBeinlich hat gerade schon einige Ausführungen dazu gemacht –, dass eine Festschreibung in der Verfassung möglich, aber eben nicht nötig ist. Das Drei-Säulen-Modell hebelt diesen Passus nämlich nicht aus

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Genau!)

und er führt auch nicht zu einer hundertprozentigen staatlichen Finanzierungsübernahme. Die sächsische Rechtsprechung hat vielmehr ergeben – und das können Sie nachlesen –, der Gesetzgeber kann Eigenleistungen in freien Schulen berücksichtigen – und ich darf zitieren –, „weil diejenigen, die eine Ersatzschule gründen und betreiben, damit auch eigene bildungspolitische Zwecke verfolgen und von ihnen deshalb auch eine Bereitschaft zu finanziellen Opfern erwartet werden kann.“ Meine Damen und Herren, unser Gesetzentwurf liegt morgen hier im Landtag zur Beratung. Er ist die bessere Alternative. Wenn Sie etwas tun wollen für freie Schulen, dann stimmen Sie morgen unserem Gesetzentwurf zu. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Naja, das glaube ich nicht!)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Ich sehe die Wortmeldung von Frau Ministerin Klaubert. Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Frau Abgeordnete Rothe-Beinlich, Herr Abgeordneter Tischner, sehr herzlichen Dank für die Erläuterung zu diesem Antrag. Ich gebe jetzt die gemeinsame Stellungnah

me der Landesregierung zu diesem Antrag zur Kenntnis:

Der Antrag der AfD zielt auf eine Gleichstellung von Schulen in staatlicher und freier Trägerschaft. Diese Gleichstellung wird so definiert, dass Schulen in staatlicher Trägerschaft und Schulen in freier Trägerschaft gleichermaßen für die Bildung der Schüler sorgen sollen.

Schulen in freier Trägerschaft hätten dann gleichermaßen das Recht und die Pflicht zur Erfüllung des öffentlichen Bildungsauftrags wie die staatlichen Schulen. Im Bereich der weiterführenden Schulen ist das Recht zur Erfüllung des öffentlichen Bildungsauftrags bereits durch die jetzige Formulierung des Artikels 26 Abs. 1 der Thüringer Verfassung gewährleistet. Mit dem Recht zur Errichtung von Schulen in freier Trägerschaft, so wie es Artikel 26 Abs. 1 jetzt vorsieht, wird auch das Recht eingeräumt, in gleichem Maße für die Bildung der Schüler zu sorgen wie in den staatlichen Schulen.

Im Bereich der Schulen, die zur Erfüllung der Vollzeitschulpflicht dienen, das betrifft insbesondere die Grundschule, kollidiert der Entwurf der AfD-Fraktion mit der Landesverfassung und mit Artikel 7 Abs. 5 des Grundgesetzes.

Die Pflicht zur Erfüllung des öffentlichen Bildungsauftrags in gleichem Maße darf der Landesgesetzgeber den freien Schulen nicht auferlegen aus verschiedenen Gründen, von denen ich drei nennen möchte. Erstens: Die freien Schulen haben grundsätzlich die Freiheit zu entscheiden, ob sie eine Schule errichten und wo deren Standort sein soll. Sie können sich ihre Schüler im Gegensatz zu den staatlichen Schulen grundsätzlich frei auswählen. Der öffentliche Bildungsauftrag hingegen, wie er in der Landesverfassung und im Grundgesetz formuliert ist, legt der staatlichen Schulverwaltung die Pflicht auf, ein flächendeckendes Schulsystem zu gewährleisten, das allen jungen Menschen Bildungsmöglichkeiten eröffnet.