Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, liebe Gäste, wenn wir uns die Entwicklung am Ausbildungsmarkt ansehen, dann ist die ähnlich positiv, vielleicht sogar positiver als die am Arbeitsmarkt. Wenn wir uns das Verhältnis von Ausbildungsplatzbewerbern zu Ausbildungsplätzen ansehen, dann wissen wir, dass im Jahr 2014 11.500 Plätze etwa 11.100 Bewerbern gegenüberstanden. Das ist zunächst einmal eine positive Entwicklung, gerade für die jungen Menschen, die in diesem Land leben und die nach Thüringen kommen können, weil sie ihnen nämlich eine Chance bietet, hier langfristig Fuß zu fassen und hier eine berufliche Zukunft zu haben.
Bei aller Freude darüber wissen wir, dass es trotz allem im Ausbildungsbereich nach wie vor Probleme gibt. Es wurde vorhin schon angesprochen, dass, wenn wir über die Qualität von Ausbildung sprechen, es immer noch Nachholbedarf gibt. Wenn wir uns zum Beispiel die Ausbildung in der Pflege ansehen und wissen, dass es dort Ausbildungsverhältnisse gibt, in denen Auszubildende lediglich drei Stunden im Monat fachlich betreut werden, dann kann das keine gute Ausbildung sein und dann kann das einen jungen Menschen auch nicht darauf vorbereiten, zukünftig hier gut beruflich Fuß zu fassen.
Dabei ist es wichtig, dass wir jungen Menschen hier in Thüringen Perspektiven schaffen, und grundsätzlich sind die auch da, das wissen wir, wenn wir uns die Arbeitslosenquote hier ansehen, die gerade noch bei 7,2 Prozent liegt. Die ist sicherlich immer noch zu hoch, aber deutlich niedriger als in den vergangenen Jahren. Die Jugendarbeitslosigkeit liegt sogar noch darunter und gleichzeitig wissen wir, dass wir einen steigenden Fachkräftebedarf haben hier in Thüringen. Wir brauchen bis ins Jahr 2025 280.000 zusätzliche Fachkräfte. All das sind erst einmal gute Rahmenbedingungen für junge Menschen hier im Land. Trotzdem wissen wir, dass wir auch da noch zu tun haben, weil wir nämlich zum Beispiel in den vergangenen Jahren in vielen Bereichen eigentlich genug ausgebildet haben und junge Menschen trotzdem das Land verlassen haben, wenn sie mit der Ausbildung fertig waren. Das liegt unter anderem an den Arbeitsbedingungen oder an den Rahmenbedingungen, die wir da zur Verfügung stellen. Wir wissen, dass es notwendig ist, bei der Entlohnung was zu tun. Jetzt haben wir mit dem Mindestlohn einen ersten Schritt getan. Nichtsdestotrotz ist es natürlich keine gute Basis für einen jungen Menschen, mit 8,50 Euro Stundenlohn tatsächlich eine Familie zu gründen. Wir wissen, dass das nicht leicht möglich ist. Wir wissen, dass der Anteil prekärer Beschäftigungsverhältnisse in Thüringen überdurchschnittlich ist. Weit mehr als die Hälfte der jungen Menschen in Thüringen hat, wenn sie den Arbeitsvertrag abschließt, nur einen befris
teten Arbeitsvertrag. Auch das ist nichts, womit man eine langfristige Perspektive hat. Wir wissen auch, dass die Arbeitsbedingungen insgesamt nicht unbedingt überall günstig sind, weil viele junge Menschen regelmäßig Überstunden leisten müssen, regelmäßig sonn- und feiertags arbeiten müssen. All das ist eher eine Einladung zur Abwanderung als eine Einladung dazu hierzubleiben.
Es ist vorhersehbar, weil das Argument immer wieder kommt, dass junge Menschen heute nicht mehr ausbildungsreif sind, und ja, natürlich, hat sich die Bewerberlage verändert. Das wissen wir, weil wir die Zahlen kennen, weil wir wissen, dass es mehr oder weniger Bewerber auf mehr Plätze gibt. Trotzdem hat sich damit natürlich etwas verändert. Aber man muss sagen, dass die Unternehmen in den vergangenen Jahren schlicht und ergreifend auch verwöhnt waren, was die Ausbildungslage angeht. Auch Unternehmen müssen sich darauf einstellen, dass sich das verändert hat und müssen anfangen, um junge Menschen zu werben, um die guten Köpfe zu werben und das eben auch tun, indem sie gute Ausbildungs- und gute Arbeitsplätze schaffen.
Wir haben im Koalitionsvertrag eine ganze Reihe von Maßnahmen verabschiedet oder beschlossen, die wir in den kommenden Jahren umsetzen wollen, um die Ausbildung in Thüringen zu verbessern. Das ist zum einen eine Stärkung der Berufsorientierung, um hier eine bessere Anpassung an den sich entwickelnden Bedarf vorzunehmen. Wir wollen eine stärkere Kooperation zwischen Jugendhilfe und Bundesagentur für Arbeit, um jungen Menschen, die es besonders schwer haben, einen besseren Weg in Ausbildung und Arbeit zu ermöglichen. Wir wollen eine angemessene Ausstattung der Jugendberufshilfe und wir wollen eine Landesstrategie „Gute Ausbildung“, bei der mit allen beteiligten Akteuren gemeinsam gearbeitet wird, um eine gute Ausbildungssituation hier in Thüringen zu haben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, all das sind wichtige Maßnahmen. Lassen Sie uns das gemeinsam machen, denn wenn wir Politik für junge Menschen machen wollen, dann ist das ein Muss, dass Politik für gute Ausbildung und für gute Arbeitsbedingungen ist. Das kann nur eine gemeinsame Anstrengung von Politik und von Wirtschaft sein. Ich würde mich freuen, wenn wir das gemeinsam tun. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Verehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, 5 Minuten habe ich Zeit, um das Thema „Ausbildungsplätze“ mit Ihnen gemeinsam zu diskutieren. Wenn man der Statistik glauben kann, fehlen in Thüringen 5.000 Lehrlinge für 5.000 zur Verfügung stehende Ausbildungsplätze und das im Hinblick darauf, dass wir in den nächsten zehn Jahren circa 250.000 neue Arbeitsplätze neu mit Arbeitskräften belegen müssen und das nur in Thüringen.
Warum das so ist, dafür gibt es natürlich vielfältige Ursachen. Zunächst einmal der demografische Wandel, Rückgang der Bevölkerungszahlen. Nach 1990 wurden viele junge Leute in die neuen Bundesländer abgeworben. Die Bundesanstalt für Arbeit hat dann noch Prämien dazu erstellt. Viele junge Leute sind heute weg, sie sind nicht mehr nachgewachsen. Deswegen gibt es auch immer weniger Bedarf an Ausbildungsplätzen. Das muss man ganz einfach so sehen. Es gibt immer weniger, die sich um einen Ausbildungsplatz bemühen.
Es gibt auch noch eine Ursache zum Beispiel im Bereich des Handwerks. Das ist die Novellierung der Handwerksordnung. Zwei Drittel aller Handwerksbetriebe sind ohne Meisterzwang. Dort, wo kein Meister ist, gibt es keine Ausbildung, und wo keine Ausbildung ist, braucht sich auch kein Lehrling um eine Ausbildung zu bewerben.
Eine weitere Ursache ist der sogenannte Akademikerwahn. Ich weiß nicht, wer von Ihnen gemeinsam mit mir zum Jahresempfang der Handwerkskammer Mittelthüringen hier in Erfurt war – ein Professor, der zwei Stunden über den Akademikerwahn in Deutschland referierte. Immer mehr junge Leute wollen nur noch Abiturausbildung und Hochschulstudium. Er hat dort eindeutig dafür geworben, von diesem Kurs zurückzukommen. Ich möchte darauf aber in Anbetracht der Zeitsituation nicht weiter eingehen.
Der demografische Wandel: Abnehmende Einwohnerzahl vor allen Dingen von jungen Menschen. Wir brauchen daher Zuwanderung – ein aktuelles Thema, aktueller denn je –, um unseren personellen Notstand sowohl auf dem Ausbildungsmarkt als auch auf dem Arbeitsmarkt in den nächsten Jahren zu begleichen. Daher muss die Aufgabe auch sein, jungen Asylbewerbern, die im ausbildungsfähigen Alter sind und Bleiberecht in Deutschland zu erwarten haben, die Chance zu geben, ausgebildet zu werden. Wer als Asylbewerber Bleiberecht hat und eine ordentliche Ausbildung machen kann, einem ordentlichen Beruf nachgehen kann, hat auch perspektivisch mehr Möglichkeiten der Einbürgerung. Und wir hätten die Möglichkeit, unsere sinkenden Bevölkerungszahlen damit zu stoppen. Ich glaube daran, dass das möglich ist. Jeder sollte ein Chance bekommen, der hier auf dem Boden des Grund
gesetzes der Bundesrepublik Deutschland leben will. Wer sich hier ausbilden will und wer einer Arbeit nachgehen kann, der muss hier herzlichst willkommen sein und für den müssen wir uns einsetzen.
Aber während der komplizierten Anerkennungsverfahren brauchen wir Planungssicherheit, sowohl für die Lehrlinge als auch für die Ausbildungsbetriebe. Wer von den Asylbewerbern die Chance erhält, einen Ausbildungsplatz zu bekommen, muss wissen, dass er in dieser Zeit auch die Ausbildung beenden darf. Auch die Ausbildungsbetriebe müssen zumindest die Hoffnung haben, dass die Ausgebildeten zum Schluss in ihrem Betrieb bleiben können. Sonst würde diese Ausbildung nichts nützen.
Ich möchte diese Möglichkeit nutzen und auch darauf hinweisen, dass es unter dem Aspekt der vielen Asylbewerber jetzt auch in unseren Kommunen die Möglichkeit geben müsste, dass viele Kleinbetriebe sich dieser jungen Leute bedienen können. Ich sage Ihnen, wenn Sie heute in einem Handwerksbetrieb eine Arbeitskraft brauchen, und wenn es nur eine Hilfsarbeitskraft ist, Sie finden niemanden mehr. Es ist keiner mehr da, der etwas machen will. Deswegen bin ich der Meinung, wir sollten Rahmenbedingungen schaffen, dass genau in dem Spektrum, nämlich im Spektrum Asylbewerber, rechtliche Möglichkeiten geschaffen werden, dass solche Leute auch im Asylverfahren umgehend für Hilfsleistungen und Arbeitsleistungen in Handwerksbetrieben und anderen Betrieben zur Verfügung stehen müssen. Bei der Einstellung in diese Betriebe ist zu beachten, wir haben ja nun das Mindestlohngesetz auf den Weg gebracht, vielleicht sollte man sich überlegen, ob das in außergewöhnlichen Fällen für die Asylbewerber auch umgangen werden kann. Denn Sie müssen sich mal vorstellen, Sie haben einen neu ausgebildeten Gesellen in einem Betrieb, der 8,50 Euro Mindestlohn bekommt, und stellen dann zeitweise jemanden Ungelerntes ein, dann führt das zu Problemen.
Ich habe es vernommen, Frau Präsidentin. Ich wollte zum Abschluss sagen: Nutzen wir alle Möglichkeiten, um dem Handwerk und dem Ruf der Berufsausbildung in Thüringen wieder eine neue Chance zu geben.
Danke schön. Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat die Abgeordnete Astrid Rothe-Beinlich das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Interessierte, vor allem aber liebe Auszubildende, die jetzt gerade ihr Ausbildungsjahr beginnen. Es ist hier in dieser Aktuellen Stunde schon vieles Richtige gesagt worden. Ich will die Zahlen nicht wiederholen, die wir auch dieses Jahr wieder dem DGB-Ausbildungsreport entnehmen konnten. Er hat immerhin 18.627 jugendliche Auszubildende befragt, eine beachtliche Zahl. Die Ergebnisse hat meine Kollegin Kati Engel schon vorgetragen. Auch Frau Lehmann war auf viele wichtige Punkte eingegangen.
Herr Wirkner, ich bin Ihnen auch sehr dankbar für Ihren Beitrag, auch wenn Sie jetzt gerade nicht mehr zu sehen sind – doch, ich sehe Sie –, weil ich glaube, wir müssen in der Tat darüber nachdenken, wie wir gerade auch Flüchtlingen und Asylsuchenden hier eine Chance geben, die bereit sind, die gern eine Ausbildung absolvieren möchten. Die brauchen dann, wie Sie eben richtig gesagt haben, natürlich auch die Sicherheit, diese Ausbildung hier abschließen zu können. Das gilt für die Menschen, die die Ausbildung machen, genauso wie für die Betriebe. Da sind wir ganz dicht beieinander. Wir sollten tatsächlich alles dafür tun, damit dies auch schnellstmöglich umsetzbar ist.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Fakt ist aber auch, dass wir mitunter schwierige Rahmenbedingungen für diejenigen haben, die sich für eine Ausbildung entscheiden. Ich werde mich jetzt nicht an dieser, wie ich meine, völlig falschen Debatte beteiligen, wo angehende Akademikerinnen gegen Auszubildende ausgespielt werden. Die Forderung der OECD als irrsinnig zu bezeichnen, das spricht schon ein Stück weit für sich. Fakt ist, dass wir jeden Jugendlichen zum bestmöglichen Bildungsabschluss führen wollen und dass wir tatsächlich sowohl gut ausgebildete Facharbeiterinnen und Facharbeiter als auch Akademikerinnen und Akademiker brauchen. Diese gegeneinander auszuspielen, hal
Wir müssen für alle bestmögliche Bedingungen schaffen. Wir wissen aber auch, dass ein Drittel der Auszubildenden von den Ausbildern nicht wirklich gut betreut wird. Und wenn wir dann immer wieder beklagen müssen, auch in Thüringen so viele leere Lehrstellen zu haben, dann muss uns das zu denken geben. Wir müssen außerdem etwas gegen die Jugendarbeitslosigkeit tun, die es in Thüringen trotzdem auch noch gibt. Man könnte meinen, wir haben genügend Ausbildungsplätze, deswegen dürfte dieses Problem kaum bestehen. Es sind aber immerhin 7,2 Prozent, also 6.500 junge Menschen, die in Thüringen keinen Arbeitsvertrag abgeschlossen haben, die keiner täglichen Arbeit oder Ausbildung nachgehen. Das ist in der Tat noch immer eine zu hohe Zahl.
Entscheidend ist, dass wir früh ansetzen, und da ist die berufliche Orientierung gefragt. Wir wissen, dass das in vielen der Regelschulen sehr gut funktioniert. Es funktioniert im Übrigen leider weniger gut an den Gymnasien, was die Berufsorientierung anbelangt, weil da aus meiner Sicht immer noch sehr einseitig tatsächlich eher für die Hochschullaufbahn geworben, aber weniger vielleicht auch dahin orientiert wird, sich für einen Ausbildungsberuf zu entscheiden. Da müssen wir tatsächlich an der einen oder anderen Stelle weiterdenken. Es gilt auch die Realitäten anzuerkennen, dass vielleicht nicht jeder, der das Abitur absolviert, dann automatisch studieren will oder muss. Da, glaube ich, können unsere Gymnasien auch noch mehr tun. Wir müssen außerdem darüber nachdenken, wie wir bei der Vermittlung, gerade von Jugendlichen und jungen Menschen mit multiplen Vermittlungshemmnissen, so heißt das immer, ein Stück weit mehr helfen. Es gibt immer mehr Jugendliche, die tatsächlich unterschiedlichste Schwierigkeiten mitbringen. Das kann an ihrer schwierigen Sozialisation liegen, das kann auch an einem fehlenden unterstützenden Umfeld liegen. All das auszugleichen und hier das Bestmögliche zu tun, dass auch diese Jugendlichen ihren Weg gehen, das haben wir uns vorgenommen.
Deswegen haben wir uns ausgesprochen für eine Landesstrategie für gute Ausbildung, die gemeinsam mit den Institutionen und Akteuren der Thüringer Wirtschaft, mit den Gewerkschaften – das ist vorhin schon benannt worden –, den Kommunen, aber auch den Regionaldirektionen der Arbeitsagenturen und den Arbeitsmarktdienstleistern erarbeitet werden soll. Es gehört aber auch dazu – und das hatten wir schon mehrfach im Thüringer Landtag thematisiert, ich hoffe, das wird demnächst auch in die Praxis umgesetzt –, ein kostengünstiges Azubiticket für den öffentlichen Nahverkehr für jugendliche Auszubildende anzubieten, um sie mobiler zu machen. Deswegen haben wir als ersten
Schritt die Richtlinie zur Kostenerstattung für Berufsschüler für die Fahrt- und Unterbringungskosten in der Überarbeitung. Diese soll außerdem besser beworben werden. Und sie soll entsprechend angepasst werden, damit mehr Auszubildende profitieren. Und es braucht, das wissen wir alle, eine zukunftsfähige Berufsschulnetzplanung, die mit den kommunalen Spitzenverbänden abgestimmt wird, denn wir alle kennen auch das Stichwort der unterfrequentierten Klassen. In diesem Sinne lassen Sie uns etwas tun, denn Ausbildung ist Zukunft und es muss uns gelingen, alle Jugendlichen in Thüringen auch in eine Ausbildung oder ein Studium zu bringen. Vielen herzlichen Dank.
Mir liegen jetzt keine weiteren Wortmeldungen vor. Für die Landesregierung spricht Ministerin Werner.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, werte Gäste! Wir sind zwischenzeitlich in der Situation – das wurde schon benannt –, dass bei den Arbeitsagenturen in Thüringen jährlich mehr Ausbildungsplätze als Bewerberinnen und Bewerber gemeldet sind. Das bedeutet, dass die Chancen für junge Menschen, hier in Thüringen eine Ausbildungsstelle zu erhalten, derzeit deutlich gestiegen sind. Trotzdem – das wurde auch schon gesagt – ist nicht in allen Regionen, ist auch nicht für jeden jeder Berufswunsch tatsächlich verfügbar. Zudem gilt es auch weiterhin, junge Menschen mit Förderbedarf, mit schlechteren schulischen Leistungen zu unterstützen und zu einer Berufsausbildung zu führen. Eine weitere Herausforderung, aber eben auch eine Chance ist die Integration junger Asylsuchender und Flüchtlinge in die Berufsausbildung. Neben dieser humanitären und gesellschaftlichen Aufgabe bietet sich hier auch ein Potenzial für die Wirtschaft, Auszubildende und damit Fachkräfte zu finden. Dies sind die Situationen auf dem Ausbildungsstellenmarkt in Thüringen derzeit.
Die jeweiligen statistischen Daten werden in einer Geschäftsstatistik der Bundesagentur für Arbeit erfasst, die für das betreffende Ausbildungsjahr jeweils am 1. Oktober beginnt und am 30. September des Folgejahres endet. Insofern gibt es keine abschließenden Zahlen zum 1. September, der zwar für viele junge Menschen der Startzeitpunkt für die Ausbildung ist. Es erfolgen aber auch im September noch Vermittlungen im laufenden Ausbildungsjahr. Das IV. Quartal dient der sogenannten Nachvermittlungsaktion.
Statistisch erfasst werden die Abschlussdaten zum 30. September, die dieses Jahr erst am 29. Oktober von der Bundesagentur für Arbeit vorgelegt und veröffentlicht werden. Es gibt ab dem Monat März monatliche Zwischenergebnisse, sodass über die August-Zahlen berichtet werden kann, die allerdings noch kein abschließendes Bild bieten und sich im September auch noch deutlich verändern werden.
Die Bundesagentur für Arbeit hat Anfang September die Ausbildungsdaten für August veröffentlicht, die das Ausbildungsjahr 2014/15 betreffen. Neben den Daten der Arbeitsagenturen erfasst das Bundesinstitut für Berufsbildung die abgeschlossenen und bei den Kammern nach dem Berufsbildungsgesetz einzutragenden neuen Ausbildungsverträge. Auch hier ist der Stichtag der 30. September. Das Bundesinstitut für Berufsbildung veröffentlicht diese Zahlen erfahrungsgemäß erst in der ersten Dezemberhälfte 2015.
Zu den vorliegenden Daten: Im Berufsberatungsjahr 2014/15 waren per August 2015 bei den Thüringer Agenturen für Arbeit 10.420 Bewerberinnen und Bewerber für Berufsausbildungsstätten gemeldet. 1.944 waren zum Stichtag noch als unversorgt mit einer Ausbildungsstelle gemeldet.
Den 10.420 Ausbildungsstellenbewerberinnen und -bewerbern standen Ende August 2015 insgesamt 12.454 gemeldete Berufsausbildungsstellen zur Verfügung, von denen Ende August noch 3.860 unbesetzt waren. Von den 12.454 Berufsausbildungsstellen waren 12.196 betriebliche Ausbildungsstellen und 258 außerbetriebliche Ausbildungsstellen.
Die Berufswünsche decken sich aber nicht immer mit dem Angebot an Ausbildungsstellen, sodass es regionale und sektorale Ungleichgewichte bei Angebot und Nachfrage gibt. Ende August 2015 kamen in Thüringen auf einen Ausbildungsstellenbewerber bzw. -bewerberin 1,20 Berufsausbildungsstellen. In Ostdeutschland liegt das Verhältnis aktuell bei 0,93 und in Westdeutschland bei 0,95. Insoweit haben wir hier in Thüringen einen Spitzenwert bei dieser Relation.
Das Verhältnis der Berufsausbildungsstellen je Bewerber ist in Thüringen regional aber sehr differenziert. Die meisten gemeldeten Berufsausbildungsstellen je Bewerberin oder Bewerber gibt es im Saale-Holzland-Kreis – das sind 1,77 –, die wenigsten im Kreis Saalfeld-Rudolstadt – da sind es 0,83 – und im Landkreis Sonneberg mit 0,87, auch wenn in den letztgenannten Regionen die Arbeitsmarktlage recht gut ist.
Voraussichtlich werden auch in diesem Ausbildungsjahr nicht alle angebotenen Ausbildungsstellen besetzt werden können. Die gegenwärtig noch freien 3.860 Stellen werden sich noch reduzieren,
jedoch nicht vollständig abbauen. Im Vorjahr waren 1.228 Ausbildungsstellen Ende September noch unbesetzt, im Jahr davor waren es 1.229.
Nach dem September laufen regelmäßig noch Nachvermittlungsbemühungen, um sowohl die bis dahin noch unvermittelten jungen Menschen in Ausbildung zu bringen, als auch die noch unbesetzten Plätze noch weiter auszuschöpfen. Für das laufende Ausbildungsjahr ist aber trotzdem zu erwarten, dass die Anzahl der nicht besetzten Ausbildungsstellen noch über den Werten der Vorjahre liegen könnte.
Allerdings gab es im Vorjahr Ende September auch noch 265 unvermittelte Bewerberinnen und Bewerber. In Relation zu den damals über 12.000 gemeldeten Stellen waren dies knapp über 2 Prozent. Im Hinblick auf die Fluktuation und Dynamik eines Ausbildungsstellen- und Arbeitsmarkts ist das ein guter Wert, auch wenn es gilt, allen jungen Menschen, die eine Ausbildung anstreben, ein Angebot zu unterbreiten. Dieses Ziel ist im Übrigen Bestandteil der Allianz für Aus- und Weiterbildung auf Bundesebene und soll gleichfalls auch in unserer neuen Landesallianz verankert werden, die wir derzeit mit den Wirtschafts- und Sozialpartnern und der Arbeitsverwaltung abstimmen.
Seit August 2015 können Unternehmen und Jugendliche die assistierte Ausbildung nutzen. Durch diese gesetzliche Förderung nach dem SGB III der Bundesagentur für Arbeit wird sowohl der Auszubildende als auch der Ausbildungsbetrieb für die komplette Ausbildungsdauer von Coaches eng begleitet und professionell unterstützt. Damit werden Unternehmen in Thüringen in Zukunft noch besser unterstützt, um auch leistungsschwächere Jugendliche auszubilden. Derzeit werden von den Thüringer Agenturen für Arbeit 136 Plätze gefördert. Für junge Flüchtlinge gilt dies aber noch nicht, da es hier gesetzliche Karenzzeiten für die Inanspruchnahme von solchen Förderleistungen nach dem SGB III gibt. In der Diskussion fordern wir deshalb die Bundesebene auf, dass diese Wartezeiten – sowohl bei assistierter Ausbildung als auch bei ausbildungsbegleitenden Hilfen und Berufsausbildungsbeihilfe – möglichst abgeschafft oder zumindest drastisch reduziert werden. Zur Ergänzung der assistierten Ausbildung werden wir über die GFAW nach der Ausbildungsrichtlinie des ESF und des Landes weitere Förderprojekte in einem Konzeptauswahlverfahren ausschreiben. Hier sollen insbesondere junge Menschen gefördert werden, für die die rechtlichen Voraussetzungen für die assistierte Ausbildung nicht zutreffen und die aufgrund ihrer persönlichen Situation ohne zusätzliche Unterstützung nicht in der Lage sind, eine betriebliche Ausbildung aufzunehmen, fortzusetzen oder sie erfolgreich zu beenden. Im Rahmen eines Konzeptauswahlverfahrens wird jeweils ein Projekt in den sechs Arbeitsagenturbezirken in Thüringen ausgewählt, also ins