das sollte in einem demokratischen Rechtsstaat selbstverständlich sein – stehen für uns im Mittelpunkt und nicht das populistische Geschrei nach Maßnahmen. Wir setzen uns für eine Flüchtlings-, Asyl- und Zuwanderungspolitik ein, die auch der
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Thüringer CDU, ich fordere Sie auf, beteiligen Sie sich verantwortlich und konstruktiv an der Lösung der aktuellen Probleme! Nutzen Sie Ihren Einfluss auf Merkel und den Innenminister de Maizière, dass die Hausaufgaben der Bundesregierung in dieser Frage gemacht werden – das können Sie ja gleich heute Abend erledigen –, und gestehen Sie sich doch ein, dass die heutige Situation im Freistaat auch ein Erbe vergangener Tage ist, auf gut Deutsch, ein Erbe Ihrer früheren Regierungszeit!
Belastbare Strukturen, flexible und schnelle Maßnahmen zur Integration und eine reale Willkommenskultur wurden unter der CDU in Thüringen niemals entwickelt.
Und dafür haben bei Ihnen auch keine 25 Jahre gereicht. Beteiligen Sie sich doch bitte nicht am populistischen Wettlauf mit der AfD darum, wer mehr auf die Law-and-Order-Pauke hauen kann! Drehen Sie bitte nicht mit an der Eskalationsschraube! Ich sagte das am Anfang: Gemeinsames Handeln ist gefragt und nicht Populismus.
Führen Sie Ihren Kleinkrieg gegen Rot-Rot-Grün nicht auf dem Rücken von Menschen, die vor Kriegen, vor religiöser und politischer Verfolgung oder auch vor erdrückender Armut geflohen sind. An einem Punkt teile ich die verquere Logik der Nichtvergleichbarkeit des Herrn Mohring nicht. Seien wir mal ehrlich, es geht am Ende um 22.000 Menschen, die nach Thüringen kommen. Unser Freistaat hat seit 1990 etwa eine halbe Million Menschen verloren. Ganz ernsthaft, Sie wollen doch nicht irgendjemandem erzählen, dass 22.000 Menschen in Thüringen nicht unterzubringen oder zu versorgen wären.
Auch die CDU hat in den Debatten um den demografischen Wandel immer wieder betont, dass wir Menschen bräuchten. Gerade erst im Dezember 2014 hat der Kollege Voigt bei einer Veranstaltung der Konrad-Adenauer-Stiftung in RheinlandPfalz zu dem Thema gesprochen und sich im Bericht der Stiftung für Wachstum ausgesprochen. Und Ihre ehemalige Staatssekretärin Inge Klaan forderte im Oktober 2012 im Namen des Freistaats noch: Thüringen braucht Zuzug.
Also liebe Kolleginnen und Kollegen, der Zuzug ist da. Nutzen wir die Chance, dass Menschen nach Thüringen kommen und hier vor allen Dingen leben wollen! Bieten wir ihnen Chancen zur Integration, bieten wir ihnen Chancen auf ein gutes Leben hier in Thüringen und führen keine populistischen Debatten!
Bemühen Sie sich gemeinsam mit uns, gemeinsam mit den zahlreichen Flüchtlingshelfern und -helferinnen, mit Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern, mit Verantwortungsträgern vor Ort, mit Kirchen und Sozialverbänden und mit engagierten Bürgern darum, sie hier in Thüringen tatsächlich willkommen zu heißen und ihnen vor allen Dingen Beteiligung am Leben hier zu ermöglichen! Das aktuelle Politikbarometer des ZDF liefert uns eine interessante Zahl. Zunehmend sind die Menschen in unserem Land davon überzeugt, dass wir die gewachsene Zahl an Flüchtlingen verkraften werden.
60 Prozent sagen das, vor einem Monat waren es noch 54 Prozent. Also mein herzlicher Appell an diesen Landtag: Fallen Sie nicht hinter die Mehrheit der Menschen im Land zurück!
Das, was ein mittlerweile zu medialer Berühmtheit gelangter Busfahrer in Erlangen geschafft hat, das sollte auch die Thüringer CDU schaffen:
I want to say welcome, welcome to Germany – ich will willkommen sagen, willkommen in Deutschland. Stimmen Sie unserem Alternativantrag zu, der auf konstruktive Lösungen von Problemen orientiert!
Herr Präsident, vielen Dank. Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch die Gäste auf der Besuchertribüne, wir erleben heute hier nicht nur eine engagierte Debatte, das ist seit Wochen draußen im Land so, die Zeitungen sind täglich voll davon, wir hören Nachrichten, Sie sehen Fernsehen. Mit
unter sind die Diskussionen sachlich, manchmal nicht ganz so sachlich. Heute wurde unter anderem den vielen engagierten Leuten gedankt, die vor Ort in Vereinen, Verbänden und Initiativen für die vielen, vielen Menschen sorgen, die im Moment nach Thüringen kommen. Ich will das ausdrücklich auch im Namen meiner Fraktion tun, aber ich will, wie einer meiner Vorredner, in diesen Dank jetzt auch noch einmal andere Leute mit einbeziehen und das sind alle Bediensteten in den angeschlossenen Ministerien, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor Ort in den Verwaltungen der Landkreise, in den Landratsämtern, in den Rathäusern, in den Gemeindeverwaltungen, die derzeit mit den täglich neu eintreffenden Menschen arbeiten. Und ich danke denen, die in Suhl, in Eisenberg und auch in Mühlhausen in den Aufnahmeeinrichtungen und überall sonst ihren Job machen, insbesondere auch aufgrund der Vorfälle in der letzten Woche in Suhl. Da sitzen Tag und Nacht Männer und Frauen und sorgen für Ordnung und Sicherheit in Objekten, die teilweise überbelegt sind. Ich danke auch den Polizistinnen und Polizisten, die jederzeit einsatzbereit sind.
Und weil wir beim Thema sind: Danke, Herr Minister, für die klaren Worte am Ende Ihrer Regierungserklärung und ausdrücklich auch für die von Bodo Ramelow vom Wochenende. Ich will das noch einmal bekräftigen: Wenn jemand – aus welchen Gründen auch immer – mit Eisenstangen auf Polizisten losgeht, dann ist es egal, ob er aus dem Kosovo, aus dem Irak oder aus Tambach-Dietharz kommt. Der muss zu spüren bekommen, dass dieser Rechtsstaat in der Lage ist, sich zu wehren. Wer auch zeigt, dass er die Regeln in dieser Gesellschaft nicht toleriert, der kann dann auch nicht erwarten, dass ihn diese Gesellschaft toleriert.
Bei dieser Debatte stellen wir aber schon im Vorfeld – wenn ich heute Zeitung lese oder auch in Diskussionen verwickelt bin – fest: Wir können gern probieren, alles aus Thüringer Sicht, aus dem Thüringer Blickwinkel zu betrachten. Aber es gibt derzeit nun mal kein anderes Politikfeld, wo Ursache und Wirkung so eng zusammenhängen, und zwar und eben auch mit der Bundespolitik, die direkte Auswirkungen auf uns Länder und nachfolgend natürlich auch auf die Kommunen, auf die Gemeinden und Städte hat. Ja, Angela Merkel hat recht, de Maizière hat es gesagt, Sigmar Gabriel hat es jetzt auch wieder gesagt, Herr Mohring hat es eben auch geäußert: Diese Wechselwirkung fängt schon viel eher und politisch eben auch weiter oben an, auch bei der Europäischen Union. Deswegen plädiere ich auch dafür: Wir brauchen eine faire Verteilung von Flüchtlingen in der EU. Ich habe das als Abgeordneter normalerweise nicht so gern, wenn man über Europa oder bundespolitische Themen
lang und breit redet, weil wir ja eher dem Land verpflichtet sind, aber hier geht es gar nicht anders.
Wir haben es vorhin von mehreren Seiten gehört, wir haben es gelesen, wir haben diese Zahl, 60 Millionen Menschen seien auf der Flucht. Es gibt Experten, die sagen, diese Zahl sei sogar noch zu niedrig gegriffen. Und das ist – auch das ist festzustellen – die größte Wanderungsbewegung seit 1945. Ich will jetzt gern mal auf die beiden großen Gruppen dieser Millionen von Menschen eingehen. Das sind zum einen die, deren Häuser brennen, die von Extremisten verfolgt werden, die vor Mord und Brandschatzung fliehen, die bombardiert werden, die flüchten vor Terror und Gewalt. Bereits hier, meine sehr geehrten Damen und Herren, müssen wir auch als Politiker endlich so ehrlich sein, uns einzugestehen, dass viele Menschen draußen im Land schlichtweg mit der Nachrichtenlage und der Situation überfordert sind. Denn wenn sie Nachrichten schauen – heute Abend, gestern, morgen auch wieder in der Tagesschau –, dann werden sie Bilder vom Krieg sehen, und nicht nur von einem, von vielen Kriegen. Es scheint derzeit irgendwie überall Krieg zu sein, in der Ukraine, in Syrien, in Afghanistan, im Sudan, Libyen, Somalia, Eritrea. Man verliert langsam den Überblick. Ich habe neulich gehört, dass saudi-arabische Luftwaffenverbände Stellungen der Huthi-Milizen im Jemen bombardiert haben. Jetzt frage ich Sie ganz ehrlich: Verstehen Sie noch, wer da gegen wen kämpft und warum und wofür? Können Politiker, egal ob sie in der Europäischen Union tätig sind oder im Bund oder im Land, derzeit annähernd exakt erklären, wie die Frontverläufe in Syrien sind, was in Eritrea vor sich geht, wie die Entwicklung in Somalia zu bewerten ist?
Es gibt eine sehr interessante Zahl vom Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik in Hamburg, auf die ich nur ganz kurz mal eingehen will: 2014 – also im vergangenen Jahr – wurden weltweit geschätzte 1,8 Billiarden Dollar für die Rüstung ausgegeben. Das sind 1.800 Billionen Dollar. Also, eine Million hat sechs Nullen, eine Milliarde hat schon neun, diese Zahl hat 15 Nullen. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, ich kann mir das nicht mehr vorstellen, das ist astronomisch. Aber eins ist klar: Wenn so viel Geld ausgegeben wird, dann muss es auch welche geben, die dieses Geld einnehmen. Einer muss das ja alles herstellen, die Flugzeuge der Luftwaffe und die Raketen und die Bomben und die Minen und die Panzer. Das muss, wenn man diese Zahlen hört, ein verdammt gutes Geschäft sein. Ich könnte Ihnen hier auch ein paar Firmen aufzählen. Ja, es sind auch etliche deutsche darunter.
Wenn dann so ein Krieg vorbei ist in einem dieser Länder überall auf der Welt, wenn es dann an das Wiederaufbauen von Brücken und Krankenhäusern und Straßen und Schulen geht, raten Sie mal, wer
Das alles sehen und hören unsere Bürgerinnen und Bürger draußen täglich, aber so richtig verstehen kann man das eigentlich nicht. Das wäre ja mal eine Idee, dass die Rüstungsfirmen zumindest mit die Hälfte der Kosten für die Unterbringung der Leute aufbringen, die ihretwegen auf der Flucht sind. Aber so weit geht die Diskussion eben meistens nicht.
Das Nächste, was die Leute nicht mehr verstehen, kommt mir fast in jedem Gespräch in die Quere, wenn es auf dieses Thema kommt. Die Leute sagen: Aber viele Leute, Herr Hey, kommen derzeit zu uns aus Ländern, in denen es gar keinen Krieg gibt. Experten sagen, das seien 40 Prozent. Ich habe bei manchen gehört, es seien 60. Es geht um Länder wie eben auch Albanien, es geht um Montenegro, es geht um das Kosovo. Dann fragen die Leute: Ja, wieso bekommen die hier eigentlich Asyl? Dann sagt man immer: Nein, die bekommen hier keins, die werden meist auch wieder abgelehnt. Das verstehen die Leute dann aber noch weniger. Ich sage dann immer, dass es in Deutschland zumindest die Möglichkeit gibt, Asyl zu beantragen, egal, wo man herkommt, egal, welcher Hautfarbe und welcher Religion man ist, egal, woher man stammt. Das kann zum Beispiel auch Kanada sein. Das ist ein verdammt hohes Gut in diesem Land.
Dann wird geprüft. Aus den Ländern, wie oben eben auch schon genannt, haben wir derzeit Ablehnungsquoten weit über 90 Prozent, weit über 95 sogar, glaube ich. Nun war ich vor drei Jahren selbst im Kosovo mit einer Delegation des Innenausschusses des Landtags. Wolfgang Fiedler weiß es, er hat mich begleitet. Sabine Berninger war mit dabei, Frau Holbe und noch ein paar andere. Die Zustände, die wir dort damals gesehen haben, sollen sich, wenn man Expertenberichte glauben darf, seither sogar noch einmal verschlimmert haben.
Das nur zur Klarstellung: Das Kosovo, wenn wir schon über solche Staaten reden, wird international noch nicht einmal von allen Ländern anerkannt, nicht einmal in Europa. Serbien betrachtet im Übrigen das Kosovo immer noch als eigene Region. Und, Entschuldigung, wenn wir über Verfehlungen, über teilweise Irrtümer, über Versäumnisse der europäischen Politik sprechen, dann müssen wir auch dazu sehr ehrlich sein. Wie eigenartig – ich will es vornehm ausdrücken – europäische Politik
mitunter manchmal sein kann, habe ich gelernt bei einem Besuch eines Offiziers der deutschen KFORTruppen damals in der Nähe von Pristina, der einfach mal geschildert hat, wozu europäische Politik auch führen kann. Man erkennt nämlich – das ist sehr interessant – das Kosovo in seinen Grenzen an, weil das so in der Verfassung des Landes steht. Gleichzeitig erkennt man in der EU auch Serbien in seinen Grenzen an. Und bei denen steht in der Verfassung, dass das Kosovo kein eigenständiger Staat ist. Um diesen Wahnsinn zu begreifen, müssen Sie einmal in Ihrem Leben – wir haben das damals gemacht – nach Mitrovica fahren. Das ist eine Stadt, die hat eine riesige Brücke. Es gab da Pogrome, also ganz furchtbare Szenen. Über diese Brücke – unten fließt der Ibar, das ist der Fluss – können Sie nicht gehen, weil auf der einen Seite der kosovarische Teil ist. Dann stehen Sie vor bewaffneten, schwer bewaffneten gepanzerten Fahrzeugen und patrouillierenden Soldaten und drüben, auf der anderen Seite, ist der serbische Teil. Diese Stadt ist quasi noch geteilt. So etwas gibt es immer noch in Europa.
(Zwischenruf Abg. Brandner, AfD: Fragen Sie Ihre SED-Genossen. Die kennen sich damit aus, wie so etwas funktioniert!)
Das gesamte Nordkosovo, oberhalb von Mitrovica, oberhalb dieser geteilten Stadt – das ist etwa ein Viertel des Territoriums dieses Landes, das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen – entzieht sich der vollständigen Kontrolle der Behörden in Pristina. Es entzieht sich allerdings auch der Kontrolle der Behörden in Serbien. Das ist so ein eigenständiger Bereich, ein rechtsfreier Raum – im Übrigen momentan der größte Umschlagplatz von Waffen und Drogen hier in Europa.
Wir reden von einem zerrissenen Land, in dem es oft nur acht Stunden Strom am Tag gibt, 70 Prozent Jugendarbeitslosigkeit. Fast ein Drittel der Bevölkerung lebt unterhalb der Armutsgrenze; das heißt, die haben täglich weniger als umgerechnet 1,37 Euro zur Verfügung. Auch das muss man sich mal vorstellen. In den Schulen wird in zwei bis drei, teilweise vier Schichten unterrichtet. Wenn ich, als ich das damals gesehen habe – und heute soll es ja nun nicht besser sein –, ein junger Mensch wäre, dann hätte ich wahrscheinlich auch nur noch ein Ziel: die Sachen zu packen. Wir waren in Pristina unterwegs und wurden – Wolfgang Fiedler kann es bestätigen – zum Teil plötzlich von vielen jungen Leuten angesprochen, wenn denen gewahr wurde, dass wir aus Deutschland kamen. Wir hatten ja beispielsweise auch Dolmetscher dabei. Da war klar, wenn wir im öffentlichen Raum unterwegs waren, wenn uns Dinge gezeigt wurden, dann standen plötzlich auch junge Männer vor uns, die uns teil
weise in perfektem Deutsch angesprochen haben, die gefragt haben, wo kommen Sie her, wenn Sie aus Deutschland kommen, ich möchte gern arbeiten, ich studiere, ich bin angehender Ingenieur, die uns teilweise auf Zeitungspapierabschnitten, weil sie keine Visitenkarten hatten, ihre Handynummern aufgeschrieben haben. Ich habe dann beim Dritten oder Vierten gesagt: Woher sprechen Sie eigentlich so gut Deutsch? Dann sagte er, wir versuchen das in jedweder Form, über das Internet, an Volkshochschulen, wie auch immer, wir wollen Deutsch lernen, weil wir nach Deutschland kommen wollen. Diese Leute, die wir damals getroffen haben, wie viele, viele andere auch im Kosovo, glauben Sie mir, völlig egal, ob man die als Drittstaaten sicher oder unsicher erklärt, diese Leute werden immer einen Weg finden, hier herzukommen, ganz egal wie.