Protocol of the Session on July 9, 2015

kette die entsprechenden Unternehmen. Im Bereich der regionalen Schlachtung erfolgt gegenwärtig eine Analyse der Istsituation. In diesem Zusammenhang werden die Möglichkeiten der Schlachtung für Direktvermarkter und für die Ökoschlachtung untersucht, bewertet und es sollen Schlussfolgerungen, Handlungsfelder aus den Ergebnissen abgeleitet werden. Ein entsprechender Abschlussbericht liegt dazu in den nächsten Wochen vor.

Ich komme nun zu Ziffer 2 des Antrags. Die dort aufgelisteten Hinweise teilt die Landesregierung. Zu den meisten habe ich bereits in den bisherigen Ausführungen zu Ziffer 1 des Antrags hier Stellung genommen. Der in Bearbeitung befindliche Ökoaktionsplan wird die genannten Aspekte auch aufgreifen. Die Erarbeitung des Entwurfs zum Ökoaktionsplan erfolgt unter Mitwirkung der Verbände. Er wird nach der Sommerpause dem Kabinett vorliegen und danach auch den Landtag erreichen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Ministerin, vielen Dank. Ich frage: Wer wünscht die Beratung zum Sofortbericht zu Nummer 1? Die SPD-Fraktion, die CDU-Fraktion, Bündnis 90/Die Grünen auch, gut. Vielen Dank. Damit eröffne ich die Beratung zum Sofortbericht zu Nummer 1 des Antrags. Das Wort hat Abgeordneter Thomas Rudy für die AfD-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, liebe Zuhörer, die Regierungsfraktionen fordern einen Anteil von mindestens 10 Prozent Biolandwirtschaft auf Thüringens Flächen. Die letzte Regierung unter Schwarz-Rot hatte die gleiche einfache Forderung von mindestens 10 Prozent Bionutzfläche bis 2020. Doch der Kunde und die Bauern sind nicht so einfach zu beherrschen. Dieses komplexe Thema braucht vor allem eins, eine Orientierung am Bürger und den Bauern, denn eine Landwirtschaft, in der geplant wird, welche Produkte produziert werden müssen und wie viel der Kunde verzehren muss, hatten wir vor 1989 schon einmal und das hat nicht funktioniert. Die Planwirtschaft ist nämlich tot, meine Damen und Herren, und wird tot bleiben.

(Beifall AfD)

Wir brauchen einen atmenden Markt, auch für den Boden und landwirtschaftliche Produkte. Der Bauer soll sich am Bedarf des Bürgers orientieren und der Bürger weiß am besten, wie er sich gesund und vielfältig ernährt. Im Jahr 2013 wurden bundesweit 6,4 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Flächen ökologisch bewirtschaftet, während Thüringen

einen Anteil von 4,4 Prozent umfasst. Wenn wir in unsere Nachbarschaft schauen, finden wir in Sachsen einen Anteil von 3,8 Prozent und in SachsenAnhalt einen Anteil von 4,5 Prozent ökologisch genutzter Fläche. Die Bedürfnisse ähneln sich. Biolandwirtschaft ist herzlich zu begrüßen und wir freuen uns über jeden Biobauern, der sein Land naturnah und ursprünglich bewirtschaftet. Doch die oft vorhandene mangelnde Wirtschaftlichkeit der ökologischen Landwirtschaft führt sogar dazu, dass pro Jahr deutschlandweit 400 Biobetriebe wieder auf konventionelle Formen umstellen. Die Entwicklung ist also keine Einbahnstraße und nicht für jeden Bauern das Richtige. Für Bauern besteht außerdem die Gefahr, dass die Bioanbauflächen in Thüringen irgendwann 10 Prozent umfassen und der Bürger eben keinen so großen Bedarf nach den oft teuren Bioprodukten hat. Dann schaut der Bauer in die Röhre, weil er Bioprodukte produziert, die unzweifelhaft mehr in der Herstellung kosten, und die Bürger nicht bereit sind, die höheren Preise im Geschäft zu zahlen. Es ist gut und richtig, dass der Bürger die Auswahl zwischen biologisch hergestellten und herkömmlichen Produkten hat. Dazu ist freies Unternehmertum da und deshalb vertrauen wir den Bauern und den Bürgern. Für manche im Plenum sind die Wörter „Markt“ und „Marktwirtschaft“ welche, die Albträume erzeugen. Aber eben an diesem Markt müssen sich die Bauern orientieren. Ein großes Ärgernis der Bauern, gerade auch für Biobauern, ist die zunehmende Bürokratie, das sind die um sich greifenden Aufzeichnungspflichten und die Regelungsdichte. Wenn Sie den Landwirten aller Couleur etwas Gutes tun möchten, dann legen wir Ihnen einen Abbau dieses Papierkriegs nahe. Das ist das Problem Nummer 1.

Die regionale Orientierung der Bauern und der Landwirtschaft sollte mehr in den Mittelpunkt rücken. Wir würden uns wünschen, dass die Thüringer die lokalen Sorten und Nutztierrassen kennen- und schätzen lernen. Hier wird nicht nur die Umwelt geschützt, sondern auch ein Stück Thüringer Identität und Tradition. Der regionale Kreislauf mit lokaler Verarbeitung und Schlachtung führt nicht nur dazu, dass zusätzliche Arbeitsplätze in Thüringen geschaffen werden, es werden auch die Thüringer Autobahnen von Schwertransporten entlastet. Die Tiere werden zusätzlich vor dem Transportstress geschützt. Doch auch diese Rechnung muss mit dem Kunden gemacht werden. Für den Kunden muss es leicht erkennbar gemacht werden, dass die Produkte in Thüringen hergestellt wurden. Wenn dies dann auch noch für die Bauern bürokratiearm abläuft, haben wir der Thüringer Landwirtschaft viel mehr geholfen, als dass wir Biolandwirtschaft am Markt vorbei ausbauen. Der Thüringer soll Wahlfreiheit haben zwischen herkömmlichen Produkten aus dem In- und Ausland, Bioprodukten aus dem In- und Ausland und natürlich aus Produk

(Ministerin Keller)

ten aller Art mit klarem Thüringen-Siegel. Denn der Thüringer weiß, was am besten ist. Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Vielen Dank. Frau Dr. Scheringer-Wright von der Fraktion Die Linke hat nun das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Gäste, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben heute einen Antrag der drei Fraktionen zum ökologischen Landbau hier vorliegen „Ökologischen Landbau in Thüringen stärken“. Das ist auch dringend notwendig und der Antrag zeigt auf, wie auch der Sofortbericht von der Ministerin, in welche Richtung wir gehen wollen, um den ökologischen Landbau zu stärken. Der ökologische Landbau hat besondere Leistungen und die sind es wert, auch noch einmal herausgestrichen zu werden. Der ökologische Landbau ist eine Wirtschaftsweise, die sehr darauf achtet, dass alle Nährstoffe gut verwertet werden, wo kein künstlich hergestellter Dünger eingesetzt wird und deswegen sind die Nährstoffbilanzen weitgehend ausgeglichen und es werden wenige Nährstoffe in die Umwelt ausgetragen, nämlich in die Medien, wo wir Nitrat und Ammonium nicht haben wollen, Wasser und Luft. Im ökologischen Landbau werden auch keine Pestizide eingesetzt und deswegen sind die Produkte rückstandsärmer und auch andere Organismen weniger betroffen. Meist haben die ökologischen Betriebe eine vielfältige Fruchtfolge und bemühen sich um eine weitgehende Kreislaufwirtschaft. Das alles führt dazu, dass die Umweltverträglichkeit des ökologischen Landbaus in hohem Maße gegeben ist. Ich glaube, das ist hier auch im Haus Konsens.

Wenn wir uns in dem Koalitionsvertrag darauf verständigt haben, bis 2020 10 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche hier in Thüringen mit ökologischem Landbau betreiben zu lassen, dann ist das ein sehr ambitioniertes Ziel.

Die Ministerin hat schon dargestellt, gegenwärtig praktizieren wir hier in Thüringen nur auf 4 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche ökologischen Landbau. Sie hat auch dargestellt, dass das Problem auch war, dass es aus wirtschaftlichen Zwängen heraus im letzten Jahr einen Betrieb oder Betriebe gab, die wieder umgestellt haben – weg vom ökologischen Landbau hin zu konventioneller Landwirtschaft. Warum ist das so? Wir haben uns mit dem Thema hier im Landtag schon länger beschäftigt, auch Anhörungen durchgeführt und haben festgestellt: Viele Bioprodukte in den Regalen der Supermärkte sind gar nicht aus Thüringen, kommen aus anderen Ländern, kommen auch aus anderen Erdteilen zu uns. Und das ist natürlich ein Problem,

weil dann die Thüringer Produkte hier wenig abgesetzt werden. Die Ministerin hat schon ausgeführt, Wertschöpfung fehlt dann hier im eigenen Land.

Das ist zum einen darauf zurückzuführen, dass wir wenig Verarbeitungskapazitäten haben. Also hier haben wir einen richtigen Flaschenhals, eine Engstelle, die haben wir nicht nur bei ökologisch produzierten Produkten. Im Moment wird es ganz deutlich, dass wir auch zu wenige Verarbeitungskapazitäten, nämlich gar keine, haben für Leguminosen, für Bohnen und Erbsen, um auch die hier angebauten Leguminosen, Eiweißfrüchte, wirklich zu verarbeiten und dann auch hier einsetzen zu können.

(Beifall DIE LINKE)

Das ist ein großes Defizit, das wir wirklich angehen müssen.

Auch die Vermarktung ist nicht einfach im Freistaat und auch in anderen Ländern. Der Antrag macht hierzu ganz konkrete Vorschläge und – auch die Ministerin hat das schon dargestellt – was dagegen unternommen werden kann. Wir wollen den Aufbau von Logistik-, Vermarktungs- und Verarbeitungsstrukturen fördern. Ich denke, gerade Absatzgenossenschaften sind da zum Beispiel ein gutes Instrumentarium. Aber da gibt es natürlich auch viele mehr.

Zusätzlich möchte ich aber auch noch mal auf die gesamte Situation fehlender Kaufkraft eingehen. Denn eigentlich haben auch hier in Thüringen Bioprodukte ein gutes Image. Das kommt daher, dass die Menschen auch wissen, man kann sich auf Kontrollen im Biosektor verlassen. Wenn Produkte belastet sind, fliegt das auch auf. Also das Kontrollwesen ist gut und insgesamt haben Bioprodukte ein gutes Image. Trotzdem: Ähnlich wie auch bei regionalen Produkten sind die natürlich teurer als andere Waren. Und da müssen sich die Menschen das erst einmal leisten können, diese Produkte auch in Massen nachzufragen. Da sind natürlich dann auch Maßnahmen wichtig, die diese Landesregierung, die diese Koalition auch angehen. Da war es zum Beispiel ganz wichtig, dass der Mindestlohn eingeführt wurde. Da ist es ganz wichtig, dass die Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit durchgeführt wird, wie auch in den Programmen zur Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit heute Morgen ausgeführt wurde. Da ist es wichtig, dass Thüringen raus aus dem Niedriglohnsektor kommt. Denn wenn Menschen immer abwägen müssen, ob sie lieber die regional erzeugte ökologische Marmelade kaufen oder lieber auch mal ins Kino gehen, dann, finde ich, ist das eigentlich kein legitimer Entscheidungszwang. Also man muss Menschen auch in die Lage versetzen, dass sie sich gute Produkte leisten können. Deswegen kämpfen wir auch für eine auskömmliche Grundsicherung, weg von Hartz IV, weil auch das die Menschen dann in die Lage versetzt, sich gut ernähren zu können.

(Abg. Rudy)

Insgesamt muss ein Klima geschaffen werden, sodass es Anreize für Produzenten gibt, auf ökologischen Landbau umzusteigen, weil sie sich sicher sein können, ihre Produkte auch am Markt absetzen zu können. So ein Klima hilft natürlich den ökologisch wirtschaftenden Betrieben, hilft aber den konventionellen landwirtschaftlichen Betrieben, weil auch die unter sehr geringen Erzeugerpreisen leiden.

Im Antrag ist eine ganze Reihe von Vorschlägen gemacht worden, wie das angegangen werden kann. Begleitmaßnahmen, die hier in Thüringen insgesamt die Kaufkraft stärken, habe ich angesprochen. Insgesamt da so ranzugehen, denke ich, ist die richtige Maßnahme, um damit den Anteil an ökologisch wirtschaftenden Betrieben und Flächen signifikant zu erhöhen. Danke.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Becker für die SPD-Fraktion, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, der ökologische Landbau bedeutet Wirtschaften im Einklang mit der Natur. Der landwirtschaftliche Betrieb wird dabei vor allem als Organismus mit den Bestandteilen Mensch, Tier, Pflanze, Boden gesehen. Der ökologische Landbau hat eine sehr, sehr lange Tradition, das wird manchmal vergessen. Schon 1924 wurde die biologisch-dynamische Wirtschaftsweise eingeführt. Wir sind auch stolz darauf in Thüringen, dass wir das jetzt fortsetzen wollen. Und, wie meine Vorredner schon gesagt haben, das war ja schon das Ziel der Vorgängerregierung: 10 Prozent bis 2020. Es hat sich gezeigt, dass es bei dem Umsetzen einige Probleme gibt. Auch die wurden von Frau Scheringer-Wright und von Frau Ministerin schon angesprochen. Es ist eben nicht so ganz einfach in unserer Gesellschaft, Ziele festzulegen und sie dann auch wirklich umzusetzen. Wir haben ja – Herr Kobelt hatte in seiner Einbringung auch schon darauf hingewiesen – wieder weniger Prozent ökologischer Landbau im Jahr 2015 als noch im Jahr 2013. Wir versuchen und müssen die Rahmenbedingungen gestalten. Da hilft es nicht, als Herr Minister Reinholz 2014 die Umwandlungsprämie dann als einziger deutscher Landwirtschaftsminister mal kurzfristig ausgesetzt hat und wir da sozusagen zum „Buh“-Land wurden. Klar, es ist nur ein Baustein, aber es war nicht gut auf dem Weg zu 10 Prozent ökologischem Landbau. Es war eher eine Gegenentwicklung. Da ist es auch nicht so überzeugend, wenn die CDU dann immer sagt: Wir stehen doch auch hinter dem ökologischen Landbau. Wenn Sie sich dann aber in der Regierung doch

anders entscheiden, dann ist das schon sehr widersprüchlich. Besondere Grundlage für den ökologischen Landbau – darauf ist auch Frau ScheringerWright schon eingegangen – ist natürlich, Futterund Nährstoffgrundlagen sollen im eigenen Betrieb erarbeitet und erzeugt werden. Die Fläche ist gebunden an den Viehbesatz, was wir ganz nötig brauchen und was ganz wichtig ist. Und ein weitgehender Verzicht von Antibiotika ist auch sehr, sehr wichtig beim ökologischen Landbau und das haben wir jetzt auch bei unserem Besuch wieder als Thema gehabt. Der Verzicht von Antibiotika in der Viehhaltung ist ganz dringend notwendig und muss auch stärker kontrolliert werden, aber da sind wir auch schon gemeinsam auf einem guten Weg. Da gibt es, glaube ich, in diesem Hohen Haus auch keine unterschiedlichen Meinungen.

Wichtig ist, dass es uns gelingt, den Ökolandwirten eine verlässliche dauerhafte Förderung zu garantieren und ihnen zumindest den Mehraufwand sowie die Ertragsverluste im Vergleich zu den konventionellen Landwirten finanziell auszugleichen. Das muss unser Ansatz sein, denn sonst kommen wir nicht voran in Thüringen mit unserem Ökolandbau. Was natürlich die SPD-Fraktion auch ausschließt, ist immer dieses Ausspielen der konventionellen Landwirtschaft gegen den Ökolandbau oder andersherum.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dazu gibt es von uns eine klare Ablehnung. Wir brauchen beides, eine starke konventionelle Landwirtschaft und den ökologischen Landbau in Thüringen. Auch auf die Defizite gerade bei der Vermarktung und der Verarbeitung ist Frau ScheringerWright schon eingegangen, das ist ganz wichtig, dass wir da einen Nachholbedarf haben, dass wir unsere ökologisch erzeugten Produkte auch hier weiterverarbeiten können, was auf der Wertschöpfung in Thüringen basiert. Es gibt wirklich gute Ansätze mit der Direktvermarktung vor Ort, wie bei unserem Harzer Rotvieh. Herr Primas, das wissen Sie, das ist ganz toll, aber das ist ja nur ein kleiner Nischenraum, wo wir das Glück haben, da oben mal ganz edles Rindfleisch zu genießen. Aber das ist eben nur ein kleiner Teil und wir müssen uns in die Verarbeitung und auch in die Vermarktung jetzt mehr einbringen und als Land versuchen, uns weiter aufzustellen. Das ist keine leichte Aufgabe. Wir wollen uns dem aber stellen und wir werden gemeinsam mit dem Ministerium in den nächsten Jahren sicherlich vorankommen, gemeinsam mit den Bauern an der Seite und natürlich nicht gegen die Bauern, das geht natürlich nicht. Wir machen alles im Einklang und ich bin überzeugt, dass wir in den nächsten Jahren in dieser Koalition vorankommen. Danke schön.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Abg. Dr. Scheringer-Wright)

Vielen Dank, Frau Becker. Das Wort hat nun Abgeordneter Krumpe.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Herren und Damen Abgeordnete, liebe Bürger! Ich unterstütze ausdrücklich das Ansinnen der regierungstragenden Fraktionen, den ökologischen Landbau in Thüringen stärken zu wollen. Allerdings geht mir der Antrag über die bereits geführte Debatte nicht weit genug. Im Ökolandbau stehen mit nur 29 Naturstoffen wesentlich weniger Wirkstoffe zur Verfügung als dem konventionellen Landbau mit mehr als 240 Wirkstoffen. Ein Teil der 29 Naturstoffe besitzt kupferhaltige Substanzen, die durch jahrzehntelange Anwendung in Wein-, Hopfen- und Obstanbaugebieten zu irreversiblen Schäden im Naturhaushalt geführt haben. Die Verfügbarkeit von anwendbaren Naturstoffen im Ökolandbau nimmt also tendenziell ab. Im Weiteren liegen die Produktionskosten durch spezielle Bewirtschaftungssysteme im ökologischen Landbau weit über denen im konventionellen Landbau. Beispielsweise kostet die mechanische Unkrautbekämpfung mehr als der Einsatz von Herbiziden. Daraus folgt, dass bei einem Vergleich zwischen konventionellem und ökologischem Landbau bei gleicher Flächenbetrachtung der ökologische Landbau nicht nur zu deutlichen Mindererträgen führt, sondern auch mit Qualitätseinbußen und hohen Verbraucherkosten einhergeht. Welche Forderung verbinde ich also mit diesen Feststellungen?

Punkt 1: Wichtigstes Grundprinzip für die Wirtschaftlichkeit im Ökolandbau ist die Vermeidung von Krankheiten und Schädlingen durch vorbeugende Maßnahmen. Die Forderung 2 c im Antrag sollte aus meiner Sicht dahin gehend erweitert werden, dass die Landesregierung sich auf Bundesebene für die Schaffung eines Kompetenzzentrums Ökolandbau einsetzen soll.

(Zwischenruf Abg. Dr. Scheringer-Wright, DIE LINKE: Gibt es doch!)

Es gibt viele Akteure und Institutionen in Deutschland, die jeweils für sich alleine nicht über genügend Schlagkraft oder über eine kritische Wissensmasse verfügen, um zentrale Fragen und Probleme des Ökolandbaus allein zu lösen. Ein solches Kompetenzzentrum soll zur Vernetzung von Vertretern aus Forschung, Praxis, Verwaltung und Projektträgern dienen, welche praxisnahe Erkenntnisse im Ökolandbau archivieren und kommunizieren und im Weiteren Forschungskonzepte werben und Öffentlichkeitsarbeit übernehmen sollen. Das Ziel muss sein, wirksame und wirtschaftliche Methoden für die landwirtschaftliche Praxis zu erarbeiten. Ich fürchte, dass die Thüringer Landesanstalten und die staatli

chen Versuchsfelder mit dieser komplexen Aufgabe überfordert sind.

Punkt 2: Ich möchte die Landesregierung bitten, sich stärker für die Authentifizierung von Speisefisch aus ökologischen Aquakulturen zu engagieren. Die hohe Variabilität der Futterzusammensetzung erschwert nach wie vor die Zuordnung zur Haltungsform.

Punkt 3: Die Politik ist aufgefordert, ein gesellschaftliches Umdenken im Umgang mit der qualitativen Beurteilung von Lebensmitteln anzustoßen. Es kann nicht Selbstverständlichkeit sein, dass Verbraucher im Winter perfekte Erdbeeren fordern und im Sommer Schwarzwurzeln essen wollen. Es kann nicht selbstverständlich sein, dass die Verbraucher jeden Tag nach einem Filetsteak lechzen, aber der Verzehr von Innereien in Deutschland verpönt ist.

(Beifall Abg. Gentele, fraktionslos)

Es kann nicht selbstverständlich sein, dass ein schorfiger Apfel weggeworfen wird und wir uns stattdessen mit einer geringen Auswahl an verschiedenen, aber dafür resistenteren Obstsorten begnügen sollen.

(Beifall AfD)

Und es kann nicht selbstverständlich sein, dass die öffentlich-rechtlichen Medien Kochsendungen wie Lafer und Co. ausstrahlen, wo mehr als die Hälfte der Zutaten eine desaströse Ökobilanz aufweisen, weil sie entweder importiert wurden oder jahreszeitlich einfach nicht passen.

(Beifall SPD, AfD)

Setzen Sie sich bitte in den Medienaufsichtsräten ein, dass saisonal, regional und handwerklich auf Spitzenniveau gekocht wird und dass solche Sendungen für verschiedene Altersgruppen angeboten werden. Spitzenniveau heißt für mich aber nicht, das Safranhühnchen in Blattgold einzuwickeln.

(Beifall Abg. Gentele, fraktionslos)

Wenn wir schon bei der Allgemeinbildung sind, dann halte ich auch eine Debatte über die Wiedereinführung des Schulgartenunterrichts für sehr sinnvoll. Bildung gehört bei dem Vorhaben „Ökologischen Landbau in Thüringen stärken“ selbstverständlich dazu.

(Beifall AfD)