Aber Sie verlangen eine Nachjustierung im Bereich SGB XII, also Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung und im Bereich Betreuung und Integration von Flüchtlingen. Da hatte ich zu Beginn schon gesagt, die Kostenerstattung für die Betreuung und Integration von Flüchtlingen erfolgte nicht
nur im Finanzausgleich über den Mehrbelastungsausgleich, sondern im Wesentlichen über den Einzelplan des Migrationsministeriums, 45 Millionen Euro. Im Bereich des SGB XII übernimmt der Bund im Jahr 2015 die Kosten zu 100 Prozent, und zwar wieder über ein System,
das sich nicht eins zu eins im Haushalt niederschlägt, denn über eine höhere Beteiligung bei den Kosten der Unterkunft, das ist wieder SGB II, erhöht sich der Bundesanteil an den Kosten der Unterkunft um 3 Prozent, und über eine höhere Umsatzsteuerbeteiligung der Kommunen am Umsatzsteueraufkommen. Da gilt die Regelbeteiligung von 2,2 Prozent und darauf kommen bundesweit noch einmal 500 Millionen Euro. Nach Königsteiner Schlüssel können Sie sich dann ausrechnen, wie viele auf die Thüringer Kommunen entfallen. Insofern sind nach unserer Überzeugung die entsprechenden Mehraufwendungen in den zwei von der CDU benannten Bereichen abgedeckt. Ob das 2016 auch noch so sein wird, das werden wir in den weiteren Debatten zu prüfen haben. Es geht allerdings nicht, dass man sowohl im Mehrbelastungsausgleich eine Eins-zu-eins-Abbildung einfordert und dabei ausblendet, dass zum Beispiel die Erstattung des Bundes im Bereich SGB XII und bei der Unterbringung und Integration von Flüchtlingen über andere Elemente wie Kostenbeteiligung, Kosten der Unterkunft SGB II, und höhere Beteiligungen am Umsatzsteueraufkommen für die Kommunen erfolgt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, darüber hinaus haben Sie auch ausgeblendet, dass der Bund noch einmal bei den Kosten der Flüchtlingsunterbringung und -integration die Länder und die Länder dann wiederum die Kommunen unterstützen. Es wird 1 Milliarde Euro aus dem Fluthilfefonds entnommen und für diesen Bereich zum Einsatz gebracht. Die andere Milliarde hatte ich schon erläutert. Zu berücksichtigen ist noch die künftige Entlastung im Bereich Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Da will der Bund ab 2018 5 Milliarden Euro zusätzlich zur Verfügung stellen und bis dahin als Übergang jährlich 1 Milliarde. Auch davon profitieren wir als Land und letztlich auch die Thüringer Kommunen.
Also insgesamt betrachtet, kann ich mich nur der Einschätzung von Herrn Höhn anschließen. Das, was Sie hier fordern, ist schon längst umgesetzt. Rot-Rot-Grün arbeitet intensiv daran. Sie sind aber herzlich eingeladen, wenn es um die Kommunen und ihre Situation geht, mitzuwirken. Dann müssen Sie sich aber der Herausforderung stellen und endlich Ihre Blockadehaltung gegen effiziente Verwaltungs- und Gebietsstrukturen aufgeben. Danke.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Abgeordnete, werte Gäste, anhand der Reaktion der Regierungsfraktion erkenne ich, dass der CDU-Antrag voll ins Schwarze getroffen hat.
Denn wenn man über eine Evaluierung des Kommunalen Finanzausgleichs diskutieren will, kommt man zunächst einmal nicht daran vorbei, sich seines Zwecks zu erinnern. Das Grundgesetz bestimmt in Artikel 28 Abs. 2 Satz 3 die Gewährleistung der Selbstverwaltung. Das umfasst auch die Grundlagen der finanziellen Eigenversorgung. Auch unsere thüringische Landesverfassung in Artikel 91 Abs. 1 und insbesondere Artikel 93 Abs. 1 Satz 1 sagt ganz klar: „Das Land sorgt dafür, dass die kommunalen Träger der Selbstverwaltung ihre Aufgaben erfüllen können.“ Der Kommunale Finanzausgleich dient der Umsetzung des verfassungsrechtlichen Gebots der Sicherung der finanziellen Grundlagen der kommunalen Selbstverwaltung. Er soll über die sonstigen Finanzausgleichsinstrumente auf Landes- und Bundesebene abhängig von der Finanzkraft und dem Finanzbedarf der Kommunen und den nicht abundanten Kommunen zusätzliche Mittel bereitstellen, damit sie ihre Aufgaben erfüllen können.
In einem wegweisenden Urteil des Thüringer Verfassungsgerichtshofs 2005 Seite 38 heißt es: „Indem Artikel 93 Abs. 1 Satz 1 Thüringer Verfassung eine Finanzausstattung der Gemeinden und Gemeindeverbände vorschreibt, die insgesamt so bemessen sein muss, dass diese die Personal- und Sachausgaben für die Pflichtaufgaben im eigenen und übertragenen Wirkungskreis bestreiten können und ihnen darüber hinaus ein gewisser – noch näher zu bestimmender – finanzieller Spielraum für Maßnahmen im Bereich der freiwilligen Selbstverwaltungsangelegenheiten verbleibt, garantiert die Norm den kommunalen Gebietskörperschaften eine der Gesamtheit ihrer Aufgaben angemessene Finanzausstattung als Grundlage ihres Selbstverwaltungsrechts.“ Die Finanzausstattung der Thüringer Kommunen muss ihnen also erlauben, ihr Selbstverwaltungsrecht auszuüben. Das Verfassungsgericht wird auch hier in dem oben bereits zitierten Urteil sehr deutlich: „Das Recht auf kommunale Selbstverwaltung ist jedenfalls dann nicht mehr gewahrt, wenn den Kommunen die Wahrnehmung freiwilliger Selbstverwaltungsaufgaben infolge einer
unzureichenden Finanzausstattung unmöglich ist […].“ – Seite 38. Wenn die Finanzausstattung so knapp bemessen ist, dass es nur mit Ach und Krach für die pflichtigen Aufgaben reicht, sei es der Vollzug des Personalstandgesetzes, einfach Standesamt genannt, oder Jugendhilfe nach dem SGB VIII, seien es die Pass- und Personalausweisbehörden oder der Jugendschutz, wie können dann die sogenannten freiwilligen Aufgaben finanziert werden? Die freiwilligen Aufgaben umfassen Kultur, das Herz der Kommunalpolitik. Wie kann auf der Basis der von der Regierung vorgeschlagenen Untergrenze von 1,9 Milliarden Euro – die Mittel für 2005, insgesamt 1,853 Milliarden Euro, reichen nicht einmal ganz an diese Untergrenze heran – für die Deckung der Ausgaben der Kommunen unbedingt notwendigen 2 Milliarden Euro pro Jahr überhaupt Kultur finanziert werden, wenn die Finanzmittel nicht einmal für die vom Land durch seine Gesetzgebung gesetzte pflichtige Aufgabe mitsamt der durch das Land gesetzten Standards ausreichen? Dabei steht das Land hier besonders in der Pflicht, steigen doch durch die Landesgesetzgebung und die Übertragung von neuen Aufgaben oder höher gesetzte Standards die Personal- und Sozialausgaben der Kommunen.
Das jährliche Strukturdefizit liegt seit der verunglückten Reform des Kommunalen Finanzausgleichs im Jahr 2013 bei 200 Millionen Euro im Jahr. Vor diesem Hintergrund muss die Landesregierung den gemäß dem Thüringer Finanzausgleichsgesetz vorgesehenen Bericht zur kleinen Revision und den Bericht hinsichtlich der Regeln des Thüringer Partnerschaftsmodells dem Landtag rechtzeitig vor der endgültigen Beschlussfassung durch das Haushaltsgesetz vorlegen, das heißt in der Tat, die Berichte den Landtagsabgeordneten mindestens eine Woche vor dem 18., 19. Juli zustellen. Da hat es mich wirklich gewundert, dass wir gestern Abend diesen Bericht reingekriegt haben. Es muss klar ersichtlich werden, inwieweit die Kommunen ihren ständig wachsenden Aufgabenstand mit den stagnierenden Mitteln im Finanzausgleich finanzieren können.
Wie aus der Presse bereits deutlich wurde, kommt ein Prüfbericht des Innenministeriums zum Schluss, dass die Kommunen auf der Grundlage des geltendes KFA mit 236 Millionen Euro weniger rechnen müssen als bislang, also nicht einmal mit den jetzt durch die Landesregierung vorgeschlagenen 1,9 Milliarden Euro als Untergrenze. Der geltende KFA ist nicht zukunftsfähig. Er muss grundlegend reformiert werden. Der Mehrbelastungsausgleich für die Mehraufwendungen der Kommunen im Zuge der Übertragung von Aufgaben im übertragenen Wirkungskreis gemäß § 23 FAG zum Beispiel, der sich aus den mit den Einwohnerzahlen multiplizierenden Pauschalbeträgen ergibt, ist dringend änderungsbedürftig.
Ich will Sie darauf aufmerksam machen, dass das Finanzministerium des Freistaats Thüringen im Jahr 2012 ein Gutachten zur Reform des Kommunalen Finanzausgleichs in Auftrag gab, das zu folgendem Schluss kommt: Die Einschätzung eines linear rückläufigen Finanzbedarfs zum Rückgang der Einwohnerzahlen kann nicht durch empirische Messungen begründet werden. Oder einfacher ausgedrückt: Es ist eben nicht so, dass es mit weniger Einwohnern einen geringeren Verwaltungsaufwand gibt, aus dem sich wiederum geringere Personalund Sachkosten ergeben, sodass die Mittel im Rahmen des Kommunalen Finanzausgleichs abgesenkt werden können, wie es der derzeitige Thüringer Finanzausgleich bis jetzt unterstellt. Es gibt zum Beispiel die sogenannte Kostenrelevanz öffentlicher Leistungen, die darin besteht, dass auch kleine Kommunen noch jahrelang Kapazität für die Erbringung von pflichtigen öffentlichen Leistungen vorhalten müssen, auch wenn die Bevölkerung zurückgeht. Es muss also eine Berechnungsgrundlage für den Mehrbelastungsausgleich geschaffen werden.
Die Landesregierung steht auch vor der Aufgabe, den Kommunen und dem Parlament eine Liste von Aufgaben und Aufgabenstandards vorzulegen, die gestrichen und abgesenkt werden können. Logischerweise ist es nämlich so, wenn nicht mehr dringend notwendige Mittel für die Kommunen bereitgestellt werden können, also sozusagen die Einnahmeseite der Kommunen verbessert wird, dann muss bei der Ausgabenseite gekürzt werden, indem Überflüssiges oder zu bürokratische Standards minimiert werden, die für die kommunalen Mehrausgaben sorgen. Hier steht die Landesregierung in der Pflicht, einen Katalog an notwendigen Aufgaben und notwendigen Standards vorzulegen, Prioritäten zu setzen und die Kommunen durch die Minimierung von überflüssigen Standards zu entlasten.
Meine Damen und Herren, es stehen beim Kommunalen Finanzausgleich große Reformen an. Um diese gestalten zu können, braucht man zunächst einmal eine transparente Standortbestimmung. Der kommunale Weg führt nur in die Zukunft, wenn man die Irrwege der Vergangenheit vermeidet. Vielen Dank.
Für die Fraktion der CDU hat sich Abgeordneter Mohring zu Wort gemeldet. Sie haben noch 30 Sekunden Redezeit.
Ja, Herr Mohring, die Kunst, in 30 Sekunden das zu sagen, was nötig ist, da haben Sie jetzt auch kapituliert. Lassen Sie mich mal wenigstens in 30 Sekunden einen Satz, bevor ich auf Ihren Antrag eingehe, sagen. Wir hatten eine sehr engagierte Debatte zur Notwendigkeit einer Novellierung des KFA, ob, in welchem Umfang und auch wann. Aber ich kann nur sagen, die Anzahl, die Summe der Anträge der Kommunen auf Bedarfszuweisungen allein vom letzten Jahr sprechen ihre ganz eigene Sprache und allein daraus
kann man Schlüsse ziehen, dass die Situation der Kommunen, jedenfalls bei denen, die die Anträge gestellt haben – und die Zahl war so hoch wie noch nie –, natürlich nicht rosig ist. Ich glaube, da sind wir uns alle einig. Deshalb sehen wir auch die Notwendigkeit, im Kommunalen Finanzausgleich einige Punkte zu ändern.
Zum Antrag der Fraktion der CDU möchte ich ein paar Sätze ausführen. Zu Ziffern 1 und 2 des Antrags: Nach § 3 Abs. 5 des Thüringer Finanzausgleichsgesetzes ist zu prüfen, ob mit der nach dem in § 3 Abs. 2 des Finanzausgleichsgesetzes verankerten Partnerschaftsgrundsatz ermittelten FAGMasse die finanzielle Mindestausstattung der Kommunen sichergestellt werden kann. Diese sogenannte kleine Revision der Mindestausstattung ist jährlich und bei Doppelhaushalten in zweijährigen Abständen zu prüfen. Im Rahmen der kleinen Revision ist zusätzlich zu prüfen, ob aufgrund der Veränderungen ab dem 1. Januar 2013 im Bestand pflichtiger eigener kommunaler Aufgaben in der Finanzverteilung zwischen Bund und Ländern sowie bei der Aufgabenverteilung im Verhältnis zwischen dem Bund und den Kommunen die im Gesetz festgesetzte Regel des Thüringer Partnerschaftsmodells anzupassen ist. So weit, so gut. Von einer Anpassung ist allerdings abzusehen, wenn der saldierte Betrag der festgestellten Veränderungen 20 Millionen Euro als sogenannte Bagatellgrenze unterschreitet. Auch davon ist schon die Rede gewesen. Ich lege Wert darauf: Im Rahmen der Aufstellung des Haushalts 2015 wurden die betreffenden Prüfungen natürlich vorgenommen. Hierbei wurde festgestellt, dass mit der Finanzausgleichsmasse auf Basis des Partnerschaftsmodells die finanzielle Mindestausstattung sichergestellt ist.
gleichsgesetzes steuerkraft- und umlagekraftunabhängig als allgemeine Finanzzuweisung je Einwohner nach § 30 Abs. 2 des Finanzausgleichsgesetzes ausgereicht. Die Pauschalen für die jeweiligen kommunalen Träger sind in § 23 Abs. 1 Satz 1 für die Jahre 2013 und 2014 genannt. Die Pauschalen der folgenden Jahre sind nach § 23 Abs. 4 – Herr Mohring, aber auch Herr Höhn sind darauf eingegangen – anhand der Entwicklung der Verbraucherpreise fortzuschreiben. Dies ist auch erfolgt. Eine darüber hinausgehende Neuberechnung sieht das Thüringer Finanzausgleichsgesetz nicht vor.
Wir haben uns allerdings für 2016 – insofern will ich auch gern darauf eingehen – vorgenommen, im Rahmen der Neuberechnung uns selbstverständlich auch der in Ihrem Antrag angesprochenen Punkte der veränderten Aufgabenwahrnehmung, gestiegener Belastungen und veränderter Einwohnerzahlen anzunehmen. Das wollen wir im Jahr 2016 auch tun. Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Minister. Sie haben dankenswerterweise und richtigerweise eben in dem Schlusssatz auf § 23 Abs. 5 verwiesen, der genau Folgendes in Ergänzung zu dem sagt, was der Kollege Höhn zitiert hat, und das ist entscheidend: „Wird den kommunalen Trägern der Selbstverwaltung nach Artikel 91 Abs. 3 der Verfassung des Freistaats Thüringen eine neue Aufgabe übertragen oder wird ein Aufgabenstandard einer bereits übertragenen Aufgabe erhöht, ist der Mehrbelastungsausgleich durch ein gesondertes Gesetz zu regeln.“ Jetzt frage ich Sie mit Blick auf Ihre Aussage zu 2016 – wo Sie es ankündigen –, ob mit Blick auf das Jahr 2015, ob mit Blick auf die zulässige Verwaltungsaufgabe bei der Grundsicherung, ob mit Blick auf die zusätzliche Aufgabe bei Asyl bei den Verwaltungsaufgaben, ob mit Blick auf die zusätzlichen Aufgaben bei weiteren Sozialbereichen, die ich vorhin genannt habe, nicht auch in diesem Jahr schon hätte genau diese Überprüfung der zusätzlichen Aufgaben durch Mehrbelastungsausgleichsrevision vorgenommen werden müssen.
Herr Abgeordneter, der Vorteil, wenn man in einem Ministerium Fachleute hat, ist, dass die das natür
lich vorher prüfen. Die Prüfung hat ergeben, dass wir die Neuberechnung für dieses Jahr nicht vornehmen müssen, sondern dass wir nach § 23 Abs. 4 des Thüringer Finanzausgleichsgesetzes genau die Regelungen geprüft haben, die für dieses Jahr erforderlich sind, wir uns aber in der Tat für das nächste Jahr dieser Aufgabenstellung annehmen wollen.
Ich habe die Frage schon verstanden, Herr Abgeordneter Mohring. Sie haben ja gesehen, wenn Sie einen Prüfbericht von uns anfordern, dann bekommen Sie ihn auch. Übrigens hätten Sie ihn auch schon vor zwei Monaten bekommen, wenn Sie angefragt hätten.
Es liegen jetzt keine weiteren Wortmeldungen vor. Es ist keine Ausschussüberweisung beantragt worden. Damit kommen wir zur Abstimmung über den Antrag der CDU.
Hatten alle Gelegenheit, ihre Stimme abzugeben? Dann schließe ich die Abstimmung und bitte um Auszählung.