Protocol of the Session on September 27, 2019

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Ich rette den Wald in 11 Sekunden, so sagt Herr Mohring!)

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe mir gedacht, ich muss dem Kollegen Hey mal beispringen, weil er sich doch in dieser Zwitterstellung zwischen der rot-rot-grünen Koalition und der Verantwortung im Bund bewegt, und will zunächst noch mal auch für unsere Fraktion zusammenfassend sagen: Das, was wir in der Klimapolitik tun müssen, ist tatsächlich eine Menschheitsaufgabe.

(Beifall CDU)

Wir halten es mit dem, was Papst Franziskus gesagt hat: Es ist nichts Kleineres als die Verteidigung der Mutter Erde.

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Das stimmt nicht, da ist es letztlich egal!)

Wir können dem vollkommen zustimmen. Das Entscheidende, was wir tun müssen – in den nächsten Wochen, in den nächsten Monaten, in den nächsten Jahren, in den nächsten Jahrzehnten – ist, dass wir immer einen Schritt nach vorn gehen, dass wir all das, was wir machen können – mit Mehrheit, mit Akzeptanz in der Bevölkerung, mit den Notwendigkeiten, auch für den Erhalt unseres Wirtschaftsstandortes –, so tun, dass wir immer einen Schritt näher an das gehen, wozu wir uns auch gemeinsam verpflichtet haben, nämlich die Pariser Klimaziele einzuhalten und Klimaneutralität auch für Deutschland bis 2050 sicherzustellen. Damit das gelingt, gibt es Klimaziele, die wir auch schon 2030 erreichen und auf dem Weg bis 2050 schaffen müssen. Wir laufen in Deutschland hinterher. Jawohl, das ist so!

(Zwischenruf Abg. Hausold, DIE LINKE: Aha, das ist ja ganz neu!)

Die liegen richtig, die das erkannt haben und die sagen: Ihr müsst mehr machen. – Da gibt es auch gar keinen Widerspruch.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Uns wurde etwas ganz anderes gesagt!)

Das Entscheidende ist aber: Das, was wir tun, muss so gerichtet sein, dass Maß und Mitte, was wir in Einklang bringen müssen, sozusagen nicht die Gesellschaft verrücken, nicht unser Leben so stark einschränken, dass die Leute sich bedrängt fühlen, damit sie nicht das Gefühl haben, dass die Politik mit ihnen ihr Leben gestalten will. Deswegen sind ein paar Prinzipien wichtig, die ich gern noch einmal nennen möchte. Eins der Prinzipien ist – das haben wir auch mit dem Klimapaket in einem ersten Schritt versucht umzusetzen, ich teile die Auffassung von Matthias Hey –, dass wir gesagt haben: Wir wollen zuallererst Anreize schaffen, wir wollen zuallererst Möglichkeiten schaffen. Wir wollten nicht zuerst Verbote und Steuererhöhungen schaffen. Ich finde es wichtig, das in dieser Reihenfolge zu sehen.

(Beifall CDU)

Ich finde, es gibt ein zweites Prinzip, das auch unbedingt noch ausgebaut werden muss. Auf der CDU/CSU-Seite – in der Klimagruppe konnte ich ja mitarbeiten – haben wir dieses Prinzip verankert, in das Klimapaket der Bundesregierung hat es noch nicht Einfluss gefunden. Es ist dieses große Ziel, dass wir ganz klar bekennen müssen: Das, was wir künftig als Staat durch CO2-Bepreisung einnehmen werden, das müssen wir vollständig und konsequent wieder in den Kreislauf zurückgeben.

(Beifall CDU)

Das heißt, dass wir auch sagen müssen: Wenn das CO2-Preisschild zu höheren Einnahmen beim Staat führt, dann gehört die Stromsteuer in Deutschland abgeschafft.

(Beifall CDU)

Dann gehört die EEG-Umlage konsequent Schritt für Schritt abgesenkt; und dann gehört auch dazu, dass wir da noch stärkere Anreizmodelle schaffen, damit CO2-Vermeidung möglich ist, bei den Leuten, in der Industrie und der Wirtschaft – ich finde das wichtig –, und dass wir auch schauen, wenn wir mit dem CO2-Preisschild zusätzlich Geld beim Staat einnehmen, dass wir die Idee aufgreifen, die wir aus Thüringen in die Debatte eingespeist haben, dass wir auch die Naturschutzfunktion unserer Umwelt selbst mitnehmen. Und natürlich, wir haben darüber geredet, über die CO2-Senken im Wald, in

(Abg. Hey)

Thüringen, in Deutschland, in Europa, in der Welt. Wir können es für Deutschland regeln. Ich finde, dass wir einen starken Beitrag für künftigen nachhaltigen Waldumbau leisten können, wenn wir künftig die CO2-Bindungsfunktion mit einer Prämie ausstatten und Waldbesitzer stärken. Wir ändern auch das Prinzip „Wald“, dass wir nicht nur im Wald damit Geld verdienen, indem wir das Holz rausholen und sagen, das ist die einzige Einnahmequelle, die derzeit ohnehin versiegt ist, sondern dass wir auch die Bindungsfunktion von CO2 im Wald künftig prämieren und damit Waldbesitzer, ob sie Kleinwaldbesitzer sind, ob sie staatliche Waldbesitzer sind oder kommunale Waldbesitzer stärken, dass wir also diese Bindungsfunktion von CO2 nutzen und schauen, wer kann CO2 einsparen, aber auch die Naturfunktion der CO2-Bindung genauso wertschätzen und prämieren, wie wir das für alle Dinge künftig machen wollen.

(Beifall CDU)

Ich finde das für uns einen starken Beitrag, weil wir dann Wald künftig nachhaltiger umbauen können, weil wir nicht nur darauf setzen müssen, das Holz rauszuholen oder gar die Debatten zu führen „Holz raus, Windrad rein“. Wir haben ja dazu gesprochen. Wir haben eine klare Position, wir wollen keine Windräder im Wald, weil wir finden, wir

(Beifall CDU)

können die Positionen auch anders klarmachen.

Herr Abgeordneter Mohring, gestatten Sie eine Anfrage der Abgeordneten ….

Zum Ende meiner Rede gern. Ich würde nur gern den Sachzusammenhang auch aufklären.

Genauso ist es auch bei den Windrädern vorm Dorf. Uns ist doch eins wichtig, dass wir in Akzeptanz mit den Bürgerinnen und Bürgern, mit den Menschen, die im Dorf wohnen, die Frage der Erneuerbaren regeln. Da gehört es dazu, dass eine anständige Abstandsfläche zur Wohnbebauung notwendig ist. Sie ist schlicht notwendig. Wer Akzeptanz möchte, darf dann nicht über die Köpfe der Menschen im Dorf hinweg die Entscheidungen treffen. Wir fassen das hier oft so zusammen: Da wir beide, Frau Umweltministerin, in Jena auf dem Marktplatz noch nie ein Windrad gesehen haben, auch wahrscheinlich nie sehen werden, ist es eben immer leichter, aus der städtischen Perspektive die schöne bunte Welt zu sehen,

(Beifall CDU)

(Unruhe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

aber sie ist vom Dorf aus eben komplizierter. Wenn wir Akzeptanz für die Erneuerbaren, auch für die Windkraft, schaffen wollen – und das wollen wir –, dann müssen wir zwei Prämissen beachten: Dann muss die Wertschöpfung vor Ort bleiben und es dürfen keine Helikopterinvestitionen stattfinden von irgendjemand Fremdem, der den Bauern, den eigenen Eigentümern …

(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Sie müssen zuhören, zuhören!)

Lieber laut brüllender Genosse Harzer, es wäre total viel wert in so einer ernsthaften Debatte, wenn Sie nicht mit Ihrem lauten Organ einfach dazwischenreden, sondern auch den Anstand hätten, mal einen Satz bis zu Ende anzuhören.

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Rosin, CDU: Ja!)

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: An- standsfrage? Das sagen Sie?)

Ehrlich mal!

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Das sagt einfach der Falsche!)

Nein, mich nervt diese aggressive, laut tönende Art von Ihnen oder von Ihnen – Sie sind ja heute ruhig. Das kann man gar nicht mehr anders sehen. Das trägt doch nicht zu unserer demokratischen Kultur bei, wenn Sie da rumbläken und wir hier eine ernsthafte Debatte führen wollen. Hören Sie doch zu!

(Beifall CDU)

Wir haben Ihnen auch nicht dazwischengeredet! Hören Sie doch einfach zu! Mannomann!

Wissen Sie, ich finde, dass es wichtig ist, eine Akzeptanz zu schaffen, dass wir eben auf diese Sorgen der Menschen achten. Das heißt neben der Frage von Wertschöpfung vor Ort eben auch, dass viele Menschen in Sorge sind, was ist mit Infraschall, was ist mit Schlagschatten, was ist mit dem Wert meines Grundstücks auch in dieser Frage, wenn so viel Bebauung vor Ort da ist. Wenn man die Abstandsflächen einfach entzerrt, wenn man damit Akzeptanz auch möglich macht, dann wollen wir doch auch genau bei den Erneuerbaren, auch bei der Windenergie für Thüringen, dort, wo es vor Ort gewollt ist, einen Beitrag leisten.

Dann will ich gern noch mal sagen: Ich bin immer überrascht in der Politik, in den Debatten, die wir im Jahr 2019 führen, dass wir heute alle immer schon neunmalschlau sein wollen und wissen, wie der

Stand der Forschung, der Stand der Technik, die Innovationsfähigkeit Deutschlands und Europas im Jahr 2050 ist.

(Beifall CDU)

Ich setze darauf, ich setze wirklich mit aller Ernsthaftigkeit darauf, dass wir auch eine Menge Geld von dem, was wir bei der CO2-Bepreisung einnehmen, in Forschung, in Innovation investieren,

(Beifall CDU)

unsere Wirtschaft stärken, sie auch zum Vorreiter in der Welt machen, in Europa sowieso und mit dieser neuen Innovationskraft, mit unserer starken Ingenieurskunst auch darauf setzen, dass wir Technologien schaffen, die wir heute noch gar nicht sehen, weil sie noch gar nicht zu Ende geforscht sind. Aber wer heute schon rechnet und sagt, wir erfüllen die Klimaziele 2050 nur durch den Ausbau von Windenergie, dem sage ich, der liegt im Jahr 2019 falsch und er wird auch im Jahr 2050 falschliegen. Definitiv!

(Beifall CDU)

Wissen Sie, das Entscheidende ist, dass wir uns jetzt vornehmen, wir in der Verantwortung im Bund und auch in neuen Verantwortlichkeiten nach dem 27. Oktober hier in Thüringen, dass wir die Beschlüsse, die im Klimakabinett jetzt gefasst wurden, nicht als statisch hinnehmen und sagen, jetzt gibt es nicht mehr. Ich bin sehr dafür, jedes Jahr neu zu evaluieren, jedes Jahr nachzusteuern, zu schauen, erfüllen die Beschlüsse, die wir gefasst haben, die Klimaziele, die wir uns am Ende des Weges, 2050, gesetzt haben, oder müssen wir noch mal nachsteuern. Wir sehen doch, wie notwendig es ist, die Dinge schneller zu evaluieren, schneller zu prüfen und zu schauen. Wenn ich mir die Milliarden vorstelle, die wir bei der EEG-Umlage einsetzen, nicht aus dem Bundeshaushalt, sondern die die Bürger über ihre Strompreise zahlen, die Industrie, Handwerk und Mittelstand bezahlen, spüren wir aber doch, obwohl wir Milliarden einsetzen, dass es offensichtlich nicht die Anreiz- und Lenkungswirkung gibt, dass man die Klimaziele erreichen kann. Wenn man merkt, dass die Anreizwirkung verfehlt ist, dass sie nicht zielgenau ist, dann muss man nachsteuern. Ich bitte einfach darum, dass die, die das infrage stellen und sagen, lieber noch einmal nachsteuern, um die Klimaziele zu erreichen, die Leute mitnehmen, nicht mit Verboten, nicht mit Steuererhöhung, sondern mit Ermöglichungen anreizen, dass die nicht gleich als Klimaleugner verunglimpft, sondern in ihrer Sorge ernst genommen werden, weil auch sie in einer gesunden Welt leben wollen und ihren Nachkommen eine Welt ermöglichen wollen, wo diese nachfolgenden Generatio

nen auch noch leben können. Das können Sie jedem abnehmen, auch denen, die in Sorge sind.

(Beifall CDU)

Das Wichtigste dabei ist doch, dass wir schauen, dass wir jeden, der eine Idee dafür hat, einladen, diese Idee auch auszusprechen, dass wir jeden, der eine Idee hat und nach vorn schaut, auch mitnehmen. Nur weil nicht alle gleich euphorisch mit der Fahne vorneweg laufen, sind doch die, die skeptischer sind, auch Menschen, die um ihre Verantwortung für diese Welt und diese Umwelt wissen.