Vielen Dank, Frau Präsidentin. Sehr geehrte Besucher auf der Tribüne, sehr geehrte Kollegen Abgeordnete, das hätte sich zu Anfang dieser Geschichte wahrscheinlich auch keiner gedacht, dass dieser Sachverhalt mal zu einem der größten politischen Aufregerthemen der Landespolitik hier in Thüringen werden wird. Im Augenblick ist es fast so. Neben der Klimapolitik ist die Debatte um die Stiftung Mitteldeutsche Schlösser und Gärten voll entbrannt und hier und da auch mal im Stadium der Irrationalität angekommen. Ich habe immer wieder, auch durchaus lobend, erwähnt, dass die Landesregierung uns, was diesen Kontext angeht, auf dem Laufenden gehalten hat – am Anfang zumindest. Mittlerweile haben wir das Gefühl – zumindest als AfDFraktion –, dass wir nicht mehr so gut informiert werden wie zu Beginn des Prozesses. Wir haben das Gefühl, dass hier im Augenblick – das liegt viel
leicht auch am bevorstehenden Wahltermin – die Regierungsaktivität eher eingeschlafen ist und dass hier ein Projekt nicht mit der notwendigen Energie umgesetzt wird.
Die schriftliche Anhörung der Experten, die wir im Ausschuss angeregt und durchgeführt haben, hat mir persönlich viel gebracht. Ich habe mir viele neue Argumente erschließen können, die meine Sicht auf diese Problematik, auf diesen Sachverhalt durchaus noch mal verändert haben und die ich nachträglich auch noch als sehr nutzbringend einordnen möchte. Kollege Kellner hat die Chronologie des Sachverhalts eigentlich schon sehr detailreich dargestellt, sodass ich mir das jetzt von hier vorne erspare. Er hat darauf hingewiesen, dass es hier um ein wirklich großes Budget geht, das zu verausgaben ist. 100 Millionen Euro für Thüringen vom Bund, zusätzlich 100 Millionen Euro durch das Land, das sind in Summe 200 Millionen in acht Jahren. Das ist schon eine Stange Geld, gerade wenn man sich vor Augen führt, dass die vor etwa 25 Jahren ins Leben gerufene Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten in diesem Zeitraum ihres Bestehens insgesamt 240 Millionen Euro ausgeben konnte.
Die Bereitschaft, in die Thüringer Residenzkultur zu investieren, ist absolut begrüßenswert. Das ist auf jeden Fall die Position, die wir als AfD von Anfang an vertreten haben und weiterhin vertreten.
Von Anfang an haben wir aber auch immer wieder kritisch darauf hingewiesen, dass die Frage des Ob und des Charakters einer länderübergreifenden Stiftung sinnvoll geklärt werden muss. Indes konnten alle Debatten über diesen Punkt, auch die darlegenden Auskünfte der Landesregierung, nicht hinreichend klarmachen – Kollege Kellner hat darauf hingewiesen –, warum es die Bedingung gibt, dass eine neue länderübergreifende Stiftung zu gründen sei, wenn es darum geht, der Thüringer Residenzkultur unter die Arme zu greifen. Noch mal: Auch aus Sicht der AfD-Fraktion gibt es diese Begründung für eine neue Stiftung bis heute nicht.
So haben weder der Bundestagsabgeordnete Johannes Kahrs noch sein Kollege Carsten Schneider deutlich machen können oder wollen, weshalb es diese neue Stiftung geben muss. Schneider meinte dazu in einem Interview lediglich – ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin –: „So lautet der politische Kompromiss.“ Da stellt sich beispielsweise die Frage: Kompromiss zwischen wem? Das Ganze riecht dann doch nach Hinterzimmerpolitik, riecht dann doch nach Hinterzimmermauschelei. Deswe
Wenn gelegentlich zu hören ist, dass die Gründung einer neuen Stiftung auch dazu dient, den Begehrlichkeiten anderer Bundesländer entgegenzutreten, so scheint das in meinen Augen auch eher eine gekünstelte Begründung zu sein. Eher, sehr geehrte Kollegen Abgeordnete, liegt es auf der Hand, dass es bei der länderübergreifenden Stiftung seitens des Bundes lediglich darum geht, dass der Bund seinen Daumen auf dem Projekt halten will. Das wird auch im Hinweis von Herrn Kahrs deutlich, dass man eine Dachstiftung – die hier eben auch schon Thema der Debatte war, die das Geld an eine untergeordnete Stiftung also nur durchleitet – von Bundesseite explizit nicht wolle. Es geht also bei der neuen Stiftung nicht zuletzt um die Einflussnahme des Bundes, und zwar um die Einflussnahme im Bereich der Kulturhoheit der Länder – auch darauf hat Herr Kollege Kellner schon hingewiesen und damit auf dieselbe Position sowohl der CDUFraktion als auch der AfD-Fraktion hier im Hohen Hause. Die Kulturhoheit der Länder darf von uns nicht zur Disposition gestellt werden.
(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Warum sollte denn der Bund das machen? Das ist doch Quatsch!)
Es ist überhaupt nicht zu erkennen, dass es Mitwirkungsrechte des Bundes bei der Landesaufgabe Kultur gibt. Der Erhalt der landeseigenen Residenzkultur ist keine Gemeinschaftsaufgabe von Bund und Ländern. Natürlich kann sich der Bund immer mal wieder in seiner Argumentation darauf beziehen, dass es Denkmäler nationaler Bedeutung gibt. Wer zweifelt daran? Aber diese Denkmäler nationaler Bedeutung sind bisher bei den Bundesländern in sehr guter Hand gewesen. An diesem Grundsatz und an dieser Ausrichtung der Bund-Länder-Beziehung im Bereich der Kulturpolitik halten wir als AfD weiterhin fest.
Es sieht also so aus, als wäre die länderübergreifende neue Stiftung ein Selbstzweck. Aber das ist sie nicht und fachliche Gründe für eine neue Stiftung sind – um das noch mal zusammenzufassen – schlichtweg nicht erkennbar.
Es wurde schon erwähnt, es gibt exzellente Strukturen, exzellent arbeitende Strukturen in Thüringen, die man gewiss auch ohne großen Arbeitsaufwand in der Weise weiterentwickeln kann, dass sie die Gelder des Sonderinvestitionsprogramms verwalten
und auch zusätzliche Liegenschaften über die 31 hinaus betreuen können, die ihr zurzeit obliegen. Das ist die heute schon öfter erwähnte Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten. Wie gesagt, hier liegen arbeitsfähige, bewährte Strukturen vor, hier liegt eine ausgereifte Expertise vor, die man ohne Weiteres nutzbar machen kann. Man könnte praktisch schon morgen damit beginnen, die Gelder des Bundes zugunsten unserer – ja – stellenweise leider verfallenden Residenzkultur zu verwalten.
Sehr geehrte Kollegen Abgeordnete, wir reden von acht Jahren. Wir reden nicht von 16 oder 24 Jahren. Wer wagt es von uns, Prognosen anzustellen, was in diesem Land in neun oder 16 oder 20 Jahren ist, was vor allen Dingen die finanzielle Kraft des Bundes in diesem Zeitraum angeht? Wir reden also, wenn wir realistisch bleiben wollen, von acht Jahren. Darum geht es. In diesen acht Jahren sollen 100 bzw. 200 Millionen Euro an Geld hier in Thüringen verausgabt werden, und das muss so schnell wie möglich gehen. Es lohnt sich nicht, hier neue Strukturen aufzubauen, es lohnt sich nicht, hier neues Personal einzuarbeiten, und es lohnt sich nicht bzw. es wäre fast schon eine Verhöhnung – wenn ich mich mal so ausdrücken will – des Volkswillens, noch mehr Bürokratie aufzubauen. Mehr Bürokratie ist mit uns als AfD mit Sicherheit nicht machbar.
Vor diesem Hintergrund, sehr geehrte Kollegen Abgeordnete, wird meine Fraktion dem CDU-Antrag zustimmen, der in der Sache darauf abzielt, erstens die kulturpolitische Unabhängigkeit Thüringens zu sichern und zweitens die Gelder des Sonderinvestitionsprogramms in die bestehende Thüringer Stiftung zu leiten. Der Antrag hebt zu Recht darauf ab, dass die für Thüringen vorgesehenen 100 Millionen Euro des Bundes auch direkt an den Freistaat geleitet werden können. Das muss das Interesse Thüringens sein. Im Übrigen entspricht diese Positionierung beispielsweise auch der Stellungnahme der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Schlösserverwaltungen.
Meine sehr verehrten Kollegen Abgeordneten, ich muss noch zwei Bemerkungen zum Antrag der Koalitionsfraktionen machen. Erstens: In der Begründung des rot-rot-grünen Antrags wird davon gesprochen, dass beide Länder, also Thüringen und Sachsen-Anhalt, über – so wörtlich – eine einzigartige Verdichtung von Denkmälern der Residenzkultur verfügen. Es wird suggeriert, dass es den Raum einer einheitlichen mitteldeutschen Residenzkultur gebe. Das ist schlichtweg falsch. In Thüringen haben wir ein reiches Residenzerbe, das beispielsweise auch durch die Marke „Schatzkam
mer Thüringen“ repräsentiert wird – gewiss –, und das stellt keiner in Abrede. Es gibt auch in Sachsen-Anhalt bedeutsame Schlösser, Burgen und Gärten. Man denke beispielsweise an das Schloss Mansfeld oder Wernigerode oder Schloss Burgscheidungen und andere Schmuckstücke. Dennoch, ein derart dichtes und reiches Residenzerbe wie in Thüringen gibt es in Sachsen-Anhalt nicht. So überwiegen diesbezüglich die strukturellen und historischen Unterschiede, die durch eine Zusammenfassung unter der Überschrift „Mitteldeutsche Schlösser und Gärten“ eher verwischt werden. Wenn man schon von Mitteldeutschland spricht, dann müsste ja auch namentlich Sachsen bei der länderübergreifenden Stiftung mitmachen. Das ist bekanntlich auch nicht der Fall.
Zweitens und letztens in diesem Zusammenhang: Es ist schon erstaunlich, dass der rot-rot-grüne Antrag die Landesregierung auffordert, quasi für Sachsen-Anhalt mitzuentscheiden und eine Art Bundesland Mitteldeutschland zu suggerieren, dass von Erfurt aus regiert wird. Denn wie soll man sonst die Punkte II.1 bis 3 verstehen? Ob die Kulturstiftung Sachsen-Anhalt in die neue Stiftung übergeht, wie es in II.2 gefordert wird, ist jedenfalls nicht die Entscheidung der Thüringer Landesregierung. Das ist dann Ausfluss von etwas, was wir schon öfter beklagt haben. Das ist Ausfluss eines handwerklich nicht vorhandenen Könnens.
Bleibt am Schluss, der Hoffnung Ausdruck zu verleihen, dass die fixe Idee einer länderübergreifenden Kulturstiftung aufgegeben wird. Wenn der Bund etwas für unsere Thüringer Residenzkultur, das Erbe der Thüringer Schlösser, Burgen, Gärten und Museen oder Sammlungen tun will, was wir – und das betone ich hier noch mal – ausdrücklich begrüßen, dann kann er das Geld direkt nach Thüringen leiten, nämlich in die schon bestehenden landeseigenen Strukturen. So soll es sein und so kommt es hoffentlich. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, es ist hier schon mehrfach angemerkt worden, Thüringens Kulturlandschaft weist eine einzigartige, in vielen Jahrhunderten gewachsene Struktur, einen einzigartigen Reichtum auf. Es sind Schloss- und Parkanlagen, es sind bedeutende Sakralbauten, es
sind beeindruckende Baudenkmale und eine stattliche Anzahl davon von nationalem Rang oder auch von internationalem Rang, also als Kulturwelterbestätte anerkannt. Diese einzigartige Dichte hat natürlich etwas mit der früheren territorialen Zersplitterung zu tun. Es hat etwas damit zu tun, dass jeder Herrscher etwas haben wollte, ein Schloss, eine Burg, eine Residenz. Und so haben wir im Thüringer Denkmalbuch 30.000 Liegenschaften verzeichnet. Wir haben 1.000 Denkmalensembles und 400 Schlösser, Burgen, Herrensitze und Amtshäuser.
31 dieser historischen und kulturell bedeutenden architektonischen Hinterlassenschaften verwaltet die Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten. Ich möchte einige aufzählen, es ist keine vollständige Aufzählung, aber einige Bedeutende sollte man doch herausheben: Da ist das Schloss Friedenstein in Gotha,
wir haben das Schloss Heidecksburg in Rudolstadt, die Dornburger Schlösser, Schloss Sondershausen und die Wilhelmsburg in Schmalkalden. Aber auch Park- und Gartenanlagen wie der Altensteiner, der Greizer oder der Gothaer Park gehören dazu. Wir haben Burgen bzw. Burgruinen wie Weißensee, Burg Ranis, wir haben die Brandenburg in Lauchröden oder Burg Gleichen in Wandersleben. Dazu kommen dann Sakralanlagen wie das Kloster Paulinzella, die Peterskirche oder Kloster Mildenfurth.
Die bauliche Wiederherstellung und Pflege, so steht es im Stiftungsgesetz der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten, und denkmalpflegerische Betreuung sind die Hauptaufgaben, aber auch die Öffnung für die Menschen, für die Bevölkerung, denn Kultur ist nicht irgendwas, was auf der Wiese stehen sollte, Kultur sollte erlebbar, erfahrbar sein. Auch das gehört zum Auftrag der Thüringer Stiftung Schlösser und Gärten.
Seit 1994 hat die Stiftung – das ist hier schon verschiedentlich bemerkt worden – insgesamt 240 Millionen Euro in diese Struktur investieren können. Da sind Meilensteine geschaffen worden, zum Beispiel das restaurierte Sommerpalais in Greiz, Schloss Wilhelmsburg in Schmalkalden, Schloss Bertholdsburg in Schleusingen oder der sanierte Ostflügel des Schlosses Friedenstein in Gotha.
Vieles ist erreicht worden, weitere große Sanierungen sind im Bau: Schloss Friedenstein mit einem Volumen von 60 Millionen Euro – ich möchte das hier noch mal anführen –, Schloss Altenstein,
die Peterskirche in Erfurt, das Schloss Schwarzburg und Paulinzella sowie der statisch gefährdete Nordflügel des Schlosses Sondershausen, die jetzt in Baumaßnahmen begriffen sind.
385 Millionen Euro braucht die Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten nach eigenen Angaben, um ihre 31 Liegenschaften so zu sanieren, dass sie einer Nutzung – in welcher Form auch immer – zugeführt werden könnten. Da sind ja noch nicht alle Schlösser dabei. Zählen wir zum Beispiel das Schloss Arnstadt mit dazu
oder das Ensemble Altenburg oder Schloss Reinhardsbrunn, dann sind wir locker bei einer halben Milliarde Euro, die wir an Investitionsbedarf hier haben. Wenn wir dann noch betrachten, dass wir jährlich zwischen 5 und 8 Millionen Euro in die Stiftung geben, dann wissen wir ungefähr, wie lange wir brauchen und wie viel bei diesem Tempo möglicherweise verloren gegangen ist, bevor wir tatsächlich mit Sanieren durchkommen.
Vor diesem Hintergrund ist meine Fraktion dem Haushaltsbeschluss des Bundestags – hier namentlich zu erwähnen Carsten Schneider und Johannes Kahrs – außerordentlich dankbar,
dass sie bereit sind, ein Sanierungs- und Investitionsprogramm in Höhe von 200 Millionen Euro auf den Weg zu bringen, übrigens im Bund zusammen mit der CDU.
Ich möchte hier kurz ein paar Eckdaten nennen, denn offensichtlich kann sich nicht jeder – gerade von der CDU – an diese Eckdaten erinnern. Erstens: Der Bund bringt gemeinsam mit den Ländern Thüringen und Sachsen-Anhalt ein Investitionsprogramm auf den Weg, in dem in acht Jahren insgesamt 200 Millionen Euro vom Bund und jeweils 100 Millionen Euro von den mitbeteiligten Ländern einfließen. Die Bedingung des Bundes zum Start des Sonderinvestitionsprogramms ist im Prinzip die Gründung einer gemeinsamen Stiftung. Für die in Gründung befindliche Stiftung, für die dort eingebrachten Objekte, fließt das Geld. Das fließt nicht einfach so in eine Förderstiftung.
Nach Gründung der Stiftung wird sich der Bund an den laufenden Geschäften und an Betriebskosten in Höhe von 15 Millionen Euro beteiligen. Um diese Stiftung auf den Weg zu bringen, sind 10 Prozent des Investitionsprogramms abrufbar und der Rest ist – Zitat – „gesperrt bis zur Gründung der Stiftung Mitteldeutsche Schlösser und Gärten“. 90 Prozent
sind gesperrt. Das heißt, wir reden hier nicht darüber, gib es bitte in eine Förderstiftung oder sonst irgendwas – wir bekommen es nicht, wenn wir es nicht tun. Sie können das gern als Erpressung, als Einmischung in die Kulturhoheit bezeichnen oder was auch immer, aber wir müssen es doch bewerten. Wir müssen jetzt sagen, wollen wir dieses Geld in Anspruch nehmen – die Bedingungen liegen auf dem Tisch –