Protocol of the Session on September 12, 2019

Die Entscheidung haben wir zu treffen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, eine weitere Sache: Herr Fiedler hat gesagt, ich wollte VGVorsitzender werden. Das war tatsächlich in Kölleda. Als Abwickler habe ich mich da beworben, bin nicht gewählt worden.

(Unruhe CDU)

Aber es kam dort Bewegung in die Sache.

Zu Greußen, weil hier die Kritik geübt wurde, es werden Parallelstrukturen wieder aufgebaut und warum nicht das Instrument der erfüllenden Gemeinde gewählt wurde – nochmals: Das entscheiden jetzt die Akteure vor Ort. Die hauptamtlichen Bürgermeister von Greußen und Kölleda können zeitgleich ehrenamtliche VG-Vorsitzende sein. Es muss keine Parallelität geben. Das Rechtsinstitut

der erfüllenden Gemeinde ist in beiden Fällen am Unwillen der beteiligten Gemeinden gescheitert. Sie wollten es nicht, sie wollten als Kleinst-VG, als Übergangslösung weitermachen und wollten damit signalisieren: Wir lassen uns noch etwas Zeit, aber uns ist bewusst, wo die Reise hingeht. Und wir als Koalition hatten wieder abzuwägen, ob wir dem Willen Einzelner stattgeben, die sich jetzt neugliedern wollen, oder ob wir den noch Zögerlichen eine Art Vetorecht einräumen. Wir haben uns für Ersteres entschieden und das war aus meiner Sicht richtig so.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, dann wurde von Herrn Fiedler das laufende Verfahren Linda – Bürgerbegehren angesprochen, das wissen wir. Ich darf nur in Erinnerung bringen: Wir hatten bei dem vorherigen Gemeindeneugliederungsgesetz auch zwei Fälle, wo das Verfahren schon weiter war als in Linda, nämlich in Judenbach, Unterland Landkreis Sonneberg, und in Tiefenort, Bad Salzungen, Wartburgkreis. Da waren die Bürgerbegehren schon zugelassen worden. In Linda läuft erst mal die Unterschriftensammlung zur Zulassung.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Na weil die erst mal zum OVG gehen mussten, das ist ein Unterschied!)

Ja, dass da die Stadt Neustadt/Orla als erfüllende Gemeinde zunächst den Antrag abgewiesen hat und die Antragsteller erst in das Gerichtsverfahren mussten, das können Sie aber jetzt weder der Landesregierung noch der Koalition zuschreiben. Das waren Entscheidungen vor Ort.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Dann zieht man es zurück!)

Wir haben Gewaltenteilung und das ist jetzt hinzunehmen. In dem Zusammenhang muss man aber verweisen – und wer sich dort einsetzt, der muss das auch noch mal zur Kenntnis nehmen: Im Rahmen der öffentlichen Auslegung und Anhörung kam nicht eine einzige Zuschrift aus Linda. Und da stelle ich mir nun doch die Frage: Wenn es dort wahrnehmbare Bedenken gibt, warum nutzt man nicht die Auslegung und Anhörung, um uns als Gesetzgeber auch in die Lage zu versetzen, eine Abwägung vorzunehmen?

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn aber null kommt, müssen wir davon ausgehen, es stößt auf Zustimmung aller Beteiligten. Insofern haben wir uns auch entschlossen zu sagen, wir nehmen zur Kenntnis, dass dort ein Verfahren läuft, aber entscheidend für uns ist die jetzige Antragstellung und wir wollen den Anträgen der betei

ligten Gemeinden dort vor Ort entsprechend Rechnung tragen.

Jetzt zu den VGs „An der Marke“ und „GrammeAue“ – nicht nur in dem Gesetz, es war schon im vorherigen Gesetz, da ist es schon aus dem Referentenentwurf noch mal rausgenommen worden: Ich habe da eine persönliche Meinung und wir haben als Fraktion eine Meinung und es gibt eine Koalitionsmeinung. Das ist so. Auch in Koalitionen gibt es demokratische Verfahren, da kann nicht jeder Einzelne seine Position durchsetzen, er muss dafür werben, das habe ich mit allen mir zur Verfügung stehenden Mitteln gemacht. Übrigens, Herr Fiedler, ich kann Sie beruhigen, ich wurde nicht gefoltert oder Ähnliches, sondern es gab ein Abwägungsverfahren. Dem Abwägungsverfahren kann auch ich mich nicht entziehen. Ich habe mich aber noch mal dazu geäußert, auch in den lokalen Medien. Ich halte das raumordnerisch und landesplanerisch für problematisch dort in dieser Region, weil Teile der Gemeinden im Einzugsbereich von Erfurt und von Sömmerda liegen. Es gibt keinen zentralen Ort und ich sage es deutlich: Die jetzige Bildung der dortigen Groß-VG kann nur eine Übergangslösung sein. Ich weiß, einzelne Akteure vor Ort sehen das anders. Sie meinen, dass jetzt durch diese GroßVG möglicherweise diese Strukturen dort dauerhaft entstehen. Die Effizienzpotenziale sind nicht mal benannt. Wir sparen einen VG-Vorsitzenden, müssen aber in Schloßvippach erst noch einen Verwaltungsstandort ertüchtigen, während der in Großrudestedt da ist. Und wie Sie gesagt haben: Es ändert sich nichts für die Mitgliedsgemeinden. Im Übrigen müsste ein künftiger Landtag mal darüber nachdenken, ob es tatsächlich günstig ist, dass leitende Landesbedienstete als ehrenamtliche Bürgermeister dort Stimmung gegen die eigene Landesregierung machen können. Ich habe da große Bedenken. Und es sind dort zwei führende Landesbedienstete, die ausschließlich die Debatten dort bestimmen. Auch das kann also nicht dauerhaft gut sein. Und wir haben der CDU ein Angebot gemacht – und da bin ich Ihnen richtig böse, Herr Fiedler. Wir haben gesagt, wenn ihr es mittragt, dann nehmen wir diesen Paragrafen raus, denn wir haben gesagt, wir müssen in der Abwägung – eine Gemeinde gegen elf Gemeinden – entscheiden. Und deswegen, das haben die Grünen als Kompromissvorschlag gemacht, dafür bin ich dankbar, dass man gesagt hat, wenn das die demokratischen Parteien in diesem Hause mittragen, dann halten wir auch den Druck aus, weil natürlich die elf anderen dann sagen „wieso die eine?“, halten am Grundsatz der Freiwilligkeit konsequent fest. Und Sie haben das Angebot aus rein wahltaktischen Gründen ab

gelehnt, nichts anderes, denn inhaltlich stehen Sie eigentlich dazu.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Herr Mohring als Fraktionsvorsitzender hat der Gemeinde Großrudestedt schriftlich zugesagt, dass Sie für eine Lösung eintreten. Und nichts machen Sie, Sie lassen Ihren Worten keine Taten folgen! Ich kann nur die Wählerinnen und Wähler in diesem Land warnen: So eine Partei ist nicht wählbar als Regierungspartei, denn Sie können nicht mal Opposition, Sie stellen nicht mal einen Änderungsantrag. Ihre schärfste Waffe ist die Enthaltung, das kann doch wohl nicht wahr sein, meine Damen und Herren.

Wir haben noch andere Dinge, was jetzt nicht in der Beschlussempfehlung ist, aber wo es erstaunliche Sachen gibt. In Nohra wollte der Gemeinderat am Montag den Ausstieg beschließen.

Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist leider vorbei.

Ach, das ist jetzt aber schade.

(Beifall CDU)

Also, das konnte wegen der Ladungsfrist noch verhindert werden. Da will der Gemeinderat heute Abend beschließen auszusteigen. Auch dort ist ein Landesbediensteter aus dem Innenministerium beteiligt. Und da sage ich mal, darüber müssen wir wirklich nachdenken. In dem Sinne, meine Damen und Herren, danke.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Danke schön. Aus den Reihen der Abgeordneten liegen jetzt keine Wortmeldungen vor.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Habe ich noch 1 Minute?)

Nein.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Schade!)

Herr Minister Maier, Sie haben das Wort für die Landesregierung. Wenn Herr Minister Maier mit 10 Minuten nicht auskommt, Herr Fiedler, haben Sie dann noch eine Chance.

(Abg. Kuschel)

Schauen wir mal.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, das war ein Kraftakt. Die dritte Runde der Gemeindegebietsreform geht heute in die abschließende Etappe und ich bin froh, unterm Strich, wenn man die Zahlen addiert – man muss ein bisschen aufpassen, man kann nicht alle addieren, weil doch verschiedene Kommunen auch schon in der zweiten Runde dabei waren –, sind es um die 300 Kommunen, die sich, nicht nur heute, sondern in den Vorgängergesetzen auch schon auf den Weg in zukunftsfähige Strukturen gemacht haben. Und tatsächlich, Herr Fiedler, damit ist auch eine ordentliche finanzielle Unterstützung verbunden, circa 180 Millionen Euro. Ich widerspreche Ihnen, das ist nicht zum Fenster hinausgeworfen.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Das hätten auch die anderen Kommunen gut gebrau- chen können, einen Teil davon!)

Es hätte jeder in Anspruch nehmen können. Jede Kommune, die sich auf den Weg macht in zukunftsfähige Strukturen, hätte es in Anspruch nehmen können. Ich weiß aus vielen Gesprächen, dass dieses Geld eben nicht aus dem Fenster geworfen ist, sondern gut angelegt wird.

Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, mir kommt es jetzt gar nicht darauf an, hier noch mal die Zahlen zu nennen, auch wenn sie sich sehen lassen können. Mir kommt es heute noch mal darauf an, auf die Menschen hinzuweisen, die dahinter stehen, die in den letzten zwei Jahren gemeinsam etwas auf den Weg gebracht haben, was wirklich herausragend ist. Da möchte ich natürlich die Gelegenheit nicht auslassen, meinem Staatssekretär an dieser Stelle ausdrücklich zu danken. Es war die richtige Entscheidung, einen Staatssekretär

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

das ist dein Applaus – für die Gebietsreform einzusetzen, und es war vor allen Dingen die richtige Entscheidung, diesen Posten mit Uwe Höhn zu besetzen, weil ich glaube, das war der Erfolgsfaktor.

(Beifall SPD)

Er hat es geschafft, auf Augenhöhe mit den Kommunen zu sprechen. Er hat auch den richtigen Ton getroffen. Oft war das Du die Anrede und nicht das Sie, weil er einfach im Land fast jeden im kommunalen Bereich kennt, und das war für mich der Entlastungsfaktor, das hätte ich niemals allein bzw. nur mit einem Staatssekretär hinbekommen. Deswegen mein Dank an dich, Uwe!

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir waren uns zeitweise nur in einem Punkt nicht einig. Du hast gesagt: Das mit der dritten Runde, ich weiß nicht, ob das gut geht.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Da hat er ja auch recht gehabt, grundsätzlich!)

Aber wir haben es doch gemacht, und das war auch gut.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Ober sticht Unter!)

Ober sticht Unter in dem Fall, das ist richtig.

Ich habe natürlich Uwes Argumente gehört, aber im Endeffekt habe ich einfach aufgrund der vielen Touren, die auch ich vor Ort gemacht habe, den Eindruck gewonnen, dass wir das noch mal machen können.

Da möchte ich jetzt auch ganz ausdrücklich – da oben sitzen sie – den Bürgermeister Bohl, den Bürgermeister Knott und die Angehörigen des Hauptausschusses begrüßen, denn es war in ihrer Kommune in der Ortschaft Möhra, dem Stammort der Lutherfamilie, wo wir vor dem Lutherdenkmal darüber gesprochen haben, dass der Moorgrund eigentlich unbedingt zu Bad Salzungen möchte, aber noch nicht so weit ist. Da war mir klar, hier ist noch richtig Musik drin, da können wir noch was machen, und so reifte die Entscheidung, jetzt auch ein drittes Gesetz in Bad Salzungen zu machen, denn Bad Salzungen ist nicht nur im dritten jetzt dabei, sondern war auch im zweiten dabei.

Aber nicht nur die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister waren jetzt am Zustandekommen beteiligt, sondern auch viele Abgeordnete, sprich Gemeinderats- und Stadtratsmitglieder. Sie haben um Mehrheiten gerungen, und das war auch oft kontrovers. Wir haben es auch gehört, dass es in Einzelfällen immer noch kontrovers ist. Die Anhörung war sehr intensiv und sie war aus meiner Sicht nicht immer von Erfolg gekrönt. Die Stichworte sind heute schon gefallen. Zurzeit ragt das Beispiel der Verwaltungsgemeinschaften „An der Marke“ und „Gramme-Aue“ heraus.

Was ich persönlich ein bisschen schade finde, ist, dass es in meiner Region auch einen Fall gibt, wo ich mir mehr gewünscht hätte. Dass Georgenthal und Tambach-Dietharz nicht zusammengekommen sind, bedaure ich sehr. Ich habe noch versucht – du weißt es –, kurz vor Weihnachten alle Beteiligten noch mal an einen Tisch zu holen. Nun ist es so, Tambach hat sich mit dem Status, autonome Gebirgsrepublik zu sein, angefreundet. Ich würde mal

sagen, das ist kein Erfolgsmodell, aber wir sind ja noch auf dem Weg und da geht noch was. Davon bin ich überzeugt, denn es hat sich gezeigt: Freiwilligkeit ist das Erfolgsrezept. Sinnvolle und zukunftsfähige Strukturen werden sich von allein ergeben, wenn wir auch weiterhin voll auf Freiwilligkeit setzen.

Als dritte Personengruppe möchte ich ausdrücklich auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Thüringer Ministeriums für Inneres und Kommunales erwähnen. Allein die Auswertung der letzten Anhörung war wieder ein Kraftakt. Über 1.000 Stellungnahmen mussten verarbeitet werden. Die Kolleginnen und Kollegen wurden auch schon mal während der Gebietsreform in der frühen Phase gescholten, man stände nicht richtig dahinter. Das weise ich noch mal zurück, das war von Anfang an so, sie waren nicht nur mit den formalen Abläufen befasst, sondern eines möchte ich auch mal sagen: Sie waren auch über das normale Maß hinaus engagiert und kreativ.