Protocol of the Session on July 4, 2019

den. Wir haben gehört, am 28.03. hatten wir es hier im Plenum und haben es am 27.06. abschließend im Ausschuss beraten. Uns lag eine Reihe von Stellungnahmen vor, die sehr unterschiedlich waren. Von Ablehnung bis zur Zustimmung war alles mit dabei. Gerade auch der Thüringer Rechnungshof hat in seiner Stellungnahme eine Reihe von Bedenken aufgegriffen, die auch mit den unsrigen übereinstimmen. Auch wenn es nicht primär um Kosten gehen sollte, sind diese dennoch von enormer Bedeutung, besonders für die mittelfristige Haushaltsplanung des Landes.

Bisher liegen uns hier keine belastbaren Zahlen und Grunddaten für Thüringen vor, wohlwissend, dass wir eine Kalkulation der anstehenden Kosten nach Inkrafttreten dieses Gesetzes brauchen. Nicht umsonst gab es die Forderung hier im Haus, bei der Verabschiedung von Gesetzen eine Kostenfolgeabschätzung beizufügen. So sind zum Beispiel die Erhebungen über die Anzahl der betroffenen Beamten, zu deren Besoldungsgruppen sowie auch mitversicherten Familienangehörigen nicht da. Deshalb macht die Anregung des Thüringer Rechnungshofs Sinn, detaillierte und fundierte Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen anzustellen, damit der Landtag die Auswirkungen auf die kommenden Landeshaushalte überhaupt erst einmal erkennen und bewerten kann. Jedoch wird das von Rot-RotGrün hier ignoriert.

Das sogenannte Hamburger Modell ist auch hinsichtlich der pauschalen Beihilfe zu kritisieren. Denn wir haben schon jetzt die Wahlfreiheit der Beamten, zwischen den Krankenkassen zu wählen, zwischen der privaten und der gesetzlichen. Beamte können nach Inkrafttreten des Gesetzes die einmal getroffene Wahl nicht mehr korrigieren, weil diese Entscheidung dann endgültig ist. Damit wird natürlich ein Wechsel in ein anderes Bundesland deutlich erschwert. Denn bei einem Wechsel der Dienststelle in ein anderes Bundesland wäre dann der gesamte gesetzliche Krankenversicherungsbeitrag selbst zu zahlen und die Betroffenen würden wahrscheinlich in die klassische Kombination aus Beihilfe und privater Krankenversicherung – Restkostenversicherung – zurückkehren. Dies hätte zur Folge, dass Beamte bei einem späteren Einstieg in die PKV jedoch den Aufbau ihrer Altersrückstellung nachholen müssten, weshalb möglicherweise für sie dieser Beitrag teurer wird. Deswegen wäre die Anwendung des Hamburger Modells gerade für wechselnde Beamte mit der Zahlung von dauerhaft höheren Versicherungsprämien verbunden. Es besteht auch ein Restrisiko, dass sich Beamte in die Beihilfe wieder zurückklagen könnten.

(Abg. Dittes)

Zum Thema „Schmerzensgeldansprüche“ nur Folgendes: Diese sollen nach dem Gesetzentwurf nur als erfüllt angesehen werden, wenn sie auf einem tätlichen gesetzwidrigen Angriff basieren und dieser auch nicht eingefordert werden kann. Zu kritisieren ist, dass für erlittene immaterielle Schäden nicht Gerichte zu deren finanzieller Wiedergutmachung angerufen werden können, da die Höhe der Entschädigung als ein angemessener festgelegter Beitrag nicht überschritten werden darf. Auch der Gemeinde- und Städtebund sieht die Einführung des Hamburger Modells sehr kritisch, insbesondere aus verfassungsrechtlichen Erwägungen heraus. Und zwar sind das die Erwägungen zu den Grundsätzen des Beamtentums im Artikel 33 Abs. 5 Grundgesetz und § 250 SGB V. Mit der Pauschale soll der Wechsel zur gesetzlichen Krankenversicherung gefördert werden als ein erster Schritt zur gänzlichen Abschaffung der bisherigen Beihilfe. Neben den bereits erwähnten verfassungsrechtlichen Bedenken, gemeint sind hier die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums, bedürfte es dazu einer bundesrechtlichen Gesetzesänderung von § 250 SGB V.

Unter dem Deckmantel scheinbar nur redaktioneller Änderungen wird hier ein politisch motivierter Systemwechsel mit grundlegenden Änderungen im Krankenversicherungs- und beamtenrechtlichen System angestrebt. Der Gemeinde- und Städtebund schätzt die monatlichen Mehrkosten für diese neue Beihilferegelung für bislang freiwillige Beamtinnen und Beamte in Höhe von 2.278.800 Euro und für die Kommunen in Höhe von 253.200 Euro ein. Im Gesetz findet sich dazu kein Ausgleich, der an die Kommunen erstattet werden soll.

Die Einrichtung einer eigenen Fachrichtung „informationstechnischer Dienst“ wird im Hinblick auf die fortschreitende Digitalisierung begrüßt. Jedoch ist nicht nachvollziehbar, weshalb für diese Absolventen kein Vorbereitungsdienst mehr geleistet werden muss und keine hauptamtliche Tätigkeit mehr notwendig ist, um verbeamtet zu werden.

Eine Änderung des Beamtenstatusgesetzes und das Rückkehrrecht für Landesbedienstete, die ein politisches Amt in der Kommune bekleiden und danach ausscheiden, werden vom Gemeinde- und Städtebund ebenfalls als verfassungsrechtlich bedenklich eingeschätzt. Es handelt sich um eine unrechtmäßige Privilegierung, eine ungerechtfertigte Besserstellung von Landesbediensteten gegenüber beschäftigten Bewerbern aus der Privatwirtschaft. Zumindest zeigt sich hier ein Verstoß gegen den Kontinuitätsgrundsatz § 5 Abs. 1 des Thüringer Gesetzes über kommunale Wahlbeamte.

(Beifall CDU)

Um es kurz zu machen: Meine Fraktion lehnt diesen Gesetzentwurf ab, da noch zu viele Fragen offen sind und die verfassungsrechtlichen Bedenken nicht ausgeräumt werden konnten. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU)

Danke schön. Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Abgeordneter Adams.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Gäste, liebe Kollegen hier im Thüringer Landtag, das Gesetz, das wir gerade beraten, ist das Thüringer Gesetz zur Anpassung von Vorschriften aus dem Bereich des Dienstrechts. Das klingt furchtbar formal und bürokratisch,

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Ist es auch!)

hat aber sehr wesentliche, sehr lebensnahe Inhalte, denn es geht darum, wie sich unsere Beamtinnen und Beamte versichern werden und wie ihre Familien damit auch abgesichert sind.

Der Schritt, den wir heute mit dem Hamburger Modell gehen, ist für uns Grüne wichtig, weil es besonders interessant ist für Beamtinnen und Beamte, die viele Kinder, also eine große Familie haben, oder Beamte, die möglicherweise eine Vorerkrankung haben. Für sie wird es jetzt besser, denn sie bekommen eine Wahlmöglichkeit.

Es gab natürlich auch Kritik. Das hat Frau Holbe gerade eben dargestellt und ich will kurz darauf eingehen, weil sie mich nicht überzeugen kann. Zum Beispiel haben die privaten Krankenkassen kritisiert, nun seien ja die gesetzlichen Krankenkassen, wo der Großteil der Bevölkerung gesetzlich versichert ist, bevorteilt, weil Beamte nun dort auch in diese gesetzlichen Krankenkassen gehen können. Ich würde mal sagen, andersherum wird ein Schuh daraus, denn jetzt haben wir eine Gleichberechtigung. Beamtinnen und Beamte können wählen, ob sie in die private oder in gesetzliche gehen und bekommen das dann auch ordentlich vergütet.

Das ist, glaube ich, ein wichtiger Punkt und damit auch ein wesentlicher Teil, nämlich die Wahlfreiheit, die wir ermöglichen. Weiterhin gab es die Kritik, dass die Entscheidung einer Beamtin oder eines Beamten am Anfang ihrer Dienstzeit dann nicht mehr geändert werden kann. Das kann ich überhaupt nicht verstehen, dass man das kritisiert, denn mit dem Wählen des Systems bin ich in der priva

(Abg. Holbe)

ten Krankenkasse oder bin ich in der gesetzlichen Krankenkasse, trete ich einem Solidarsystem bei und sage, heute zahle ich ein, hier für alle, und mich trägt diese Gemeinschaft auch. Deshalb kann es nur folgerichtig sein, dass man sich für ein System entscheidet und sich dabei dann nicht am Anfang der Dienstzeit die Vorteile einzeln herauspickt und am Ende der Dienstzeit andere Vorteile heraussucht, sondern man tritt dieser Gemeinschaft bei und sagt, das ist für mich das Beste, das ist meine Entscheidung. Dann hat man dabei auch eine Verantwortung übernommen und ist Teil dieser Solidargemeinschaft, die einen trägt, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Thüringen wird das zweite Bundesland sein, das diesen Schritt geht. Ich finde, das ist eine gute Entscheidung, weil es mehr Entscheidungsmöglichkeiten für unsere Beamtinnen und Beamten beinhaltet, und das ist die richtige Richtung. Wir bitten Sie um Zustimmung. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke schön. Für die Fraktion der AfD spricht Abgeordneter Henke.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Abgeordnete, werte Gäste! Einen schönen Gruß an den Abgeordneten Fiedler, weil es so selten geworden ist. Schön, dass du wieder da bist!

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Danke!)

Im vorliegenden Gesetzentwurf hat die Landesregierung mehrere tiefgreifende Änderungen für Thüringer Beamte vorgelegt. Viele dieser Änderungen kann die AfD-Fraktion mittragen. Es gibt aber eine Änderung, die für uns problematisch ist, die wir mit unserem Änderungsantrag streichen wollen.

Im Einzelnen: Bisher sind die Beamten über die private Krankenversicherung und die Beihilfe krankenversichert. Künftig sollen Thüringer Beamte die Möglichkeit erhalten, sich in der gesetzlichen Krankenversicherung zu versichern. Der Arbeitgeberanteil wird durch eine pauschale Beihilfe abgedeckt. Die damit verbundene Wahlfreiheit ist zu begrüßen. Allerdings muss ich den Hinweis des Rechnungshofs in Erinnerung rufen, der feststellte, dass die von der Landesregierung angenommenen Kosten bei Weitem zu niedrig angesetzt sind.

(Beifall AfD)

Der zukünftige Finanzminister wird sich also darauf einstellen müssen, dass mit der Wahlfreiheit auch die Kosten für die Krankenversicherung der Beamten steigen werden.

Als zweiten Punkt möchte ich die Übernahme des Schmerzensgeldanspruchs durch den Freistaat ansprechen. Diese Regelung bringt für die geschädigten Beamten Sicherheit, und zwar in dem Fall, dass beispielsweise ein Polizeibeamter im Einsatz einen Personenschaden erlitten und einen Schmerzensgeldanspruch erworben hat, nun feststellen muss, dass der Schädiger selbst zahlungsunfähig ist. Dass in diesem Fall der Dienstherr einspringen soll und in Vorkasse für den Beamten geht, ist zu begrüßen.

(Beifall AfD)

Der Einführung einer neuen Beamtenfachrichtung, hier des informationstechnischen Dienstes, kann man zustimmen. Dass die Digitalisierung wichtig ist und die Verwaltung den Personalbestand abbilden muss, steht außer Frage. Den Entwicklungen im Bereich der Informationstechnologie müssen sich die Verwaltung und die Beamten stellen. Mit der neuen Fachrichtung wird die notwendige Flexibilität geschaffen, die gebraucht wird, um in diesem Bereich zukunftsfähig zu sein.

Auch bei den Änderungen hinsichtlich der Fortdauer des ursprünglichen Beamtenverhältnisses von kommunalen Wahlbeamten bzw. Beamten auf Zeit bei weniger als zwei Amtszeiten kann man zustimmen. Der Grundintention, dass jemand, der ein öffentliches Amt übernimmt, später keine erheblichen Nachteile erleidet, muss man zustimmen. Aber das gleiche Interesse haben auch nicht verbeamtete Arbeitnehmer und Angestellte. Auch für sie müsste eine Regelung mit einem starken Rückkehrrecht nach Ausübung eines Wahlamts geschaffen werden.

(Beifall AfD)

Aber – und das habe ich schon in der ersten Beratung ausgeführt – hier wird ein unechtes Rückkehrrecht gewährt. Es gibt zu viele Ausnahmen, die begründet werden müssen. In diesem Zusammenhang ist man natürlich auf das Wohlwollen des Dienstherrn angewiesen. Jeder, der im öffentlichen Dienst beschäftigt ist, weiß, dass Dienstherren ihr Ermessen mal so oder mal so ausüben. Am Ende ist diese Regelung gut gemeint, aber wegen der vielen Ausnahmen nicht gut gemacht.

Der Punkt, mit dem wir überhaupt nicht einverstanden sind, und den wir ablehnen müssen, sind die neuen Regelungen hinsichtlich des Zugangs zur Laufbahn im höheren Dienst. Die bisherigen Rege

(Abg. Adams)

lungen waren zugegebenermaßen etwas sperrig, garantierten aber durch die hohen Zugangsvoraussetzungen eine gute Auswahl bei den Bewerbern für die vakanten Dienstposten.

(Beifall AfD)

Auch in der Gesetzesbegründung wird so gut wie überhaupt nicht auf die Frage eingegangen, warum die Qualitätsstandards derart abgesenkt wurden. Es ist ja nicht so, dass für den höheren Dienst in allen Fachrichtungen nicht ausreichend Bewerber zur Verfügung stehen. Es ist aus unserer Sicht daher nicht geboten, die Zulassungsvoraussetzungen abzusenken. Grundsätzlich sollte man den umgekehrten Weg gehen. Deshalb wollen wir mit unserem Änderungsantrag die entsprechende Regelung aus dem Gesetz herausnehmen. Die bisherige Regelung hat sich insoweit bewährt.

(Beifall AfD)

Wir halten es für problematisch, dass die Fachministerien für die Festlegung der jeweiligen anerkannten Studiengänge zuständig sein sollen. Wir halten daran fest, dass es dem für das Beamtenrecht zuständigen Ministerium obliegt, gesellschaftliche Veränderungen oder Änderungen im Aufgabenzuschnitt der Verwaltung im Beamtenrecht abzubilden. Dazu gehört gegebenenfalls auch, den neuen Studienabschlüssen den Zugang zum höheren Dienst zu ermöglichen. Das letzte Wort muss immer das für das Beamtenrecht zuständige Ministerium haben.

(Beifall AfD)

Bei vernünftiger Begründung wird sich dieses nicht verweigern. Ein bestimmtes fachliches Niveau muss aber beibehalten und gesichert werden. Ich bitte um Zustimmung zu unserem Änderungsantrag. Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Danke schön, Herr Abgeordneter. Als Nächste spricht Frau Abgeordnete Marx für die SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen, vieles ist schon gesagt. Wir haben drei wichtige Änderungen, die wir hier vornehmen. Viel diskutiert wurde über dieses Wahlrecht zwischen der privaten und der gesetzlichen Krankenversicherung. Also, ich verstehe überhaupt nicht, wo da bei den Oppositionsfraktionen das Problem gesehen wird, die das nicht nachvollziehen können.

(Zwischenruf Abg. Kießling, AfD: Wir sehen da kein Problem!)

Wir setzen keine Verpflichtung für die Beamten im öffentlichen Dienst fest, sich jetzt gesetzlich zu versichern, sondern wir geben ein Wahlrecht, wie es auch andere Berufsgruppen schon lange haben. Es geht auch nicht nur darum, dass es jetzt vielleicht für einige irgendwie besser ist, die viele Kinder oder vielleicht auch Langzeiterkrankungen haben. Wir wissen ja, dass bei der privaten Krankenversicherung dann auch Prüfungen einsetzen, abhängig vom Gesundheitsstatus Versicherungsprämien steigen und auch Kinder extra versichert werden müssen.

Es geht auch darum, dass man damit das Solidarprinzip der gesetzlichen Krankenversicherung unterstützt. Ich persönlich bin in meinem ganzen Leben freiwillig gesetzlich versichert, obwohl ich gar keine Arbeitnehmerin bin.

(Beifall DIE LINKE)