Protocol of the Session on July 4, 2019

(Vizepräsidentin Jung)

Mehrheit gefunden. Das ist auch unserem beständigen Festhalten an dieser Forderung zu verdanken. Wenig Aussicht hat dabei die Ausstattung eines solchen Fonds aus PMO-Mitteln – also den Mitteln aus dem früheren Vermögen der Parteien und Massenorganisationen der DDR. Das ist in einem entsprechenden Beschluss des Landtags, Drucksache 6/5356, wie auch in dem Antrag der CDU zur Verbesserung der entsprechenden finanziellen Rahmenbedingungen in Drucksache 6/6657 gefordert worden, aber es zeigt sich, dass es auf der Seite der Bundesregierung – anders als auf unserer Seite – derzeit keine Bereitschaft gibt, bisher im Zuständigkeitsbereich des Bundesfinanzministeriums liegende PMO-Mittel dafür einzusetzen. Die Forderung ist richtig, sie bleibt richtig und gleichzeitig bleibt sie auch deshalb richtig, weil wir aus bestimmten Gerichtsverfahren immer noch davon ausgehen können, dass Mittel zurückfließen. Diese zurückfließenden Mittel könnten dafür eingesetzt werden, aber es gibt auf der Seite des Bundes bisher keine Bereitschaft.

Wenn wir nun aber sehen, dass es ursprünglich noch nicht einmal im Ost-Ministerpräsidenten-Bereich eine entsprechende Beschlussfassung gegeben hat und jetzt die Ost-Länder sich dafür einsetzen, will ich nicht ausschließen, dass auf Bundesebene noch einmal etwas dazu kommt. Aber ich hatte Sie heute früh so verstanden, als ob Sie den Eindruck haben, wir würden uns nicht kräftig genug dafür einsetzen. Das Gegenteil möchte ich Ihnen versichern.

Es ist dann heute auch noch einmal das Thema „Außenstellen der BStU“ angesprochen worden. Um es hier auch noch einmal ganz deutlich zu sagen: Auf der MPK Ost haben wir den Bundesbeauftragten – Roland Jahn – dazu eingeladen, uns darzustellen, was er vorhat. Nicht zuletzt, weil wir uns als Ost-Länder ein bisschen geärgert haben, dass wir zwar wussten, dass er irgendwann seinen Bericht gemeinsam mit dem Chef des Bundesarchivs vorlegen wird, aber wir hätten uns gefreut, wenn wir parallel zur Bundesregierung diesen Bericht als Länder auch bekommen hätten.

Roland Jahn hat sofort gesagt, er sei bereit, auf der MPK Ost auch darüber zu referieren, und wir haben Herrn Dr. Wurschi aus Thüringen mit dazu eingeladen gehabt. Der Sachstand ist kurz und knapp zusammengefasst: Das Konzept, dass der Bundesbeauftragte mit dem Bundesarchiv zusammen vorgelegt hat, heißt, es gibt einen aktenführenden Standort. Die sogenannten Außenstellen sollen auch und zuvorderst als Stätten der Erinnerung und der Begegnung genutzt werden. Das heißt, wir bewegen uns absolut auf der Basis dessen, was der Landtag

hier als Positionierung festgelegt hat. Wir haben als Länder an den Bund die Erwartung geäußert … Also ich rede vor allem zur CDU-Fraktion und dem Antrag, den Sie gestellt haben. Die CDU-Fraktion ist ja gern bereit darauf hinzuweisen, wenn andere zu laut sind.

Meine Damen und Herren, jetzt hat der Minister das Wort und ich bitte, die Gespräche einzustellen.

Wir haben die Erwartung, dass der Bund über den Deutschen Bundestag die Stellen, die bisher sogenannte Außenstellen sind – ich meine, wir sollten uns von diesem Begriff verabschieden –, entsprechend finanziell ausstattet. Ich glaube, da sind wir uns auf der Ebene der CDU-Fraktion, mit den Regierungsfraktionen vollkommen einig. Die Landesregierung teilt eine entsprechende Position.

Lassen Sie mich aber auch noch einmal darauf hinweisen, Herr Wirkner; das muss ich Ihnen einfach sagen. Es sind ja nun seitens Thüringens Frau Gleicke und Frau Rothe-Beinlich im Beirat der BStU. Die beiden Vorgänger haben deutlich gemacht, dass Frau Staatssekretärin Winter – ich freue mich, dass sie jetzt wieder in der Staatskanzlei ist – die erste Vertreterin einer Thüringer Landesregierung gewesen ist, die sich mit den Vertretern Thüringens im Beirat der BStU getroffen und sich wirklich für ihre Arbeit interessiert hat. Insofern zeigt sich, dass diese Landesregierung, die die erste seit 1990 ist, die auf Staatssekretärinnenebene eine für die Aufarbeitung von SED-Unrecht verantwortliche Position in der Staatskanzlei geschaffen hat – das war nicht die CDU, sondern das war diese rot-rot-grüne Landesregierung –,

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

an dieser Stelle mit den entsprechenden Akteuren im Beirat der BStU das Gespräch gesucht hat und entsprechend arbeitet.

Wie im vierten Bericht dargestellt, konnten durch die Förderung von Forschungsinitiativen thematische Forschungsstrukturen an den Hochschulen etabliert werden.

Zum Sachstand der Lehrerbildung darf ich auf die Ausführungen im Bericht verweisen, genauso wie zum Wissenstransfer durch die Schulen.

Hinsichtlich des Themas „Zwangsadoption“ möchte ich noch mal auf die jüngsten Forschungserkennt

(Minister Prof. Dr. Hoff)

nisse verweisen, die zusammengefasst sagen, wir haben Fälle, in denen es Zwangsadoptionen gegeben hat. Aber wir merken auch in der wissenschaftlichen Begleitung dieses Themenfelds, dass eine Reihe von Eltern, auch von Kindern, die in der DDR adoptiert worden waren, quasi nicht unter den Generalverdacht gestellt werden wollen, alle Teil von Zwangsadoptionen gewesen zu sein. Ich glaube, wir müssen es in der politischen und wissenschaftlichen Debatte dieses Themas schaffen, auf die Fälle, in denen es offensichtlich eine Zwangsadoption gegeben hat, hinzuweisen und diese Situationen in den Blick zu nehmen. Aber die bislang vorgelegten Erkenntnisse zeigen, dass es eine Systematik von Zwangsadoptionen nicht gegeben hat. Gleichzeitig wissen wir, dass wir einen derzeit noch begrenzten Forschungsstand haben. Damit haben wir uns auseinanderzusetzen.

Das Thema „DDR-Zwangsarbeit“ hat uns sehr beschäftigt und berührt. Wir verstehen, dass es die Forderung nach Entschädigung für die Haftzwangsarbeit und in diesem Zusammenhang erlittene Schäden gibt. Ich danke all denjenigen, die die Kraft gefunden haben, über das Erlebte, auch in der Dialogveranstaltung „Aufarbeitung zur Zwangsarbeit politischer Häftlinge der DDR“ der interministeriellen Arbeitsgruppe, die am 4. April 2018 stattgefunden hat, zu reden. Es war eine unglaublich emotionale Veranstaltung. Insofern zeigt sich aber auch, das Ergebnis dieses Dialogs ist und bleibt unser Engagement für die Einrichtung eines entsprechenden Härtefallfonds.

Das Thema „Gedenkstätten und authentische Zeitzeugenarbeit, digitale Vermittlung“ ist im Bericht aufgerufen. Insofern kann ich nur sagen, dieser Bericht zeigt auch im Vergleich zum ersten und zweiten Bericht, in dem wir Positionen formuliert haben, dass und was und wie viel in den vergangenen vier Jahren passiert ist. Dafür möchte ich all denjenigen der IMAG, insbesondere aber auch Frau Dr. Winter, für ihr unermüdliches Engagement in diesem Themenfeld danken.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, gemäß unserer Geschäftsordnung werden Beratungen zu Berichten der Landesregierung grundsätzlich in langer, also doppelter Redezeit verhandelt. Unter Berücksichtigung des Ältestenratsbeschlusses steht die einfache Redezeit zur Verfügung.

Ich frage: Wer wünscht die Fortberatung des Berichts? Das sind alle Fraktionen. Auf Verlangen aller

Fraktionen eröffne ich die Beratung zum Sofortbericht. Das Wort hat Abgeordneter Wirkner, Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst möchte ich Ihnen, Herr Minister Hoff, recht herzlich danken für die deutliche Darstellung der Aktionen in den letzten Monaten. Ich werde auf einige noch mal in meinem Bericht hinweisen.

Der vorliegende Bericht der Landesregierung zu ihren Aktivitäten auf dem Gebiet der Aufarbeitung der SED-Diktatur in Thüringen für den Zeitraum 2018 bis 2019 wurde termingerecht im März dem Landtag übergeben. Er umfasst 54 Seiten und beinhaltet eine Vielzahl von Handlungsfeldern, von Schule, Ausbildung, Wissenschaft und Forschung über Soziales, Gesundheit und erinnerndes Gedenken, Dokumentation und Archiv bis hin zur Auseinandersetzung mit persönlichen Folgen und Schicksalen, um nur einige wesentliche zu benennen.

Der Bericht ist gekennzeichnet vom Bemühen, in den genannten Handlungsfeldern einiges zu bewirken und voranzubringen. Im Übrigen war es das Bemühen aller Fraktionen, auch maßgeblich unserer Fraktion, gemeinsam das zu bewirken, was bis jetzt erreicht worden ist.

Ein aus meiner Sicht wichtiger Teil ist zu Schule und Ausbildung, Wissenschaft und Forschung in dem Bericht aufgezeigt. Die hier aufgezählten Initiativen lassen erkennen, dass man gerade im Bereich Schule und außerschulischer Bildung versucht, Akzente zu setzen, um Schüler und auch das Lehrpersonal zielgerichtet noch intensiver an das Thema „DDR-Geschichte und Aufarbeitung“ heranzuführen und zu sensibilisieren, sich mit dem Thema „deutsche Nachkriegsgeschichte“ und speziell mit der „Geschichte der Diktatur in der DDR“ zu beschäftigen. Hierbei kommt es vor allem auch darauf an, die außerschulischen Lernorte, zum Beispiel die Gedenk- und Bildungseinrichtung Andreasstraße in Erfurt, als Ort der Erinnerung und als Quelle der politischen Bildung gerade in Fragen der Aufarbeitung der DDR-Geschichte zu nutzen.

Ich möchte diese Gelegenheit hier noch einmal nutzen, die Abgeordneten in diesem Haus dafür zu gewinnen, künftig Besuche von Schulklassen im Landtag zu nutzen, auch die Einrichtung in der Andreasstraße zu besuchen. Auch der Landtag sollte hierzu beitragen und Mittel bereitstellen und nicht nur die Fahrten, sondern auch die Besuche in der Andreasstraße durch kostenfreie Eintrittskarten finanzieren. Dies wäre meiner Ansicht nach ein guter

(Minister Prof. Dr. Hoff)

Beitrag eines jeden Abgeordneten, Aufarbeitung und politische Bildung zu unterstützen.

(Beifall CDU)

Am Beispiel der Andreasstraße kann man bildhaft erkennen, wie wichtig es ist, dauerhaft in die Stätten der politischen Bildung zu investieren und dies nicht nur aus bautechnischer Sicht, sondern auch Investitionen in die wissenschaftliche Arbeit betreffend. Ich bedauere, dass es uns trotz höherer Nachfrage lediglich gelungen ist, aus dem PMOMittelfonds, der zuletzt ausgereicht worden ist, nur 122.000 Euro an die Grenzlandmuseen auszureichen.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist das Thema „Christentum und Christen in der DDR“. In der Arbeitsgemeinschaft „Christen, Kirchen und andere christliche Religionsgemeinschaften im DDR-Unrechtsstaat – Diskriminierung von Christen in der DDR“, die im Jahr 2017 gegründet wurde, wurde festgelegt, Art und Umfang der Möglichkeiten einer weiteren Aufarbeitung und wissenschaftlichen Erforschung der DDR-Diktatur unter dem Aspekt religionsbedingter Diskriminierung und Verfolgung in Thüringen festzustellen und diesbezüglich Handlungsempfehlungen zu geben. So heißt es in dem Bericht: Es ist zu begrüßen, dass diesbezüglich mit Unterstützung des Thüringer Ministeriums für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung ein Forschungsvorhaben „Diskriminierung von Christen und Christinnen in der DDR“ am Lehrstuhl für Kirchengeschichte unter Federführung des Projektleiters Prof. Dr. Christopher Spehr installiert werden soll. Man kann nur hoffen, dass die finanzielle Ausstattung, die über die Thüringer Aufbaubank erfolgen soll, aufgabenbezogen möglich und realistisch ist. – Bleibt abzuwarten, welches Ergebnis hier erreicht wird.

Zum Thema „Grünes Band“: Hier muss den vielen Grenzlandmuseen eine besondere Bedeutung beigemessen werden. Parallelstrukturen im Bereich des Grünen Bandes sollen grundsätzlich vermieden werden. So viel zu den Handlungsfeldern. Ich möchte mir ersparen, die anderen einzelnen Bereiche, die in ihrer Bedeutung nicht weniger wichtig sind, im Einzelnen zu kommentieren. Ihnen allen ist der Bericht zugegangen, sodass Sie selbst die Möglichkeit haben und hatten, sich ein eigenes Urteil zu bilden.

Zu bemerken bleibt, dass es noch eine Vielzahl von Aufgaben gibt, die sich bei der Aufarbeitung ergeben, Entscheidungen, die längst überfällig sind und vor allen Dingen auch auf Bundesebene einer schnelleren Umsetzung bedürfen, zum Beispiel: Befristung SED-Unrechtsbereinigungsgesetz, Ein

richtung Härtefallfonds, der Minister ist vorhin darauf eingegangen. Es war für mich ein freudiges Erlebnis, dass ich aus den Reihen der CDU-Fraktion mit dem Deutschen Bundestag in einer Mediendokumentation erfahren habe, dass man einen Härtefallfonds auf Bundesebene einrichten möchte mit dem Ziel, auch den Opfern der Zwangsaussiedlung in der DDR gerecht werden zu können. Entscheidungen auf Bundesebene, zum Beispiel zum Standort des neuen Archivgebäudes – der Minister hatte es vorhin bereits benannt –: Im Prinzip ist es so gekommen bzw. wird es so angegangen werden, wie wir das hier gemeinsam schon öfter diskutiert haben. Und die Änderung der Verwaltungsvorschriften, der PMO-Mittel hin zu Entscheidungsleistungen, nicht nur für investive Maßnahmen wie im IMAG-Bericht bestätigt. Das wurde ausschließlich im IMAG-Bericht bestätigt. Auch darauf, Herr Minister, sind Sie vorhin eingegangen.

All diese Forderungen stehen noch im Raum und müssen zügig umgesetzt werden. Dabei freue ich mich besonders, dass die Forderungen der CDU Eingang gefunden haben in eine Position der CDU/ CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag, bei der auch – und das möchte ich hier noch mal besonders betonen –, unser Fraktionsvorsitzender Mike Mohring mitgewirkt hat, und dafür Sorge trug, dass eben diese seit Jahren bestehenden Forderungen nun in einem Positionspapier der CDU/CSU-Fraktion fest verankert wurden, das sich „Die Deutsche Einheit: Erinnern – Anerkennen – Brücken bauen“ nennt, in dem all diese Maßnahmen, von denen wir hier reden, aufgezählt wurden.

(Beifall CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, in Kürze endet diese Legislaturperiode. Wie zu erkennen ist, ist es auf jeden Fall erforderlich, das Problem der Aufarbeitung auch in den nächsten Wahlperioden zu begleiten, wer auch immer dafür Sorge tragen wird. Die Aufgaben sind enorm und unser aller Bemühen sollte es sein, sich auch weiterhin diesen Aufgaben zu stellen und einer zukünftigen Lösung zuzuführen. Der Landesbeauftragte für die Aufarbeitung der SED-Diktatur muss mehr als bisher in die Lage versetzt werden, Anlaufstelle für vielfältige Problemstellungen zu sein, mit denen sich die Bürger an uns, die Abgeordneten, in letzter Zeit wenden. Darüber habe ich mich mit ihm bereits schon verständigt. In diesem Zusammenhang möchte ich mich bei dem früheren Landesbeauftragten Christian Dietrich und dem neuen Landesbeauftragten, Herrn Dr. Wurschi, für die stets hilfreiche und konstruktive Zusammenarbeit in letzter Zeit, zumindest soweit es mich betrifft, recht herzlich bedanken. Lassen Sie uns auch weiterhin gemeinsam dafür

einsetzen, dass die Menschen, die noch im Schatten der Gesellschaft stehen, sei es durch frühere Inhaftierung in der DDR aus politischen Gründen, durch Zwangsaussiedlung oder repressive Maßnahmen zu Zeiten der DDR-Diktatur, auch nach 30 Jahren politischer Wende seit 1989 unserer Unterstützung versichert sein können. Ich danke Ihnen recht herzlich.

(Beifall CDU, SPD)

Für die Fraktion Die Linke hat Abgeordnete Mitteldorf das Wort.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrter Herr Minister, vielen Dank für den Bericht. Kollege Wirkner hat es gerade schon gesagt, wir befinden uns am Ende einer Legislatur, und da lohnt es sich natürlich auch, sich nicht nur den Bericht anzugucken, den wir heute verhandeln, sondern auch ausgehend davon, dass wir tatsächlich mal gemeinsam und überfraktionell damit gestartet sind, die Berichte zur Aktivität der Landesregierung im Feld der Aufarbeitung auch hier im Rund, im Plenum zu verhandeln. Das war – muss ich aus ganz persönlicher Erinnerung auch sagen – für mich ein sehr positiver Beginn der Zusammenarbeit zu diesem Thema. Ich musste aber – das muss ich auch immer wieder sagen – feststellen, dass zumindest in den letzten zweieinhalb Jahren, wenn ich das in ungefährer Erinnerung habe, sich dann doch durchaus Tendenzen breitgemacht haben, dass es nicht immer Wunsch und Wille der CDU-Fraktion war, mit uns gemeinsam zu arbeiten. Das finde ich sehr schade, zumal wir sehr oft kaum unterschiedliche Positionen zu den einzelnen Themengebieten, die Aufarbeitung betreffend, hatten und es dennoch leider nicht mehr in der Form gelungen ist, wie ich es mir gewünscht hätte, gemeinsam zu agieren.

Nichtsdestotrotz hat Herr Wirkner zu Recht ausgeführt, dass diese Landesregierung im Feld der Aufarbeitung eine Vielzahl von Aktivitäten unternommen hat, auch mit Unterstützung des Parlaments, und dabei ganz unterschiedliche Themenbereiche bearbeitet hat, zu Lösungen für bestimmte Opfergruppen kommen konnte, doch es nach wie vor Opfergruppen gibt, für die es keine Lösung gibt und keine in Sicht scheint. Auch auf die ist Herr Wirkner eingegangen, und ich wiederhole das sehr gern, weil ich an dieser Stelle immer über genau diese Opfergruppe rede: Wir reden über die Zwangsausgesiedelten in der DDR.

Der Antrag der CDU-Fraktion stellt ja im Kern ein sehr umfangreiches Berichtsersuchen dar, in dem, wenn man schaut, kleine versteckte politische Forderungen drin sind. Allerdings habe ich mich auch gefragt, warum hier nicht weitere Forderungen aufgemacht werden, aber sei es drum. Unter einem Punkt, da geht es um den Härtefallfonds, der schon besprochen worden ist, da stellt die CDU in ihrem Antrag den Zusammenhang mit der Entschädigung für Zwangsausgesiedelte her. Das ist nicht das erste Mal, dass wir das in diesem Zusammenhang von der CDU-Fraktion hören, und ich werde nicht müde, an diesem Rednerpult darauf hinzuweisen: ein Härtefallfonds natürlich völlig d´accord, alles gut. Aber wenn wir über die Zwangsausgesiedelten reden, haben wir ein anderes Problem nach wie vor nicht gelöst, das auf Bundesebene liegt. Ich kann nur mein Bitten und Werben in Richtung CDU-Fraktion erneuern, sich aktiv dafür einzusetzen, weil Frau Tröbs als Präsidentin des Bundes der Zwangsausgesiedelten und auch wir als Parlamentarier, die sich mit ihr regelmäßig treffen und mit ihr versuchen, Dinge zu regeln, nicht weiterkommen und sogar ferner noch sehr oft an Menschen aus dem Bundestag scheitern, die sich zwar die Geschichte von Frau Tröbs und anderen anhören und auch – wer sie kennt, weiß das – in sehr ausführlichen Berichten noch mal die Rechtslage dargelegt bekommen, die Problemlagen, die Frage der Nullbescheide und die zentrale Frage des Opferentschädigungsfonds, der auf Bundesebene sozusagen irgendwo abgeblieben ist, wo das Geld der Zwangsausgesiedelten, das sie nach der Wende zwei zu eins dann dort eingezahlt haben, mit dem Versprechen, dass sie daraus entschädigt werden, und nach wie vor kein Mensch sagen kann, was mit diesem Geld geworden ist. Ich kann das nur wiederholen: Liebe CDU-Fraktion, bitte nutzen Sie Ihre Kontakte, um diese Frage endlich zu beantworten, denn ich komme auch nicht weiter.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Tröbs kommt nicht weiter, und wer Frau Tröbs kennt, weiß, dass Frau Tröbs wirklich jeden einzelnen Menschen in diesem Bundestag schon mal angeschrieben hat, zu Veranstaltungen fährt, weil sie weiß, dass Verantwortliche aus der Bundesebene, Regierungsverantwortliche, Parlamentarier in gehobener Stellung kommen, und jedem Einzelnen immer wieder ihr persönliches Schicksal und demzufolge auch das Schicksal natürlich vieler anderer Zwangsausgesiedelter erzählen muss. Und was das für eine psychische Belastung ist, immer wieder dieses Trauma zu durchleben, weil man es immer wieder den Menschen erzählen muss und weil es eine komplexe Materie ist und sie und alle ande

(Abg. Wirkner)

ren Zwangsausgesiedelten bis heute nicht die Antwort auf die eine entscheidende Frage haben, nämlich: Was ist mit dem Geld passiert? Was ist mit dem Entschädigungsfonds, aus dem das Versprechen kam, dass sie auf Bundesebene entschädigt würden? Ich kann es nur noch einmal wiederholen: Ich bitte die CDU-Fraktion, ihre Kontakte in die Bundesregierung dahin gehend zu nutzen, diese Frage endlich zu beantworten. Denn das ist eine zentrale Frage, die sich einfach nicht klären lässt. Durch Ungerechtigkeiten und Ungesetzlichkeiten hat sie sich im Übrigen nach der Wende für die Zwangsausgesiedelten doppelt ereignet. Dass sich Bodo Ramelow und diese Landesregierung gerade auch für die Zwangsausgesiedelten sehr eingesetzt haben und in engem Kontakt mit Frau Tröbs stehen, zu der rechtlichen Bewertung und der Frage der sogenannten Nullbescheide in ständigen Verhandlungen sind, dass die Fragen der Zwangsausgesiedelten in der Entschließung des Bundesrats eine exorbitante Stellung eingenommen haben, dafür danke ich dieser Landesregierung außerordentlich. Aber die Frage nach diesem besagten Opferentschädigungsfonds ist einfach ungelöst und es scheint, als würde nicht mal die Bundesregierung mehr wissen, dass der irgendwo existiert.

Ich würde wirklich darum bitten, dass wir gerade in diesem Zusammenhang den Geist, den dieses Parlament geatmet hat, als wir in dieser Legislatur angefangen haben, zu der Frage: wie gehen wir mit ganz persönlichen Schicksalen und ungelösten Rechtsfragen um und wie wollen wir als Thüringer Landtag gemeinsam in Richtung Bund auch ein Signal setzen – ich kann nur immer wieder sagen, diesen Geist würde ich gern wieder beschwören

(Beifall DIE LINKE)

und gemeinsam dafür sorgen, dass wir diese und andere Fragen klären. Die Frage nach dem Opferentschädigungsfonds kann – glaube ich nach all den Jahren, die ich das jetzt versucht habe – vielleicht die CDU-Fraktion schneller klären, als das mir oder Frau Tröbs möglich ist.