Protocol of the Session on July 4, 2019

5 Prozent, der inzwischen bekanntlich auf 7 Prozent angehoben wurde. Mit dem ermäßigten Tarif von 7 Prozent sorgt der Bundesgesetzgeber dafür, dass ausgewählte Waren und Leistungen des täglichen Bedarfs, die der Grundversorgung zugerechnet werden, für die Konsumenten preiswerter werden. Neben den meisten Lebensmitteln gilt das etwa für Kulturangebote wie Bücher, Zeitschriften und manche Kunstobjekte, die Verwertung von Urheberrechten oder den Personennahverkehr. Eine Übersicht über die immer wieder umstrittenen Umsatzsteuerermäßigungen bietet § 12 Umsatzsteuergesetz, die vollständige Liste der dem ermäßigten Steuersatz unterliegenden Gegenstände finden Sie in der Anlage 2 des Umsatzsteuergesetzes. Über die Sinnhaftigkeit von einzelnen Waren und Leistungen dieser Ermäßigungsliste ließe sich vortrefflich streiten. So werden durch den ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7 Prozent heute jede Menge Luxusgüter wie zum Beispiel Gänseleber oder Wachteleier subventioniert, andere Nahrungsmittel dagegen aber nicht mehr. In diesem Kontext nur einige Beispiele: 7 Prozent auf Obst, aber 19 Prozent auf Obstsaft; 7 Prozent auf Hundekekse und Hundefutter, aber 19 Prozent auf Kinderkekse und Babynahrung; 7 Prozent auf Kartoffeln, aber 19 Prozent auf Süßkartoffeln; 7 Prozent auf Schnittblumen, aber 19 Prozent auf Topfpflanzen. Noch absurder wird es zum Beispiel beim Kauf eines Reitpferds, dafür sind 7 Prozent Umsatzsteuer zu zahlen, ich frage mich: Warum nicht 19 Prozent? Da Reitpferde meines Erachtens kein Nahrungsmittel sein sollten und schon gar nicht zum täglichen Bedarf gehören sollten, erschließt sich mir auch nicht dieser ermäßigte Steuersatz. Meine Damen, meine Herren, ich denke, diese in die Thematik einführenden Beispiele sollten genügen.

Nun will ich aber zum Anliegen unseres Antrags kommen. Aus der Sicht diverser Medienpolitiker ist bereits seit längerer Zeit die unterschiedliche Besteuerung einer Zeitung als Online-Ausgabe mit bislang 19 Prozent und einer Zeitung als Printausgabe mit 7 Prozent widersprüchlich. Genau diese nicht mehr zeitgemäße Ungleichbehandlung gilt es aufzuheben. Die meisten von Ihnen werden sicherlich auch die Logik der unterschiedlichen Besteuerung von Presseangeboten selben Inhalts nicht verstehen. Wenn für die Printausgabe einer Zeitung aufgrund der Zuordnung zur natürlichen Grundversorgung der ermäßigte Umsatzsteuersatz gilt, sollte dies zwangsläufig auch bei der entsprechenden Online-Ausgabe der Zeitung so sein. Gleichwohl, meine Damen, meine Herren, ist der Gedanke eines ermäßigten Steuersatzes bei Online-Ausgaben von Zeitungen nicht neu. Diese Forderung wurde in den vergangenen Jahren mit der zunehmenden

Verbreitung des Internets sowohl von der Politik als auch von den Zeitungsverlagen wiederholt erhoben. Allerdings stand bis November des letzten Jahres einer entsprechenden Umsetzung die Mehrwertsteuerrichtlinie der Europäischen Union entgegen, und zwar die Richtlinie 2006/112, wonach in der EU bei elektronischen Publikationen ein Mehrwertsteuersatz von 15 Prozent galt. Künftig können die EU-Staaten allerdings zwischen den Standardsätzen und ermäßigten Steuersätzen wählen. Vonseiten des Bundesfinanzministers gibt es bereits die Ankündigung, die Umsatzsteuer für elektronische Produkte absenken zu wollen.

Meine Damen, meine Herren, damit es aber nicht nur bei einer Ankündigung bleibt, sollten auch die Länder diesen Antrag über den Bundesrat aktiv begleiten. Und so gibt es auch bereits erste Initiativen. So wurde im Niedersächsischen Landtag ein entsprechender Antrag von den dortigen CDU- und SPD-Fraktionen bereits auf den Weg gebracht und dieser in der 51. Plenarsitzung am 19. Juni 2019 von allen dort vertretenen Fraktionen, mit Ausnahme der AfD, beschlossen. Ich denke, dieser sinnvollen und zeitgemäßen Initiative sollte sich auch Thüringen anschließen und sie im Bundesrat unterstützen, um die Ungleichbehandlung von Printmedien und digitalen Medien endlich zu beenden, denn aus unserer Sicht ist diese steuerliche Ungleichbehandlung im digitalen Zeitalter nicht mehr akzeptabel. Die Digitalisierung schreitet unauffällig voran. Ich meine, dass auch unser Steuerrecht den gelebten Alltag nicht ignorieren kann, sollte oder darf.

Der Antrag verfolgt aber auch noch einen anderen Aspekt. Wie wir alle wissen, wird die Zukunft der Medienhäuser digital sein. Gerade beim Vertrieb ihrer Printmedien stoßen die Verlagshäuser mittlerweile immer mehr an ihre finanziellen Möglichkeiten. Deshalb könnte bzw. würde eine Absenkung des Umsatzsteuersatzes für Online-Ausgaben von Zeitungen sowohl die Verlagshäuser als auch die Nutzer entlasten, dieses allerdings nur, wenn die Verlage diese Absenkung auch an die Leser weitergeben. Dass Letzteres hoffentlich keine Annahme wird, sondern ein Wunsch und eine Folge dieser Maßnahme, ist selbstverständlich. Mit der Initiative möchte die CDU-Fraktion mit dazu beitragen, dass die nicht mehr zeitgemäße Ungleichbehandlung von Printmedien und Online-Ausgaben beendet wird und der Journalismus weiterhin eine hohe Bedeutung in unserer Gesellschaft hat. Schließlich soll die Initiative auch unsere Presselandschaft stärken und zur besseren Grundversorgung unseres Freistaats mit Qualitätsjournalismus beitragen.

Abschließend, meine Damen und Herren: Auch wir, der Thüringer Landtag, sollten diesen eingeleiteten

Prozess aktiv begleiten. Stimmen Sie deshalb unserem Antrag heute zu. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Danke schön. Für die Fraktion der SPD hat Abgeordneter Dr. Pidde das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die CDU hat mit ihrem Antrag ein finanz- und medienpolitisches Thema aufgegriffen, die Unwucht bei der umsatzsteuerlichen Behandlung von medialen Online-Angeboten gegenüber Zeitungen in Papierform. Wir hatten gestern die Aktuelle Stunde und haben dort in 5-Minuten-Abschnitten das Mehrwertsteuersystem mit seinen unterschiedlichen Steuersätzen besprochen und auch da schon festgestellt, dass das Ganze sehr kompliziert ist. Der ermäßigte Mehrwertsteuersatz ist 1968 aus sozialen Gründen damals nur für Lebensmittel eingeführt worden. Inzwischen gibt es die absurdesten Tatbestände – ich will jetzt keine Beispiele mehr hinzufügen –, die dem ermäßigten Mehrwertsteuersatz von 7 Prozent unterliegen. Oftmals ist es eine völlig willkürliche Abgrenzung zwischen vollem und ermäßigtem Mehrwertsteuersatz.

Gestern habe ich gesagt, wir sollten nicht einzelne Rosinen herauspicken, sondern habe mich für eine generelle Neuordnung des Mehrwertsteuersystems ausgesprochen. Trotzdem sage ich, in diesem Fall sollte man eine Ausnahme machen. Das möchte ich jetzt gern begründen.

Bis Anfang Oktober vergangenen Jahres galt in der EU für elektronische Publikationen der allgemeine Mindestumsatzsteuersatz von 15 Prozent. Dies hat in allen EU-Ländern, die Bücher und journalistische Printmedien traditionell als „Kulturgüter“ definieren und sie daher entweder einem ermäßigten Umsatzsteuersatz unterwerfen oder sogar ganz von der Umsatzsteuer befreien, wie es in Großbritannien oder Irland der Fall ist, zu folgender Situation geführt: In seiner Printausgabe unterliegt ein Buch einem reduzierten Umsatzsteuersatz, in Deutschland 7 Prozent, als E-Book wird für die gleiche Publikation jedoch der allgemeine Umsatzsteuersatz fällig, also bei uns 19 Prozent. Dieselbe Unwucht in der umsatzsteuerlichen Behandlung findet sich bei gedruckten Zeitungen und Zeitschriften und ihren digitalen Pendants im Internet. Deshalb wäre es also auch geboten, dass man hier eine Angleichung erreicht. Von der Bundesregierung wird diese bereits vorbereitet. Die EU-Finanzminister haben nämlich Anfang Oktober 2018 den Weg für eine umsatz

steuerrechtliche Gleichbehandlung von Print- und Online-Medien freigemacht und einen niedrigeren Umsatzsteuersatz auch für mediale Online-Angebote ermöglicht. Die EU-Mitgliedstaaten, die eine entsprechende Angleichung der Umsatzsteuersätze im Medienbereich vornehmen wollen, müssen nun eine Novellierung ihrer nationalen Umsatzsteuerregelung vornehmen. Bundesfinanzminister Scholz hat bereits angekündigt, eine solche Umsatzsteuerreform zügig angehen zu wollen. Ein Gesetzentwurf der Bundesregierung ist in der Erarbeitung.

Meine Damen und Herren, deshalb sage ich zur CDU-Fraktion: Der Antrag ist nicht nötig, aber er schadet auch nicht, und vor allen Dingen: die Debatte macht Sinn. Die von der Bundesregierung geplante Umsatzsteuerreform für Online-Medien hat nämlich mehrere Aspekte, die man gegeneinander abwägen sollte. Und so gibt es schon einige Fragen. Nämlich die Verminderung der staatlichen Steuereinnahmen dadurch sollte man sich schon genau ansehen. Und auch das, was Länder und Gemeinden an Einbußen bei der Umsatzsteuer haben, darüber müssen wir auch reden, wie soll eine Kompensierung erfolgen.

Hinzu kommt ein weiterer Punkt, der medienpolitisch für Thüringen von großer Relevanz ist. Wir alle erinnern uns noch an die Mitteilung der Funke Mediengruppe von Anfang Februar, die Thüringer Tageszeitungen TA, TLZ und OTZ im ländlichen Raum künftig nur noch online verbreiten zu wollen. Es gab damals entschiedene Proteste meiner Partei, anderer, aber auch der heute antragstellenden CDU. Die Funke Mediengruppe ist daraufhin erst einmal zurückgerudert und hat sich zur flächendeckenden Verbreitung ihrer Thüringer Printmedien bekannt. Wie wirkt sich aber nun eine Reduzierung des Umsatzsteuersatzes dann auf diese Angebote aus? Wird es tatsächlich zu einer Stärkung der Presselandschaft kommen oder werden wir das Gegenteil haben? Darüber müssten wir diskutieren, auch ob der Rückzug der Funke Mediengruppe aus dem Printbereich in Thüringen nicht noch zusätzlich befeuert und vielleicht sogar beschleunigt wird. Das sind also die Fragen, die offen sind.

Ich weiß natürlich, dass Funke in Thüringen mit jährlichen Umsatzrückgängen von 3 bis 4 Prozent zu kämpfen hat, weil die Kosten für Zeitungszustellung kontinuierlich steigen. Ich weiß aber auch, dass der ganz überwiegende Teil der Abonnenten, die die Funke Mediengruppe in Thüringen hat, nach wie vor die Print-Ausgaben der Thüringer Zeitungen nutzt und diese auch weiterhin nutzen will.

Also es hat nicht nur Vorteile, wenn wir das entsprechend angehen, sondern wir müssen auch die Nebenwirkungen betrachten. Deshalb sollten wir

(Abg. Wucherpfennig)

auch diesen Antrag entsprechend fachlich diskutieren. Wir beantragen die Überweisung an den Haushalts- und Finanzausschuss und an den Ausschuss für Europa, Kultur und Medien. Federführend sollte der Haushalts- und Finanzausschuss sein. Danke schön.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke schön. Es spricht jetzt Abgeordneter Höcke von der AfD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kollegen Abgeordnete, sehr geehrte Besucher auf der Tribüne, wir alle wissen, dass für eine funktionierende Demokratie eine lebendige und differenzierte Medienlandschaft unentbehrlich ist. Dazu gehört nach wie vor die gedruckte Zeitung. Die Einstellung von gedruckten Ausgaben, wie sie von hier vorne gerade eben schon thematisiert worden ist und wie sie von der Mediengruppe angekündigt wurde, kann daher nur als fatales Signal beurteilt werden. Insofern ist es auch richtig, wenn sich die Politik in Thüringen über die Zukunft der gedruckten Zeitung Gedanken macht.

Der Antrag der CDU greift diese Problematik auf und verknüpft sie mit einer steuerrechtlichen Problematik, die in einem Zusammenhang steht. Während gedruckte Zeitungen und Zeitschriften mit dem verminderten Steuersatz von 7 Prozent belegt werden, gilt für elektronische Publikationen immer noch der Steuersatz von 19 Prozent. Das ist in der Tat nicht nachvollziehbar und so fordern die Verlage zu Recht schon seit Langem, dass hier eine Angleichung erfolgen müsse.

Einer entsprechenden Harmonisierung des Steuersatzes standen bisher die Regelungen der EU entgegen. Dieses Hemmnis ist aber seit Ende des vergangenen Jahres beseitigt. Darauf hat der Kollege Wucherpfennig von hier vorn auch schon hingewiesen.

So weit, so gut. Nun zum Antrag der CDU im Besonderen. Ich spreche hier drei Punkte an.

1. Die AfD-Fraktion, nicht nur hier im Thüringer Landtag, spricht sich bekanntlich für eine gründliche Reform des Steuerrechts aus. Die Bürger und namentlich die kleinen und mittleren Unternehmen müssen nach unserer Überzeugung dringend entlastet werden. Wir wollen allerdings nicht nur Harmonisierung, sondern vor allem überhaupt eine Senkung der Mehrwert- bzw. Umsatzsteuer. Hinge

gen frage ich mich, wie die Thüringer CDU-Fraktion Umsatzsteuersenkung anregen kann, während der CDU-Haushaltspolitiker im Bundestag, Eckhardt Rehberg, gleichzeitig betont, dass er – wörtlich – keinen Spielraum für weitere Steuersenkungen sieht. Was stimmt denn jetzt, liebe Kollegen von der CDU?

(Beifall AfD)

2. Ob eine Angleichung des Steuersatzes für elektronisch veröffentlichte Presseprodukte wirklich weiterhilft, muss kritisch geprüft werden. Gewiss kämpfen die Verlage mit anhaltendem Auflagenrückgang – die Zahlen für die Mediengruppe Thüringen hat der Kollege Pidde von hier vorn gerade referiert – oder mit massiv ansteigenden Kosten für die Verteilung der Zeitung. Mit Blick auf diese Problemlage müssen wir fragen, ob sich hier mit Änderungen des Umsatzsteuerrechts tatsächlich etwas wirksam ausrichten lässt. Mir jedenfalls erscheint es fraglich, ob eine verminderte Umsatzsteuer für Online-Zeitungen zur Lösung der konkreten Probleme hier in Thüringen wirklich beitragen kann. Eine Frage ist, ob sich die finanziellen Spielräume der Mediengruppe Thüringen, um die es hier in der Hauptsache geht, durch eine Steuerangleichung tatsächlich vergrößern, und vor allen Dingen wie der Konzern mit einer etwaigen Steuerangleichung bzw. Verminderung dann umgehen würde. Kann die Senkung der Umsatzsteuer für Online-Produkte die Kosten für die Herstellung und Verteilung der gedruckten Zeitungen wirklich kompensieren? Bei Ausführungen des Geschäftsführers der Mediengruppe Thüringen bei einer der letzten TLM-Sitzungen wurden daran deutliche Zweifel geäußert. Außerdem: Lesen beispielsweise nicht-internet-affine ältere Zeitungsleser in den ländlichen Regionen wirklich mehr online Zeitung, weil der Steuersatz für Onlinepublikationen vermindert wird? Die AfD-Fraktion befürchtet, dass das von der CDU vorgeschlagene Mittel nicht geeignet ist, effektiv zur Lösung der Probleme, um die es eigentlich geht, beizutragen. Auf einen wichtigen Zusammenhang sei dabei allerdings noch verwiesen. Sehr geehrte Kollegen Abgeordnete, es ist meine feste Überzeugung, dass der Auflagenrückgang gedruckter Zeitung gewiss mehr mit den Inhalten als mit dem Mehrwertsteuersatz zu tun hat.

(Beifall AfD)

Dass sich die Bürger von den überkommenen Medien abwenden, dürfte vor allem daran liegen, dass sie diesen Medien nicht mehr vertrauen. Ich erinnere nur an den noch nicht so lange zurückliegenden, besonders abstoßenden Fall des Claas Relotius. Viel wichtiger als eine Änderung des Umsatzsteuersatzes für die Online-Presse ist insofern, dass die

(Abg. Dr. Pidde)

Presse ihrem Geschäft wieder auf eine Weise nachkommt, die einem wirklichen journalistischen Ethos entspricht. Eine sachliche und nicht propagandistisch einseitig aufgestellte Presse findet ihre Leser jetzt und auch in Zukunft. Davon bin ich überzeugt.

(Beifall AfD)

3. Die Umsatzsteuer – das ist auch schon bemerkt worden – ist Bundessache. Insofern, sehr geehrte Kollegen von der CDU, lassen Sie uns doch einfach auf den Entwurf der CDU-geführten Bundesregierung warten, der bald konzipiert sein und dann auch eingebracht werden dürfte, um eine entsprechende Gesetzesänderung herbeizuführen.

Meine Empfehlung an die CDU: Rufen Sie doch einfach einmal bei den Kollegen an, um den Prozess zu beschleunigen. Wie gesagt, es ist Ihre Regierung. Die CDU ist die führende Regierungsfraktion in Berlin. Versuchen Sie jetzt hier nicht über den Thüringer Weg die rot-rot-grüne Landesregierung zu ermuntern, den Umweg über den Bundesrat zu gehen und dort initiativ zu werden. Ich glaube, das ist der Umweg, den wir nicht brauchen. Der direkte Weg steht Ihnen offen. Nutzen Sie ihn! Den Antrag, den Sie hier vorgelegt haben, müssen wir leider als Schaufensterantrag werten und können ihm deswegen nicht zustimmen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall AfD)

Danke schön. Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Frau Abgeordnete Henfling.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, sehr geehrte Präsidentin, der vorliegende Antrag der CDUFraktion versucht, die Bedrohung der Pressevielfalt und damit der Pressefreiheit in Deutschland einzudämmen, das allerdings – das schicke ich voraus – ziemlich leidenschaftslos und ein bisschen unbeholfen. Der Antrag beschäftigt sich – und das stellt dort auch eine schwierige Kausalkette her zwischen der Frage: Ist die Pressevielfalt deswegen bedroht, weil die Umsatzsteuer für die Printausgaben so teuer ist oder höher ist als die für die Online-Geschichten? Das ist mir, auch meiner Fraktion – ehrlich gesagt –, ein bisschen zu wenig, denn das Problem ist deutlich komplexer, als es in diesem Antrag dargestellt wird. Will man dem Problem gerecht werden, sollte man das Problem zunächst erst mal ehrlich analysieren.

Die NGO „Reporter ohne Grenzen“ dokumentiert und analysiert beispielsweise die Gefahren, denen sich der freie Journalismus wiederholt und beständig ausgeliefert sieht und fügt sie in ihrer Rangliste der Pressefreiheit zusammen. Bei einem ersten groben Drüberschauen könnte man sich ja fast noch freuen: Deutschland ist um zwei Ränge aufgestiegen, von Platz 15 auf Platz 13. Doch sieht man genauer hin, ist dieser Aufstieg lediglich der Relation zu den steigenden Verschlechterungen der anderen Staaten geschuldet. Kurzum, in Deutschland hat sich für Journalistinnen und Journalismus nichts verbessert. Im Gegenteil, in dem Bericht heißt es, ich zitiere: „2018 ist die Zahl der tätlichen Angriffe gegen Journalistinnen und Journalisten im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Zu Gewalt kam es insbesondere am Rande rechtspopulistischer Veranstaltungen und Kundgebungen“, auch das kennen wir aus Thüringen. Auch von parteilicher Seite wird die Arbeit der Reporterinnen behindert, so heißt es im Bericht: Immer wieder versuchen Politikerinnen und Politiker – insbesondere der AfD –, die Presse insgesamt oder einzelne Medien von Veranstaltungen auszuschließen. Ich ergänze an dieser Stelle: Im Thüringer Landtag haben Sie heute schon mehrfach auch die Medien diskreditiert. Das haben Sie auch gerade hier schon wieder getan.

Als letzter Punkt des Berichts – und das ist auch das Wesentliche zu dieser Debatte – wird die latente Bedrohung der Pressevielfalt angeführt. Dies zeigt sich vor allen Dingen im Stellenabbau und in Einsparungen. Auch das kennen wir in Thüringen. Hier hat beispielsweise die Funke Mediengruppe Lokalredaktionen zusammengelegt und Einsparungen vorgenommen. Das Problem der Pressevielfalt ist aus meiner Sicht nun wirklich keins, das sich mit der Senkung der Umsatzsteuer beheben lässt. Die Plattform Übermedien hat das Problem anlässlich des Internationalen Tags der Pressefreiheit untersucht und hier hatten sich zum Beispiel die Verlage und Zeitungen darauf geeinigt, ein Bild von Norbert Bisky als Motiv der Titelseiten zu wählen. Sie erinnern sich vielleicht daran, das ist noch gar nicht lange her. Leider sind der Begleittext der dpa und das Interview des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger mit dem Maler ebenfalls von einem Großteil übernommen worden. Eine eigene kritische Auseinandersetzung mit dem Thema „Pressevielfalt“ gab es an diesem Tag nicht. Noch schlimmer: Einige Zeitungen gaben das geklaute Interview als ihr eigenes aus. Das ist ziemlich peinlich und zeigt ein grundlegendes Problem auf. Verlage agieren häufig leider rein ökonomisch. Sie suchen nach Absatzzahlen und beantworten Bedrohungen mit Einsparungen. Dabei übersehen sie, dass das

(Abg. Höcke)

Ergebnis ihrer Einsparungen sinkende Absatzzahlen sind, denn die Leserinnen nehmen diese Entwicklung durchaus wahr und fragen sich zu Recht, was das für sie bedeutet.

Die Nachrichtenmeldungen unterscheiden sich kaum und werden fast identisch aufbereitet, da reicht auch eine Zeitung. Das sagen sich dann die meisten Leute an der Stelle. Da sich aber scheinbar das Einsparungsmodell als alleinige Lösung etabliert hat, sind die Verlage in sich selbst gefangen, und das verwundert doch schon etwas, denn der Journalismus und seine Vermarktung befinden sich eigentlich permanent im Umbruch. Jetzt scheint dieser Umbruch allerdings eine neue Qualität erreicht zu haben. Diese adäquat zu erfassen, hat die Thüringer Staatskanzlei – auch das haben wir ja in der Thüringer Landesmedienanstalt besprochen, zusammen mit der Thüringer Landesmedienvertretung – die Studie „Aktive Sicherung lokaler und regionaler Medienvielfalt, rechtliche Möglichkeiten und Grenzen“ im Institut für Europäisches Medienrecht e. V. in Auftrag gegeben. Die Studie nimmt auf 286 Seiten umfangreich zu der Frage Stellung, mit welchen Fördermaßnahmen die Pressevielfalt gestärkt werden kann. Es wird eine Vielzahl von Maßnahmen sowohl im staatsvertraglichen Bereich als auch im Länder- und Bundesrecht erarbeitet und bewertet. Umso erstaunlicher ist es, dass die CDU mit ihrem Antrag lediglich ein Paradigma daraus herausgreift. Noch mehr verwundert es, dass diese Verknüpfung – Stärkung der Thüringer Presselandschaft und bessere Versorgung des ländlichen Raums – nicht allein durch die Senkung der Umsatzsteuer erreicht wird. Die Funke-Gruppe wird jetzt nicht, nur weil sie weniger Steuern zahlt, im ländlichen Raum auf einmal wieder mehr Leserinnen und Leser haben. Das wird nicht eintreten. Ich glaube tatsächlich – das ist auch eine Diskussion, die wir immer wieder mit der Mediengruppe Thüringen haben –, dass wir auch über Qualität und über die Art und Weise, wie Zeitung gemacht wird, reden müssen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Mich würde auch tatsächlich interessieren, aus welchem Blickwinkel Sie Pressevielfalt definieren. Mir scheint es, als ob Sie da einfach eine Gleichung haben: Viele Zeitungen ist große Pressevielfalt. Das sehe ich so einfach nicht, aber der Antrag gibt das leider so ein Stück weit wieder.

Außerdem erschließt sich mir auch nicht, warum Sie den Bundesrat dazu brauchen.

(Zwischenruf aus dem Hause)

Okay, dann haben wir das vielleicht falsch gelesen. Aber ich glaube einfach, wenn es wirklich nur um

die Umsatzsteuer geht, dann kann man das wahrscheinlich auch über Ihre Kolleginnen und Kollegen auf Bundesebene regeln.

Nichtsdestotrotz: Ich glaube, es ist grundsätzlich wichtig, dass wir uns als Landtag damit beschäftigen. Ich kann aber für meine Fraktion nicht sagen, dass wir dem Antrag so zustimmen können. Deswegen würden wir um Überweisung an den zuständigen Ausschuss bitten, damit wir dort noch einmal darüber reden und vielleicht den Blick ein bisschen weiten und das ein Stück weit breiter aufstellen und Pressevielfalt etwas breiter definieren, so, wie wir das auch verstehen. Vielen Dank.