Protocol of the Session on June 5, 2019

Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, ich heiße Sie herzlich willkommen zu unserer heutigen Sitzung des Thüringer Landtags, die ich hiermit eröffne.

Ich begrüße auch die Vertreterinnen und Vertreter der Landesregierung, unsere Gäste auf der Zuschauertribüne und am Livestream und die Vertreterinnen und Vertreter der Medien.

Die Sitzung wurde gemäß Artikel 57 Abs. 2 Satz 2 der Verfassung des Freistaats Thüringen in Verbindung mit § 19 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Thüringer Landtags aufgrund eines Antrags der Fraktion der CDU einberufen.

Die entsprechende Unterrichtung liegt Ihnen in Drucksache 6/7246 vor.

Für diese Plenarsitzung hat als Schriftführer Herr Abgeordneter Kobelt neben mir Platz genommen. Die Redeliste führt Herr Abgeordneter Herrgott.

Es haben sich für diese Sitzung entschuldigt: Frau Abgeordnete Muhsal, Frau Abgeordnete Scheerschmidt, Herr Abgeordneter Tischner, Herr Minister Prof. Dr. Hoff, Herr Minister Lauinger, Frau Ministerin Siegesmund und Frau Ministerin Werner.

Hinweis zur Tagesordnung: Die Landesregierung hat mitgeteilt, zu dem Tagesordnungspunkt von der Möglichkeit eines Sofortberichts gemäß § 106 Abs. 2 unserer Geschäftsordnung Gebrauch zu machen.

Gibt es weitere Hinweise zur Tagesordnung? Ich sehe, das ist nicht der Fall.

Dann rufe ich auf den Tagesordnungspunkt

Gründung einer „Stiftung Mitteldeutsche Schlösser und Gärten“ – Ausverkauf von Thüringer Kulturgütern abwenden Antrag der Fraktion der CDU - Drucksache 6/7245 -

Wünscht die Fraktion der CDU das Wort zur Begründung? Ja. Herr Abgeordneter Mohring, bitte schön.

Guten Tag, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Frau Präsidentin, ich begrüße Sie und die Vertreter der Stiftung Schlösser und Gärten und Museumsdirektoren aus Thüringen zu dieser Debatte, die wir für heute

beantragt haben und für die wir darum gebeten haben, über die geplante Stiftung Mitteldeutsche Schlösser und Gärten zu sprechen, weil es um Thüringen geht.

Acht Sterne zieren das Thüringer Landeswappen. Sie stehen für sieben Thüringer Kleinstaaten, die vor bald hundert Jahren das Land Thüringen gründeten. Der achte Stern steht für die preußischen Territorien, die 1945 hinzugekommen sind. Sie stehen für Thüringen, das Land der Residenzen – so wie der Titel einer Landesausstellung im Jahr 2004 klug gewählt wurde.

(Beifall CDU)

Doris Fischer, die Direktorin der Stiftung Schlösser und Gärten hat zur Saisoneröffnung 2019 Folgendes gesagt: „Es geht ums Ganze. Es geht um die kulturelle Identität des Freistaats Thüringen und es geht alle Thüringerinnen und Thüringer etwas an.“ Genau deshalb ist die geplante Stiftung Mitteldeutsche Schlösser und Gärten ein politisches Thema, über das der Landtag reden muss, über das der Landtag informiert werden muss und über das der Landtag zuerst entscheiden muss, welchen Weg wir für Thüringen für den richtigen halten. Deshalb haben wir diese Sondersitzung beantragt.

(Beifall CDU)

Wissen Sie, unser Eindruck ist, im krassen Missverhältnis dazu steht die Politik der Landesregierung; nicht zuletzt vor allen Dingen ihre Informationspolitik der Öffentlichkeit, den Bürgerinnen und Bürgern, aber auch diesem gewählten Landtag gegenüber. Sie steuert einen Staatsvertrag an und hat es bisher nicht für nötig gehalten, bei diesem Thema aktiv auf den Landtag in seiner Gesamtheit zuzugehen.

(Zwischenruf Abg. Hennig-Wellsow, DIE LIN- KE: Das ist eine Lüge!)

Bei einem Staatsvertrag kann das Parlament am Ende mit seiner notariellen Funktion nur Ja oder Nein sagen. Wenn es aber um das Ganze geht, dann ist das zu wenig, dann sollte der Landtag zuvor befasst werden mit dieser Materie.

(Beifall CDU)

Diese Alles-oder-nichts-Politik soll mit dieser öffentlichen Plenarsitzung ein Ende haben. Wir sind nicht so ganz sicher, ob das Thema bei der Landesregierung in guten Händen ist,

(Zwischenruf Abg. Hennig-Wellsow, DIE LIN- KE: Bei Ihnen sicher nicht!)

denn zum historischen Erbe muss man ein inneres Verhältnis haben, eine angemessene Haltung entwickeln.

(Beifall CDU)

(Heiterkeit DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich sage Ihnen ganz ehrlich, wir haben daran Zweifel. Unvergessen ist, wie Bodo Ramelow im Jahr 2016 kurzerhand die acht Sterne aus dem Landeswappen, von dem ich vorhin gesprochen habe, für acht neue geplante Landkreise in Anspruch nahm. Wir sehen bei dieser Debatte und dem Verhältnis, das Sie jetzt zur geplanten Mitteldeutschen Kulturstiftung aufbringen, eine Menge Analogien zur schon gescheiterten Gebietsreformdebatte. Bisher dreht sich alles nur um die Frage des Wie der geplanten Stiftung und jetzt stellen sich schon genügend Fragen: Um welche Objekte geht es? Um welche Sammlungen geht es? Welche dauerhaften Zusagen werden gemacht? Welche Rechtskonstruktionen sollen wirklich folgen? Welche Eigentumsverhältnisse stehen an? Welche Führungspersonalien in der Stiftung sind geplant? Und: Welche Standorte der Stiftung sind denn wirklich vorgesehen? Alle diese Fragen sind nicht beantwortet und nicht geklärt. Es gibt viele Ungereimtheiten, Unwägbarkeiten, Geheimnisse, aber keine Transparenz. Wir fordern diese Transparenz hier heute ein.

(Beifall CDU)

Wissen Sie, diese Fragen werden nicht allein von den Trägern der diskutierten Liegenschaften und Museen zunehmend dringender gestellt, die Zweifel gibt es bis hinein in die Regierungskoalition. Völlig zu Recht hat es Kollegin Marx als unerhört empfunden, dass Minister Hoff die Gerüchteküche zur Übertragung von Museumsbeständen kommunaler Träger an die geplante Stiftung vorantreibt. Doch lenkt diese Debatte über das Wie von der eigentlichen Grundfrage ab. Lassen Sie uns erst mal einen Schritt zurücktreten und die viel wichtigere Frage stellen, ob wir diesen Weg überhaupt bestreiten wollen.

(Beifall CDU)

Auch da sagen wir klar: Ja, es gibt einen gewaltigen Sanierungsbedarf, ja, wir hätten auch schon mehr machen können. Ja, das ist richtig, doch es leuchtet uns nicht ein, dass wir dafür unser kulturgeschichtliches Tafelsilber in eine länderübergreifende Stiftung geben sollen. Wir wollen diesen Ausverkauf Thüringens über diesen Weg der Stiftung nicht mitgehen.

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Die Schlösser bleiben schon stehen!)

Wir wollen eine Landesregierung, die unsere Landesinteressen beherzt vertritt und die dem Bund auch sagt: Wenn ihr Geld gebt, sind wir dafür dankbar, aber das heißt nicht, dass ihr die Kultushoheit der Länder infrage stellt und bestimmt, was in diesem Freistaat Thüringen mit seiner kulturhistorischen Tradition passiert, sondern aus Thüringen heraus muss die Souveränität in den Verhandlungen zum Ausdruck gebracht werden. Das Geld bestimmt nicht den Weg, wer zuständig ist in der Zukunft. Diesen Unterschied macht unser Politikansatz aus.

(Beifall CDU)

Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist zu Ende.

Frau Präsidentin, Sie haben recht. Deswegen haben wir diese Sondersitzung beantragt, denn es geht ums Ganze, es geht um Thüringen und deshalb wollen wir die öffentliche Debatte hier im Thüringer Landtag haben. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Nur um dich geht es, Mike!)

Danke schön. Die Landesregierung hat einen Sofortbericht zu Nummer I angekündigt und ich erteile das Wort Herrn Staatssekretär Krückels.

Herzlichen Dank. Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Abgeordnete, ich stehe natürlich gern zur Verfügung. Bevor ich auf die im Antrag der CDU gestellten Fragen seitens der Landesregierung antworte, darf ich doch noch ein, zwei Vorbemerkungen machen. In der heutigen Sonderplenarsitzung reden wir über nicht mehr und nicht weniger als eine der größten Chancen zur Sanierung und Entwicklung unserer Burgen, Klöster, Schlösser und Gärten in Thüringen seit der Wiedergründung des Freistaats 1990. Wenn deshalb in Zeitungen die Überschrift zu lesen ist “Weiter Streit über Thüringens Schlösser und Gärten“, wenn sich Abgeordnete von Koalition und Opposition deshalb die Freundschaft aufkündigen, wie es ebenfalls in der Zeitung stand, weil wir die Chance erhalten, 200 Millionen Euro mehr für den Erhalt unserer Kulturdenkmäler ausgeben zu können, dann läuft in der Debatte einiges schief.

(Abg. Mohring)

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die CDU kritisiert, dass wir als Landesregierung, dass die Staatskanzlei und namentlich der Kulturminister – den ich heute vertrete und auch entschuldige – über die Planung für Thüringens Schlösser und Gärten nicht sprechen wollen. Ich kann Ihnen versichern: Das Gegenteil ist der Fall, und wer den Kulturminister kennt, weiß, dass Schweigsamkeit nicht zu seinen hervorragendsten Eigenschaften gehört. Im Gegenteil: Er wirbt für seine Ideen, ihm sind Partizipation und transparenter Austausch wichtig. Das war ihm immer wichtig und wird es auch bleiben.

(Beifall DIE LINKE)

Umso mehr bedauert er, dass die CDU-Fraktion, obwohl bekannt war, dass der Kulturminister heute als Vater seines Sohnes gebraucht wird, nicht bereit war, diese Sondersitzung so zu terminieren, dass der Kulturminister selbst Rede und Antwort stehen kann. Wir müssen am Verständnis der Vereinbarkeit von Familie und Beruf möglicherweise noch etwas feilen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich sage es einmal so: Das hätte besser gelingen können.

Der Kulturminister führt Partizipation als Bestandteil funktionierender Kulturpolitik – wie Sie, sehr geehrte Damen und Herren der CDU-Fraktion – nicht nur im Munde, sondern lebt sie auch. Deshalb hat er bereits im März dieses Jahres die Kollegen Kellner und Wirkner sowie den für Kultur zuständigen Referenten der CDU-Fraktion über das Schlösser-Sonderinvestitionsprogramm I, über das wir hier sprechen, das im Bundeshaushalt eingestellt wurde, über die Prüfung zur Bildung einer Mitteldeutschen Schlösserstiftung informiert. Die CDU-Kollegen sind auf Basis dieser Information anschließend nach Sachsen-Anhalt gefahren – das wurde uns zumindest berichtet –, um sich von der Landesregierung Sachsen-Anhalt über die dortigen Planungen in Kenntnis setzen zu lassen. Der Kulturminister hatte angeboten, jederzeit in den für Kultur zuständigen Arbeitskreis der Thüringer CDU-Fraktion zu kommen oder auch der CDU-Fraktion in Gänze Bericht zu erstatten, so, wie er dies in der vergangenen Woche auch bei der Fraktion der Grünen auf deren kurzfristigen Wunsch hin tat, ebenso in der Linksfraktion. Von diesen Angeboten hat die CDU-Fraktion leider keinen Gebrauch gemacht,

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Hört, hört!)

ebenso wenig wurde zunächst der übermorgen tagende reguläre Ausschuss für Kultur des Landtags abgewartet, in dem der Minister regulär Bericht erstattet hätte.