Protocol of the Session on March 29, 2019

Sie sehen, dass Rot-Rot-Grün für einen sinnvollen, landesspezifischen und zielgerichteten Einsatz der Mittel aus dem Gute-KiTa-Gesetz steht. Wie sich das schon bei der letzten Novelle des Thüringer Kindertagesstättengesetzes bewährt hat, werden wir Thüringer Familien bei den Elternbeiträgen erneut finanziell deutlich entlasten und gleichzeitig die Betreuungsqualität in den Einrichtungen weiter verbessern. Beitragsfreiheit und Personalschlüsselabsenkung werden von der Regierungskoalition eben nicht als eine Entweder-oder-Alternative betrachtet,

sondern immer zusammen gedacht und schrittweise gemeinsam umgesetzt. Nur mal an dem Punkt noch mal in Ihre Richtung – nicht, dass Sie das wieder versuchen umzudrehen und sagen, die machen nur das eine und das andere wollen sie nicht; diese Diskussion hatten wir ja, auch da haben Sie Ängste im Land geschürt –: Nein, wir wollen beides, Beitragsentlastung und eine gute Qualität in den Einrichtungen.

(Beifall DIE LINKE)

Wir widmen uns der Frage, wie wir den Fachkräftebedarf im Kindertagesstättenbereich abdecken können, haben diesen mit dem Modellprojekt ab 2020 vor- und damit ein neues Kapitel in der Erzieherinnenausbildung aufgeschlagen.

Alles in allem bleibt festzustellen: Ich finde, das, was hier vorgelegt worden ist, kann sich auch im Bundesvergleich sehen lassen. Kollege Wolf hat gesagt, dass wir im Fröbelland – „Fröbelland“ war die Bemerkung von Herrn Fiedler, aber Kollege Wolf hat darauf hingewiesen –, dass wir wirklich Spitze sind, was unsere Qualitäts- und Finanzierungsdiskussion im Kindergartenbereich angeht. Ich glaube, darauf können wir alle ein bisschen stolz sein. Ich danke der Landesregierung, den regierungstragenden Fraktionen für das, was hier auf dem Tisch liegt, und bitte ebenfalls um die weitere Beratung des Gesetzentwurfs im Bildungsausschuss. Herzlichen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Als nächste Rednerin erhält Abgeordnete Muhsal, Fraktion der AfD, das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Sehr geehrte Abgeordnete, liebe Gäste! Verehrter Herr Wolf,

(Zwischenruf Abg. Wolf, DIE LINKE: Hier!)

Sie haben am Anfang oder im ersten Drittel Ihrer Rede gesagt – richtigerweise –, es käme auf den Anfang an. Ganz ehrlich: Das Erste, was ich hier zu dem Gesetzentwurf von Ihrem Koalitionspartner SPD gehört habe, war die Entgleisung von Frau Becker, die hier im Landtag rumpampt in einer Art und Weise, die ich krass finde, noch dazu, wo hier Schüler auf der Tribüne sitzen. Das Erste, was ich von Ihnen gehört habe, war, dass Sie mit „alternativen Fakten“ angefangen haben. Was ich allerdings am Anfang nicht gehört habe – was aber normalerweise üblich im Gesetzgebungsverfahren ist –, ist eine Einbringungsrede zu dem Gesetzentwurf.

(Beifall CDU, AfD)

Ich finde, gerade wenn es um wichtige Dinge, um die Kindertagesbetreuung geht, wenn es um Kindergärten und Kinderkrippen geht, finde ich das wunderlich, dass Sie sich nicht einmal die Mühe machen, eine Einbringung zu halten. Ich finde das auch insofern verwunderlich, weil es ja auch um den nächsten Landeshaushalt geht, der nicht mehr in diese Legislaturperiode fällt. Vielleicht hätten Sie sich da etwas mehr Mühe geben können.

(Beifall AfD)

Beginnen möchte ich damit, dass wir bereits im September letzten Jahres über das sogenannte Gute-KiTa-Gesetz und darüber, wie die Mittel verwendet werden sollen, im Rahmen einer Aktuellen Stunde debattiert haben. Damals wie heute steht fest: Die Länder haben sich die Zuständigkeit für Kindergärten und Kinderkrippen vom Bund billig abkaufen lassen. Für Thüringen gibt es rund 138 Millionen Euro und dafür steckt der Bund dann den Rahmen ab, für was das Geld ausgegeben werden darf und für was es eben auch nicht ausgegeben werden darf. Damals wie heute sage ich: Der Föderalismus, der in Artikel 20 unseres Grundgesetzes als unabänderlich festgeschrieben ist, den sollten wir doch schützen. Dementsprechend hätte die Landesregierung besser daran getan, die entsprechenden Entscheidungsrechte nicht frühzeitig abzugeben.

(Beifall AfD)

Die Politik für Kinderbetreuung ist Aufgabe der Länder und vor allem auch der Kommunen und nicht Aufgabe des Bundes. Deshalb sollte das Geld auch vom Land und nicht vom Bund kommen, noch dazu wenn es mit Vorschriften dazu versehen ist, was das Land damit tun darf und was nicht.

Bevor ich zum Inhalt des Gesetzes komme, das eben nun bestimmen möchte, wofür das Geld aus dem sogenannten Gute-KiTa-Gesetz ausgegeben wird, möchte ich feststellen: Für Eltern, die ihre Kinder über das erste Lebensjahr hinaus zu Hause betreuen wollen, tun Sie ja wie immer nichts. Dabei ist das verfassungsrechtlich geschützte Recht der Eltern wichtig, dass sie ihre Kinder erziehen dürfen, und das ist Ihnen keinen müden Cent wert.

(Beifall AfD)

(Zwischenruf Abg. Wolf, DIE LINKE: Das dür- fen sie doch!)

Das ist bedauerlich und das ist vor allem vor dem Hintergrund, dass die Eltern, die ihre Kinder zu Hause betreuen, ohnehin schon in vielen Punkten, beispielsweise bei den Renten, benachteiligt sind,

(Abg. Pelke)

hochgradig verfassungsrechtlich bedenklich. Ich sage auch ausdrücklich: In einem Land wie Deutschland, in dem der Wohlstand von vielen Vätern und Müttern erarbeitet wird, ist das auch hochgradig beschämend.

(Beifall AfD)

Mit Ihrem Gesetzentwurf blasen Sie in das gleiche Horn wie Frau Bundesfamilienministerin Giffey, die bekanntlich auf ihrer Internetseite lange Zeit stehen hatte, sie sei für eine Kita-Pflicht für alle Kinder – ich zitiere – „ab dem 3. Lebensjahr und wenn möglich auch davor“. Sie von der SPD oder auch allgemein von Rot-Rot-Grün tun nichts dafür, Familien als solche zu stärken, Ihnen geht es nur darum, die Kindheit so schnell wie möglich zu verstaatlichen. Das sehen wir eben auch an dem vorliegenden Gesetzentwurf an mehreren Stellen. Schon zu Beginn sprechen Sie mit dem Verweis auf das Gute-KiTaGesetz von der – Zitat – „Beseitigung von Zugangshürden für frühkindliche Bildung“. Sie meinen der – Zitat – „Zugang für alle Kinder zu frühkindlicher Bildung“ solle durch das Gesetz verbessert werden. Und erst am Ende des Gesetzentwurfs, in der Begründung, tun Sie mal „Butter bei die Fische“ und sagen, worauf das Ganze eigentlich hinaus läuft. Sie sagen, ich zitiere: „Damit soll erreicht werden, dass alle Kinder in den letzten beiden Jahren vor dem Schuleintritt eine Kindertageseinrichtung besuchen [...].“ Mit anderen Worten: Sie wollen – Klammer auf: „noch“, Klammer zu – noch keine KitaPflicht einführen, sie wollen erst mal probieren, ob die Eltern durch einseitige Förderung auch so springen, wie Rot-Rot-Grün es denn gern hätte.

(Beifall AfD)

Schade, dass es Ihnen in erster Linie darum geht und nicht um gut betreute und erzogene Kinder.

Bedenklich finde ich auch, dass Ihr Vorschlag, ein zweites Kindergartenjahr beitragsfrei zu stellen, durch die Mittel des sogenannten Gute-KiTa-Gesetzes überhaupt nicht langfristig finanziert ist. Sie rechnen mit jährlichen Mehrkosten von ungefähr 63 Millionen Euro. Was dann nach den zwei Jahren werden soll, wenn die 138 Millionen Euro des Bundes nahezu aufgebraucht sind, dazu sagen Sie gar nichts. Und, Herr Wolf, Sie haben es in einem kleinen Nebensatz – glaube ich – erwähnt, Sie haben doch gesagt, was Sie machen wollen – weil Sie es im Gesetz nicht geschafft haben. Sie haben gesagt, Sie wollen fordern, Sie wollen mal wieder mehr Geld vom Bund fordern. Und das ist, ehrlich gesagt, das Einzige, was Ihnen einfällt. Sie wirtschaften hier im Landeshaushalt nicht ordentlich und dann schreien Sie immer nach mehr Geld beim Bund.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Machen Sie ja nie!)

So geht es nicht.

(Beifall AfD)

Sie sagen auch nichts dazu, welche Folgen die Ende 2017 beschlossenen Änderungen bislang auf die Kindergartenpraxis hier in Thüringen hatten. Ich erinnere zum Beispiel an die Änderung, dass Kinder mit Behinderungen nun grundsätzlich inklusiv betreut werden sollen. Das hat natürlich zur Folge, dass Einrichtungen, die bislang nicht auf Inklusion ausgerichtet sind, mit Investitionskosten rechnen müssen, zum Beispiel um einen Fahrstuhl einzubauen oder eben Toiletten behindertengerecht umzubauen oder Weiteres, was man sich da vorstellen kann. Welche Kosten sind daraus bereits entstanden? Wer finanziert das bislang? Von Ihnen keine Antwort!

Mir ist auch wichtig, dass sich die vielen Probleme rund um die Finanzierung und die Umsetzung des ersten beitragsfreien Kita-Jahres – was ja schon beim ersten Mal unzumutbar war – sich so nicht wiederholen dürfen. Wir erinnern uns an das ganze Tohuwabohu um die Beiträge zum Essengeld. Es bedurfte vieler Diskussionen seitens des Ministeriums und eines sogenannten Runden Tisches um das Essengeld, damit mal wieder einigermaßen Ruhe einkehrte.

Auch das Personalproblem ist weiterhin völlig ungeklärt. Sie schlagen auch keine wirkliche Lösung vor. Was ist denn mit den Hunderten Erzieherinnen, die wir zusätzlich durch diesen Gesetzentwurf dann noch brauchen? Natürlich begrüßen wir als AfD grundsätzlich jede Verbesserung des Personalschlüssels. Aber diese Verbesserung bringt nichts, wenn sie nicht unterfüttert ist.

(Beifall AfD)

Und was Sie gerade gesagt haben, Frau Pelke, dass Sie dieses Modellprojekt so vor sich hertragen – es ist zwar schön und gut, aber das Projekt nennt sich „Modellprojekt“, und dass daraus in absehbarer Zeit genug Erzieher erwachsen, um das jetzt mal ratzfatz alles auszustatten, das glauben Sie doch im Leben selber nicht.

Selbstverständlich sind wir als AfD bereit, diesen Gesetzentwurf in den Ausschuss zu überweisen und weiter zu beraten. Bislang macht er allerdings nur den Eindruck von Symbolpolitik vor der Wahl, mit wenig inhaltlicher Untersetzung. Herzlichen Dank.

(Beifall AfD)

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen erhält Abgeordnete Astrid Rothe-Beinlich das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Schülerinnen und Schüler! Wenn jemand ans Pult geht und sich zuerst darüber empört, wie sich andere verhalten, und dann selbst von „Verstaatlichung der Kinder“ redet

(Unruhe AfD)

(Zwischenruf Abg. Henke, AfD: Was Sie selbst denken und tun …!)

ich glaube, Sie haben gerade sehr gut vorgeführt, was ich meine, Sie reden von „Verstaatlichung der Kinder“ –, offenbar hat der oder die, muss ich sagen, leider die Dimension dessen nicht verstanden, worüber wir reden. Ja, wir leben hier im Kindergartenland in Thüringen

(Beifall DIE LINKE)

und wir reden über unsere Kinder, die unsere Zukunft sind. Wenn dann jemand allen Ernstes meint, dass der Bund dafür nicht zuständig sei, weil es Länderaufgabe ist, dann kann ich nur sagen, das ist ein Verständnis, was ich so nicht teile. Denn, was mich wirklich am meisten stört in der Politik, ist mitunter die Zersplitterung der Ebenen auch und gerade, wenn es um Kinder geht. Es ist doch absurd, wenn wir plötzlich sagen, eine Ebene, nämlich der Bund, ist für die Kinder nicht zuständig, das sei Landesaufgabe. Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass gerade für das Wohl und für die Erziehung, für die Bildung unserer Kinder alle Ebenen Verantwortung tragen, und zwar von der kommunalen Ebene bis hin zur Bundesebene und selbstverständlich auch und gerade die Eltern. Wenn wir uns das Kooperationsverbot in der Bildung anschauen, was es leider in Deutschland gibt, dann sage ich, das war einer der grundlegenden Fehler – wir streben ja deshalb auch die konsequente Abschaffung dieses Kooperationsverbots an –, weil wir sagen, alle Ebenen müssen sich verantwortlich zeigen, müssen sich verantwortlich fühlen für die Bildung, für die Erziehung, auch und gerade unserer Kinder.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn Sie das ablehnen, sagt das mehr über Sie, Frau Muhsal, als über alles andere. Ich bin sehr froh, dass sich der Bund jetzt endlich mit dem sogenannten Gute-KiTa-Gesetz ein Stück weit verant

wortlich zeichnet, auch wenn das natürlich nicht ausreicht und nur befristet ist.

Ich muss auch ein paar Sätze zu Frau Rosin sagen. Liebe Frau Rosin, ich habe einfach mal kurz Ihren Namen, Ihre damalige Parteimitgliedschaft und „Beitragsfreiheit“ in eine bekannte Suchmaschine eingegeben. Da findet man dann einen Artikel, der überschrieben ist in der OTZ mit „Beitragsfreies Kita-Jahr: Grünen-Vorschlag bringt Koalitions-Zoff in Thüringen“. Der stammt aus dem Juli 2015. Da sagt dann die Kollegin Rosin – ich zitiere –: Sie „[…] betonte, dass mit dem Gratisjahr vor allem der Mittelstand entlastet werde, der sonst von Sozialstaffelungen kaum profitiere.“ Hört, hört! Eine Fürsprecherin damals gegen uns, die wir zugegebenermaßen die Beitragsfreiheit deshalb skeptisch gesehen haben, weil wir gesagt haben, entscheidend ist für uns zunächst die Qualität, auch wenn wir grundsätzlich für eine Beitragsfreiheit in der Bildung und damit auch in der frühkindlichen Bildung stehen. Jetzt reden Sie so. Das müssen Sie für sich erklären. Es gibt ja diesen bekannten Spruch: Die größten Kritiker der Elche waren früher selber welche.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Jetzt aber zu unserem Gesetz: Ich meine, ja, wir müssen uns die Erziehung und Bildung unserer Kinder – da fängt es bei den Kleinsten an – auch etwas kosten lassen. Ja – Frau Pelke, hat das sehr genau vorgerechnet –, wir bekommen dafür auch Mittel vom Bund mit dem sogenannten Gute-KiTaGesetz.

Ich sage immer „sogenannt“. Wir haben das mal mit den Trägern diskutiert, weil es so ein bisschen komisch ist, wenn ein Gesetz „Gute-KiTa-Gesetz“ heißt und sich die Träger natürlich fragen, was sind denn unsere Kindergärten, unsere Kindergrippen dann jetzt. Da wird gute Arbeit geleistet. Sie soll noch besser werden – gar keine Frage –, und sie braucht Unterstützung. Aber der Name des Gesetzes ist ein bisschen komisch. Wir reden ja auch nicht vom Guten-Schul-Gesetz oder vom GutenRenten-Gesetz. Ich gehe immer davon aus, dass es darum geht, das möglichst gut zu machen. Aber gut, es heißt nun mal so.