Erstens: Habe ich Sie jetzt richtig verstanden, dass Sie selbstverständlich davon ausgehen, dass auch die Servicestellen – die ja so benannt sind im Konzept, sprich die Orte, wo sich nicht direkt die Aktenlagerung befindet, die ja nach den Standards des Archivgesetzes erfolgen soll – Aufgabe des Bundes sind und durch diesen quasi auch mitgetragen werden müssen?
Und zweitens: Gehe ich richtig in der Annahme, dass die historischen authentischen Orte wie am Amthor beispielsweise in Gera, was ja auch schon außerschulischer Lernort ist und ein Begegnungsort, Bildungsstätte gleichermaßen, genauso wie authentische Orte in Suhl, die wir ja haben, selbstverständlicher Bestandteil des Thüringer Gedenkstättenkonzepts sind oder auch weiterhin bleiben?
Zu 1: Eindeutig ja. Und zu 2: Grundsätzlich ja. Ich glaube nur, dass wir, möglicherweise auch in Abstimmung mit dem BStU, in eine engere Verflechtung kommen, indem wir das, was der Bund auch an Anlaufstellen bezahlt und auch weiterhin als Mittel zur Verfügung stellt – dass wir hier auch mit den landesspezifischen, authentischen Erinnerungsorten in eine engere Verflechtung eintreten sollten, weil sich der Charakter dieser Stellen ändert. Deshalb will ich auch nicht mehr von Servicestellen oder Außenstellen sprechen, sondern ich will von Thüringer Erinnerungsorten der SED-Diktatur sprechen und das ist das, was ich als landes- und bundespolitische Verknüpfung meine. Aber die Aufgaben, die der Bund zu tun hat, hat der Bund zu finanzieren, dafür haben wir eine entsprechende Aufgabenverpflichtung im föderalen Bundesstaat.
Wir kommen zur nächsten Frage. Fragesteller ist Herr Abgeordneter Kalich, Fraktion Die Linke, mit der Drucksache 6/6939. Bitte, Herr Kalich.
Laut einem Beitrag der „Ostthüringer Zeitung“ Bad Lobenstein vom 11. Februar 2019 hat die Stadt Tanna wie im Vorjahr auch für das Haushaltsjahr 2018 Widerspruch gegen die Kreisumlage eingelegt. Laut dem Beitrag gibt es noch keine Klärung zur strittigen Kreisumlage im Jahr 2017. Die Stadt Tanna und der Saale-Orla-Kreis unterliegen der Rechtsaufsicht des Landes.
1. Wann hat die Stadt Tanna gegen die Kreisumlage im Jahr 2017 mit welcher Begründung beim Landesverwaltungsamt Widerspruch eingelegt?
2. Wie gestalten sich nach Kenntnis der Landesregierung Inhalt und Stand der Bearbeitung des Widerspruchs?
3. Wann hat die Stadt Tanna gegen die Kreisumlage im Jahr 2018 mit welcher Begründung beim Landesverwaltungsamt Widerspruch eingelegt?
4. Wie haben sich die Zuweisungen von Schlüsselzuweisungen und die Steuerkraftmesszahl der Stadt Tanna im Zeitraum von 2016 bis 2019 entwickelt?
Für die Landesregierung antwortet das Ministerium für Inneres und Kommunales, Herr Staatssekretär Höhn, bitte.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Kalich beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:
Die Stadt Tanna hat am 4. Januar 2018 Widerspruch gegen den Kreisumlagebescheid für das Jahr 2017 des Landratsamts Saale-Orla-Kreis vom 8. Dezember 2017 eingelegt. Der Widerspruch wurde gegenüber dem Landratsamt eingelegt, im Wesentlichen wird der Widerspruch wie folgt begründet:
Der Kreisumlagebescheid sei rechtswidrig und verletze die Stadt in ihrer durch Artikel 28 Abs. 2 Grundgesetz in Verbindung mit Artikel 91 Landesverfassung geschützten Selbstverwaltungsgarantie. Die Bestimmung der Kreisumlage sei schon deshalb rechtswidrig, weil der Landkreis Kosten auf die kreisangehörigen Gemeinden umgelegt habe, die tatsächlich vom Land zu tragen seien und die Haushaltssatzung des Saale-Orla-Kreises sei nichtig, da der Landkreis die Bedeutung des ihn treffenden Abwägungsgebots vor Festsetzung des Umla
Nach erfolgloser Abhilfeprüfung durch den SaaleOrla-Kreis wurde das Widerspruchsverfahren mit Schreiben vom 18. Januar 2019 an das Thüringer Landesverwaltungsamt abgegeben.
Zu Frage 2: Im Thüringer Landesverwaltungsamt sind derzeit rund 180 Widersprüche von Gemeinden, die die Festsetzung von Kreis- oder Schulumlagen betreffen, anhängig. Die Bearbeitung ist nach Datum des Eingangs vorgesehen. Der Widerspruch der Stadt Tanna wurde bislang noch nicht bearbeitet. Hintergrund der Vielzahl von Widersprüchen ist die in den letzten Jahren ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung zur Kreis- und Schulumlagenfestsetzung.
Ausgehend von den beiden Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts aus den Jahren 2013 und 2015 hat das Thüringer Oberverwaltungsgericht mit seinem rechtskräftigen Urteil vom 07.10.2016 einen Paradigmenwechsel vollzogen und stellte klar, dass die verfassungsrechtliche Garantie der Gemeinden auf eine aufgabenadäquate Finanzausstattung auch im Verhältnis der kreisangehörigen Gemeinden zum Kreis gilt. Weiterhin hat das OVG wesentliche Aussagen zur Bemessung und dem Verfahren zur Festsetzung und Erhebung der Kreisumlage getroffen. Zwischenzeitlich hat das Thüringer Oberverwaltungsgericht im vergangenen Jahr betreffend die Kreis- und Schulumlage des Landkreises Unstrut-Hainich-Kreis auf Basis seines Grundsatzurteils noch zwei weitere Urteile gesprochen. Diese beiden Urteile des OVG sind jedoch noch nicht rechtskräftig, da der Landkreis hiergegen Nichtzulassungsbeschwerden erhoben hat, die zwischenzeitlich beim Bundesverwaltungsgericht anhängig sind. Es ist ungewiss, ob das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerden die rechtlichen Anforderungen des Thüringer Oberverwaltungsgerichts zur Kreisumlagenfestsetzung und -erhebung in diesem Umfang teilen wird.
Die dadurch nicht abschließend geklärten Rechtsfragen haben aber auch unmittelbare Auswirkungen auf die Rechtslage der zu entscheidenden anhängigen Widerspruchsverfahren. Wesentlichen Einfluss auf die Möglichkeit einer umfassenden Abarbeitung des Bestands der Widerspruchsverfahren hat auch die Frage, ob und inwieweit eine nachträgliche Heilung fehlerhafter Haushaltssatzungen durch die Landkreise möglich ist. Die hierzu bestehende Rechtslage ist auch durch das jüngst ergangene Urteil des Oberverwaltungsgerichts des Landes Mecklenburg-Vorpommern vom 23.07.2018 aufgrund des damit verbundenen Rückabwicklungsge
schehens einerseits und Vertrauensgesichtspunkten andererseits sehr komplex. Das Thüringer Landesverwaltungsamt hat daher ein diesbezügliches Rechtsgutachten erstellen lassen, das derzeit ausgewertet wird. Ziel muss es sein, die Widersprüche auf weitestgehend gesicherter rechtlicher Grundlage entscheiden zu können, um für die Landkreise und die kreisangehörigen Gemeinden Rechts- und Planungssicherheit zu gewährleisten.
Zu Frage 3: Ein Widerspruch der Stadt Tanna gegen den Kreisumlagenbescheid für das Jahr 2018 liegt dem Thüringer Landesverwaltungsamt bislang mit Sachstand 22.03.2019 nicht vor.
Und zu Frage 4: Die Stadt Tanna erhielt in dem nachgefragten Zeitraum folgende Schlüsselzuweisungen: 2016 477.211 Euro, 2017 598.448 Euro, 2018 412.192 Euro und 2019 315.132 Euro. Der Berechnung der Schlüsselzuweisungen in den nachgefragten Jahren liegen folgende Steuerkraftmesszahlen zugrunde: Für 2016 2.291.328 Euro, für 2017 2.248.649 Euro, für 2018 2.438.541 Euro und für 2019 2.578.924 Euro.
Danke erst einmal für die Antwort. Wenn ich das jetzt richtig verstanden habe, liegen 180 Widerspruchsverfahren vor und die sind alle insgesamt bis jetzt nicht bearbeitet bzw. abschließend entschieden auf der Grundlage dessen, dass die gesetzlichen Grundlagen oder die Rechtsprechung der Gerichte noch nicht vorliegen?
Die sind entsprechend des Eingangs sehr wohl in der Bearbeitung, wobei die aktuelle Rechtsprechung, so wie von mir ausgeführt, bei der Bearbeitung der jeweiligen Widersprüche natürlich mit zu berücksichtigen ist und das ist derzeit ein Vorgang, der noch im Fluss ist.
Gibt es weitere Nachfragen? Das kann ich nicht erkennen. Dann danke ich und ich rufe die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Rothe-Beinlich, Bündnis 90/Die Grünen, in Drucksache 6/6940 auf.
Erteilung elektronischer Aufenthaltstitel und Terminvergabe durch Ausländerbehörden in Thüringer Kommunen
Nach dem Aufenthaltsgesetz werden Aufenthaltstitel als eigenständige Dokumente mit elektronischem Speicher- und Verarbeitungsmedium, kurz: elektronischer Aufenthaltstitel, ausgestellt. Dennoch stellen nicht alle Landkreise und kreisfreien Städte diese in elektronischer Form aus. Auch bei der Terminvergabe seitens der Ausländerbehörden gibt es unterschiedliche Vorgehensweisen. So erfolgt seitens der Stadt Erfurt die Terminvergabe lediglich online und nur mit derzeit acht bis zehn Wochen Vorlauf.
1. Welche kommunalen Ausländerbehörden stellen derzeit warum Aufenthaltstitel nicht in elektronischer Form aus?
2. Was tut die Landesregierung, um bei den Ausländerbehörden auf die Erstellung der elektronischen Aufenthaltstitel hinzuwirken und die Rechtssicherheit für die Betroffenen zu schaffen?
3. Nach welchen Maßgaben, zum Beispiel in welchen Formen und mit welchen maximalen Fristen, erfolgt die Terminvergabe an Geflüchtete seitens kommunaler Ausländerbehörden?
4. Mit welchen Maßnahmen sorgt die Landesregierung dafür, dass die Erteilung der Aufenthaltstitel sowie die Vergabe von Terminen durch die Landkreise und kreisfreien Städte nach einheitlichen, rechtskonformen und praxistauglichen Maßstäben erfolgt?
Für die Landesregierung antwortet das Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz, Minister Lauinger.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Rothe-Beinlich beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:
Antwort auf Frage 1: Nach den der Landesregierung vorliegenden Erkenntnissen stellt die Landeshauptstadt Erfurt Aufenthaltstitel teilweise nicht in elektronischer Form aus. Begründet wird diese Verfahrensweise vonseiten der Stadt Erfurt insbesondere mit der Überlastung des eingesetzten Perso
Antwort auf Frage 2: Das Migrationsministerium hat die Ausländerbehörde über das Landesverwaltungsamt ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Aufenthaltstitel grundsätzlich in elektronischer Form auszustellen sind. Die Ausstellung von Klebeetiketten hat für die Betroffenen zumindest keinen rechtlichen Nachteil, da diese ebenso als rechtswirksame Aufenthaltstitel anzusehen sind. Durch Vertreter der Stadtverwaltung Erfurt wurde inzwischen zugesagt, das bisherige Verfahren ab November dieses Jahres auf die Ausstellung elektronischer Aufenthaltstitel umzustellen.
Antwort auf Frage 3: Nach den dem Migrationsministerium vorliegenden Erkenntnissen gibt es bei den Ausländerbehörden keine einheitliche Verfahrensweise. Die Stadt Gera vergibt beispielsweise Termine per Telefon und am Servicepoint. Die Ausländerbehörde der Stadt Eisenach vergibt wiederum grundsätzlich keine Termine. Jeder Kunde der Ausländerbehörde bekommt die Möglichkeit zur Vorsprache. Die Ausländerbehörde des Landkreises Weimarer Land vergibt Termine telefonisch und per E-Mail. Eine Vorsprache ist zudem auch ohne Termin möglich.
Antwort auf Frage 4: Die Ausländerbehörden sind an Recht und Gesetz gebunden. Die Einhaltung dessen durch die Ausländerbehörden steht für die Landesregierung außer Frage. Das Migrationsministerium wie auch das Landesverwaltungsamt unterstützen die Ausländerbehörden beim Vollzug des Ausländerrechts. Dies erfolgt insbesondere durch Hinweise und Erlasse, aber auch im Rahmen der regelmäßig mit den Ausländerbehörden stattfindenden Dienstberatungen.
Genau genommen hätte ich zwei Nachfragen. Die erste: Sie hatten ja eben gesagt, dass in Erfurt nach Ihrer Information die Ausstellung elektronischer Aufenthaltstitel ab November erfolgen soll. Warum erst ab November?
Und zum Zweiten: Erachtet die Landesregierung das Online-Terminvergabe-System der Ausländerbehörde der Landeshauptstadt Erfurt als rechtmäßig?
Die Antwort auf diese erste Zusatzfrage: Zum einen sieht das BMI vor, dass ab November dieses Jahres der elektronische Aufenthaltstitel in einer neuen, den EU-Vorgaben entsprechenden Form auszustellen ist. Wie gesagt, die Stadt Erfurt beruft sich auch darauf, dass es technische Probleme gibt, und für die Ausstellung der neuen elektronischen Aufenthaltstitel seien dann erst tatsächlich die technischen Voraussetzungen geschaffen, um mit der Bundesdruckerei diese auch zu erfüllen.