Protocol of the Session on March 27, 2019

(Abg. Zippel)

rung –, die aus Familien kommen, denen es eigentlich gut geht. Aber was ist da das Problem? Die Eltern müssen dem Geld hinterherjagen.

Herr Abgeordneter!

Sie jagen freiwillig dem Geld hinterher und haben dann wenig Zeit, sich mit den Kindern zu beschäftigen. Also ich glaube, wir müssen ganzheitlich ansetzen und das beginnt in den Kitas und bei den Eltern. Danke.

(Beifall DIE LINKE)

Für die Fraktion der AfD hat Abgeordnete Herold jetzt das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, liebe Besucher auf der Tribüne und Zuschauer im Netz! Die SPD möchte eine ausführliche Debatte über die Stärkung der Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Thüringen beginnen. Fein. Das begrüßen wir an dieser Stelle auch ausdrücklich, umso mehr, als diese SPD in Thüringen seit zehn Jahren an der Regierung beteiligt ist, unter anderem in der Vergangenheit mit einer eigenen Gesundheitsministerin. Seit 2008 gibt es die sogenannten Landesgesundheitsziele, die nicht zum Selbstzweck formuliert worden waren, sondern seit 2008 ihrer Umsetzung harren. Hochkarätig und umfangreich besetzte Gremien wie AGETHUR tagen und arbeiten und vernetzen sich mit allen nur denkbaren Akteuren des Thüringer Präventionsmarkts, aber wir haben immer noch und in steigendem Maße in Thüringen für Kinder und Jugendliche höhere Morbiditätsrisiken als in anderen Bundesländern bei vergleichbaren Erkrankungsbildern. Es ist sehr lobenswert von der DAK, diese Studie zur Morbiditätsstruktur und dem Morbiditätsniveau bei Thüringer Kindern und Jugendlichen erstellt zu haben. Dafür möchte ich der DAK an dieser Stelle auch ganz ausdrücklich Dank sagen. Und, Herr Kubitzki, eine Studie mit 12.900 Probanden ist repräsentativ, da der Mitgliedsbestand der DAK auch einen Querschnitt durch die Thüringer Bevölkerung darstellt.

(Beifall AfD)

Angesichts dieser großen Anzahl von Kindern und Jugendlichen müssen wir also davon ausgehen, dass diese Studie auf jeden Fall relevant ist. Man

ches, das die Studie beschreibt, ist schon seit zehn bis 15 Jahren dokumentiert und veröffentlicht, nämlich zum Beispiel die hohe Anzahl adipöser Kinder in Thüringen. Dieses Phänomen verdient aufgrund der weitreichenden Folgen für das weitere Leben der Kinder, gründlich untersucht zu werden, um nach wissenschaftlicher Aufarbeitung die richtigen Maßnahmen zu identifizieren, nach denen wir politisch handeln können. Was wir heute schon tun können, ist zum Beispiel die Stärkung des Berufsstands der Hebammen in Thüringen mit allen politisch zur Verfügung stehenden Mitteln, damit vom ersten Lebenstag an die Kinder und ihre Mütter die Beratung und Unterstützung bekommen, die Kinder zum Start in ein gesundes und möglichst stressarmes Leben brauchen. Jede Mutter soll das Anrecht auf eine Eins-zu-eins-Betreuung unter der Geburt und nach der Geburt umfangreiche Betreuung durch eine Hebamme ihres Vertrauens bekommen können. Damit kann man beispielsweise noch mehr junge Mütter in die Lage versetzen, ihre Kinder zu stillen, was heute unumstritten als sinnvolle Maßnahme gilt, das Risiko für Allergien und Darmerkrankungen im späteren Leben zu senken. Das Stillen ist darüber hinaus wirkungsvoll bei der Vermeidung gewisser Formen von Kieferfehlstellungen.

In der Studie wird unter anderem festgestellt, dass die Thüringer Kinder in den Städten häufiger an Depressionen, Asthma, Neurodermitis und entzündlichen Darmerkrankungen leiden. An der Stelle ein kurzer Exkurs in die Realität: Es ist sicherlich wahr, dass diese Kinder alle krank sind. Aber bemerkenswert ist auch, dass zum Beispiel im Großraum Jena, wo es eine gewisse Klumpung von Psychotherapeuten gibt, fast 10 Prozent aller Kinder in einer psychotherapeutischen Behandlung sind, während im südlichen Ilm-Kreis, wo es wenig Psychotherapeuten gibt, nur 1 Prozent aller Kinder in psychotherapeutischer Behandlung ist.

Aufseiten der Eltern dieser kranken Kinder finden sich oft niedriger Bildungsstand, fehlende Schulabschlüsse oder Unterqualifizierung. Auch das sind soziale Stressoren, die sich negativ auf die Gesundheit von Eltern und Kindern auswirken können. In unserem Sozialstaat gibt es nun bereits viele Kontaktflächen zwischen Eltern und Kindern einerseits und Angeboten für Prävention und Heilung auf der anderen Seite. Die Erkrankungen der Kinder werden durch engmaschige Kontrollen bei den Früherkennungsuntersuchungen möglichst frühzeitig diagnostiziert. Wir haben eine Beratung und Betreuung bei den Familien und gesundheitsbezogene Maßnahmen im Jobcenter, bei den Kinderärzten, im ÖGD, der chronisch unterbesetzt ist, und zum Beispiel bei ehrenamtlichen Ärzten, wie sie etwa die Landesarbeitsgemeinschaft Jugendzahn

(Abg. Kubitzki)

pflege in Thüringen e. V. anbietet. Die Krankenkassen bieten ihren Versicherten ein breites Angebot an Präventionsmaßnahmen, die natürlich nicht im Selbstlauf wirken, sondern von den Versicherten aktiv abgerufen werden müssen. Wenn wir politisch handeln wollen, sollten wir hier ansetzen und die Eltern als die wichtigsten Verantwortlichen für die Gesundheit ihrer Kinder dazu motivieren, diese heute schon vorhandenen vielfachen Angebote für sich zu identifizieren und aktiv abzurufen. Wenn wir etwas für die Gesundheit unserer Kinder tun wollen, brauchen wir auch eine breite gesellschaftliche Debatte über sinnvolle Beschäftigungen für kleine Kinder fernab von Fernsehen und Tablet,

(Beifall AfD)

über ein zugängliches Angebot an innerstädtischen und sicheren Spielplätzen, über genügend Sportunterricht in sanierten und gut erreichbaren Turnhallen, über ein flächendeckendes Angebot von Sportvereinen und deren materielle Ausrüstung – vor allem für Kinder aus sozial schwachen Familien. Die Möglichkeiten politischen Wirkens sind vielfach. Jeder investierte Euro ist gut angelegtes Geld, –

Frau Abgeordnete.

denn glückliche und gesunde Kinder werden im Erwachsenenleben gern ihren Beitrag für unsere Gesellschaft erbringen. Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat Abgeordnete Pfefferlein das Wort.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Gäste! Jedes Kind soll möglichst gute Chancen haben, gesund aufzuwachsen. Die Förderung gesunder Lebensumstände und familiärer Lebensziele trägt dazu bei. In der Kindheit werden die wesentlichen Grundlagen für die Gesundheit in späteren Jahren gelegt.

Nun wurden mit dem ersten Kinder- und Jugendreport der Krankenkasse DAK-Gesundheit Behandlungsdaten von fast 13.000 Jungen und Mädchen untersucht. Andere Studien zum Thema haben häufig lediglich Selbsteinschätzungen von Eltern als Grundlage. Dann stufen 94 Prozent der Eltern

den allgemeinen Gesundheitszustand ihrer Kinder als gut oder sogar sehr gut ein.

Leider kommt der DAK-Report zu einem anderen Ergebnis. Hier geht es nicht um Schnupfen oder einen beim Sport verstauchten Knöchel. Nein, in Thüringen ist fast jedes dritte Kind körperlich chronisch krank. Die Mädchen und Jungen leiden unter Neurodermitis, Asthma oder Heuschnupfen, an psychischen Erkrankungen, Übergewicht, Darmerkrankungen und Rückenschmerzen. Ich hätte den Kindern und Jugendlichen bessere Ergebnisse gewünscht.

Die Studie zeigt auch, dass Minderjährige in ländlich geprägten Gebieten anders krank sind als Gleichaltrige aus der Stadt. Warum das so ist, darüber gibt es Vermutungen. Es können die Versorgungsstrukturen sein, es kann an der Umwelt liegen oder auch am Verhalten der Eltern. Tatsächlich zeigt der Report auch, dass der Bildungsstatus der Eltern den Gesundheitszustand ihrer Kinder beeinflusst. Auch eine groß angelegte Langzeitstudie des Robert Koch-Instituts war kürzlich zu dem Schluss gekommen, dass vor allem Kinder und Jugendliche aus sozial schwachen Elternhäusern gesundheitlich benachteiligt sind. Sie sind oft dicker, bewegen sich weniger, rauchen häufiger und haben mehr psychische Probleme. Die Studie begründet diese Fakten auch mit fehlenden Teilhabechancen.

Damit sich Kinder später entfalten können, brauchen sie eine zugewandte und kompetente Begleitung in ihrer Familie und Lebenswelt. Wir alle wünschen unseren Kindern Gesundheit und ein gutes Leben. Sie haben ein gewaltiges Recht darauf. Aber dafür, dass sie wirklich gut aufwachsen können, haben wir alle auch die Verantwortung. Sicher, die Familie spielt dabei eine große Rolle. Bei ihr liegen auch der größte Einfluss und die größte Verantwortung. Wir sind auch als Gesellschaft füreinander verantwortlich. Deshalb gehört die materielle Existenzsicherung zu einer Staatsaufgabe. Deshalb sollten wir auch in Bezug auf Kindergesundheit die Idee der grünen Kindergrundsicherung mitdenken. Damit werden Familien gestärkt und die Kinder aus der Armut geholt.

Sicher, auch individuelle Faktoren können gesundes Aufwachsen behindern und beeinträchtigen, aber mit einem guten sozialen Umfeld, Kindergärten und Schulen, in denen sich Kinder wohlfühlen, angemessenem Wohnraum mit einem kinderfreundlichen Wohnumfeld hätten wir da schon viel erreicht.

Leider sind wir davon noch weit entfernt. Zwischen 15 und 20 Prozent der Kinder jeden Jahrgangs haben wesentliche schlechtere Chancen auf soziale

(Abg. Herold)

Teilhabe als ihre Altersgenossen, weil genau diese Voraussetzungen bei ihnen nicht gegeben sind und sie sich auch von der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen fühlen. Je länger ein junger Mensch erfahren muss, dass Ausschluss und arm auch Armut bedeutet, desto größer wird die Wahrscheinlichkeit, dass dieser Mensch sein Leben lang sozial und wirtschaftlich gefährdet ist.

Können wir uns das erlauben? Ich meine, nein. Wir können kleine Schritte tun, aber wir können einen weiten Rahmen stecken. Wir können dafür sorgen, dass gesundes Essen in den Kindergärten und Schulen für alle bezahlbar und damit zugänglich ist. Oft genug ist falsche Ernährung die Ursache für Übergewicht. Das Land Thüringen hat ein Programm für Teilsubventionierung beim Schulessen aufgelegt. Das ist schon ein guter Anfang.

Wir können dafür sorgen, dass das Geld des Landesprogramms für solidarisches Zusammenleben im Wohnumfeld ankommt, damit den Kindern das Draußensein Spaß macht. Lediglich 22 Prozent der Mädchen und 29 Prozent der Jungen erreichen die Bewegungsempfehlung der Weltgesundheitsorganisation von mindestens 60 Minuten körperlicher Aktivität am Tag. Denn eine glückliche und gesunde Kindheit ist die Grundvoraussetzung dafür, dass Kinder zu zufriedenen, gesunden und widerstandsfähigen Erwachsenen werden können. Und diese Chancen sollten alle Kinder haben dürfen. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Für die Landesregierung hat Ministerin Werner das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, werte Gäste! Herr Hartung, ich war ehrlich gesagt erst ein bisschen verwundert über die aktuelle Debatte, freue mich aber, dass Sie das Thema „Kindergesundheit“ jetzt auch ernst nehmen. Für uns ist es jedenfalls ein sehr, sehr wichtiges Thema, an dem wir schon – denke ich – seit einigen Jahren sehr intensiv arbeiten. Ich freue mich natürlich, dass ich jetzt in der Aktuellen Stunde darüber mal ein paar Dinge berichten kann.

Ich will aber zunächst einmal kurz auf die DAK-Studie und auf den Titel der Aktuellen Stunde eingehen und würde gern an der Stelle auch, weil es viel

leicht missverständlich gelesen werden kann, sagen: Es ist natürlich nicht so, dass die medizinische Versorgung in Thüringen nicht flächendeckend sichergestellt ist. Die ist flächendeckend sichergestellt. Ich will an dieser Stelle auch wirklich den Ärztinnen und Ärzten und den medizinischen Fachberufen hier herzlichen Dank sagen für eine gute und verantwortungsvolle Arbeit.

Ich will als Zweites natürlich auf die Studie eingehen, die – da haben Sie vollkommen recht, das haben, glaube ich, alle hier auch bestätigt – natürlich eine Studie ist, die wir sehr ernst nehmen wollen und mit deren Ergebnissen man sich auseinandersetzen muss. Wie die Forscherinnen und Forscher selbst auch gesagt haben, ist da vieles eigentlich noch zu begleiten und ist noch zu schauen, aus welchen Gründen welche Ergebnisse so auch zustande gekommen sind. Was uns besonders bewegt – und das ist aber jetzt nicht neu –, ist natürlich die hohe Abhängigkeit des Gesundheitsstatus vom sozioökonomischen Status der Eltern. Das ist etwas, was uns weiterhin sehr betroffen machen sollte. Ich will gern im Weiteren darauf noch eingehen.

Aber zunächst auch noch mal kurz zu den Zahlen – es wurde schon gesagt –: Es sind 13.000 Kinder und Jugendliche, die bei der DAK versichert sind, hier untersucht, also deren Zahlen angeschaut worden, das entspricht ungefähr 4 Prozent der Kinder und Jugendlichen in dieser Altersgruppe – ich glaube, Herr Kubitzki hat das schon gesagt. Die Ergebnisse wurden in verschiedenen Regionen vorgestellt. Vielleicht ganz kurz mal zu den Zitaten aus den verschiedenen Länderreports, zum Beispiel hat die DAK Sachsen gesagt: Fast jedes dritte Kind in Sachsen ist chronisch krank. Die DAK Brandenburg: Fast jedes dritte Kind ist chronisch krank. Und die DAK Sachsen-Anhalt sagt: Jedes dritte Kind in Sachsen-Anhalt ist chronisch krank. Und in Thüringen – das wurde aber hier schon erläutert –: Fast jedes dritte Kind, das bei der DAK versichert ist, ist als chronisch krank eingestuft.

Der Befund über die chronischen Erkrankungen deckt sich auch mit den Ergebnissen des Thüringen-Moduls aus einer Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen im Jahr 2015 und wir haben daraufhin auch unsere Konsequenzen getroffen. Ich darf zunächst noch mal aus dem Kernsatz der Pressemitteilung der DAK Thüringen zitieren. Die DAK sagt selbst: „Allerdings kennen wir die Gründe für diese beobachteten Zusammenhänge nicht.“ Das heißt, diese Gründe brauchen Forschung, müssen untersucht werden. Das wurde auch in der Studie angemahnt. Ich denke, dass nicht so sehr die Versorgungssituation das Problem

(Abg. Pfefferlein)

ist, sondern – das wurde aber auch schon von Verschiedenen beschrieben – das sind natürlich beispielsweise der Anstieg chronischer Erkrankungen, psychischer Erkrankungen durch die gesellschaftlichen Entwicklungen, durch einen Druck, einen Leistungsdruck, dem Kinder und Jugendliche unterliegen, dadurch, wie Medien genutzt werden, usw. Es gibt ganz viele Zusammenhänge, die hier eine Rolle spielen. Welche jetzt wirklich dafür ursächlich sind, beispielsweise für die chronischen Erkrankungen, das muss, denke ich, auf jeden Fall weiter beforscht werden.

Was uns aber besonders bewegt – und das ist in der Studie sehr gut herausgekommen –, ist, dass Kinder aus sozial benachteiligten Elternhäusern ungleich schlechtere Gesundheitschancen haben. Ich finde, es ist eigentlich unerträglich, zu sehen, dass in einem so reichen Land Kinder aus sozial benachteiligten Elternhäusern nicht die gleichen Chancen haben, gesund aufzuwachsen. Die rot-rot-grüne Landesregierung hat schon vor einiger Zeit angefangen, dieses Thema vordergründig zu behandeln. Es ist eine der vorrangigen Aufgaben und es spiegelt sich beispielsweise auch in der von Herrn Zippel so negativ angesprochenen Landesgesundheitskonferenz wider. Dazu muss ich sagen, es ist wirklich nicht ganz fair und vielleicht sollten Sie sich mal ausführlich auch mit den Akteuren unterhalten.

Seit 2016 haben wir diese Landesgesundheitskonferenz ins Leben gerufen und diese Landesgesundheitskonferenz orientiert sich an drei Lebensphasen: gesund aufwachsen, gesund arbeiten und leben sowie gesund alt werden. Gesund aufwachsen hat natürlich vor allem das Thema „Gesundheit von Kindern und Jugendlichen“ im Blick. Hier sind 60 Akteure aus den verschiedensten Bereichen der Gesundheitsförderung, der medizinischen Versorgung tätig, die sich gemeinsam bemühen, hier Lösungen zu finden, Wege aufzuzeigen und dies gemeinsam mit der Landespräventionskonferenz hier auch in entsprechende Programme umzuwandeln. Hier wird wirklich sehr intensiv daran gearbeitet und Sie wissen selbst, wenn Sie sich mit dem Thema „Prävention“ beschäftigt haben, viele Jahre wurde auf das Thema „Verhaltensprävention“ gesetzt, also man hat gedacht, wenn man nur den Finger hebt und sagt, ihr müsst das, das und das machen, dann wird das schon passieren. Wir wissen, das ist der falsche Ansatz gewesen. Es geht um Verhältnisprävention. Deswegen gibt es ja auch das Bundespräventionsgesetz, das genau das sozusagen noch mal verdeutlicht hat. Das heißt, wir müssen Eltern an der Stelle, wenn es um Kinder geht, in ihren Lebenszusammenhängen erreichen, wir müssen sehen, wie wir sie dabei begleiten können, dass die Kinder andere Lebens- und Aufwachsbedingungen

bekommen. Das ist Thema der Landesgesundheitskonferenz und ist auch Thema der Vereinbarung zum Rahmenvertrag. Hier setzen wir auch unseren Schwerpunkt.

Ich habe es schon gesagt, das Gesundheitsziel „gesund aufwachsen“ schaut auf die verschiedenen Bereiche, nämlich auf Kita, auf Schule, auf Familie und eben auch auf Kommune. Wir haben verschiedene Handlungsfelder, die wir hier im Blick haben und die in den Arbeitsgruppen bearbeitet werden, nämlich die Themen „Ernährung“, „Bewegung“, „Mundhygiene“, „Sprache“, „Psychische Gesundheit“, einschließlich natürlich auch Suchterkrankungen sowie das Thema „Gesundheitskompetenz“. Das Ziel besteht natürlich darin, die Entwicklung eines gesunden Lebensstils im Kindes- und Jugendalter zu fördern und die gesundheitliche Chancengleichheit von Kindern und Jugendlichen zu erhöhen. Das ist ja keine Sache, die erst gestern passiert ist, sondern diese Zusammenhänge gibt es seit vielen Jahren, die gibt es schon seit zehn Jahren und länger. Deswegen ist es eigentlich traurig, dass erst diese Landesregierung sich dieses Themas so sehr angenommen hat.

Dass diese Chancengleichheit so wichtig ist, darauf weist auch der DAK-Report hin, indem er eben auf diesen unmittelbaren Zusammenhang zwischen sozialem Umfeld und der Prävalenz chronischer Erkrankungen hingewiesen hat. In der Studie wird betont, dass der sozioökonomische Familienstatus und das Bildungsniveau der Eltern sich auch auf den Gesundheitsstatus der Kinder auswirken. Frau Pfefferlein hat es schon gesagt, wir müssen natürlich dann auch solche Dinge betrachten wie Mindestlohn, wie Hartz IV-Sätze, wie fehlende Kindergrundsicherung. Mir erscheint es aber besonders wichtig, die Menschen zu erreichen, die wegen ihres sozioökonomischen Status sonst durch das Raster fallen. Im Rahmen der Strategiearbeitsgruppe „Gesund Aufwachsen“ der Landesgesundheitskonferenz haben wir im vergangenen Jahr den Bedarf herausgearbeitet, dass sich zum Thema „Schule und Gesundheitsförderung“ die Akteure auf der Landes- und Kommunalebene mehr austauschen müssen und hierzu gemeinsam zu verbindlichen Handlungen kommen sollen. Dabei geht es zum einen natürlich um die wechselseitigen Informationsaustausche, wer zu diesem Thema wie und mit welchem gesetzlichen Auftrag aktiv ist. Zum anderen müssen natürlich auch die Schnittstellen zwischen den einzelnen Akteuren und den Ebenen herausgearbeitet werden, um die Zusammenarbeit zu verbessern. Dazu gibt es ein Format, nämlich Schule und Gesundheitsförderung, wer agiert in und mit Schulen in welchen Rahmen. Im Januar hat diese Arbeitsgruppe zum ersten Mal zusammenge

(Ministerin Werner)

sessen und die Akteure sind sehr froh, dass es nun diese Plattform gibt. Es war eine sehr erfolgversprechende Auftaktveranstaltung. Ich habe schon gesagt, die Landesgesundheitskonferenz arbeitet ganz eng mit der Rahmenvereinbarung zum Präventionsgesetz zusammen. Wir haben gesagt, in der Landesgesundheitskonferenz müssen die Empfehlungen entstehen, die dann im Präventionsgesetz umgesetzt werden. Das ist deswegen noch mal so wichtig, weil eben die Erkenntnis ist, es gab bisher im Bereich Prävention einen Wildwuchs. Es wurde gar nicht geguckt, ob die Dinge, die dort geleistet wurden, wirklich effektiv waren, ob sie einen Mehrwert hatten, ob es wirklich den Kindern und Jugendlichen und den Eltern auch geholfen hat. Und das ist das Neue an der Landesgesundheitskonferenz, gemeinsam Empfehlungen zu erarbeiten und dann später auch zu schauen, ob das erfolgreich war und an welcher Stelle hier noch mal nachgebessert werden muss.

Zwei Projekte, die sich der Gesundheit von Kindern und Jugendlichen, insbesondere seit 2017, widmen: Das ist zum einen das Projekt Koordinierung von Beratungen und Angeboten für gesunde Schulen in Thüringen. Dieses unterstützt Schulen dabei, ihre Bedarfe für Gesundheitsförderung detailliert zu erfassen. Es werden dann gemeinsam passgenaue, zielgruppenspezifische und qualitätsgesicherte Angebote für die Schulen erarbeitet, die dann auch nachhaltig etabliert werden sollen.

Das zweite Programm heißt: „bewegte Kinder = gesündere Kinder“. Das ist ein Programm, das wir gemeinsam mit dem Landessportbund umgesetzt haben. Hier wird der aktuelle Stand der motorischen Fähigkeiten von Drittklässlern in Thüringen erfasst und es werden gemeinsam mit den Kindern und mit den Eltern Wege erarbeitet, wie mehr Bewegung, wie mehr gesunde Lebensweise hier erreicht werden kann. Die Kinder und die Eltern werden dort abgeholt, wo sie wohnen.