Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Abgeordnete, sehr geehrte Abgeordnete der Altparteien – ich hoffe, Sie verzeihen mir, dass ich Sie heute nicht gesondert begrüße, auch wenn ich den Beitrag für Herrn Brandner halte! Herr Adams, ich möchte mich bei Ihnen für den inhaltlichen und weitgehend sachlich gehaltenen Beitrag als Vertreter der Regierungsfraktionen bedanken. Ich versuche, mich auch sachlich zu halten, im Gegensatz zu manch anderem, Frau Marx.
Zurzeit wird vom Bundesverfassungsgericht ein Antrag auf Verbot der NPD beraten, der 2013 vom Bundesrat eingereicht worden war. Der Freistaat Thüringen hat unter der damaligen Landesregierung den Antrag unterstützt. Das Verfahren war von Anfang an politisch umstritten, nicht zuletzt weil ein seit 2001 betriebenes früheres Verbotsverfahren gegen die NPD im Jahr 2003 aufgrund von Verfahrensfehlern – Stichwort „V-Leute“ – schließlich gescheitert war. Während dieses ältere Verfahren von den drei Verfassungsorganen Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung betrieben worden war, haben diesmal Bundesregierung und Bundestag keinen eigenen Verbotsantrag beim Bundesverfassungsgericht eingereicht. Die damalige schwarzgelbe Bundesregierung hielt einen eigenen Antrag, wie es hieß, für nicht erforderlich. Der seinerzeitige FDP-Bundesminister Rösler wurde damals mit den Worten zitiert, man könne Dummheit nicht verbieten. Auch im Bundestag überwog am Ende die Skepsis gegenüber einem Verbotsantrag bzw. dessen Erfolgsaussichten, sodass man im April 2013 mit den Stimmen der schwarz-gelben Koalition entschied, keinen eigenen Antrag des Bundestags zu stellen. So wird das gegenwärtige Verfahren jetzt nur von den Bundesländern betrieben und es bleibt abzuwarten, wie das Karlsruher Gericht entscheidet.
Inwiefern ein Thüringer Beitrag dazu momentan aktuell sein soll, Frau Marx, bleibt mir ein Rätsel. Die AfD-Fraktion hat jedenfalls das volle Vertrauen in die Kompetenz des Bundesverfassungsgerichts und ist im Übrigen der Auffassung, dass der Thüringer Landtag nicht der richtige Ort ist, um über eine mögliche Entscheidung des Gerichts zu spekulie
Im Übrigen, Frau Marx, muss ich mich wundern, wenn Sie Herrn Heise für einen netten Nachbarn halten. Vielleicht sollten Sie Ihre Gesinnung da noch einmal überdenken.
Noch mal mein Appell an Sie: Vielleicht sollten Sie in einer Aktuellen Stunde – ich bin zwar noch nicht so lange hier wie Sie – ein aktuelles Thema wählen, das für den Freistaat Thüringen relevant ist. Danke schön.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, liebe Besucher! Ich danke der SPD-Fraktion für den Antrag zur Aktuellen Stunde mit dem Thema „Thüringer Beitrag zum NPD-Verbotsverfahren“.
Wie wir aktuell überall der Presse entnehmen können, steigen die Übergriffe und Straftaten von rechtsextremen Gewalttätern gegenüber unseren Bürgern und Politikern an. Erst am 1. Mai 2015 haben wir mitbekommen, wie die Jugendorganisation Junge Nationaldemokraten mit Bürgern umgeht, ihr demokratisches Recht auf Meinungsfreiheit wahrnimmt. Brutal wurden Menschen in Weimar zusammengeschlagen und verletzt. Auch in Sachsen-Anhalt, in Tröglitz, protestierten wochenlang Rechtsextreme gegen die Aufnahme von Asylbewerbern, die von der NPD maßgeblich angeführt wurden. Diese Proteste endeten mit einem Brand. Zum Glück war das Heim unbewohnt. Auch Wahlkreisbüros von Kollegen verschiedener Fraktionen waren Ziel rechter Gewalt, was ich verurteile. Unser Ministerpräsident wurde auch bedroht. Wessen Geistes Kind diese Leute sind, sehen wir anhand ihrer Gewalttaten. Aufhetzen von Bürgern gegen Asylanten gehört auch dazu.
Man kann durchaus von Verfassungsfeinden sprechen. Was kann unser Beitrag zum NPD-Verbotsverfahren sein?
Erstens: Die jüngste Aufforderung des Bundesverfassungsgerichts, alle NPD-V-Leute in Führungsebenen abzuschalten, ist ein wesentlicher Beitrag. Es müssen alle Bundesländer dringend dieser Aufforderung nachkommen, und zwar über Parteigrenzen hinweg. Es gibt mittlerweile andere Wege als V-Leute.
Zweitens: Polizei-, Verfassungs- und Staatsschutz müssen besser zusammenarbeiten, um alle Beweise zu liefern, um der NPD ihre antidemokratischen Einstellungen vorzuspiegeln.
Drittens: Die Landesregierung muss mit Netzwerken gegen Rechtsextreme in Kontakt treten, um auch von denen mögliche Beweise zu bekommen, die belegen, dass die NPD verfassungswidrig gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland arbeitet.
Erkenntnisse über die rechtsextreme Terrorgruppe „Oldschool Society“ gelten als weiterer Beleg für die Gefährlichkeit der NPD. Ich verweise darauf, dass sich der festgenommene Vizechef der vor wenigen Tagen zerschlagenen Gruppe in der rechtsextremen Partei engagiert hatte. Das zeige, wie richtig das Verbotsverfahren ist.
Die NPD finanziert sich zu einem guten Teil aus staatlichen Mitteln. Allein 2014 waren es nach dem Parteiengesetz 1,4 Millionen Euro aus Steuergeldern. Dabei ist diese Partei im Kern demokratiefeindlich und fremdenhassend. Das belegt der Antrag aus meiner Sicht zweifellos. Alle angeführten Straftaten, die ich zu Anfang meiner Rede erläuterte, zeigen, wie gefährlich und extremistisch die NPD und ihre Anhänger agieren. Dieses erneute NPD-Verbotsverfahren darf nicht scheitern.
Sehr geehrte Damen und Herren, alle Parteien sind aufgerufen, gegen die NPD zusammenzustehen, weil wir Demokraten die freiheitliche demokratische Grundordnung und das Grundgesetz achten. Unterstützen wir alle zusammen und leisten wir unseren Beitrag für ein NPD-Verbot in Deutschland! Ich widerspreche ganz klar einigen Abgeordneten hier im Haus und halte eine Resozialisierung von NPD-Mitgliedern für falsch. Ich lehne sie ab, weil man dann deren Sprache spricht. Danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, vielleicht einen Satz zu meinem Vorredner. Ja, auch die Thüringer Landesregierung will natürlich nicht, dass sich Parteien wie die NPD indirekt über Wahlkampfkostenerstattung von Steuergeldern finanzieren – da kann ich Ihnen nur völlig recht geben. Deshalb lassen Sie mich auch gleich zu Anfang sagen: Die Einreichung eines Antrags zum Verbot der NPD beim Bundesverfassungsgericht durch den Bundesrat im Dezember 2013 war und ist nicht nur eine rechtsstaatlich gebotene, sondern auch eine notwendige Maßnahme. Dieser Antrag ist auch Ausdruck einer wehrhaften Demokratie, die eben den Gegnern und Feinden der Demokratie nicht den Raum lässt, sie zu zerstören. Die NPD, ihre Mitglieder, aber auch ihre Unterstützer haben nach Auffassung der Landesregierung in der Vergangenheit in vielfältiger Weise unter Beweis gestellt, dass es ihnen am Ende immer nur darum geht, das demokratische Gemeinwesen zu diskreditieren, zu unterminieren und es letztlich zu beseitigen zugunsten einer kruden völkisch-rassistischen Ordnung. Dem wollen wir entschieden und entschlossen begegnen.
Gerade Thüringen als das Bundesland, aus dem die Verbrechensserie des NSU ihren Ausgang genommen hat, ist hier besonders verpflichtet. Wir wollen besonders konsequent gegen rechtsextremistisches Gedankengut vorgehen und gemeinsam mit Bund und Ländern einen Beitrag zur Bekämpfung liefern.
Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, am 14. Dezember 2012 haben 15 Länder – unter ihnen auch der Freistaat Thüringen – im Bundesrat beschlossen, einen neuen Anlauf beim Verbot der NPD zu nehmen und einen entsprechenden Verbotsantrag vorzubereiten. Ferner hatten sich sowohl die Ministerpräsidentenkonferenz als auch die Innenministerkonferenz für die Stellung eines entsprechenden Verbotsantrags ausgesprochen.
Am 3. Dezember 2013 wurde dann vom Bundesrat durch die Prozessbevollmächtigten Prof. Dr. Möllers und Prof. Dr. Waldhoff der Verbotsantrag beim Bundesverfassungsgericht eingereicht. Die Länder haben mithilfe und unter Beteiligung der Bundesregierung – das will ich ausdrücklich betonen – zur Vorbereitung eines erneuten Verbotsantrags eine über 1.000 Seiten starke Materialsammlung mit 2.600 Beweissachverhalten erstellt, die zwischenzeitlich aufgrund der ständigen Ergänzungen auf circa 4.000 Sachverhalte angewachsen ist. Diese Beweissachverhalte belegen nach unserer Auffassung auch die aggressiv-kämpferische und verfas
Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, Thüringen hat von Beginn an aktiv an der Vorbereitung des neuen Verbotsantrags in der Innenministerkonferenz und in den Arbeitsgruppen der Sicherheitsbehörden mitgearbeitet und auch entsprechende Beispiele aus Thüringen beigesteuert. Ich will nachfolgend auf einige Beispiele aus der Thüringer Materialsammlung eingehen, die, wie ich meine, exemplarisch die verfassungsfeindliche Ausrichtung der NPD deutlich werden lassen.
1. Ein Antrag des NPD-Kreisverbands Saalfeld-Rudolstadt auf Nichtzulassung öffentlicher Medien zum Landesparteitag 2012: Verschiedene Vorwürfe gegen die als „Systemmedien“ bezeichneten Pressevertreter schließen mit dem Satz „Ganz im Gegenteil, wird uns in der bevorstehenden Phase des Zusammenbruchs des heutigen Finanz- und damit politischen Systems die Aufgabe zukommen in den [...] Redaktionsstuben mit eisernem Besen zu kehren.“
2. In der NPD-Regionalzeitung „Weimarer Landbote“ agitiert das Vorstandsmitglied des Thüringer NPD-Landesverbands Kammler gegen eine vermeintliche „Zigeunerflut“ in Deutschland.
3. Die Thüringer NPD führte im Wahlkampf des Jahres 2009 eine Kampagne gegen den CDU-Politiker Zeca Schall. Die NPD hatte seinerzeit in ihrem sehr aggressiven Wahlkampf zur Landtagswahl 2009 auf einem Wahlplakat den Integrationsbeauftragten der Thüringer CDU neben einer Bratwurst abgebildet und als „falschen Thüringer“ tituliert. Der NPD-Politiker Schwerdt wurde übrigens deswegen wegen Beleidigung verurteilt. Das Gericht sah auch den Beleidigungstatbestand als erfüllt an, da – ich zitiere – „die Plakatdarstellung die Erklärung impliziere, dass der Geschädigte als Mensch mit dunkler Hautfarbe deswegen in Thüringen nichts zu suchen habe, also eine Äußerung, die ihm einen nicht vorhandenen Mangel an personalem Geltungswert nachsage“, so das Gericht.
4. Der NPD-Politiker Wieschke agitiert in einer Regionalzeitung „Bürgerstimme“ gegen sogenannte Stolpersteine und bewegt sich dabei argumentativ knapp an der Grenze zur Holocaust-Leugnung, wenn er ausführt – ich zitiere –, schon gar nichts angesichts uns vorgehaltener Verbrechen mit der die heutige Generation, ob wahr, ob erlogen oder übertrieben dargestellt, rein gar nichts mehr zu tun haben kann.
5. Ein als Hans-Dieter Jahnke bezeichneter Autor hetzt in der NPD-Regionalzeitung „Der Rennsteig Bote“ unter der Überschrift „Mobile ethnische Minderheit“ gegen angeblich bettelnde Ausländer in Gotha. Er bezeichnet diese als „Zigeuner, sogenannte Wohlstandsfolger“.
6. Herr Morgenroth, Beisitzer im NPD-Landesvorstand, NPD-Kreisvorsitzender in Weimar und auch Stadtrat in Weimar veröffentlicht auf der Internetseite des Kreisverbands einen Beitrag zum Jahresabschluss, in dem er ein Zitat des früheren NSDAPFunktionärs und sogenannten Reichsjugendführers Baldur von Schirach voranstellt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, Rechtsextremismus – dies zeigt auch die Materialsammlung – ist ein länderübergreifendes Phänomen und insofern müssen wir dem länderübergreifend geschlossen entgegentreten. Dass dies gelingt, zeigt auch der gemeinsame Antrag von 15 deutschen Ländern. Die Materialsammlung wird, wie bereits erwähnt, ständig fortgeschrieben und ist auch während des laufenden Verbotsverfahrens vor dem Bundesverfassungsgericht erneut ergänzt worden und auch hierzu wird Thüringen selbstverständlich seinen Beitrag leisten.
Jüngst wurde der Überfall auf eine DGB-Veranstaltung zum 1. Mai in Weimar durch Rechtsextremisten als weiterer Beweissachverhalt aufgenommen, weil uns Erkenntnisse vorliegen, die auf die Initiative und Durchführung dieses Überfalls durch die Funktionäre der Jugendorganisation der NPD hinweisen. Dieser Überfall ist, wie wir meinen, auch ein erschreckender Beleg für den von der NPD propagierten sogenannten Kampf um die Straße, der darauf ausgerichtet ist, eine Atmosphäre der Angst im Stile der Machenschaften der nationalsozialistischen SA der 1920er- und 1930er-Jahre zu erzeugen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Bundesrat hat auf eine gerichtliche Aufforderung vom 19. März dieses Jahres hin dem Bundesverfassungsgericht am 13. Mai umfangreiche Unterlagen der Sicherheitsbehörden der Länder und des Bundes vorgelegt, die belegen, dass diese im Zuge der Vorbereitung des Verbotsverfahrens alle Vorkehrungen und Maßnahmen getroffen haben, um ein rechtsstaatliches Verfahren zu ermöglichen. Wir haben es vorhin in mehreren Redebeiträgen gehört und auch ich will es noch mal wiederholen: Die Auseinandersetzung mit rechtsextremistischen Bestrebungen und Aktivitäten wird auch im Falle eines erfolgreichen Antrags eines Verbots der NPD nicht zu Ende sein. Die vielfältigen Erscheinungsformen des Rechtsextremismus erfordern auch im Fall eines Erfolgs vor Gericht weiterhin alle Aufmerksamkeit der Sicherheitsbehörden, aber auch ein friedliches zivilgesellschaftliches Engagement der Bürgerinnen und Bürger, welches sich gegen jede Form des Rechtsextremismus wendet. Vielen Dank.
(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN; Abg. Gentele, fraktionslos, Abg. Helmerich, fraktionslos)
b) Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der CDU zum Thema: „Sicherheitslücken bei Demonstrationen am ersten Maiwochenende in Saalfeld, Erfurt und Weimar - Fehler des Thüringer Ministeriums für Inneres und Kommunales bei der Bewertung der Sicherheitslage?“ Unterrichtung durch den Präsidenten des Landtags - Drucksache 6/620
Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, werte Besucher auf der Besuchertribüne, ich sehe auch interessierte ehemalige Kollegen, meine Fraktion hat heute einen Polizeieinsatz zum Thema der Aktuellen Stunde gemacht, und zwar einen nicht alltäglichen Polizeieinsatz zum ersten Maiwochenende, an dessen Ende mindestens 27 verletzte Kundgebungsteilnehmer und Polizeibeamte festzustellen sind. Um es gleich voranzustellen: Es geht uns gerade nicht darum, den Einsatzbeamten vor Ort zu kritisieren, der im Wortsinn „seinen Kopf hinhalten“ muss.