Protocol of the Session on January 31, 2019

Herr Herrgott, ich habe Ihnen doch auch zugehört. Nun seien Sie doch mal so kulant, dass Sie das auch tun. –, dass ich zum Beispiel meinen Wohnort mit meiner Familie dort wähle, wo ich meinem Beruf nachgehe. Das ist immer noch mit sehr vielen Hindernissen versehen. Ich sollte die Möglichkeit einer Teilhabe an kulturellen, politischen usw. Institutionen in dem Rahmen, der mir rechtlich vorgegeben ist, haben. Ich sollte in diesem Zusammenhang durchaus die Möglichkeit haben, all das zu tun, was meiner Kultur eigen ist, ohne dass ich dadurch andere in ihrem freien Leben einschränke. All das ist, glaube ich, wichtig, um Menschen willkommen zu heißen. Was kann ich von ihnen erwarten? Selbstverständlich kann ich von ihnen gesetzeskonformes Verhalten erwarten.

(Beifall CDU)

Ich muss es sogar, denn das ist die Grundlage unserer Rechtsordnung. Natürlich muss ich den Respekt vor unseren Werten erwarten und verlangen. Das ist völlig außerhalb jeder Debatte, dass das natürlich einzufordern ist. Da sind wir uns nicht uneinig. Und ja, ich kann von einem Migranten, der dazu in der Lage ist, erwarten, dass er seinen Lebensunterhalt nach Möglichkeit selber trägt, wenn es denn geht, wenn er eine Ausbildung macht, einen Beruf findet usw. Das kann ich von ihm erwarten.

Das, was Sie da reinschreiben, ist viel, viel mehr. Sie schreiben von einer Integrationspflicht und meinen etwas anderes. Sie meinen eine Assimilationspflicht. Wollten Sie eine Integration befördern, würden Sie beispielsweise in Ihrem § 7 Abs. 1 nicht schreiben, alle Kinder lernen die Segnung der christlich-abendländischen Kultur kennen, sondern würden sagen, die Kinder lernen Kulturkreise kennen, unsere Kultur wie andere auch, weil man aufeinander zugehen kann. Das, was Sie wollen, ist, dass die Kinder von Migranten in Deutschland zu

(Abg. Herrgott)

Deutschen werden, zu deutschen Kindern erzogen werden. Das ist Assimilation. Dazu kann man stehen, das kann man machen. Aber das ist nicht Integration, das ist Assimilation.

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Dann soll man es auch sagen!)

Es bedeutet nichts anderes, als dass ich die Kinder der Kultur ihrer Eltern entfremde. Genau das ist ja das Ziel. Sie möchten, dass die Menschen unsere Kultur kennen und schätzen lernen. Das müssen sie nicht. Sie müssen sie nur respektieren, sie müssen sie nicht schätzen. Das ist Freiheit. Sie können unsere Kultur anschauen, unsere Werteordnung anschauen und sagen, das will ich nicht. Aber sie müssen es respektieren. Das ist der Unterschied zwischen uns. Ich erwarte Respekt vor unseren Werten, Respekt vor unserer Kultur, auch wenn man sie nicht für sich selber annehmen möchte. Das ist eine Frage von Freiheit versus Assimilation.

(Zwischenruf Abg. Herrgott, CDU: Wie soll es denn anders gehen?)

Schauen Sie sich das in anderen Ländern an, da funktioniert es auch.

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: In anderen Ländern, nicht in Thüringen! Das aber wollen Sie! Da haben Sie etwas Wahres ausgespro- chen!)

Ich bitte doch, den Redner nicht ständig zu unterbrechen.

Um das noch mal zusammenzufassen: Wollten Sie eine Integration durch Normalität, würden Sie andere Schwerpunkte setzen. Dann würden Sie nicht diese assimilatorischen Dinge einbeziehen, die dazu führen, dass Menschen eigentlich die Wahl haben, ihrer Kultur zu entsagen, indem wir ihnen ihre Kinder beispielsweise schon in unserer Kultur erziehen, und würden es ihnen möglicherweise auch erschweren, zurück in ihre Heimatländer zu gehen. Wer will denn ein Kind, das mittlerweile in einer völlig anderen Kultur aufgewachsen ist, zurück in die Heimatländer bringen? Ich glaube, wir sollten, was Integration angeht, den Schwerpunkt auf das legen, was man in einer freiheitlichen Ordnung von Menschen erwarten kann und nicht ihnen etwas aufoktroyieren, was meines Erachtens weit über das hinausgeht, was wir von einem freien Menschen erwarten dürfen. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. Als Nächster spricht Herr Abgeordneter Möller von der AfD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste! Ja, nach Herrn Dr. Hartungs Plädoyer für Parallelgesellschaften bin nun ich an der Reihe. Ich versuche mal, einen anderen Punkt zu diesem Integrationsgesetz zu finden. Vielleicht noch folgende Anmerkung, Herr Dr. Hartung – Sie gehen zwar, aber vielleicht hören Sie es ja noch draußen weiter –: Wenn man sich an den Strategien der Kollegen in Bayern orientiert, darf man sich natürlich auch nicht wundern, wenn man dann bei den Umfrageergebnissen der Kollegen in Bayern herauskommt. Die liegen, glaube ich, momentan bei 6 Prozent, wenn ich mich richtig entsinne.

(Beifall AfD)

Das hat sicherlich auch was mit der „Integrationspolitik“ von der SPD zu tun. Nun kommen wir aber zur Integrationspolitik der CDU. Der Gesetzentwurf, den Sie vorgelegt haben, ist schon einmal deutlich besser als die Integrationspolitik der SPD, das kann ich Ihnen schon mal sagen, aber er enthält neben einigem Licht eben auch viel Schatten. Ich bin den Gesetzentwurf durchgegangen. Ich habe schon mal festgestellt, dass Sie zumindest keine Geduldeten fördern wollen, jedenfalls habe ich Ihren § 2 so ausgelegt. Wenn das nicht so sein sollte, wäre ich für Aufklärung dankbar, weil die ja keinen dauerhaften Aufenthalt haben, jedenfalls im rechtlichen Sinne. Das finde ich nicht schlecht, wenn es so wäre. Auf der anderen Seite muss ich sagen, bei den einzelnen Kapiteln bin ich doch relativ schnell auf Widerspruch gestoßen – jedenfalls was meine persönlichen Sichtweisen angeht –, zum Beispiel bei § 4 „Deutsche Sprache“. Da schreiben Sie im Absatz 2, dass sich Migranten, die sich in den vorangegangenen sechs Jahren mindestens drei Jahre ständig in Deutschland aufgehalten haben, in der Sprache angemessen verständigen können sollen. Das Niveau, was Sie da als Referenzgröße hineinschreiben, als Zielgröße, ist das Sprachniveau A 2. Das sind gerade mal elementare Sprachkenntnisse. Elementare Sprachkenntnisse, der kann sich also in einfachsten – sage ich mal – Situationen gerade so ausdrücken. Er kann damit nicht arbeiten gehen, der kann damit auch keinem Unterricht folgen. Das ist aus meiner Sicht eigentlich nicht einmal im Ansatz ausreichend und vor allem nach drei Jahren. Nach drei Jahren ist das eine Kapitulationserklärung. Denn damit mache ich klar, den werde ich nie in ein normales Arbeitsverhältnis integrieren können. Der wird nie normal mit der Bevölkerung hier kommunizieren können, mit Sprachniveau A 2 ist das schlicht nicht möglich. Da bleibt man immer Au

(Abg. Dr. Hartung)

ßenseiter. Das kann nicht wirklich die Zielvorstellung von Integration sein.

Dann die Integrationsvereinbarung, die ein zentrales Kernstück des Gesetzentwurfs ist. Da fällt mir auf, darin sind lauter Selbstverständlichkeiten geregelt, im Wege eines öffentlich-rechtlichen Vertrags. Dass die Schulpflicht erfüllt wird bei sorgeberechtigten minderjährigen Kindern, die Wohnsitzverpflichtung, Aufnahme von Arbeit und Arbeitsgelegenheiten – alles Selbstverständlichkeiten. Ich sage es einmal so: Wer diese Selbstverständlichkeiten nicht schon mitgebracht hat oder dann wenigstens aus sich heraus erkannt hat, den werden Sie auch durch einen Vertrag nicht dazu anhalten, diese Selbstverständlichkeiten für sich anzunehmen. Zumal so richtige Zwangsmittel oder Überzeugungsmittel, wie der Vertrag dann am Ende auch wirklich mit Lebem erfüllt wird, wenn der Eifer, den Vertrag zu erfüllen, etwas nachlässt, habe ich in Ihrem Gesetzentwurf auch nicht richtig erkennen können. Aber gehen wir weiter.

Schulen – da haben Sie einen wichtigen Punkt genannt, die Vorschaltklassen. Das ist durchaus ein richtiger Ansatz. Ich meine auch, wir haben momentan bereits genügend Probleme in unserem Schulsystem. Diese Vorschaltklasse sorgt wenigstens dafür, dass nicht die im normalen sprachlichen Entwicklungsstand begriffenen Kinder dann auch noch darunter zu leiden haben, dass die Lehrer mit der Aufgabe befasst sind, Kinder, die das übliche Sprachniveau nicht haben, auch noch mitzuziehen. Das kann nicht funktionieren. Insofern ist der Ansatz grundsätzlich richtig.

(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Bei Ihnen haben die Lehrer auch versagt!)

Aber ich muss natürlich auch sagen, besser wäre es eigentlich, wenn man die vielen Kinder, die jetzt hier sind bei uns und die alle nur – jedenfalls nach den grundsätzlichen rechtlichen Gegebenheiten – den vorrübergehenden Aufenthalt in Deutschland haben, mehr auf ihre alte Heimat hin prägt, wenn man sie unterrichtet, wenn sie zum Beispiel ihre Heimatsprache lernen. Denn was wird passieren? Diese Kinder werden, wenn sie jemals wieder zurück müssen, sich auch dort nicht zurechtfinden. Sie finden sich hier nicht zurecht, sie finden sich dort nicht zurecht. Das ist ein Riesenproblem und das kann man lösen, indem man die heimatliche Kultur bei der Bildungsvermittlung stärker in den Vordergrund stellt, insbesondere bei der Sprachvermittlung.

(Beifall AfD)

Was mir bei Ihrer Begründung übrigens noch aufgefallen ist im Zusammenhang mit dem schulischen Bereich: § 8, das war die Bemerkung, mit der Sie sich mit integrationsfeindlichem Verhalten befasst haben, insbesondere zum Beispiel bei religiösen El

tern oder sehr, sehr religiösen Kindern, wo dann beispielsweise, weil sie dem Islam angehören oder die Religion des Islams haben, Jungen Mädchen keine Hand geben oder andersrum oder dass sie nicht am Sportunterricht teilnehmen. Mal sehen, ob ich die Passage auf die Schnelle finde. Auch da haben Sie Formulierungen gewählt, wo ich sage: Was soll denn daraus eigentlich werden? Sie formulieren da – ich darf zitieren –: „In solchen Fällen sind die gleichrangig widerstreitenden Verfassungsgüter im Wege der praktischen Konkordanz in einen schonenden Ausgleich zu bringen.“ Was heißt das jetzt praktisch? Was heißt es praktisch, wenn ich fundamentalistisch erzogene Kinder habe, die sich weigern, am Schwimmunterricht teilzunehmen und die von ihren Eltern gedeckt werden, wo also ganz, ganz klar ist, hier ist ein fundamentalistisches religiöses Weltbild, was integrationsfeindlich wirkt und die Integration massiv behindert? Das können Sie mit so einem pauschalen Satz, mit so einer Phrase nicht auflösen. Da braucht es harte Konsequenzen und die erkenne ich im Gesetzentwurf so leider nicht.

(Beifall AfD)

Was ich wiederum gut finde, muss ich sagen, ist § 13 „Gewährung von Landesleistungen“. Die wollen Sie nur dann ausreichen,

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Klar, dass Ihnen das gefällt!)

wenn dann auch zum Beispiel sichergestellt ist, dass derjenige auch derjenige ist, für den er sich ausgibt, dass also eine entsprechende Identitätsfeststellung stattgefunden hat. Das, finde ich, ist ein richtiger Ansatz. Da haben Sie aus den Fehlern auch Ihrer Partei aus der Vergangenheit gelernt. Aber es reicht natürlich vorn und hinten nicht, dann die landesrechtlichen Leistungen zu beschränken. Wer betrügt und sich einen Aufenthaltstitel hiermit erschleichen will oder wer es auch nur versucht hat, der darf in Deutschland keinen Aufenthalt bekommen – Punkt.

(Beifall AfD)

Sie müssen in solchen Fällen die Konsequenz ziehen, auch als abschreckendes Beispiel, um solche Praktiken zu verhindern.

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Asylrecht erfordert aber keine Leistung!)

Wenn ich die hilflosen Äußerungen der Bundeskanzlerin da Revue passieren lasse, dass es nicht strafbar wäre, wenn man sich mit falscher Identität, mit falschen Angaben einen Aufenthaltstitel und damit auch Sozialleistungen erschleicht, dann stellt das eigentlich das Strafgesetzbuch auf den Kopf. Denn natürlich steckt dahinter Betrug. Alle Tatbestandsmerkmale sind erfüllt und der Rechtsgedanke, der hinter diesem Erschleichen von Leistungen

steckt, den finden Sie auch in jeder Menge anderer Straftatbestände.

Die Ordnungswidrigkeiten – ich finde das alles nicht schlecht, ja, Sie haben Recht. Aber hilft das weiter? Ich meine nicht, denn das alles sind Regeln, die schon anderweitig aufgestellt sind, an anderer Stelle in unserem Rechts- und Wertegefüge, die teilweise auch strafbewehrt sind, und trotzdem werden sie gemacht, weil nämlich ein massives Vollzugsdefizit besteht, und an diesem Vollzugsdefizit ändert der Gesetzentwurf am Ende auch nichts.

Ich habe dann mal überlegt, was ist denn eigentlich das Problem, und habe mal geguckt: Wie ist denn das in erfolgreichen Einwanderungsländern, die schon immer Einwanderungsländer sind, wie zum Beispiel Amerika, USA? Ich bin auf einen Artikel gekommen: Was unterscheidet die USA von Deutschland in Einwanderungshinsicht? Da ist der erste wesentliche Punkt, der genannt wird, die Sprache wird durch die Emigranten schon im Ausland erlernt. Also nicht, dass es so ist, dass wir dann irgendwann mal anstreben, dass viele, die hier als Analphabeten reinkommen, dann irgendwann mal in drei, vier Jahren Niveau A 2 haben, sondern die kommen auf einem Niveau in die USA, dass sie arbeitsfähig sind. Die wollen nämlich arbeiten, die wollen nämlich zum Beispiel an der Uni studieren. Das ist auch ein weiterer wesentlicher Aspekt. Die wollen einwandern ins Bildungs- und ins Arbeitssystem, nicht ins deutsche Sozialsystem. Das ist genau der Unterschied zu Deutschland. Und diesen grundkonzeptionellen Fehler, wie bei uns Einwanderung angereizt wird, nämlich durch ein starkes Sozialsystem, durch eine laxe Einwanderungsüberwachung, werden Sie durch kein Integrationsgesetz der Welt beenden können.

(Beifall AfD)

Das vielleicht zu Ihrem Integrationsgesetz, wie gesagt, Licht und Schatten. Gleichermaßen sind Ansätze zur Besserung erkennbar, was die bisherigen politischen Positionierungen anging. Wir würden es zumindest unterstützen, das im Ausschuss zu diskutieren. Aber der Weisheit letzter Schluss ist es noch nicht. Danke.

(Beifall AfD)

Vielen Dank. Als Nächste spricht Frau Abgeordnete Berninger von der Fraktion Die Linke.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren der demokratischen Fraktionen hier im Haus, auch wenn es die Rechtspopulisten gern hätten, das Asylrecht ist ein Menschenrecht.

Frau Berninger, ich wiederhole mich von gestern, alle Abgeordneten in diesem Haus sind demokratisch gewählt.

Da widerspreche ich auch nicht, Frau Präsidentin, ich unterstelle nur, dass in einer der demokratisch gewählten Fraktionen anti- oder undemokratische Personen sitzen.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Das ist Ihre persönliche Feststellung.

Genau, so ist das.

Also, noch mal. Auch wenn es die Rechtspopulistinnen und Rechtspopulisten gern hätten, Asylrecht ist ein Menschenrecht. Und die Gewährung von Menschenrechten erfordert keine Gegenleistung für die Menschen, die den Rechtsanspruch auf Gewährung dieser Menschenrechte haben.

(Beifall DIE LINKE)

So viel zu dem Satz mit dem Aufenthaltsrecht und den Bedingungen, die der Abgeordnete Möller dafür definieren will.