Gibt es weitere Wortmeldungen? Nein. Für das Ministerium, bitte schön, Herr Staatssekretär Dr. Sühl.
Sehr verehrte Frau Präsidentin, sehr verehrte Damen und Herren Abgeordnete, der Thüringer Landtag wird sich im Laufe dieser Plenarsitzung unter Tagesordnungspunkt 20 mit dem Problem am landwirtschaftlichen Bodenmarkt ausführlich befassen. Nunmehr wurde von der AfD-Fraktion eine Aktuelle Stunde eingereicht, die sich mit demselben Thema befasst. Daher werde ich hier das Thema in aller Kürze behandeln und eine erste Einschätzung geben.
Mit dem vorliegenden Antrag greift die AfD-Fraktion ein wichtiges Thema für die Agrarstruktur in den neuen Ländern und damit auch in Thüringen auf. Jedoch wird durch die Verwendung des Begriffs Land Grabbing der Eindruck vermittelt, in Thüringen würden Verhältnisse herrschen, die mit der Situation der Bodenmärkte in Afrika oder in Osteuropa vergleichbar wären. Das trifft nicht zu. Land Grabbing bedeutet die großräumige Landnahme mit dem Ziel der Sicherung von Profitinteressen auch zulasten der Region und der Umwelt.
Die vorliegenden Untersuchungen zeigen, dass – ausgehend von jeweils zwei Landkreisen im analysierten Zehnjahreszeitraum von 2007 bis 2017 – in den neuen Ländern zwischen 0,5 Prozent und 3,9 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Flächen mit Share Deals auf neue Kapitaleigentümer übergegangen sind. In Thüringen liegt der Anteil bei
2,2 Prozent der Fläche. Offen bleibt dabei, inwieweit es sich um landwirtschaftsnahe Investoren oder nicht landwirtschaftliche Investoren handelt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, für die Landesregierung sind diese Zahlen und die daraus ablesbare Entwicklung bereits seit einiger Zeit Grundlage für ihr Agieren auf diesem Gebiet. Das Thüringer Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft hat dazu im November 2017 ein Kolloquium durchgeführt. Es steht im Austausch mit den zuständigen Stellen in den anderen neuen Ländern und hat im Rahmen der Agrarministerkonferenz vom 28. September 2018 die Einsetzung einer Bund-Länder-Initiative „Landwirtschaftlicher Bodenmarkt“ mit beschlossen.
Der Gefahr, dass landwirtschaftliche Flächen in größerem Umfang in die Hände branchenfremder Investoren gelangen und Gegenstand von Spekulationen werden, muss mit wirksamen und rechtssicheren rechtlichen Regelungen entgegengewirkt werden. Dabei geht es um zwei Schritte: erstens um die Herstellung von Transparenz am Bodenmarkt – wir benötigen verlässliche Daten zu den Eigentumsverhältnissen und deren zeitlichen und mengenmäßigen Veränderungen – sowie zweitens um Steuerungsinstrumente, mit denen Rahmenbedingungen für die Bodenverteilung und die Bodenpreise gesetzt werden können. Dabei werden komplexe rechtliche Sachverhalte der Eigentumsgarantie, der Niederlassungsfreiheit, der Vertragsgestaltung, des Gesellschafts- und des Steuerrechts berührt.
Die bisherigen Erfahrungen in den Ländern Sachsen-Anhalt und Niedersachsen, die jeweils bereits einen nicht erfolgreichen Entwurf für solche Regelungen vorgelegt haben, zeigen, dass es keine einfachen Lösungen auf diesem Gebiet gibt. Das gesetzgeberische Handeln der Länder stößt zudem an seine Grenzen, wenn wie im Fall der Share Deals Fragen des Gesellschafts- und Steuerrechts berührt werden.
Auf der Basis des oben genannten Beschlusses der Agrarministerkonferenz kommt es jetzt endlich zu einer konzertierten Aktion der Länder und des Bundes zu dem Problem des Bodenmarkts. Es ist zu erwarten, dass hieraus im Laufe des Jahres 2019 erste konkrete Ansätze für zielführende rechtliche Regelungen entstehen werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, gesicherte Eigentums- und Besitzverhältnisse sind existenzielle Grundlage für den Erfolg der landwirtschaftlichen Betriebe und für ein friedliches Miteinander in den ländlichen Räumen in Thüringen. Das bestimmt unser Handeln maßgeblich. Die von der AfD pauschal formulierten Anschuldigungen und Forderungen reichen dafür nicht aus, sondern sie schüren nur Ängste und Unsicherheit. Herzlichen Dank.
Vielen Dank. Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Dann schließe ich den ersten Teil der Aktuellen Stunde und rufe auf den zweiten Teil der Aktuellen Stunde
b) Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion DIE LINKE zum Thema: „Mieten begrenzen – für bezahlbaren Wohnraum in Thüringen“ Unterrichtung durch die Präsidentin des Landtags - Drucksache 6/6707
Ich eröffne die Aussprache und als Erstes hat Frau Abgeordnete Lukasch von der Fraktion Die Linke das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Zuschauer, Wohnen ist ein Menschenrecht und keine Ware wie jedes andere Wirtschaftsgut. Wohnen ist der bedeutendste Teil der Infrastruktur, ist Teil des Gemeinwesens – und dies ungeachtet der Eigentumsverhältnisse.
Das ARD-Magazin „Panorama“ hat offengelegt, dass in 64 Städten Mieterinnen und Mieter mehr als 30 Prozent ihres Einkommens für Mieten aufwenden – eigentlich unfassbar. Wer soll und wer kann das bezahlen? Wenn Sie in Jena wohnen, zahlen sie 32,6 Prozent ihres Einkommens allein für die Miete, und in Erfurt ist es ähnlich. Sehr geehrte Damen und Herren, der Durchschnittslohn in Erfurt lag 2017 bei 1.926 Euro und in Jena sind es 2.081 Euro. Dann überlegen Sie mal, was Netto noch übrigbleibt, und dann mehr als 30 Prozent für Miete und der Rest muss reichen für Essen, Kleidung, Kinder, Fahrgeld usw.
Ich nenne Ihnen ein persönliches Beispiel. Meine Tochter ist alleinerziehend mit zwei Kindern, arbeitet als Krankenschwester, natürlich nur 30 Wochenstunden. Das ist in dem Gewerbe so üblich. Sie kommt also noch nicht einmal auf den Durchschnittslohn von Jena oder Erfurt. Ich kann Ihnen sagen, meine Damen und Herren, was es für meine Tochter heißt, monatlich die Miete aufzubringen, Schulsachen zu kaufen, Kleidung zu bezahlen oder einfach nur einmal ins Kino zu gehen, Popcorn zu kaufen und einen schönen Tag zu genießen. Neu
lich waren die Druckerpatronen alle, also: Oma macht das schon, ist ja für das Enkelkind. Ja, man springt da schon mal ein. Ferienlager und Urlaub in der Saison sind teuer und kaum leistbar.
Aus eigenen Erfahrungen sage ich Ihnen: Wir fordern sozialen Wohnungsbau für alle, die ihn brauchen. Nur zwei Zahlen zur Erinnerung: Kein Einkommen zum Auskommen haben in Jena 10.441 Menschen, in Erfurt sind es 21.930.
Meine Damen und Herren, da haben wir noch nicht von den Rentnerinnen und Rentnern gesprochen. Fast jede zweite Rente in Deutschland liegt unter 800 Euro. Dann rechnen Sie sich aus bei 30 Prozent, wie viel da übrig bleibt. Wie sollen sich das Seniorinnen und Senioren beispielsweise in Erfurt oder Jena noch leisten können? Es gibt noch mehr Kommunen mit ähnlichen Verhältnissen in Thüringen. Das wird Gotha und noch ein paar andere betreffen.
Sehr geehrte Damen und Herren, lassen Sie uns gemeinsam unsere Städte und Gemeinden auffordern, dass wir dieses Ziel – sozialer Wohnungsbau für alle, die ihn brauchen – auch erreichen. Wir können das, das ist unsere Aufgabe als Abgeordnete, denn das ist in unserer Thüringer Verfassung fest verankert. Der Jurist Peter Weber hat in seinem viel beachteten Beitrag in der „JuristenZeitung“ deutlich aufgezeigt, was machbar ist und dass es machbar ist. Über das Wie können wir gern reden. Mietendeckelung ist Ländersache und dies wird von der Landesregierung umgehend geprüft. Ich bin dieser Landesregierung überaus dankbar, dass sie den Prüfantrag angenommen hat. Ich verspreche Ihnen, die Linke geht es an. Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, werte Gäste, bei Twitter war die Tage Folgendes zu lesen – ich zitiere auszugsweise –: „Linke Thüringen will rechtliche Möglichkeiten zur Einführung von landesweiter Mietobergrenze in Thüringen prüfen lassen.“ „‘Wenn wir politische Gestaltungsmöglichkeiten haben, Mietexplosionen zu verhindern, müssen wir Sie nutzen.‘ – [so] […] Susanne Hennig-Wellsow.“
Okay. Nun haben wir die Enteignungsdebatte, die in Berlin geführt wird, auch in Thüringen. Die Eigentümer sollen also vom Staat vorgeschrieben be
Werte Damen und Herren, was ich nicht verstehe, ist, ob die Aktuelle Stunde das richtige Mittel zum Sozialismuseinführen ist. Wenn Sie es ernst meinen, hätten Sie doch einen Antrag machen können oder einfach bei der Wohnungsbauministerin Ihrer Partei anrufen können, damit sie ihre politischen Gestaltungsmöglichkeiten nutzt, wie Sie in der Begründung Ihrer Aktuellen Stunde schreiben.
Dass das der falsche Weg ist, hat Ihnen neben dem Verband der Thüringer Wohnungs- und Immobilienwirtschaft – der vtw vertritt Wohnungsunternehmen, in denen fast jeder vierte Thüringer lebt – auch schon der Kollege Warnecke von Ihrem Koalitionspartner SPD in seiner Pressemitteilung erklärt. Er sieht Handlungsbedarf nur in den Zentren Thüringens. Eine Obergrenze sei nicht das Mittel zum Erfolg. Man solle sich stattdessen auf die Städte konzentrieren, wo der Wohnungsmarkt angespannt ist und die Mieten für Normalverdiener unerschwinglich werden.
Werte Damen und Herren, da gebe ich Herrn Warnecke recht und will kurz aufzählen, wie wir dabei helfen wollen, damit die eigenen vier Wände und vor allem die Mieten erschwinglich bleiben oder wieder werden: Mehr Neubau, mehr Wohneigentum und weniger Regulierung
Ja, vor allem auch weniger Regulierung, denn die Regulierungssucht, und das ist Fakt, hat den Wohnungsbau unnötig teuer gemacht.
Und weiter: Es wird nicht genügend Bauland erschlossen und die Baukosten laufen davon. Im Ergebnis werden zu wenige Wohnungen fertiggestellt. Diesen Trend müssen wir umkehren. Erst im Herbst vergangenen Jahres haben sowohl die CDU/CSUFraktionsvorsitzendenkonferenz als auch die Herbstkonferenz der haushalts- und finanzpolitischen Sprecher der CDU/CSU-Fraktionen in den Ländern und im Bund Vorschläge für mehr Woh
nungsbau gemacht. Vorsitzender beider Konferenzen ist Mike Mohring. Kern der Forderungen: Wir wenden uns strikt gegen Auflagen, die den Wohnungsbau verteuern und noch mehr Bürokratie produzieren.