Protocol of the Session on December 14, 2018

(Beifall CDU)

Ich bitte doch, sich auf der Regierungsbank zurückzuhalten, Frau Ministerin.

Was Sie auch nicht laut sagen: Schulen ohne Schüler. Sie wollen über dieses Wort nicht gehen. Das ist klar, weil das entlarvend ist, aber Sie sagen so vieles nicht laut, wenn es um das Thema „Inklusion“ geht. Sie sagen zum Beispiel nicht laut, dass mit der Zerschlagung der Förderschullandschaft das Elternwahlrecht massiv eingeschränkt wird. Da helfen auch nicht die Gängelungsversuche, die Sie bei den Eltern versuchen einzubringen.

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Hennig-Wellsow, DIE LIN- KE: Nur Stimmungsmache, mehr nicht!)

Was Sie ebenfalls nicht laut sagen: In § 8 a Abs. 2 – vielleicht hat der eine oder andere doch das Gesetz vor sich liegen – wird außerdem geregelt, dass ein sonderpädagogischer Förderbedarf im Bereich „Lernen“ frühestens nach dem Abschluss der Schuleingangsphase festgestellt werden kann. Liebe Zuhörer, das klingt etwas technokratisch. Das heißt aber konkret, dass Kinder mit einem Förderbedarf zukünftig die ersten drei Jahre ganz normal im regulären Unterricht mitlaufen müssen, und erst wenn im Grunde dann die Misserfolge in der 3. und 4. Klasse bei dem Kind groß genug sind, kommt vielleicht jemand, der sich um das Kind mit Förderbedarf kümmert; vorher wird es völlig gleich behandelt – absolut unmöglich, was hier in § 8 a steht.

(Zwischenruf Abg. Hennig-Wellsow, DIE LIN- KE: Das stimmt doch gar nicht!)

Dann lesen Sie Ihr Gesetz.

Sie sprechen ebenfalls nicht laut davon, dass die erste Versetzungsentscheidung in der Grundschule

in Zukunft für alle Schüler erst am Ende der vierten Klassenstufe erfolgt.

(Zwischenruf Abg. Hennig-Wellsow, DIE LIN- KE: Das ist richtig so!)

Da kommt wieder von den Linken: „Das ist richtig so!“

Wir alle wissen, dass man in der 1., 2., 3. oder 4. Klasse sitzen bleiben könnte. Hier wird jetzt festgelegt, dass man in der 1., 2. und 3. Klasse gar nicht mehr sitzen bleiben kann, sondern erst in der 4. Klasse.

(Zwischenruf Abg. Wolf, DIE LINKE: Stimmt doch gar nicht!)

Was Sie damit den Kindern antun, die einen Förderbedarf haben, die Lernprobleme haben, die vielleicht mal wiederholen müssen – Sie haben keine Ahnung von Schule, es tut mir leid!

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Aber Sie!)

Und Sie sprechen auch nicht laut darüber, was § 34 regelt. Demnach dürfen Lehrer für Förderpädagogik an allgemeinen Schulen künftig auch eigenständig unterrichten. Nicht, dass ich es den Kolleginnen und Kollegen nicht zutraue, das können sie natürlich, das haben sie ja in der Förderschule auch gemacht. Aber Sie schicken die Förderpädagogen in den Gemeinsamen Unterricht, um die Förderkinder zu fördern, und jetzt sagen Sie zu denen: Ihr müsst aber in Zukunft eine eigene ganze Klasse übernehmen. Wo bleibt denn dann der Mehrwert für das einzelne Kind? Es ist unmöglich, was Sie unseren Kindern mit diesem Gesetz antun.

Meine Damen und Herren, die Tatsache, dass Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf sowie Schüler mit Migrationshintergrund und Förderbedarf zum Erwerb der deutschen Sprache bei der Klassenbildung an allgemeinbildenden Schulen doppelt gezählt werden können, ist ja eigentlich grundsätzlich zu begrüßen. Jedoch können auf die Mindestschülerzahl jeweils nur zwei dieser Förderkinder angerechnet werden, also der Doppelzähler ist begrenzt. Was Sie auch hier wieder nicht sagen, ist, dass Sie nämlich bei der Einführung der Schulmindestgrößen diese doppelte Anrechnung wieder herausrechnen.

Meine Damen und Herren, ein weiteres Ziel rot-rotgrüner Bildungspolitik, das durch den Gesetzentwurf vorangetrieben werden soll, ist die Etablierung eines Einheitsschulsystems. Sie werden und wollen Gemeinschaftsschulen beispielsweise durch eine relativ niedrige Größenvorgabe, insbesondere gegenüber unseren Thüringer Gymnasien, massiv bevorzugen, was Druck auf kleine und mittlere Gymnasien in ganz Thüringen zur Folge hat. Das ur

sprüngliche Ziel bei der Einführung der Thüringer Gemeinschaftsschule,

(Zwischenruf Abg. Hennig-Wellsow, DIE LIN- KE: Die Gemeinschaftsschule ist von den El- tern gewollt!)

sie als eine Ergänzung der vielfältigen Schullandschaft – so haben wir sie damals eingeführt: als Ergänzung der vielfältigen Schullandschaft – und als gleichberechtigtes Angebot zu sehen, konterkarieren Sie damit völlig.

(Unruhe DIE LINKE)

Frau Hennig-Wellsow, Sie haben genug Redezeit, um hier dann ans Pult zu gehen.

Außerdem soll es mit dem Gesetzentwurf Gemeinschaftsschulen zukünftig möglich sein, dauerhaft ab der 5. Klasse zu beginnen. Sie verraten damit selbst, liebe Kollegen von den Linken, SPD und Grünen, Ihre Idee vom längeren gemeinsamen Lernen. Die Gemeinschaftsschule ist eingeführt worden, damit man von der 1. bis zur 10. und im Idealfall bis zur 12. Klasse gemeinsam lernen kann. Sie sagen jetzt, Gemeinschaftsschulen sollen generell ab der 5. Klasse beginnen. Wo ist da der Unterschied zur Regelschule? Sie verraten die Idee des längeren gemeinsamen Lernens.

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Hennig-Wellsow, DIE LIN- KE: Das stimmt nicht!)

Auch hier müssen Sie sich wieder am Maßstab von Herrn Ministerpräsident messen lassen: „Wir werden nicht alles anders, aber vieles besser machen.“ Dieses Gesetz erreicht auf jeden Fall das Gegenteil: Es bringt die grundlegenden Strukturen unseres Bildungssystems ins Wanken.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, neben den in den letzten Minuten skizzierten Umstrukturierungen unserer Schullandschaft beinhaltet der Gesetzentwurf zahlreiche weitere problematische Weichenstellungen. Leider ist es jetzt nicht möglich, auf all diese Dinge einzugehen, das würde den Rahmen heute hier in dieser Debatte sprengen. In seiner Gesamtheit betrachtet entspricht der Gesetzentwurf den Erwartungen an eine ideologische rotrot-grüne Bildungspolitik, denn Zentralismus, Zwang und Bevormundung stehen im Vordergrund.

Meine Damen und Herren, Herr Minister ist ja sehr ausführlich – fast in der Hälfte seiner Rede – auf den Beteiligungsprozess eingegangen. Man könnte sagen, er bekommt weiche Knie und will jetzt möglichst alle mit in das Boot hineinholen.

Ja, Herr Minister, wir haben in der Tat gesagt, wir beteiligen uns nicht an diesem vorparlamentarischen Beteiligungsprozess, weil uns klar war, dass am Ende das rauskommt, was jetzt rausgekommen ist.

(Heiterkeit im Hause)

Was lachen Sie so? Ist das so schlimm, dass Sie lachen müssen?

(Zwischenruf Abg. Skibbe, DIE LINKE: Das ist eine Frechheit von Ihnen!)

Frau Abgeordnete Skibbe, ich rüge diesen Ausdruck.

Es ist genau das rausgekommen, was Birgit Klaubert damals als Schulgrößen im Grunde nicht wissen wollte. Es ist genau das rausgekommen, was im Inklusionsbeirat auf größte Kritik gestoßen ist – all das steht drin. Sie haben im Beteiligungsprozess nicht das wirklich reingenommen, was die Kollegen, was die Schüler und was die Eltern wollten. Es bleibt auch hier dabei: Es muss demokratisch aussehen, aber wir müssen alles in der Hand behalten.

(Beifall CDU)

Meine Damen und Herren, Herr Minister Hoff spricht immer groß davon, wie er uns – mich – damals eingeladen hat, und ich möchte gern noch mal die Antwort von 2017 Ihnen heute – weil das immer wieder auch ein Thema ist – mitteilen, die damals Minister Hoff von uns erhalten hat, ich zitiere: „Die Verknüpfung von Schulstrukturfragen, wie von Herrn Ministerpräsident angekündigt, mit dem Generationswechsel unserer Lehrer halte ich, halten wir für höchst problematisch. Beide Herausforderungen verlangen spezifische Herangehensweisen, erstere eine engagierte kommunale Schulnetzplanung auf der Grundlage der bestehenden gemeinsamen Vereinbarung der kommunalen Spitzenverbände und des Bildungsministeriums. Die CDU wird sich nicht an einem erneuten Anlauf zur zentralen Festlegung von Schulgrößen beteiligen. Die zweite Problematik verlangt eine langfristige Schülerprognose und dementsprechende bildungspolitische Maßnahmen, wie beispielsweise von der CDULandtagsfraktion vorgeschlagen. Mit Blick auf das CDU-Maßnahmenpaket liegen die Vorschläge der Thüringer Union auf dem Tisch. Hierzu sind wir im Parlamentarischen Verfahren gern bereit zu diskutieren und zu entscheiden.“ Nirgendwo steht da etwas, dass wir uns nicht einbringen wollen in die Lösung der Thüringer Probleme. Im Gegenteil, wir haben immer wieder in den letzten vier Jahren hier Anträge eingebracht zur Verbesserung des Maßnahmenpakets. Und bei nichts haben Sie zuge

stimmt, Sie haben der Erhöhung der Referendare nicht zugestimmt, Sie haben der Verbesserung der Besoldungsgeschichten nicht zugestimmt – immer wieder dagegen.

(Zwischenruf Abg. Hennig-Wellsow, DIE LIN- KE: Das stimmt doch nicht! Wir haben die Besoldung verbessert!)

Sie haben die Besoldung verbessert – ja, ja, klar. Aber dass Sie sämtliche Beförderungsämter im Besoldungsbereich abgeschafft haben, das sagen Sie nicht dazu. – Sie können doch dann gern reden! Oder dürfen Sie nicht reden, Frau Vorsitzende?

Frau Abgeordnete Hennig-Wellsow, Sie können ja dann an das Pult gehen. Unterbrechen Sie nicht ständig den Redner!

Mein Gott, ein Anstand!

Meine Damen und Herren, ich bin auf die Gefahr eingegangen, die das rot-rot-grüne Gesetz beinhaltet. Was will die CDU? Wie wollen wir die Ziele erreichen, Generationswechsel und Qualität erhalten? Die Vorschläge der CDU-Fraktion liegen seit Längerem auf dem Tisch, wir haben verschiedenste Anträge – ich habe es gerade gesagt – hier schon vorberaten. Zunächst geht es darum, dass jeder Lehrer, der aus dem Thüringer Schuldienst ausscheidet, auch die paar Kollegen, die in der Freistellungsphase sind, ersetzt werden. Wir haben steigende Schülerzahlen seit 2014 – da können Sie nichts dafür, das haben die Eltern Gott sei Dank erreicht und gemacht. Aber wir haben seit 2014 steigende Schülerzahlen und das Ende des Lehrerüberhangs.

(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Das wussten Sie vorher nicht? Deswegen haben Sie keine Lehrer eingestellt!)

Herr Harzer, wir wussten das, deswegen haben die Vorgängerregierungen von CDU und SPD …

Herr Harzer, auch Sie können hier vorgehen und Ihre Argumente darlegen.

… auch die Ausbildungskapazitäten erhöht. Und hätten Sie die Ausbildungskapazitäten weiter erhöht, dann hätten wir heute nicht 500 Referendare, sondern wir wären bei 900 Referendaren. Und das sind genau die Kollegen, die wir brauchen. Hätten Sie doch diesen Weg weitergemacht!

(Beifall CDU)