Protocol of the Session on November 8, 2018

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Kenntnisse hat die Landesregierung über die Teilnehmenden der Veranstaltung vom 20. Oktober 2018 im „Veranstaltungszentrum Erfurter Kreuz“ – Angaben über Anzahl der Teilnehmenden, Namen von Gruppen, Vereinen, Parteien, Organisationen und die Anzahl von Minderjährigen wird erbeten –?

2. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über die Herkunft der Teilnehmenden – Angaben nach Bundesländern und Staaten mit jeweiliger Teilnehmerstärke werden erbeten –?

3. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über das Veranstaltungsprogramm der Gedenkveranstaltung – Angaben über Bands, Sängerinnen/ Sänger, Rednerinnen/Redner und weiteren Veranstaltungsbestandteilen werden erbeten –?

4. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über Polizistinnen und Polizisten auf dem Veranstaltungsgelände während der Veranstaltung – Angaben über die Anzahl der Polizistinnen/Polizisten und Anlass werden erbeten –?

Es antwortet für die Landesregierung Staatssekretär Höhn aus dem Ministerium für Inneres und Kommunales.

Frau Präsidentin, mein sehr verehrten Damen und Herren, die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Henfling beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: An der Veranstaltung nahmen nach Polizeiangaben 167 Personen teil. Erkenntnisse über die Teilnahme von Minderjährigen liegen nicht vor. Die Anzahl der Teilnehmer aus den jeweiligen rechtsextremistischen Organisationen bzw. Gruppierungen kann nicht konkret beziffert werden, gleichwohl konnten mehrere Teilnehmer aufgrund der getragenen Symbole an der Kleidung der Hammerskin-Szene zugeordnet werden.

Zu Frage 2: Es wurden Teilnehmer aus Thüringen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Baden-Württemberg, Bayern, Niedersachsen, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Hessen,

Rheinland-Pfalz sowie aus dem europäischen Ausland, unter anderem aus Österreich, der Schweiz, Tschechien und Großbritannien, festgestellt.

Zu Frage 3: Die Veranstaltung begann um 20.55 Uhr und endete 2.49 Uhr. Es traten folgende rechtsextremistische Bands auf: aus Bayern „Codex Frei“, aus Nordrhein-Westfalen „Smart Violence“, aus Nordrhein-Westfalen und Thüringen „Sleipnir“ und aus Großbritannien „Blackout“. Es wurden keine Reden gehalten. Vor Beginn des ersten Musikbeitrags hat lediglich der Sänger der Band „Codex Frei“ auf die im Raum anwesenden Polizeibeamten hingewiesen. Darüber hinaus befanden sich im Veranstaltungsobjekt zwei Verkaufsstände für Bekleidung und Tonträger.

Zu Frage 4: Der Polizeiführer sowie Sicherungskräfte des Veranstaltungsschutzes führten in der Zeit von 17.45 Uhr bis 18.15 Uhr eine erste Kontrolle des Veranstaltungsobjekts zur Kontaktaufnahme mit dem Veranstalter sowie zur Überprüfung des Veranstaltungsorts und der Ordner durch. Ab 19.45 Uhr wurde die ständige polizeiliche Anwesenheit durch sechs Polizeibeamte im Veranstaltungsobjekt realisiert. Dies erfolgte zum Zwecke der Feststellung bzw. Unterbindung möglicher Straftaten auch durch Abspielen von Musikbeiträgen mit strafrechtlichem Inhalt.

Danke für die Aufmerksamkeit.

Es gibt eine Nachfrage der Abgeordneten Henfling.

Also, es wären genau zwei Nachfragen. Einmal: Sind denn Straftaten wahrgenommen worden bzw. innerhalb oder außerhalb der Veranstaltungslokalität Straftaten aufgenommen worden? Und die zweite Frage wäre, wie denn die Landesregierung generell die Vielfältigkeit der Teilnehmenden aus unterschiedlichen Bundesländern und Ländern bewertet. Sieht sie darin eine internationale Vernetzung, insbesondere in Bezug auf die Gruppierung der Hammerskins?

Frau Abgeordnete, ich bitte um Verständnis. Ich würde Ihnen diese Frage oder wir würden Ihnen diese Frage im Nachgang schriftlich beantworten.

Gibt es weitere Nachfragen? Das kann ich nicht erkennen. Dann rufe ich die Anfrage des Abgeordneten Zippel, Fraktion der CDU, in Drucksache 6/6359 auf.

(Abg. Henfling)

Vielen Dank, Frau Präsidentin.

Seit dem 1. Januar 2002 ist in Thüringen der Maßregelvollzug infolge von Beleihung auf private Träger übertragen. Die forensischen Kliniken führen den Maßregelvollzug durch und erfüllen beim Vollzug die von den Fachgesellschaften geforderten hohen Qualitätsstandards. Die Landesregierung berichtet dem Ausschuss für Soziales, Arbeit und Gesundheit über außerordentliche Vorkommnisse in diesen Einrichtungen.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie viele außerordentliche Vorkommnisse hat es seit dem 1. Januar 2010 in den Einrichtungen des Maßregelvollzugs in Thüringen gegeben – bitte nach Jahren, betroffenen Einrichtungen und Art des Vorkommnisses aufschlüsseln –?

2. Sind alle Einrichtungen prozentual in ähnlicher Weise betroffen oder häufen sich diese Vorfälle an einzelnen Einrichtungen?

3. Wie bewertet die Landesregierung die Entwicklung der Anzahl besonderer Vorkommnisse in den Einrichtungen des Maßregelvollzugs in Thüringen und welche Schlussfolgerungen zieht sie daraus?

Vielen Dank.

Es antwortet für die Landesregierung das Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie, Ministerin Werner.

Danke, Frau Präsidentin. Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, bevor ich auf die einzelnen Fragen eingehe, gestatten Sie mir einige Vorbemerkungen. Zunächst müssen wir uns grundsätzlich die Frage stellen, was unter einem außerordentlichen Vorkommnis zu verstehen ist. Gemäß § 11 Abs. 6 der mit den Trägern abgeschlossenen Beleihungsverträge in Verbindung mit dem dazu erlassenen Notfallplan unterliegen die forensischen Fachkrankenhäuser gegenüber dem Thüringer Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie einer Meldepflicht bei besonderen Vorkommnissen. Besondere Vorkommnisse sind unter anderem nicht natürliche Todesfälle von Patienten, Entweichung von untergebrachten Patienten, also Ausbruch und Flucht, Missbrauch von Vollzugslockerungen, Brände und erhebliche Unfälle, Revolten oder gewalttätige Zusammenschlüsse von Patienten, Hungerstreiksituationen, Fälle von Geiselnahme, Bombendrohungen, Verletzungen von Mitarbeitern oder Patienten durch Patienten, schwer

wiegende Dienstverletzungen von Mitarbeitern und sonstige Vorfälle mit Öffentlichkeitsbezug.

Bei Entweichungen lassen sich grundsätzlich zwei Ereignistypen unterscheiden. Zum einen der Ausbruch im Sinne von Überwindung baulich-technischer und personeller Hindernisse, zum anderen die Flucht bei begleiteten Ausgängen oder Ausführungen. Hiervon zu unterscheiden ist der sogenannte Missbrauch von Vollzugslockerungen in einem Stadium, in dem sich der Patient nicht mehr dauerhaft in der hoch gesicherten Maßregelvollzugseinrichtung aufhält, sondern zum Beispiel unbegleiteten Ausgang hat. Diese schrittweise Aufhebung von Sicherheitsvorkehrungen nach erfolgreichem Therapiefortschritt, der Zustimmung der Vollstreckungsbehörde und der korrespondierenden Wiedergewährung der zuvor entzogenen Freiheit geht natürlich zwangsläufig mit dem Risiko einher, dass sich Patienten während der Lockerung dem weiteren Vollzug entziehen könnten. Dies ist in der überwiegenden Zahl der Fälle unvorhersehbar und unvermeidbar.

So kommt es auch in Thüringen mehr oder weniger regelmäßig zum Missbrauch von Vollzugslockerungen, wie zum Beispiel verspäteter Rückkehr oder Nichtrückkehr aus dem unbegleiteten Einzelausgang oder Urlaub und ähnlich gelagerten Vorfällen. In die Beantwortung auf die Mündliche Anfrage nach außerordentlichen Vorkommnissen in Thüringer Maßregelvollzugseinrichtungen beziehe ich im Folgenden deswegen nicht nur Entweichungen, sondern alle besonderen Vorkommnisse ein. Einzelheiten hierzu habe ich Ihnen wegen der besseren Verständlichkeit in einer Übersicht zusammengefasst, die ich dann zu Protokoll geben würde.

Dieselbe beschränkt sich ebenso wie meine Beantwortung zunächst auf den Berichtszeitraum der letzten drei Jahre. Die angefragten Daten von 2010 bis 2015 waren im Hinblick auf den damit einhergehenden Verwaltungsaufwand in der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit – es waren ja leider nur drei Tage – nicht zu eruieren. Wir werden die aber selbstverständlich schriftlich nachreichen.

Diese Ausführungen berücksichtigend beantworte ich die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Zippel für die Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Insgesamt hat es im Jahr 2016 16 besondere Vorkommnisse, davon in der Maßregelvollzugseinrichtung Hildburghausen sieben, in der Maßregelvollzugseinrichtung Stadtroda vier und in der Maßregelvollzugseinrichtung Mühlhausen fünf Fälle gegeben. In der überwiegenden Zahl dieser Fälle – nämlich sieben Mal – handelte es sich dabei um Missbrauch von Vollzugslockerungen, fünf Mal um Hungerstreik, einen Suizid, einen Suizidversuch, eine Brandstiftung und einen untauglichen Ausbruchsversuch.

Im Jahr 2017 gab es insgesamt 13 besondere Vorkommnisse, davon entfielen auf die Maßregelvollzugseinrichtung Hildburghausen drei, die Maßregelvollzugseinrichtung Stadtroda vier und die Maßregelvollzugseinrichtung Mühlhausen sechs Fälle. In der überwiegenden Anzahl der Fälle – nämlich fünf Mal – handelte es sich dabei um Verletzungen von Mitarbeitern durch Patienten. Vier Mal kam es zum Missbrauch von Vollzugslockerungen, weiterhin zu zwei Fluchten, einem Hungerstreik sowie einer Verletzung eines Mitpatienten durch einen Patienten.

Insgesamt hat es im Jahr 2018 bislang 18 besondere Vorkommnisse, davon in der Maßregelvollzugseinrichtung Hildburghausen acht, in der Maßregelvollzugseinrichtung Stadtroda drei, in der Maßregelvollzugseinrichtung Mühlhausen sieben Fälle, gegeben. In der überwiegenden Anzahl dieser Fälle – nämlich fünf Mal – handelte es sich dabei um Missbrauch von Vollzugslockerungen, vier Mal um Verletzung von Mitarbeitern durch Patienten, drei Mal um Verletzungen von Patienten durch Patienten, eine Flucht, eine Bedrohung eines Patienten durch einen Patienten, eine Brandstiftung, einen Suizidversuch, einen Suizid und einen sonstigen Lockerungsverstoß.

Zu Frage 2: Grundsätzlich sind alle Thüringer Einrichtungen in ähnlicher Weise betroffen. Eine detaillierte Aussage zur prozentualen Verteilung der besonderen Vorkommnisse auf die einzelnen Einrichtungen wird sinnvollerweise zusammen mit der Gesamtschau für den Zeitraum ab 2010 nachgeliefert.

Zu Frage 3: Es ist nicht ungewöhnlich und entspringt dem Freiheitsdrang des Menschen, an Normgrenzen zu gehen und diese auch zu überschreiten. Wie aus der Antwort auf Frage 1 deutlich wird, unterliegen die besonderen Vorkommnisse in den Thüringer Maßregelvollzugseinrichtungen einer gewissen Konstanz sowohl hinsichtlich der Quantität als auch bezogen auf die Art der Vorkommnisse. Spezifischer Handlungsbedarf zur Vermeidung dieser Vorkommnisse ist derzeit nicht angezeigt, vielmehr war die überwiegende Zahl der Fälle unvorhersehbar und unvermeidbar.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Es gibt eine Nachfrage oder zwei des Abgeordneten Zippel.

Vielen Dank, Frau Präsidentin, Sie ahnen es schon. Vielen Dank, Frau Ministerin, für die Ausführungen. Ich gebe zu, es sind natürlich umfangreiche Zahlen, die ich da abgefragt habe. Aber zur Ehrlichkeit gehört auch, dass ich eigentlich noch viel mehr Zahlen abfragen wollte und die Landtagsverwaltung mich gebeten hatte, die Anzahl zu reduzieren. Die

ursprüngliche Anfrage bezog sich auf die Information seit 2002. Deswegen würde ich Sie bitten, wenn sie sowieso am Erarbeiten sind und auch, um überhaupt ein Gefühl und eine Tendenz für diese Entwicklung zu bekommen, wenn es möglich wäre – das wäre die erste Frage –, diese Daten ab dem 1. Januar 2002 zuzuarbeiten. Das wäre das erste, ob Sie das nachliefern könnten.

Mit der zweiten Frage möchte ich noch warten.

Wir werden das überprüfen, inwiefern das möglich ist. Ich habe nicht die Grundlage für die Datenlage und kann Ihnen sozusagen jetzt nicht versprechen, dass wir die so schnell verfügbar haben werden. Es könnte sich dann auch eine Verzögerung der Beantwortung ergeben. Aber wir werden es natürlich versuchen, entsprechend umzusetzen.

Herr Abgeordneter Zippel, dafür gibt es Kleine Anfragen.

Ja, das ist richtig. Ich will es nur mal kurz sagen. Es hat sich aufgrund aktueller Debatten im Ausschuss ergeben, dass ich dieses Instrument gewählt habe. Ich bitte um Verständnis.

Die andere Frage noch. Ihre Beantwortung zu Frage 3 hat mich jetzt nicht ganz glücklich gemacht. Sie hatten gesagt, dass Sie kein besonderes Muster erkennen oder dass es keine besondere Qualität hat. Nichtsdestotrotz waren wir uns aber einig, dass es in letzter Zeit zu besonders vielen Vorfällen kam, über die auch durch die Landesregierung berichtet wurde. Können Sie bitte noch mal einschätzen, wie es zu dieser nicht nur subjektiven, sondern objektiven Wahrnehmung kommt, dass es mehr solche Berichte gibt? Ist es nur so, wie Sie das behauptet haben, dass Sie jetzt mehr berichten? Oder kommen Sie aufgrund der Zahlen, die Sie jetzt ja bereits kennen, zu dem, was Sie vorgetragen haben, dass es tatsächlich zu mehr Vorfällen egal welcher Art gekommen ist?

Die Gesamtschau kann man nur vornehmen, wenn wirklich eine längere Datenreihe zur Verfügung steht. Ich persönlich habe diese noch nicht. Insofern würde ich mich mit einer Beurteilung zurückhalten und kann nur sagen, dass im Ausschuss die Wahrnehmung ist, dass sich die Vorfälle gehäuft haben, liegt daran, dass wir jetzt im Ausschuss regelmäßig Bericht erstatten, also als Bericht der

(Ministerin Werner)

Landesregierung, wenn es besondere Vorkommnisse gibt. Insofern kann ich der Einschätzung, die wir im Ausschuss getroffen haben, zunächst nicht mehr hinzufügen, außer dass wir uns gemeinsam noch mal die lange Datenreihe anschauen und das entsprechend noch mal bewerten.

Aber wir hatten ja auch im Ausschuss die Diskussion mit dem Chefarzt, der uns – zumindest hab ich das so in Erinnerung – auch gespiegelt hat, dass es keine Häufung an Fällen gibt auf die lange Zeit gesehen, sondern dass bestimmte Vorkommnisse durch die Berichterstattung im Ausschuss besonders wahrgenommen werden.

Es gibt jetzt keine weiteren Anfragen. Ich rufe die Anfrage der Abgeordneten Berninger, Fraktion Die Linke, in Drucksache 6/6362 auf.