Protocol of the Session on November 8, 2018

Nicht erst, seitdem durch grün bewegte Forstökonomen die Kampfparole „Wald vor Wild“ ausgegeben wurde und alles geschossen werden soll, was vier Hufe hat, sind für uns als AfD-Heimatpartei das Ökosystem Wald und dessen Wildtiere untrennbar miteinander verbunden. Oft genug geht es denen, die jede neue Drückjagdsaison ein regelrechtes Gefechtsschießen auf den Rot- und Rehwildbestand organisieren, eben nicht um den viel gepriesenen ökologischen Waldumbau, sondern darum, zukünftig möglichst hohe Holzpreise mit gerade gewachsenen Nutzbäumen zu erzielen. Dies kann aber nicht der Sinn der Jagdausübung sein, meine Damen und Herren. Zum einen können die Bäume ihre ökologische Funktion auch im verbissenen Zustand erfüllen und zum anderen wird die gesetzliche Hegeverpflichtung gegenüber dem Wild oft genug vollkommen ausgeblendet. Das ist für uns als AfD-Fraktion jedoch nicht hinnehmbar, daher stemmen wir uns gegen die wildfeindliche Ideologie „Wald vor Wild“ und bekennen uns ganz deutlich zu unserer Heimat und dazu gehört der Wald mit Wild. Denn ohne das aus interessierten Kreisen oft als Verbeißer gescholtene Rehwild und ohne unser imposantes Rotwild kann es unserer Überzeugung nach keinen gesunden und biologisch wertvollen Thüringer Wald geben. Gerade für das Rotwild und dessen hoch komplexe Sozialstrukturen ist ein überzogener Jagddruck regelrechtes Gift und führt zu noch mehr Schäl- und Verbissschäden, was wiederum oft als Vorwand genommen wird, das Rotwild noch schärfer zu bejagen und ihm immer mehr Lebensraum zu nehmen.

(Vizepräsidentin Jung)

(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Keine Ahnung und davon sehr viel!)

Keine Ahnung, das hören wir gerade von den linken Herren!

Ein Teufelskreis, der endlich durchbrochen werden muss, denn meine Damen und Herren, Hege- und Waldumbau heißt nicht, so lange das wiederkäuende Schalenwild abzuschießen, bis es regelrecht ausgerottet wurde, sondern, auch diesen Wildarten ein nachhaltiges und würdiges Leben im Habitat Landeswald zu ermöglichen. Davon sind wir als AfD-Fraktion überzeugt. Daher muss sich auch der Landesforst viel stärker seiner ökologischen Verantwortung stellen und sich mehr der Bejagung der invasiven Raubwildarten widmen. Gerade auf diesem Gebiet hat die Landesregierung eine Vorbildfunktion, der sie derzeit jedoch nicht gerecht wird.

Beispielsweise haben sich Marderhund, Mink und Waschbär in den letzten Jahren auch in Thüringen massiv ausgebreitet und bedrohen immer mehr heimische Wildtierarten in ihrem Bestand. Dies belegen auch die Zahlen des Deutschen Jagdverbandes und die Antworten auf unsere Kleinen Anfragen. Allein in Thüringen wurden im Jagdjahr 2016/2017 11.166 Waschbären erlegt, während im gleichen Zeitraum die Bestandszahlen bei den Rebhühnern, den Waldschnepfen und den Feldhasen teilweise sehr stark zurückgegangen sind trotz aller Hegemaßnahmen durch die privaten Jagdpächter und einer immer größeren Beachtung dieser Tierarten in der Landwirtschaft. Diese meist mühevolle und idealistische Arbeit überlässt man seitens der Landesregierung aber gern den ehrenamtlichen und gleichzeitig staatlich geprüften und oft genug gegängelten Naturschützern aus der Jägerschaft.

Nach einer ökologischen Vorbildfunktion der Landesregierung und des ihr unterstellten Landesforstes sucht man auf diesem Feld des Naturschutzes jedoch meist vergebens.

Meine Damen und Herren – lassen Sie sich mal kurz unterbrechen –, ich würde Sie wirklich bitten, die restliche Zeit noch dem Redner zuzuhören und vor allen Dingen die Gespräche im Innenraum nach draußen zu verlegen.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Diese Vorbildfunktion nimmt die Landesregierung dafür umso lieber bei ihren eigenen ideologischen Zielen, wie beispielsweise dem unnötigen und unsäglichen Klimagesetz in den Mund und lässt es somit zu einer hohlen Phrase verkommen. Ferner gilt nämlich immer noch, wer Ja zum Wolf sagt, muss auch Ja zum Reh, Rot- und Niederwild sagen. Statt groß angelegter, mannstarker Feldzüge gegen das wie

derkäuende Schalenwild in der Thüringer Landesforstanstalt oder ThüringenForst, sollten daher bei den verantwortlichen Stellen lieber die ruhige Einzeljagd, die Aufklärung der nicht jagenden Öffentlichkeit, alternative Formen des Verbissschutzes, die Hege des bedrohten Niederwilds und die Bejagung des invasiven Raubwildes im Rahmen der ökologischen Vorbildfunktion wieder mehr in den Fokus rücken. Wir bitten Sie daher um Zustimmung zu unserem Alternativantrag und versprechen Ihnen, dass wir diese Thematik auch zukünftig mit Nachdruck verfolgen werden. Vielen Dank.

(Beifall AfD)

(Zwischenruf Abg. Schulze, CDU: Nein!)

Ich eröffne die Beratung. Ich frage jetzt noch einmal nach Wortmeldungen – keine. Dann würde ich Frau Ministerin Keller das Wort jetzt übergeben.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, im Zentrum der Fragen der vorliegenden Anträge steht die Jagdausübung in den Jagdbezirken der Landesforstanstalt. ThüringenForst bewirtschaftet knapp 200.000 Hektar Waldfläche nach dem Prinzip der Nachhaltigkeit und mit dem Ziel, den nachfolgenden Generationen möglichst gleiche oder bessere Lebensgrundlagen und Nutzungsmöglichkeiten des Waldes bieten zu können. Nachhaltige Wälder zeichnen sich dadurch aus, dass sie reich an Baumarten sind, die in Alter und Höhe variieren. Sie werden auch in Zukunft beste Chancen bieten, um den vielfältigen Ansprüchen der Gesellschaft an den Wald gerecht zu werden und sich an verschiedenste Umweltfaktoren anzupassen. Das waldbauliche Leitbild wird in erster Linie durch die Waldpflege verfolgt. Dass die Landesforstanstalt damit erfolgreich ist, belegen die Ergebnisse der Bundeswaldinventur nachdrucksvoll.

Der nachhaltig und umweltfreundlich wachsende Roh-, Bau- und Werkstoff Holz steht im Staatswald Thüringens tatsächlich in höherem Maße als bisher berechnet zur Verfügung. Die Baumartenvielfalt hat zugenommen, ebenso der Anteil der Mischwälder und der zwei- und mehrschichtigen Wälder. Der Staatswald ist älter geworden. Aber auch der Nachwuchs, also die nächste Waldgeneration hat sich gut entwickelt. Dieser ist baumartenreicher. Zur Sicherung dieser Erfolge ist eine rechtskonforme, den ökologischen und wildbiologischen Grundsätzen sowie neuesten Erkenntnissen der Jagdpraxis entsprechende Jagdausübung unerlässlich. Denn die im Wald lebenden Pflanzenfresser ernähren sich unter anderem von den jungen Trieben der nach

(Abg. Kießling)

wachsenden Baumgeneration. Der Wildverbiss soll eine ordnungsgemäße Forstwirtschaft nicht übermäßig beeinträchtigen. Zum wirtschaftlichen Schaden wird er jedoch, wenn er eine naturnahe Waldverjüngung be- oder sogar verhindert. Das ist bei zu hoher Wilddichte im Wald der Fall.

Mit Blick auf die klimatischen Veränderungen erhalten Mischwaldstrukturen eine immer größere Bedeutung. Die Verjüngungsaufnahmen vergangener Jahre haben gezeigt, dass vor allem die Mischbaumarten sehr intensiv vom Wild verbissen werden, sodass ihr angestrebter Anteil am künftigen Waldbestand derzeit zumindest infrage gestellt ist. Die Landesforstanstalt setzt bei der Jagdausübung auf die Intervalljagd. Dabei wechseln Zeiten intensiver Jagdausübung mit langen Ruhephasen. In den Ruhephasen unterbleiben jagdliche Aktivitäten.

Die Jagdausübung ist bei der Landesforstanstalt ein verantwortungsvoll wahrgenommenes Instrument des Naturraum-Managements. Über die Jagdjahre 2011 bis 2017 sind in Thüringen die Jagdstrecken beim Rot-, Dam-, Muffel-, Rehund Schwarzwild angestiegen. Eine Änderung dieses Trends lässt sich nicht erkennen und ist aufgrund des reichhaltigen Äsungs- und Deckungsangebots auch nicht zu erwarten.

Ich freue mich, dass ich Ihnen im Ausschuss das sehr komplexe und wichtige Thema erläutern kann. Ich werde das mit den entsprechenden zahlenmäßigen Übersichten auch im Ausschuss entsprechend berichten und dem Ausschuss auch die Fakten dazu zur Verfügung stellen.

Sehr geehrte Damen und Herren, abschließend möchte ich noch feststellen, dass die im Antrag der CDU-Fraktion getroffene Feststellung, dass das Ziel der Jagdpolitik sein muss, einen artenreichen und gesunden Wildbestand in einem ausgewogenen Verhältnis zu seinen Lebensgrundlagen zu erhalten, dem jagdgesetzlichen Auftrag entspricht und vonseiten der Landesregierung ausdrücklich unterstützt wird. Der Antrag wie auch der nun noch vorliegende Alternativantrag von Rechtsaußen vermittelt jedoch den Eindruck, dass die Jagdpolitik der Landesregierung das Augenmaß verloren hätte, die Interessen in Einklang zu bringen. Dem möchte ich hier ganz deutlich widersprechen.

(Beifall DIE LINKE)

Hätten Sie, sehr geehrte Abgeordnete, insbesondere von Rechtsaußen, sich ernsthaft mit dem Thema beschäftigt,

(Zwischenruf Abg. Kießling, AfD: Wen mei- nen Sie denn mit Rechtsaußen, Frau Ministe- rin?)

dann hätten Sie den umfassenden Dialogprozess zum Jagdgesetz verfolgen können – ein Ergebnis unter anderem, dass die verschiedenen Interessen der Akteure in Ausgleich gebracht werden können, sei es, was die Verbesserung der Jagdethik oder der waidmännischen Grundsätze anbelangt. Ich halte nichts von Populismus auf Kosten der Jägerinnen und Jäger in unserem Freistaat.

(Beifall DIE LINKE)

Sie leisten einen enormen Beitrag dafür, das ökologische Gleichgewicht in unseren Wäldern beizubehalten. Genau darüber werden wir im Ausschuss diskutieren, ich werde dem Ausschuss das darlegen. Aber nichts ist so gut, dass es nicht im Dialog verbesserungswürdig ist und deshalb freue ich mich auf die Diskussion im Ausschuss. Vielen Dank, sehr geehrte Damen und Herren.

(Beifall CDU, DIE LINKE)

Es liegen jetzt keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Es ist Ausschussüberweisung beantragt – ich gehe davon aus, an den Ausschuss für Infrastruktur, Landwirtschaft und Forsten. Wir stimmen zunächst über die Überweisung des Antrags der CDU an den Ausschuss für Infrastruktur, Landwirtschaft und Forsten ab. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind alle Fraktionen. Gegenstimmen? Kann ich nicht erkennen.

Dann stimmen wir über die Überweisung des Alternativantrags der Fraktion der AfD an den Ausschuss ab. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Stimmen der Fraktion der AfD. Gegenstimmen? Das sind die Koalitionsfraktionen und die CDU-Fraktion. Damit ist die Ausschussüberweisung abgelehnt und ich schließe diesen Tagesordnungspunkt und entsprechend der Vereinbarung die heutige Plenarsitzung.

Ende: 18.44 Uhr