Protocol of the Session on September 27, 2018

Rinder sind keine Klimakiller, wie es manchmal oder auch oft in den Medien so dargestellt wird. Rinder können Raufutter von extensiven Weiden und Wiesen in Milch und Fleisch umwandeln. Diese Weiden und Wiesen sind sehr gute Senken für klimaschädliche Gase und müssen deshalb erhalten werden. Wenn jedoch in steigendem Maße Mais

und hochwertige Eiweißfuttermittel, deren Erzeugung schon klimaschädlich ist, für Fütterung der Wiederkäuer eingesetzt werden, dann wird natürlich auch der Wiederkäuer zum Klimaschädiger.

Die Landwirtschaft muss sich vom Akteur, der das Klima mitschädigt, zum vollständigen Klimaschützer wandeln. Das ist auch möglich. Davon bin ich fest überzeugt. Auch das gehört also zum Thema „Klimaanpassung der Thüringer Landwirtschaft“ und ist eine kurz-, mittel- und langfristige Aufgabe für Landwirte, Landesregierung und Bodeneigentümer.

Der vergangene Sommer aber hat uns gelehrt, dass schnellstmöglichst auch ganz konkrete Anpassungen an den Klimawandel in der Landwirtschaft und der landwirtschaftlichen Forschung in Thüringen angegangen werden müssen und auch können und auch in die Praxis implementiert werden müssen. Es ist notwendig, dass die Erforschung regionaler Anpassungsstrategien an den Klimawandel durch die Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft und das Institut für Gemüse- und Zierpflanzenbau mit noch größerer Dringlichkeit angegangen wird und dass diese Ergebnisse in die Praxis eingeführt werden. Übrigens habe ich das schon 2007 hier in diesem Haus gesagt. Herr Malsch, da war Ihre CDU-geführte Landesregierung noch weitere sieben Jahre im Amt. Also, was Sie da am Anfang gesagt haben, ist ein Ablenkungsmanöver.

(Zwischenruf Abg. Malsch, CDU)

Ja, ich habe kein Problem damit, dicke Bretter zu bohren. Sie offensichtlich, weil Sie vielleicht aus der Versicherungswirtschaft immer nur auf das Geld schauen oder – weiß ich auch nicht –, aber das können Sie vielleicht noch mal erklären.

(Zwischenruf Abg. Malsch, CDU: Ja, ein ge- wisser wirtschaftlicher Ansatz ist notwendig!)

Es ist notwendig, dass die landwirtschaftliche Versuchsforschung über an Trockenstress angepasste Pflanzenarten, Anbauregime und Tierhaltungssysteme für Thüringen gestärkt wird, und es ist notwendig, dass die sogenannten herrenlosen Wasserspeicher als Bewässerungsspeicher für die Land- und Forstwirtschaft sowie als Löschwasserreserven für den Katastrophenschutz ertüchtigt werden. Ich habe mich gefreut, dass die Thüringer Fernwasserversorgung die herrenlosen Speicher übernommen hat. Ich fordere aber – und viele mit mir –, dass diese als Wasserspeicher für die Bewässerung ertüchtigt und nicht rückgebaut werden. Dafür muss natürlich das neue Wassergesetz, das wir jetzt diskutieren, so gestrickt werden, dass die Nutzung dieser Speicher sichergestellt wird.

Es ist notwendig, dass überlegt wird, wie Instandhaltungs- und Erneuerungsmaßnahmen der komplexen Meliorationsanlagen aus DDR-Zeiten umgesetzt werden können. 25 Jahre haben Sie da was verschlafen. Es ist notwendig, dass der Humusge

halt im Boden gesteigert wird, um die Wasserhaltefähigkeit der Böden zu steigern und um die landwirtschaftlichen Böden allgemein zu Senken für klimaschädliche Gase zu ertüchtigen Es ist auch notwendig, um die Humusanreicherung in den Böden zu befördern, dass infrastrukturelle Kapazitäten, wie zum Beispiel Erdenwerke, in landwirtschaftlichen und kommunalen Betrieben vorhanden sind, auch gefördert werden, um die Ausbringung von Kompost und Mulch aus Wirtschaftsdüngern zu erhöhen.

All das sind Forderungen, die von der Landesregierung konkret geprüft und mit den Landesbehörden in der Land- und Forstwirtschaft und in den Kommunen umgesetzt werden sollten.

Herr Malsch, da sage ich wieder, klar, wir sind in Thüringen. Aber Thüringen ist ein Teil von Deutschland, ist ein Teil von Europa, ist ein Teil dieser Welt. Es reicht nicht, so weiterzumachen wie bislang und sich in der Kohlekommission zu winden usw. und sich dann Jahr für Jahr möglicherweise mit den Schäden durch den Klimawandel, sei es aufgrund von Überschwemmungen oder aber auch Ernteausfällen, zu befassen und Geldzahlungen von der Allgemeinheit zu verlangen. Auch da ist die Bundesministerin in der Pflicht, weil wir ja gerade gehört haben, dass es noch gar nicht so klar ist, wie die Richtlinie ausschaut und wie dann – auch an Thüringer Betriebe, die in ihrer Existenz bedroht sind – die Hilfen ausgezahlt werden können. In Thüringen haben wir für die Umsetzung zum Klimaschutz und die Anpassung an den Klimawandel gute Voraussetzungen. Also, packen wir es an! Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Danke schön, Frau Dr. Scheringer-Wright. Ich habe jetzt vonseiten der Abgeordneten keine weiteren Wortmeldungen. Frau Ministerin Keller hat für die Landesregierung das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, sehr geehrte Gäste, der heimische Landwirtschaftssektor nimmt eine wichtige Funktion bei der Gewährleistung der Versorgung mit Lebens- und Futtermitteln und mit Rohstoffen zur stofflichen und energetischen Nutzung ein. Die beteiligten Akteure bewegen sich dabei in einem Spannungsfeld zwischen Verbrauchererwartungen, Umwelt und Klimaaspekten, aber auch zwischen ökonomischen und sozialen Anforderungen. Dabei zeigen gerade die aktuellen Witterungsereignisse und die Schäden durch die anhaltende Dürre die besondere Abhängigkeit der landwirtschaftlichen

(Abg. Dr. Scheringer-Wright)

Erzeugung von den herrschenden Klima- und Wetterbedingungen und dem damit einhergehenden Handlungs- und Anpassungsbedarf. Es ist insofern dringend geboten, in der landwirtschaftlichen Praxis geeignete Maßnahmen sowohl zum aktiven Klimaschutz als auch zur Anpassung an die sich ändernden Klimabedingungen zu etablieren. Dabei geht es insbesondere um die Notwendigkeit, die Klimaschutzziele der Landwirtschaft umzusetzen und die Anpassungsfähigkeit und Resilienz des Pflanzenbaus gegenüber Einwirkungen des Klimawandels durch Extremwetterereignisse und durch Schaderregerbefall zu stärken.

Dies ist unumgänglich, um künftig die witterungsbedingten Risiken und Schäden in landwirtschaftlichen Betrieben zu mindern. Die Witterungsereignisse und deren Folgen für die Landwirtschaft erfordern eine Reaktion aller Akteure im Agrarsektor. Ich erwarte, dass sich die landwirtschaftlichen Betriebe zunächst eigenverantwortlich in den Prozess zur Erreichung der Klimaschutzziele verstärkt einbringen und die Möglichkeiten zum Schutz des Klimas in der eigenen Produktion nutzen, um so das Ausmaß des Klimawandels zu begrenzen.

Alle schon heute bekannten Möglichkeiten der Anpassung an den Klimawandel müssen ergriffen werden, um einerseits unter schwierigen Witterungsbedingungen eine ausreichende Erzeugung von Lebens- und Futtermitteln sicherzustellen und andererseits wirtschaftliche Risiken der Landwirtschaft zu mindern. Hierzu zählen beispielsweise die Diversifizierung von Fruchtfolgen, die Wahl robuster Fruchtarten und -sorten, eine ausreichende Humusversorgung der Ackerböden, die Förderung der Durchwurzelbarkeit des Unterbodens, Maßnahmen zum Erosionsschutz oder der Ausbau der Bewässerungsinfrastruktur, wovon hier auch schon die Rede war.

Sehr geehrte Damen und Herren, selbstredend ist auch die Agrarpolitik aufgefordert, zu handeln und wo staatlicherseits erforderlich die Landwirtschaft bei diesem Anpassungsprozess zu begleiten und zu unterstützen. Dafür ist ein Bündel von Maßnahmen erforderlich, mit denen kurz-, mittel- und langfristig Maßnahmen strategisch auf die Auswirkungen des Klimawandels ergriffen werden können und damit reagiert werden kann. Wesentliche Instrumente dafür sind die Stärkung und Bündelung der Anstrengungen in den Bereichen Forschung, Bildung und Beratung einschließlich der Bereitstellung angemessener finanzieller Ausstattung dieser Bereiche.

In den Thüringer Landesanstalten für Landwirtschaft und Gartenbau gehören deshalb die Fragen der Klimaauswirkungen und -anpassungen zu den Querschnittsaufgaben, die im Zuge der Untersuchungen heute bereits bearbeitet werden, also zum Beispiel das Sortenwesen, Anbausysteme, Boden

bearbeitung, Fruchtfolgendüngung und eben auch Pflanzenschutz. Hier geht es hauptsächlich darum, eine Verstärkung des Wissenstransfers zur Überleitung von Forschungsergebnissen und Innovationen in die landwirtschaftliche Praxis zu erreichen. Und ja, über die Behördenstruktur in meinem Hause geht es genau darum, auch diese Behörden zukunftssicher zu machen und sie weiter für diese Handlungsfelder zu stärken.

Weitere wichtige Handlungsfelder stellen die Züchtung und das Versuchswesen dar. Es ist erforderlich, der Landwirtschaft robuste Zuchtsorten zur Verfügung zu stellen, die den Anforderungen des Klimawandels gerecht werden. Hierzu ist eine Ausweitung der Anstrengungen in der konventionellen und der ökologischen Pflanzenzüchtung zur Anpassung der Kulturpflanzen an die Folgen des Klimawandels erforderlich. In mittel- bis langfristiger Sicht stellt die Möglichkeit der Bewässerung natürlich eine zentrale Voraussetzung zur Erhaltung und Nutzung des Produktionspotenzials der Thüringer Landwirtschaft dar. Dafür müssen sowohl die Fragen der Bereitstellung des erforderlichen Wassers als auch der Herstellung bzw. des Erhalts der Infrastruktur für den Wassertransport und der Bewässerungstechnik auf den landwirtschaftlich genutzten Flächen berücksichtigt werden. Neben der Möglichkeit, Beregnungswasser aus dem Netz der Thüringer Fernwasserversorgung bereitzustellen, rücken dabei auch die sogenannten herrenlosen Speicher in den Fokus.

Mit dem Gesetzentwurf für die Neufassung des Thüringer Wasserwirtschaftsrechts, der im Mai 2018 in den Landtag eingebracht wurde, liegen entsprechend Regelungsvorschläge der Landesregierung zu den herrenlosen Speichern vor. Hier ist es jetzt Sache des Thüringer Landtags, Entscheidungen im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zu treffen. Wir müssen auch darüber nachdenken, wie wir nicht nur diese herrenloser Speicher übergeben, sondern wie wir sie natürlich auch fit machen und wie wir das Ganze am Ende auch finanziell unterstützen helfen.

Sehr geehrte Damen und Herren, neben der Bewässerung kommt der Fähigkeit der Böden, Wasser zu speichern, eine ganz besondere Bedeutung zu. Das Wasserhaltevermögen der Böden wird vom Zusammenspiel komplexer Faktoren bestimmt, so der Bodenart, dem Gehalt der Bearbeitungshorizonte, dem Gehalt an organischer Substanz, der Durchwurzelbarkeit des Unterbodens, den Maßnahmen zum Erosionsschutz und den Bewirtschaftungsmaßnahmen. Von zentraler Bedeutung ist dabei die nachhaltige Verbesserung des Humusgehalts und hier der langfristig stabilen Fraktionen des Bodenhumus der Ackerböden. Daher ist es wichtig, dass in Thüringen vorhandene HumusDauerfeldversuche in Bad Salzungen erhalten bleiben und weiter für eine angewandte Forschung zur

(Ministerin Keller)

Quantifizierung des Kohlenstoffkreislaufs und für Rückschlüsse, auch hinsichtlich der Wasserkapazität, genutzt werden können.

Darüber hinaus müssen die Maßnahmen des Acker- und Pflanzenbaus durch die Entwicklung eines wirksamen und gesamtökonomisch tragfähigen Systems der Risikovorsorge für landwirtschaftliche Unternehmen ergänzt werden. Hier muss entschieden werden, ob und wie durch die Förderung einer Mehrgefahrenversicherung, zum Beispiel im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz oder im Rahmen des zukünftigen nationalen Strategieplans für die gemeinsame Agrarpolitik, sowie durch steuerliche Maßnahmen zur Unterstützung des betrieblichen Risikomanagements einschließlich der Einführung einer Risikoausgleichszulage Unterstützung geleistet werden kann.

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, sehr geehrte Gäste, noch am heutigen Tag reise ich zur Herbstsitzung zur Agrarministerkonferenz. Zu den zentralen Themen dieser Konferenz gehören die Klimaanpassung der Landwirtschaft und das Risikomanagement. Klimaanpassung bedeutet eben, in der Landwirtschaft das Nötige zu tun und auch die zentralen Fragen von Umwelt und Klima in den Fokus der perspektivischen Förderungsinstrumente in der Agrarpolitik Europas zu lenken. Im Zentrum stehen die gemeinsame Entwicklung der vom Bund angekündigten nationalen Ackerbaustrategie, die Förderung von Maßnahmen der Bewässerung und der Risikovorsorge in der Gemeinschaftsaufgabe sowie die Einführung einer steuerfreien Risikoausgleichsrücklage, wie sie auch durch die Beschlüsse des Bundesrats in der letzten Woche gefordert wurden.

Das Thüringer Landwirtschaftsministerium hat sich bereits im Vorfeld dieser Agrarministerkonferenz an wichtigen Anträgen durch eigene Vorschläge beteiligt Ich hoffe, dass wir die auf der Agrarministerkonferenz zum Erfolg in der Abstimmung bringen können.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Mit dem vorliegenden Plenarantrag werden wichtige Handlungsfelder für die Klimaanpassung der Landwirtschaft in Thüringen aufgegriffen. Auf dieser Basis wird die Landesregierung ihre Anstrengungen zur Unterstützung der Landwirtschaft weiter zielgerichtet erhöhen und im nationalen Kontext einbringen. Ich bedanke mich bei Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Ministerin Keller. Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen, sodass wir die Beratung

schließen können und wir direkt zur Abstimmung kommen. Beantragt wurde die Überweisung an den Ausschuss für Infrastruktur, Landwirtschaft und Forsten und die Überweisung an den Ausschuss für Umwelt, Energie und Naturschutz.

Ich würde zunächst über die Überweisung an den Ausschuss für Infrastruktur, Landwirtschaft und Forsten abstimmen. Wer dafür ist, den bitte ich um sein Handzeichen. Das sind die Stimmen der CDUFraktion und der AfD-Fraktion. Gegenstimmen? Aus den Koalitionsfraktionen. Damit mit Mehrheit abgelehnt.

Beantragt wurde weiterhin die Überweisung an den Ausschuss für Umwelt, Energie und Naturschutz. Wer dafür ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen der AfD-Fraktion. Gegenstimmen? Aus den Koalitionsfraktionen. Enthaltungen? Aus der CDU-Fraktion und des fraktionslosen Abgeordneten Gentele. Damit mit Mehrheit abgelehnt, sodass wir direkt über den Antrag abstimmen.

Wer für den Antrag der Koalitionsfraktionen in Drucksache 6/6173 ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen der Koalitionsfraktionen und des Abgeordneten Gentele. Gegenstimmen? Aus der CDU-Fraktion. Enthaltungen? Aus der AfD-Fraktion. Damit mit Mehrheit angenommen.

Ich schließe diesen Tagesordnungspunkt und wir kommen zurück zu Tagesordnungspunkt 9

Thüringer Seniorenmitwirkung aktiv gestalten und weiter ausbauen Antrag der Fraktion der CDU - Drucksache 6/6152

Wünscht die Fraktion das Wort zur Begründung? Das ist nicht der Fall, sodass die Landesregierung von ihrer Ankündigung Gebrauch machen könnte, einen Sofortbericht zu Nummer I des Antrags zu geben. Frau Staatssekretärin Feierabend, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, namens der Landesregierung berichte ich zum Antrag der Fraktion der CDU zum Thema „Thüringer Seniorenmitwirkung aktiv gestalten und weiter ausbauen“. Vorausschicken möchte ich, der demografische Wandel stellt den Freistaat Thüringen vor große Herausforderungen. Die Zahl älterer und hochaltriger Menschen wächst. Für Seniorinnen und Senioren hat sich erfreulicherweise die Phase, in der sie ihr Leben aktiv und gesund gestalten können, deutlich verlängert. Ziel der Landesregierung ist, älteren und alten Menschen

(Ministerin Keller)

ein selbstbestimmtes Leben in Würde und ohne Armut zu ermöglichen. Seniorinnen und Senioren sollen sich in die Gesellschaft einbringen und an dieser aktiv teilhaben können. Im Folgenden nehme ich auf die Fragestellungen im Antrag entsprechend Bezug.

Erstens wird die Landesregierung aufgefordert, dem Landtag über die Ergebnisse der externen Evaluation des Thüringer Seniorenmitwirkungsgesetzes, die eine Wirksamkeitsprüfung des bestehenden Gesetzes zum Inhalt hatte, zu berichten; konkret sollte bei der Berichterstattung auf die Wirkung des Gesetzes sowie die daraus abgeleiteten Empfehlungen, die in die Novellierung einfließen, eingegangen werden. Im Koalitionsvertrag für diese Legislaturperiode wurde verankert, dass zu prüfen ist, wie die Mitbestimmungsmöglichkeiten von Seniorinnen und Senioren durch die Novelle des Seniorenmitwirkungsgesetzes ausgebaut werden können. Nach einem Vergleich der Rechtslage in Berlin und Thüringen wurde mit einer externen Evaluation begonnen, die eine Wirksamkeitsprüfung des bestehenden Thüringer Seniorenmitwirkungsgesetzes zum Inhalt hatte. Mit der Evaluation des Thüringer Seniorenmitwirkungsgesetzes wurde das nexus-Institut aus Berlin beauftragt. Dieses verfügt über eine langjährige Erfahrung bei der Durchführung von Evaluationen, insbesondere auch von den Seniorenmitwirkungsgesetzen anderer Bundesländer wie zum Beispiel Berlin und Hamburg.

Durch qualitative und quantitative Datenerhebungen sowie den Vergleich mit anderen Seniorenmitwirkungsgesetzen wurde das Optimierungspotenzial des Thüringer Gesetzes identifiziert. Daraus wurden Empfehlungen für dessen Novellierung abgeleitet. Zusammenfassend ergab die Evaluation, dass das Thüringer Mitwirkungsgesetz seit seinem Inkrafttreten am 16. Mai 2012 positive Wirkung entfaltet hat. In den Interviews wurde von Qualitätssteigerungen und Professionalisierungen der Seniorenmitwirkung, von einer Steigerung der Interessenwahrnehmung und politischer Mitwirkung, von finanziellen Förderungen und Netzwerkausbau berichtet. Das Gesetz kann als Impulsgeber für eine Stärkung der Seniorenmitwirkung betrachtet werden und legitimiert die Seniorenmitwirkung in Thüringen.

Es ist aber nicht von der Hand zu weisen, dass sich im Rahmen der Evaluation auch einige Schwachstellen herausgestellt haben, die sich in der täglichen Praxis der Interessenvertretungen und Beratungen durch Seniorinnen und Senioren offenbaren. Im Folgenden greife ich die wichtigsten Sachverhalte auf, die aus Sicht der Evaluierung und – das möchte ich insbesondere betonen – auch aus Sicht des Landesseniorenrats, mit dem ich dazu im engen Austausch stand, die Durchsetzung der Gesetzesziele bislang einschränken und deshalb auf Grundlage der korrespondierten Empfehlungen in

der Gesetzesnovellierung berücksichtigt werden sollten.

Lediglich 14 der 23 Landkreise und kreisfreien Städte haben bislang einen Seniorenbeauftragten oder eine Seniorenbeauftragte gewählt. In den 815 kreisangehörigen Gemeinden und Städten wurden 43 Seniorenbeiräte gewählt. Das ist zum einen darauf zurückzuführen, dass der Anspruch auf Seniorenmitwirkung von einigen kommunalen Entscheidungsträgern nicht unterstützt und damit die derzeit geltende unverbindliche Regelung zur Wahl von Seniorenvertretungen nicht umgesetzt wird. Zum anderen sorgt die Begrenzung des Vorschlagsrechts für Seniorenvertretungen auf Seniorenorganisationen, die satzungsgemäß mit Seniorinnen und Senioren befasst sind, für Hindernisse im Mitwirkungsprozess. Im Sinne der Evaluierung und auch nach Abstimmung mit dem Landesseniorenrat wollen wir folgende Empfehlungen im Prozess der Novellierung berücksichtigen: Ehrenamtliche Seniorenbeauftragte sind in allen Landkreisen und kreisfreien Städten verbindlich zu wählen. Ehrenamtliche Seniorenbeiräte sind in allen kreisangehörigen Gemeinden und Städten ab 10.000 Einwohnern verbindlich zu wählen. Eine Öffnung des Vorschlagsrechts für lokale Traditionsvereine, die unabhängig vom Vorliegen einer Satzung mit und für Senioren tätig sind, ist notwendig, um niedrigschwelliges Engagement und Mitwirkung vor Ort zu generieren.

Zweitens, inwieweit das neu angelegte Landesprogramm „Solidarisches Zusammenleben der Generationen“ die Interessen der Seniorinnen und Senioren im Freistaat aufgreift: Eines der Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag, das Landesprogramm „Solidarisches Zusammenleben der Generationen“, wurde gemeinsam mit familien- und seniorenpolitischen Akteuren konzipiert. Im Rahmen dessen werden finanzielle Mittel für familien- und seniorenunterstützende Leistungen in den Kommunen bereitgestellt. Das Landesprogramm „Solidarisches Zusammenleben der Generationen“ soll Rahmenbedingungen gewährleisten, die sowohl das Zusammenleben mit Kindern als auch die Fürsorge der Familien gegenüber den älteren Generationen unterstützen. Dazu bedarf es vielschichtiger familienund seniorenpolitischer Konzepte und einer entsprechenden integrierten, partizipativen kommunalen Sozialplanung. Es bedarf eines aktiven Zusammenwirkens und eines generationsübergreifenden Austauschs, um die demografischen Herausforderungen zu meistern und eine generationengerechte, solidarische und nachhaltige Sozial-, Familien- und Seniorenpolitik zu gestalten.

Mit dem Landesprogramm „Solidarisches Zusammenleben der Generationen“ erhalten Landkreise und kreisfreie Städte als örtliche öffentliche Träger der Sozial-, Jugend- und Gesundheitshilfe Unterstützung bei der Erfüllung ihrer Aufgaben im Sinne