Protocol of the Session on June 21, 2018

Um diese Möglichkeiten gut zu nutzen, ist eine intensive, früh ansetzende und umfassende Aufklärung nötig. Zu diesem Netzwerk gehören natürlich auch die Transplantationsbeauftragten der entnehmenden Krankenhäuser. Sie sind ein wichtiger Baustein für ein tragfähiges und klares Transplantationswesen. Viel mehr als geänderte Auslegungsund Deutungsbestimmungen brauchen wir in Deutschland erst mal eine weitere und stetige Aufklärung zur Organspende, transparente und nachvollziehbare Vorgänge. Und wir brauchen auch in den Krankenhäusern genügend Ansprache, Zeit und Ausstattung, um das schwere Thema mit den Patientinnen und Patienten und deren Angehörigen ausführlich und sensibel besprechen zu können.

Jedoch müssen die Aufklärung und Informationsarbeit weitergehen. Die Bereitschaft zur Organspende hat in Deutschland trotz Aufklärung und der seit 2012 geltenden Entscheidungslösungen in den letzten Jahren immer weiter abgenommen und ist 2017 auf ein historisches Tief gesunken. Auch wenn die

(Abg. Zippel)

Zahl der Spendewilligen nicht mehr so stark sinkt wie nach den Wartelistenskandalen, so beschreibt die Deutsche Stiftung Organspende die Lage als dramatisch. Die Ursachen sind auch andere: die Situation auf der Intensivstation, die oft starke Arbeits- und Entscheidungsbelastung der Ärztinnen und Ärzte, aber auch der Mangel an klaren Formulierungen und Informationen darum. So kann, wer in einer Patientenverfügung auf intensivmedizinische Therapien verzichtet, kein Organspender sein. Wem Organspende wichtig ist, der muss Verfügungen so formulieren, dass er einer zeitnah begrenzten Intensivtherapie zustimmt. Aber wer weiß das schon?

Vor allem ist wichtig, dass an Akzeptanz und Selbstverständlichkeit von Organspende in Deutschland gearbeitet wird.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Auch die sogenannte Widerspruchslösung, wie Herr Hartung gesagt hat, die in den Niederlanden eingeführt werden soll und bereits in zahlreichen EU-Staaten vorhanden ist, sollte viel stärker diskutiert werden. Und es braucht eben auch geeignete Spenderinnen und Spender. Menschen, die sich gut informiert fühlen, können selbstverständlich Entscheidungen treffen und über die eigenen Lebensentscheidungen verfügen.

Damit Organe nach dem Tod entnommen werden können, müssen gemäß dem Transplantationsgesetz zwei Voraussetzungen erfüllt sein. Es muss eine Zustimmung vorliegen und der Tod muss nach den Richtlinien der Bundesärztekammer eindeutig festgestellt worden sein – so weit, so bekannt.

Laut Umfragen stehen also die meisten Bundesbürger der Organspende positiv gegenüber, das wurde hier heute auch schon gesagt. Nach dem Transplantationsgesetz dürfen bereits Minderjährige mit Vollendung des 16. Lebensjahres ihre Bereitschaft zur Organ- und Gewerbespende selbst erklären und zum Beispiel in einem Organspenderausweis dokumentieren.

Einen kleinen Lichtblick gibt es auch in Thüringen. So stieg die Zahl der Organspender in den ersten vier Monaten dieses Jahres im Vergleich zum Vorjahreszeitraum von sieben auf zehn. Hier sind wir immerhin gerade wieder auf dem Stand von 2016. Aber wir wissen alle, dass hier noch ein großes Stück Arbeit vor uns liegt.

Das in Thüringen etablierte Aktionsbündnis Organspende wurde auch schon benannt. Es ist eine Fachstelle für die Aufklärungsarbeit, die beim Ministerium angesiedelt ist. Das ist bewährte Praxis und steht auf festen Säulen. Diese bewährte Praxis sollte in Thüringen mindestens so lange aufrechterhalten werden, bis drängende Probleme gelöst sind. Diese Probleme betreffen ganz Deutschland und

wurden seit Jahren von den Regierungsparteien in Berlin leider auch immer verschleppt.

Wir brauchen Aufklärung und Transparenz viel nötiger als die Umstellung in funktionierende Strukturen. Die relativ hohe Zahl von Transplantationen in Bayern führen Fachleute darauf zurück, dass die Bevölkerung sich dort durch einen relativ niedrigschwelligen Zugang zu Informationen aufgeklärt fühlt. Und so sollte es auch unsere Aufgabe in Thüringen sein, dafür zu sorgen, dass die Argumente für ein Für und Wider einer Organspende möglichst vielen zur Verfügung stehen, dass Vertrauen in das System der Organspende wachsen kann und die Bereitschaft für Transplantation und Organspende selbst eine breite Wertschätzung erfährt. Das darf nicht nur der Regierung und den zuständigen Ministerien oder dem Gesetzgeber zugeschoben werden, die die Regelungen treffen. Nein, wir können alle dafür werben und andere darüber informieren, denn dafür sind wir alle in der Gesellschaft verantwortlich. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Abgeordneter Zippel, Sie können jetzt Ihre Anfrage stellen.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Vielen Dank, Kollegin Pfefferlein, dass Sie mir noch die Möglichkeit geben. Ich hätte noch eine Nachfrage. Sie hatten in Ihren Ausführungen betont, dass Sie es als wichtig erachten, dass die Zeit und Ausstattung in den Krankenhäusern vorhanden sein müssen, um über das wichtige Thema „Organspende“ zu informieren, um Informationen an die Betroffenen zu bringen. Jetzt muss ich kurz nachfragen: Was spricht dann an der Stelle dagegen, die Zeit und Ausstattung bei den Transplantationsbeauftragten zu erhöhen, weil es eben deren Aufgabe ist, die Informationen an die Betroffenen zu geben? Ich gebe Ihnen ja recht, Sie haben ja quasi für die Transplantationsbeauftragten gesprochen…

Herr Abgeordneter Zippel, eine Frage.

Das war die Frage mit der Begründung, Frau Präsidentin.

Das habe ich auch so verstanden. Vielen Dank für die Frage. Ich finde, es ist einfacher, mit der Ansprache etwas niederschwelliger anzufangen, da

braucht nicht immer gleich der Transplantationsbeauftragte zu kommen, sondern es muss vielmehr einen Dialog geben und einfache Informationen leichter erklärt werden. Dazu braucht es nicht an erster Stelle einen Transplantationsbeauftragten. Das ist unser Ansatz und ich denke, wir müssen daran arbeiten. Wenn diese Grundsätze besser laufen, dann funktioniert das System für mich besser und da sind die Menschen auch eher bereit, Organe zu spenden. Vielen Dank.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es gibt eine weitere Wortmeldung. Herr Abgeordneter Hartung.

Herr Zippel, ich habe kein Problem zuzugeben, dass ich den Transplantationsbeauftragten für eine wichtige Einrichtung halte, also da sind wir uns einig, aber – jetzt kommt das Aber – auf meine Nachfrage haben Sie gesagt, dass es eben wichtiger ist, dass ein Arzt eine ordentliche Aufklärung macht, als dass die Kasse immer mal einen Brief schickt. Da ist meines Erachtens eben der Transplantationsbeauftragte die ganz falsche Stelle. Stellen Sie sich vor, so wie Sie das jetzt geschildert haben, so wie ich Sie verstanden habe, Sie kommen als junger Mann wegen einer Leistenbruchoperation in ein Krankenhaus, der Kollege nimmt Sie auf, untersucht Sie, Sie sitzen in Ihrem Zimmer. Da klopft es an der Tür, jemand kommt rein und sagt: Guten Tag, Herr Zippel, ich bin der Transplantationsbeauftragte, haben Sie sich schon mal über eine Organtransplantation Gedanken gemacht.

(Heiterkeit DIE LINKE)

Da ist natürlich die Gefahr relativ groß, dass Sie etwas falsch verstehen. Ich meine das gar nicht witzig, das ist tatsächlich so, ich meine das nicht lustig. Das ist natürlich eine schwierige Sache. Wenn wir das von diesen regelmäßigen Briefen der Kassen runternehmen und eine ärztliche Tätigkeit nehmen, dann müssen wir die Hausärzte ins Boot holen. Ich bin da offen. Sie haben recht, wir müssen eine andere Regelung als die jetzige finden, aber dann sollten wir noch mal darüber nachdenken und sollten vielleicht die Leute ins Boot holen, die eine bessere Möglichkeit der Ansprache haben als in einer Situation – niemand geht gern ins Krankenhaus, jeder befindet sich dann in einer Ausnahmesituation und stellen Sie sich mal vor, er kommt nach der Operation zu Ihnen, das ist auch nicht besser. Das ist für keinen eine einfache Situation. Ich würde da wirklich sagen, lassen Sie uns da noch mal ein bisschen mehr darüber nachdenken, wer der richtige Ansprechpartner, wer der richtige Erstansprechende für Menschen ist und sie für eine

Transplantation anwerben soll. Das ist der Punkt Nummer eins.

Das Zweite ist, Sie sagen, der Transplantationsbeauftragte soll durch das Krankenhaus gehen und sich dort potenzielle Spender angucken. So funktioniert das nicht, so kann es nicht funktionieren. Die potenziellen Spender sind zu 99 Prozent die, die auf der Intensivstation liegen. Da kann die Ansprache erfolgen. Er kann nicht über die Station gehen und dort schwerkranke Leute ansprechen, denn entweder sind die in einem Alter, dass sie jenseits jeglicher Transplantationsmöglichkeiten sind, oder in Ausnahmefällen, wenn es eine Erbkrankheit ist oder so, können sie wahrscheinlich meistens auch nicht spenden. Aber stellen Sie sich mal vor, er findet jetzt jemanden, der im Sterbeprozess ist und nicht auf der Intensivstation wäre, der müsste sofort auf die Intensivstation gebracht werden, der müsste sofort an die entsprechenden Kabel angeschlossen werden, denn da geht es ja um Zeit. Es geht ja nicht darum, dass der dann irgendwann von der Schwester gefunden wird und dann findet man in der Akte, das ist ein Organspender. So funktioniert es nicht. Das heißt, er kann nicht durch das Krankenhaus gehen und kann nach potenziellen Organspendern suchen, denn die hat er in einem ganz eng begrenzten Raum, das ist die Intensivstation. Da hat er eine überschaubare Zahl von Betten und da gibt es dann eine überschaubare Zahl von möglichen Spendern und dann, da haben Sie recht, muss der sensible Umgang mit den Angehörigen beginnen und dann muss man im Prinzip darüber nachdenken, wie die Ansprache erfolgen muss. Aber die komplette Freistellung ist da vielleicht jetzt nicht der allererste Schritt, der da hilft. Ich möchte noch mal all die, die sagen, so eine Widerspruchsregelung ist nicht das Richtige, auf etwas hinweisen: Wir haben über Jahre über den Verbund „Eurotransplant“ in ganz Europa Organe verteilt. Wenn Menschen ganz dringend ein Organ brauchten, weil sie zum Beispiel eine Knollenblätterpilzvergiftung hatten, die Leber hat versagt und sie waren rettbar, sie brauchten innerhalb von Stunden ein Organ, dann haben wir das zu fast 100 Prozent aus den Ländern bekommen, die eine Widerspruchsregelung hatten. Wir haben von dieser Widerspruchsregelung in anderen Ländern jahrelang profitiert. Es ist ja einfach eine Frage auch der Ehrlichkeit, ob wir das nur für die anderen wollen oder ob wir nicht bereit sind, zumindest ernsthaft darüber nachzudenken, die Widerspruchsregelung auch für Deutschland einzuführen. Dann hat immer noch jeder die freie Entscheidung, ob er Spender ist oder nicht. Und wenn es ihm egal ist, dann ist es ihm halt egal. Das ist, glaube ich, der Weg, die Spenderzahlen hochzubringen. Ansonsten, wie gesagt, in vielen Dingen sind wir nicht unterschiedlicher Meinung. Aber in der Ausführung, glaube ich, ist das eine oder andere noch nicht bis zum letzten Ende ge

(Abg. Pfefferlein)

dacht, aber das können wir im Ausschuss dann machen. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Es gibt eine weitere Wortmeldung. Herr Abgeordneter Zippel.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, so macht Plenum Spaß, macht Demokratie Spaß, Austausch der Argumente offen und ehrlich. Aber ich möchte einige Dinge, die irgendwie falsch interpretiert wurden, auch mal geraderücken und dazu muss ich zuallererst einmal sagen: Sie tun in Ihrer gesamten Debatte so, als wenn die Transplantationsbeauftragten eine neue Erfindung wären, die jetzt von der CDU-Fraktion quasi in die Debatte eingebracht worden sind, sondern die gibt es doch schon, die machen ihre Arbeit doch. Das ist ein bewährtes Instrument in den Krankenhäusern und wir wollen da jetzt auch nichts an den Regelungen verändern, was deren Aufgabe ist, sondern wir wollen einfach nur, dass die Planungssicherheit haben, dass die wissen, wie viel Anteil ihrer Zeit sie eben für diese Aufgabe verwenden. Also das muss ich gleich mal vornewegschieben, weil bei der gesamten Debatte habe ich immer so den Eindruck: Ja, die CDU mit ihrem neuen Instrument der Transplantationsbeauftragten – wer weiß, wie das wird, und wer weiß, wie die dann wildernd durch die Krankenhäuser ziehen und den Leuten Organspendeausweise aufquatschen. Also so ist es natürlich nicht.

(Zwischenruf Abg. Dr. Hartung, SPD: So hat es sich angehört!)

Herr Dr. Hartung, was ist die Zielgruppe der Transplantationsbeauftragten? Die Transplantationsbeauftragten – ich habe es gerade schon gesagt – werden natürlich jetzt nicht jedem Patienten, der einen Fuß zu weit ins Krankenhaus tritt und eventuell dort mit Rückenschmerzen aufschlägt, sofort ansprechen, ob er nicht Interesse hat, Organspender zu werden, sondern – das wissen Sie doch genauso gut wie ich – der Transplantationsbeauftragte ist zuallererst auch Ansprechpartner der Ärzte im Haus. Das heißt, wenn zum Beispiel die Intensivmediziner auf der ITS einen Patienten haben, von dem sie überzeugt sind und sagen, das könnte ein Organspender mal potenziell sein oder werden, dann kontaktieren die den Transplantationsbeauftragten, der schaut sich die Gesamtsituation an, koordiniert das Ganze, geht ins Gespräch mit den Betroffenen. Aber der zieht doch nicht durchs Haus und guckt sich jetzt auf allen Stationen noch die harmlosen Fälle an und sagt: Du bist jetzt potenzieller Spender, du und du und du. Das kann er

auch machen, aber es wäre eigenartig und es ist nicht Aufgabe des Transplantationsbeauftragten. Also so viel Genauigkeit in der Argumentation muss schon sein und nicht jeder wird natürlich da angesprochen.

Und dann, Frau Kollegin Pfefferlein, muss ich noch mal auf das eingehen, was Sie gesagt haben als Antwort auf meine Nachfrage. Sie sagten, Sie wollen „niederschwelligere“ Ansprache der Betroffenen haben, weil Ihnen der Transplantationsbeauftragte eben zu weit oder zu hoch wäre als Stufe schon. Das war Ihre Antwort, „etwas niederschwelliger“ war die Begründung. Auch da kam mir wieder so zum Vorschein in der Argumentation, als wenn die Transplantationsbeauftragten was Neues wären. Sind sie eben nicht. Die machen ihre Arbeit und werden eben nicht als zu hohe Schwelle wahrgenommen, sondern machen genau eben diese niederschwelligen Angebote, sind vor Ort ganz unkompliziert da, jederzeit ansprechbar. Das ist eben der große Vorteil. Wir haben auch andere Aufgaben in den Häusern, die so niederschwellig als Ansprechpartner vorhanden sind. Zum Beispiel die Patientenbeauftragten, die werden auch ganz unkompliziert von den Patienten angesprochen, die haben ihre Sprechstunden. Und genauso ist der Transplantationsbeauftragte als niedrige Schwelle da und ich denke, das ist ein Argument, was ich jetzt nicht so ganz nachvollziehen kann. Da sollten Sie noch mal darüber nachdenken, ob das wirklich das Argument gegen die Transplantationsbeauftragten wäre.

Ich möchte zum Schluss mit einer Zahl schließen, denn was ich auch sagen muss, es wurde immer wieder so gesagt: Vor allen Dingen müssen die Leute informiert werden. Wir brauchen doch Kampagnen, die Leute müssen mehr über Organspende informiert werden. Das klang an verschiedensten Stellen immer wieder durch. Es wurde nicht so deutlich gesagt, aber Information der Bevölkerung war so der Stichpunkt. Ich sage auch: Information der Bevölkerung durch die Transplantationsbeauftragten. Aber wir müssen doch ehrlicherweise eingestehen, dass diese ganzen Kampagnen, die wir bisher gefahren haben, an einer bestimmten Stelle an ihre Grenzen gekommen sind. Die Menschen fühlen sich zu dem Thema informiert.

Dazu will ich nur mal eine Umfrage von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung von Mai dieses Jahres erwähnen: Diese Umfrage hat ergeben, dass sich sage und schreibe nur 10 Prozent der Deutschen schlecht über das Thema „Organspende“ informiert fühlen. Das heißt, wir werden keinen Mehrgewinn dadurch haben, dass wir die Leute noch mit Kampagnen und allgemeinen Informationen überfrachten, sondern wir brauchen direkte Ansprechpartner, die den Leuten das Gefühl geben, aufgehoben zu sein, die sie an die Hand nehmen. Denn die Leute wissen Bescheid, ihnen müssen nur die Ängste genommen werden. Dafür ist

(Abg. Dr. Hartung)

der Transplantationsbeauftragte da und dafür brauchen die Leute Zeit. Danke.

(Beifall CDU)

Aus den Reihen der Abgeordneten liegt mir jetzt noch eine Wortmeldung vor. Herr Abgeordneter Kubitzki.

Sie haben alle recht, wenn Sie sagen, wir diskutieren das im Ausschuss. Deswegen wollen wir es auch an den Ausschuss überweisen. Ich hatte jetzt zum Schluss – und das treibt mich noch mal vor – ein bisschen den Eindruck, dass die Diskussion jetzt – ich will niemandem zu nahe treten – ein bisschen ins Makabre übergeht. Das sollte nicht sein, denn das könnte jetzt den Eindruck erwecken, wenn ich jetzt auf eine Intensivstation komme, ist das ganz schlimm. Wenn die mich einmal aufgeschnitten haben und feststellen, ich habe eine tolle Niere, ist es um meine Chance vielleicht schlecht bestellt, weil die irgendwo gebraucht wird. Also das hat niemand gesagt, aber man kann den Eindruck gewinnen.

Aber ich glaube, wir vergessen eines bei diesem Thema, und ich glaube, das hat weniger etwas mit den Skandalen zu tun, die wohl dazu beigetragen haben: Aber wir haben es hier auf der einen Seite mit rationalem Denken und auf der anderen Seite mit emotionalem Denken zu tun. Jetzt bitte ich auch einfach Dr. Hartung – er ist Arzt/Fachmann. Mir haben viele Ärzte erklärt, wie das mit dem klinischen Tod ist. Ich glaube, wir haben bei den Menschen ein Problem, und da gehe ich auch von mir aus, dass ich Angst davor habe, dass irgendwann einer entscheidet oder feststellt, der ist klinisch tot und ist an Maschinen, wir schalten mal die Maschinen ab. Ich möchte nie persönlich in so eine Gelegenheit kommen, für einen Angehörigen so was zu entscheiden – das sage ich erst mal –, das stelle ich mir ganz schlimm vor. Aber jeder Mensch, auch wenn er ins Krankenhaus kommt, hat die Hoffnung, dass ihm dort geholfen wird und dass er einigermaßen wiederhergestellt und gesund aus dem Krankenhaus rauskommt. – Jeder hat diesen Wunsch.

Da kann ich dreimal von dem Arzt erklärt bekommen, wann ein Mensch tot ist. Wir haben hier im Landtag auch Veranstaltungen gehabt, bei denen uns das alles erklärt wurde. Aber innerlich glaube ich das nicht – das sage ich mal so, wie das ist –, weil ich innerlich immer die Hoffnung habe, es gibt wieder ein Zurück. Das ist eigentlich das, wo viele erst mal sagen, ich bin bereit. Aber wenn dann darüber nachgedacht wird, hat man dann immer die Hoffnung und sagt: Ich bin nicht tot, irgendwann gibt es die Gelegenheit, dass ich wieder aufwache.

Das ist eigentlich das Problem und die Überwindung im Denken. Da kann ich Aufklärung leisten, so viel ich will, aber letzten Endes ist bei dieser Entscheidung jeder für sich allein.

(Beifall DIE LINKE)

(Zwischenruf Abg. Kießling, AfD: Dafür gibt es eine Patientenverfügung!)

Aus den Reihen der Abgeordneten liegen jetzt keine Wortmeldungen mehr vor. Für die Landesregierung hat Staatssekretärin Feierabend das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Am 2. Juni, dem diesjährigen Tag der Organspende, kündigte die Fraktion der CDU den heute zur ersten Beratung vorgelegten Gesetzentwurf zur Stärkung der Stellung des Transplantationsbeauftragten an. In Ihrem Gesetzentwurf, liebe CDU-Fraktion, weisen Sie darauf hin, dass der Landtag die Landesregierung im Juni 2017 aufforderte, Maßnahmen zur Erhöhung der Spendebereitschaft in der Thüringer Bevölkerung zu ergreifen, dennoch sei die Zahl der Organspenden rückläufig. Diese Verknüpfung von der Erfüllung des Auftrags des Landtags und den sinkenden Spendezahlen weise ich doch entschieden zurück. Sie schreiben: „Gab es im Jahr 2011 noch 53 Organspender, so sank die Zahl im Folgejahr auf 34, im Jahr 2016 auf 28 und im Jahr 2017 auf 23.“ Was Sie nicht schreiben: Es gab im Jahr 2015 eben auch mal eine Steigerung auf 34 Spender in Thüringen.

Also ist feststellbar, dass die absolute Zahl der Organspenden über die Jahre tatsächlich auch schwankt. Aber, da will ich nicht widersprechen, bundesweit haben wir einen sinkenden Trend und es handelt sich mitnichten um ein Thüringer Problem. Ich zitiere aus dem Beschlussvorschlag aller Länder, der vor wenigen Stunden zur 91. Gesundheitsministerkonferenz in Düsseldorf einstimmig abgestimmt wurde – ich darf zitieren –: Die für Gesundheit zuständigen Ministerinnen und Minister, Senatorinnen und Senatoren der Länder beobachten mit großer Sorge den deutschlandweiten starken Rückgang der Organspenden.